Die Verfolgung Andersdenkender in den baltischen Republiken wird zur Norm bei den lokalen Geheimdiensten Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarian
Ein sehr langer Artikel über die Verfolgung von russisch-sprachigen Aktivisten in Baltikum erschien in der Russischen Föderalen Nachrichtenagentur. Ich übersetze ihn nach und nach ins Deutsche.
Zum ersten Mal in der Geschichte des europäischen Parlaments haben die Abgeordnete der Grünen-Fraktion am 20. Februar eine öffentliche Anhörung über die politischen Verfolgungen und Begrenzung der Redefreiheit in Lettland, Litauen und Estland durchgeführt, damit haben sie das Aura der „Musterschüler“ von diesen baltischen Ländern erblassen lassen. Über die Grausamkeiten der Geschehnisse in diesen „Leuchttürmen der Demokratie“ - im Material der Föderalen Nachrichtenagentur.
Mitrofanov: „Das Komplott des Schweigens ist teilweise zerbrochen“
Abgeordneter des europäischen Parlaments Miroslav Mitrofanov während des Marsches für soziale Gerechtigkeit in Riga beim Präsidentenpalast am 12. Januar 2018. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Der Organisator der Anhörung im Europäischen Parlament, der Abgeordnete von der Partei „Russische Union Lettlands“ Miroslav Mitrofanov erzählte der FNA, dass die Hauptaufgabe der Anhörung es war, das existierende Schweigekomplott rund um die Länder Baltikums in Westeuropa zu zerstören. „Das ist die der erste und wird nicht der letzte Versuch sein, sich durch den Vorhang des nachrichtlichen Vakuums durchzuschlagen“, meinte er.
Der erste Versuch war im Frühling im Jahr 2018, als man in Lettland Aktivisten für das Recht der Schulbildung in russischen Sprachegleich haufenweise zu verhaften anfing. Man hat strafrechtliche Verfahren gegen sie eröffnet und find an sie zu Verhören vorzuladen, bemerkt der Politiker.
„Damals haben wir zum jeden neuen Fall die Information im Europäischen Parlament und Redaktionen der Massenmedien verbreitet, führten in Lettland Demonstrationen und Meetings durch“, sagt Mitrofanov.
Er stellt fest, dass im Format einer öffentlichen Anhörung im Europärischen Parlament solche Fakten zum ersten Mal vorgestellt werden, doch ist es recht effektiv. Denn die Leute können nicht nur über die Repressionen erfahren, sie können auch diejenigen sehen, die reel von der politischen Dampfwalze leiden, sich anhören, was sie erzählen.
So wurde die Übertragung aus Brüssel nur online von 1400 Leuten angeschaut, so wurde die Informationsblockade teilweise durchbrochen, meinte der Interviewte, er unterstrich dabei, dass einige Teilnehmer der Anhörungen aus Lettland und Litauen im Modus einer Videokonferenz auftreten mussten, da sie ihre Republiken nicht verlassen dürfen.
Co-Vorsitzende der „Russischen Union Lettlands“ Miroslav Mitrofanov und Tatjana Zhdanok bei den Anhörungen im Europäischen Parlament über die politische Verfolgungen im Baltikum. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarian
Der Besuch des Europäischen Parlaments ist ihnen kategorisch verboten, was ein zusätzlicher Beweis der Beschränkung der Meiningsfreiheit und Ausübung desDrucks auf Leute, die eine Meinung haben, die sich von der offiziellen unterscheidet, ist, zeigte der europäische Parlamentarier auf.
„Das Europäische Parlament selbst wurde zu einer Art Bezugspunkt, einem Zeichen dessen, dass das Thema auf europäische Ebene gehoben wurde, - sagt er. „Es ist recht klar, dass unser Hauptauditorium sich ausserhalb des Europäischen Parlaments befindet.“
„Denn die baltischen Länder sind aus der Sicht des europäischen Establischments eine Art Vorbild zum Nachahmen - sie sind frei, diszipliniert, demokratisch und entwickeln sich so prächtig, dass alle sich ihnen angleichen müssen. Faktisch erlaubt diese Annahme die Augen zu schliessen und die Probleme zu ignorieren, die sich seit langem bei uns angesammelt haben.“
„Zuerst nahmen sie uns die Staatsbürgerschaft weg, dann die Arbeit, danach die Ausbildung und die Redefreiheit“
Abgeordneter des Europäischen Parlaments Miroslav Mitrofanov beim lettischen Sejm Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Am Anfang der Anhörung hat Miroslav Mitrofanov eine für seine Verhältnisse emotionale Rede zu diesem Thema gehalten. Er erzählte wie nach dem Jahr 1991, als Lettland unabhängig wurde, die negativen Veränderungen anfingen: einem Teil seiner Verwandten und Freunde, so wie auch hundert tausenden anderen Einwohnern der Republik (hauptsächlich Russen und russisch-sprechenden) die Staatsbürgerschaft weggenommen wurde. Viele haben bis heute keine Staatsbürgerschaft irgndeinen Landes.
„Das war schockierend, doch ich beruhigte mich damit, dass wir Redefreiheit haben, wir können diese Probleme besprechen und lösen“, meinte der Abgeordnete. „Doch dann fing an die Wirtschaft den Bach runterzugehen, die Industrie, die großen Firmen wurden privatisiert, dort haben meine Verwandte, Freunde, Klassenkameraden gearbeitet. Sie fingen an zahlreich auszuwandern. Ich sagte mir, dass es wirtschaftlich sehr schlecht aussieht, alles zerfällt, doch wir haben Redefreiheit, wir können diese Probleme besprechen und sie lösen.“
Am Ende der 1990er Jahre wurde klar, dass die Ausbildung in russischen Sprache und in den Sprachen der nationalen Minderheiten abgeschafft wird.
„In dieser Zeit haben wir Widerstand organisiert, die Lage war unangenehm, doch ich sagte mir wieder, dass wir Redefreiheit haben und wir die Situation besprechen können, die Lösungen finden, dass alles nicht so schlecht ist“, setzte der Gesprächspartner der Nachrichtenagentur fort. „Doch fast vor zwei Jahren änderte sich die Situation komplett und wir sahen die Abschaffung der politischen Rechte.“ Marsch für die russische Schulbildung in Riga am 2. Juni 2018. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
In Lettland, Litauen und Estland setzt sich die Abschaffung der Demokratie und der Angriff auf die primären politische Menschenrechte fort, vor allem auf die Teilnahme an den politischen Prozessen, sagte Mitrofanov.
Den Leuten nimmt man die Redefreiheit weg. In Lettland ist es hauptsächlich gegen die russischen und russisch-sprachigen Politiker, die russischen Oppositionsparteien und den Teilnehmer der Bewegung zum Schutz der russischen Schulen gerichtet.
In Litauen sind die politischen Repressionen hauptsächlich gegen die ethnischen Litauer gerichtet und sind ideologisch getrieben.
Der zweite Unterschied wäre, wie der Euroabgeordnete anmerkt, dass in Litauen die Gerichtsfälle gegen die Oppositionelle und unbequeme Politiker zumindest bis zu einem Gerichtsurteil führen. Sie können unlogisch und undemokratisch aussehen, aber zumindest gibt es sie und man kann sie diskutieren.  Abgeordnete des Europäischen Parlaments Miroslav Mitrofanov während des Protestes für die Befreiung von Alekander Gaponenko vor dem Gebäude der Staatssicherheit der lettischen Republik in Riga am 23. April 2018 Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
In Lettland verzögert die Staatssicherheit wegen der Unsicherheit bei dem Ausgang der Gerichtsprozesse die Entscheidungen, unterstreicht Mitrofanov. Die Untersuchungen können jahrelang gehen. Die Verdächtige können in dieser Zeit das Land nicht verlassen, oder befinden sich in der Untersuchungshaft, bei ihnen werden Durchsuchungen gemacht, Computer und Telefone werden beschlagnahmt, es gibt Beschränkungen bei der Berufsausübung.
Zhdanok: „Das Verhalten zu den Russen und Russisch-sprachigen in Lettland kann man mit dem Verhalten zu den Juden in Vorkriegseuropa verglichen werden“
Die Vorsitzende der „Russischen Union Lettlands“ Tatjana Zhdanok auf dem Meeting für die Befreiung von Aleksander Gaponenko und Vladimir Linderman beim Rigaer Zentralen Gefängnis am 16. Mai 2018 Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Bei den Anhörungen trat auch die Vorsitzende der „Russischen Union Lettlands“ Tatjana Zhdanok auf, Doktor der Physik und Mathematik, Abgeordnete des Europäischen Parlaments während der drei letzten Wahlperioden. Sie wird auch politischen Diskriminierung und Strafverfolgung ausgesetzt.
Tatjana erzählte, dass in Lettland in den letzten zehn Monaten die Kampagne zur Verfolgung von russisch-sprachigen Aktivisten immer stärker wird. Das Ziel dieser Verfolgung ist die Bewegung des Schutzes der Schulen der nationalen Minderheiten, die von der „Russischen Union Lettlands“ unterstützt wird, unter Druck zu setzen. Die Russische Union Lettlands organisiert seit Herbst 2017 (als neuer Druck auf die Überreste der russischen Schulbildung ausgeübt wurde) Massenproteste.
Die Vorsitzende der „Russischen Union Lettlands“ Tatjana Zhdanok tritt im Europäischen Parlament bei den öffentlichen Anhörungen über die politischen Repressionen im Baltikum auf Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
So wurden zum heutigen Tag 11 Teilnehmer der Alllettischen Elternversammlung, das in Riga am 31. März 2018 stattgefunden hat, zur Staatssicherheit für Befragungen vorgeladen. Gegen acht Personen, Zhdanok eingeschlossen, wird eine Untersuchung im Rahmen einer Strafverfolgung durchgeführt. Ihre Schuld besteht darin, dass sie auf der Versammlung auftraten und ihr Protest zur Abschaffung der Bildung in Muttersprache kundtaten.
Die Staatssicherheit (die dem Innenministerium der Lettischen Republik untersteht) startete Strafverfolgung gegen den Doktor in Wirschaftswissenschaften Aleksander Gaponenko, einen der Aktivisten der Protestbewegung. We wurde von der Sicherheitspolizei am 20. April 2018 beim Rausgehen aus seinem Haus unter Anwendung der Gewalt verhaftet und wurde anschliessend 11 Stunden in Handschellen und ohne Essen festgehalten.
Anfang Mai wurde der Vorsitzende der Organization „Muttersprache“ Vladimir Linderman im Rahmen des neuen Strafprozesses, der am 18. April 2018 startete, von einigen Leuten auf grobe Art festgenommen.
 Meeting für die Freilassung von Aleksander Gaponenko und Vladimir Linderman beim Rigaer Zentralen Gefängnis am 16. Mai 2018. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
„Ich wurde zweimal zur Sicherheitspolizei vorgeladen, am 11. Mai und 8. August, wegen dem Fall über die Elternversammlung“, setzte Tatjana Zhdanok fort. „Der Prokuror hat sich über mein Vortrag unter dem Namen „Sprachgenozid in der Bildung“ interessiert, der hauptsächlich auf den Ausführungen der finnischen Professorin Tove Skutnabb-Kangas basierte“.
Und das obwohl damals wie heute alle, die es möchten, die volle Aufzeichnung der Alletischen Elternversammlung auf der Seite der „Russischen Union Lettlands“ oder auf der Seite der RUL auf Facebook sich anschauen können. Es gab dort keinerlei Aufrufe zur Gewalt.
„Es gibt keine Gründe mich der Ausführung von „Verbrechen gegen den Staat“ oder „Verbrechen gegen die allgemeine Sicherheit und öffentliche Ordnung zu beschuldigen“, behauptet Tatjana Zhdanok.
Die Vorsitzende der RUL Tatjana Zhdanok tritt auf der Allletischen Elternversammlung in Riga am 31. März 2018 auf Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Und wenn Vladimir Lindermann nach zwei im Gefängnis verbrachten Wochen durch den Gerichtsbeschluss vom 21. Mai 2018 aus der Haft befreit wurde, musste Aleksander Gaponenko im Rigaer Zentralgefängnis 4 Monate verbringen. Er wurde durch den Gerichtsbeschluss erst am 23. August 2018 befreit.
Im August wurde für 48 Stunden ein anderer Teilnehmer der Elternversammlung Ilja Kosyrev festgehalten. Die Untersuchung gegen all obengenannten Aktivisten dauert an. 
Meeting für die Befreiung von Aleksander Gaponenko und Vladimir Lindermann bei dem Rigaer Zentralgefängnis am 16. Mai 2018. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Tatjana Zhdanok hat bei den Anhörungen im Europäischen Parlament auf den „unscharf formulierten“ und vor kurzem hinzugefügten Paragraphen im Artikel 81.1 des lettischen Strafgesetzbuches aufmerksam gemacht, der die Beihilfe für einen ausländischen Staat mit Tätigkeiten, die gegen die Lettische Republik gerichtet sind, beschreibt.
„Eine Person, die Tätigkeiten ausführt, um Beihilfe einem ausländischen Staat oder einer ausländischen Organisation gegen die nationale Unabhängigkeit, Souverenität, territorialen Ganzheit, Staatsgewalt oder Rechtsordnung der Lettischen Republik zu leisten, wird mit Freiheitsentzug bis zu fünf Jahren oder zeitweisem Freiheitentzug, gemeinnützlichen Arbeiten oder Geldstrafe mit Bewährungsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.“
 Die Mauer mit Wachturm des Rigaer Zentralen Gefängnisses Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Wie die Vorsitzende der RUL berichtete, hat man diesen Artikel zu dem Fall von Aleksander Gaponenko hinzugefügt. Er erzählte, das es geschah, nachdem er sich weigerte zu behaupten, dass seine rechtsaktivistische Arbeit aus Russland gesteuert wurde, wie es die Sicherheitspolizei verlangte, indem sie ihm versprach, ihn nicht länger festzuhalten, falls er gesteht.
Im Oktober 2018 wurde Oleg Burak, Oberstleutenant der Reserve des lettischen Innenministeriums festgenommen, seine Verhaftung wurde mit dem Artikel 81.1 begründet, die Haft wurde vor Kurzem nochmals um zwei Monate verlängert (insgesamt bis zu einem halben Jahr).
 Oleg Burak wird aus dem Gerichtssaal in Rigaer Zentrales Gefängnis am 15. Februar 2019 überführt Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Einen ähnlichen Artikel gibt es auch im litauischen Strafrecht, es wurde als Grund für die Beschuldigung von Algirdas Palezkis, der im Oktober 2018 verhaftet wurde, verwendet, wie Tatjana Zhdanok hinwies.
 Meeting für die Befreiung von Algirdas Palezkis bei litauischen Botschaft in Riga am 14. Januar 2018. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Ende November 2018 wurde für zwei Tage der Hauptredakteur von einem populären lettischen Internetportal „IMHO-Club“ Jurij Alekseev festgehalten. Seine Seite ist bis zum Ende der Untersuchungen blockiert, setzte die Vorsitzende von RUL die Liste der Repressionen fort.
Tatjana Zhdanok hat das Recht sich für die Wahlen ins lettische Parlament aufzustellen verloren, wegen dem im Jahr 1995 angenommenen Gesetz, der es den Personen, die „aktiv in der Kommunistischen Partei nach 13. Januar 1991 tätig waren“ verbietet.
Im Juni 2018 hat das Verfassungsgericht Lettlands verkündet, dass diese Beschränkung legal ist, und am 21. August hat das zentrale Wahlkomission der Republik Zhdanok aus der Kandidatenliste der RUL für die Teilnahme an den Parlamentswahlen am 6. Oktober 2018 ausgeschlossen.
Der administrative Regionalgericht hat am 3. September im endgültigen Beschluss eine Klage gegen den Beschluss der zentralen Wahlkomission abgewiesen, dabei wurde teilweise auf ein geheimes Dokument der Sicherheitspolizei verwiesen.
Dabei hat man die Nationale Vereinigung zu den Parlamentswahlen im Oktober 2018 zugelassen, deren Wahlprogramm unter dem Motto „Lettland ist das Land der (ethnischen) Letten!“.
Zhdanok führte Beispiele des ethnischen Hasses zu nationalen Minderheiten in Lettland, unter anderem zu den Russen, auf. Politologe und Kinoregisseur, Cavalier des lettischen Ordens der Drei Sterne Edvīns Šnore (in der Mitte) auf dem Marsch zu Ehren der lettischen Freiwilligenlegion der WaffenSS in Riga am 16. März 2018. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Der Abgeordnete des lettischen Parlaments von der Nationalen Vereinigung Edvīns Šnore führte als Beispiel im Mai 2017 die Aussage des Vorkriegsministers für die Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit auf, über die „Russische Wanzen, die schwer auszutreiben sind“. Šnore bedauerte deswegen, dass der Prozess der Verringerung der Menge der Russen in Lettland sehr langsam vorangehe.
Im Mai 2018 hat ein hochgestellter Beamter aus dem Justizministerium der Lettischen Republik und einer der Anführer der Nationalen Vereinigung (seit 2019 - ein Mitglied des Parlaments) Janis Iesalnieks machte eine Feststellung, dass die Russen die Letten erst dann achten werden, wenn die letzteren mit ihnen „in Sprache der Stärke“ reden werden.
Im Juli 2018 hat sich der populäre lettische Schriftsteller Didzis Sedlenieks „ausgezeichnet“. In Facebook schrieb er ein russophoben Post, in dem er über den homo soveticus fabulierte - „dem Sowjetmenschen“, den er als „Abweichung von allgemein-menschlichen Werten“ bezeichnete, der einen „niedrigen Intellekt“ hätte, usw.
Weiter - noch mehr. Tatjana Zhdanok führt noch ein Beispiel auf: die frühere Radiosprecherin des lettischen Radios Mara Krontale schrieb Ende Oktober 2018 bei sich im Twitter einen Post mit dem Aufruf „sich von den Russen zu befreien“. Die Journalistin hat dabei zugegeben, dass man die für so eine Position „verspeisen“ würde.
Doch man hat sie nicht verspeist. Nicht mal mit dem kleinen Finger gedroht.
„Keine dieser Personen wurde zur Verantwortung gezogen“ - stellte bei der Anhörungen im Europäischen Parlament Tatjana Zhdanok fest. „In Bezug auf diese Aussagen, gab die Sicherheitspolizei eine negative Antwort auf die Forderung eine strafrechtliche Untersuchung zu starten. Das ist eine klare Festlegung von zweierlei Maß (wenn nicht das Fehlen jeglichen Maßes), die in Lettland angewandt werden“.
„Die Behandlung von Russen und Russisch-sprachigen in Lettland ist jetzt vergleichbar mit der Lage von Juden in Vorkriegseuropa“, beendete ihre Rede die Vorsitzende von RUL.
Linderman: „Human Rights Watch, hallo!“
Der Leiter der rechtsaktivistischen Organization „Muttersprache“ Vladimir Lindern. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarian
Im Modus der Videokonferenz ist bei der Anhörung der Leiter der rechtsaktivistischen Organization „Muttersprache“ Vladimir Linderman aus Riga aufgetreten. Er war einer der Organizatoren des Referendums im Jahr 2012 für die Anerkennung der russischen Sprache als Staatssprache in Lettland.
Er erzählte über seine gewaltsame Verhaftung auf der Strasse im Mai 2018, als ihn einige Mitarbeiter der Sicherheitspolizei in Masken „mit dem Gesicht auf den Asphalt warfen“. Danach, während der Durchsuchung bei Linderman, wurde Bürotechnik und viele andere Sachen beschlagnahmt.
Wie schon oben beschrieben wurde, verbrachte der Aktivist zwei Wochen in Rigaer Zentralem Gefängnis, doch die strafrechtliche Untersuchung wird fortgeführt. Linderman wird nach drei Artikeln des Strafgesetzbuches Lettlands beschuldigt: Entfachung von Rassenhass, Tätigkeiten gegen Lettland und Vorbereitung von Massenunruhen.
„Wie man aus der Anklage verstehen kann, basieren alle diese Beschuldigungen ausschliesslich auf meinem Auftritt auf der Alllettischen Elternversammlung“, erzählte Vladimir. „Ich habe tatsächlich die Leute aufgerufen, aktiver bei den Demonstrationen teilzunehmen, doch alles im Rahmen des Gesetzes. Die ganze Sache ist fabriziert und hat meiner Ansicht nach überhaupt keine rechtliche Grundlage“.
Die Alllettische Elternversammlung am 31. März 2018 war die erste, aber nicht die letzte. Die zweite Versammlung möchte die „Russische Union Lettlands“ am 30. März durchführen. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Als Beweis kann man sehen, dass nach neun Monaten in denen er, laut dem Rechtsaktivisten, den Status einen Verdächtigen hat, gab es keine Untersuchungen mit ihm, er wird auf keine Verhöre eingeladen. Er hat ihn ausser Gefecht gesetzt, indem man ihm die Ausreise verweigert, Kontakt mir einer ganzen Reihe von Gleichgesinnten verbat, er muss sich zu Hause von Mitternacht bis sechs Uhr morgens befinden.
„Faktisch wurde mir das Recht entzogen, vollwertig am sozialen Leben Lettlands teilzunehmen, ich kann nicht an der Organization von irgendwelchen Aktionen zum Schutz der russischsprachigen Minderheit teilnehmen, mich mit Freunden, die ausserhalb von Riga leben, unterhalten. Denn jeder Ausflug ist damit verbunden, dass ich nicht am selben Tag zurückkehren kann, doch muss ich zu Hause übernachten“, führte Vladimir Beispiele von Einschränkungen auf.
„Schliesslich ist mir der Besuch jeden EU-Landes verboten, darunter auch, um meine Kinder zu sehen, die im Ausland leben. Die Massnahmen zur Unterbindung der Straftaten wurden zum Strafmaß, obwohl es kein Urteil gibt. Ich bin unschuldig. Mein Fall erreichte nicht mal die Staatsanwaltschaft.“
Vladimir Linderman vor dem Gebäude des Vidzemez Gericht in Riga Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
„Der Artikel 81.1 über den schon gesprochen wurde, kriminalisiert jegliche Kontakte mit einem ausländischen Staat mit dem selbstverständlich Russland gemeint ist“, beschloss Vladimir Linderman die Aufmerksamkeit der aller Europäer auf die Auflistung aller möglichen Vergehen zu lenken. „Das sind politische Kontakte, Geschäftskontakte, humanitäre, kulturelle, informative, sport-bezogene Kontakte. Ich denke, dass es bald auch um verwandschaftliche Kontakte gehen wird. Das ist ein absolut antihumaner und keinesfalls den europäischen Werten entsprechender Artikel.“
Der Menschenrechtsaktivist bemerkte, dass als in Russland vor einigen Jahren ein ähnlicher, doch besser ausgearbeiteter Artikel angenommen wurde, „sprachen sich menschenrechtsaktivistische Organizationen in Europa und der Welt, inklusive Human Rights Watch sehr scharf dagegen aus.“ Doch als derselbe Artikel in verschiedenen Varianten in Estland, Lettland und Litauen verabschiedet wurde, hat „keine europäische Organization ihre Empörung ausgesprochen.“
Grabauskas: „Äusserst Rechte zwingen Litauen ihre Meinung auf“
Der Vorsitzende des Sozialistischen Volksfronts Litauens Gedrjus Grabauskas bei den Anhörungen im Europäischen Parlament am 20. Februar 2019. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Über die Situation in Litauen erzählte in Brüssel der litauischer Journalist und der Vorsitzende des Sozialistischen Volksfronts der Republik Giedrius Grabauskas. Zuerst dankte er den Teilnehmern der internationalen Aktion zur Unterstützung von Palezkis, den man der Spionage zugusten Russlands beschuldigt, auch soll er Pläne zur Entführung von Staatsanwälten und Richtern gehabt haben.
Repressionen sind laut Grabauskas inzwischen eine gewöhnliche Sache. Im Jahr 2011 hat man, wie bekannt, Algirdas Palezkis für die Aussage verurteilt, dass am 13. Januar 1991 in Vilnus beim Fernsehturm „eigene in eigene geschossen haben“ (damit ist die Ersturmung von dem Fernsehturm in Vilnius durch sowjetische Spezialkräfte gemeint, bei denen es einige Tote gegeben hat. Bis heute ist es nicht klar, wer dabei schoß, Anm. des Übersetzers). Der litauische Politiker, früherer Sekretär der litauischen Abordnung bei der EU, Vize-Bürgermeister von Vilnus und Abgeordnete des Sejms nahm sich die Freiheit die offizielle Version der „sowjetischen Aggression“ infrage zu stellen. Seit dieser Zeit ist die glänzende Karriere von Palezkis erloschen, er selbst wird als Spion geführt.
 Auf dem Meeting zur Befreiung von Algirdis Palezkis bei der litauischen Botschaft in Riga am 14. Januar 2018 Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Grabauskas erinnerte, dass in Litauen die Vorsitzende der Kommunistischen Partei Jermalavičius und Burokevičius für lange Zeit ins Gefängnis gewandert sind (für 8 bzw. 12 Jahre: Juozas Jermalavičius für die Aufrufe gewaltsam die Souverinität Litauens zu zerstören, dabei handelte er für einen anderen Staat; Mykolas Burokevičius für die Teilnahme am Versuch des Staatsumsturzes und Mitschuld an der Ermordung von Zivilisten während der Geschehnisse in Vilnus im Januar 1991, so sind die offiziellen Urteile, Anm. der Föderalen Nachrichtenagentur).
„Die letzten Massenverhaftungen und Durchsuchungen zeigen, dass Litauen ein Land ist, wo Demokratie nur eine Imitation sei, denn offensichtliche politische Verfolgungen zu unterschiedlichen strafrechtlichen Untersuchungen werden und sogar Bücher verboten werden“, sagte Grabauskas.
Der litauische Oppositionelle führte als Beispiel die Vorsitzende der Vereinigung der Russischen Schulen Litauens Ella Kanajte an, die von ihrer Arbeit entlassen wurde und jetzt „Verfolgungen und Bedrohungen ausgesetzt ist, nur weil sie als Lehrerin manchmal ihre Meinung in sozialen Netzwerken kund tut.“
 Ella Kanajte (rechts) auf der Allletischen Elternversammlung am 31. März 2018 in Riga. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Grabauskas hat zwar nicht erwähnt, dass Dimitrij Medvedev im Jahr 2012, als er Präsident Russlands war, Kanajte die Puschkin-Medaillie für die Entwicklung der kulturellen Verbindungen mit Russland verliehen hat. Die litauische Regierung hat es wohl nicht vergessen…
Dann erzählte der litauische Vertreter die Geschichte mit dem ehmaligen Abgeordneten des Stadtrates von Klaipeda Vjatscheslav Titov, der wegen der historischen Wahrheit „ehmaliger“ wurde und den man jetzt auch verfolgt und bedroht. Man führte bei ihm eine Durchsuchung durch, beschlagnahmte viele Sachen, sogar den Pass und beschuldigte ihn der Schändung des Gedenkens an den Kommandeur der Vereinigung der „Waldbrüder“ Adolfas Ramanauskas-Vanagas.
(Später bestätigte während des Video-Chats Titov selbst vor den im Europäischen Parlament versammelten Abgeordneten, Politikern und Journalisten, dass er „das Land nicht verlassen darf und der Staatsanwalt seinen Pass beschlagnahmt hat“. Vjatscheslav wird, laut seinen Worten, wegen drei Artikeln des Strafgesetzbuches beschuldigt: Beleidigung des Gedenkens an einen Toten, Rassenhass und Verleugnung der „sowjetischen Aggression“. Für die letzten zwei Artikel ist eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren vorgesehen).
 Vjatscheslav Titov, der in Litauen Repressionen ausgesetzt wird, im Videochat mit Europäischen Parlament am 20. Febuar 2019. Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Wir erinnern, dass letztes Jahr Titov den Mut hatte gegen das Gedenken an den „Partisanen“ in Klaipeda aufgetreten ist, indem er an seine Schuld bei der Ermordung von Zivilisten erinnerte. Nach dem Urteil des sowjetischen Gerichts, der in Litauen heutzutage nicht mehr anerkannt wird, wurde Ramanauskas zur Todesstrafe verurteilt, er wurde im November 1957 erschossen.
Doch wird er jetzt als Held und Kämpfer gegen die „sowjetischen Okkupanten“ bezeichnet. Mehr noch hat der Sejm Litauens beschlossen, einen von 1954 bis 1957 im Untergrund wirkenden „Waldbruder“ als Staatshaupt anzuerkennen. Grabauskas meint, dass in dieser Situation man über einen seltsamen Kult der litauischen Regierung reden kann. „Žemaitis-Vytautas (Jonas Žemaitis-Vytautas, ein Brigadengeneral, der Anführer der antisowjetischen Bewegung nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde von Sejm Litauens im Jahr 2009 als Staatsoberhaupt im Untergrund anerkannt, Anm. der Föderalen Nachrichtenagentur), Norejka - General des Windes (Jonas Norejka, bekannt unter dem Pseudonym General des Windes, einer der Organisatoren des Genozides der Juden in Litauen, Anm. der Föderalen Nachrichtenagentur), denen werden Denkmäler in Litauen aufgestellt, zählte Grabauskas auf. „Das ist eine Schande für unser Land“.
Im Jahr 2018, sechs Monate vor der Verhaftung Palezkis, im April, sperrte man für eine Woche den Blogger Simonas Zagurkis ins Gefängnis ein, zählt Grabauskas noch ein Fakt der politischen Verfolgung auf.
Giedrius Grabauskas bei den Anhörungen im Europäischen Parlament am 20. Februar 2019 zeigte klare Fakten von Repressionen gegen Andresdenkende in Litauen Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Nach dem Einsperren beschlagnahmte man bei dem 36-jährigen Blogger sein Telefon, Computer und Pass, so dass er nicht nach England ausreisen konnte, wo er schon 17 Jahre lebt. Dort hat man in der Zeit von seiner Arbeitsstelle entlassen.
„Und das alles, weil er die Wahrheit im Facebook bekundete, nämlich dass am 13. Januar 1991 die lokalen Milizen auf die Leute geschossen haben, vermutlich wurden sie von der CIA gesteuert“, bemerkte der litauische Oppositionelle. Ende September 2018 wurde Zagurkis verurteilt, er musste eine Geldstrafe in Höhe von 3700 EUR zahlen“.
Grabauskas erzählte über Übergriffe auf eine ganze Reihe von Oppositionellen in Litauen, darunter unter anderem einer Strafverfolgung seitens der Abteilung der Staatssicherheit gegen ihn selbst und einer Reihe seiner Kollegen, die ganze vier Jahre dauerte und ausdedachte Anschuldigungen in der Organisation der „hybriden Kriegsführung“, „Sabotage Gruppen“ enthielt. Beendet wurde sie erst im Dezember 2018 mit komplettem Freispruch.
„Doch das sind vier Jahre Verfolgungen, Rechtsanwälte, Richter, Beschlagnahmungen von Gegenstände“, zählte Giedrius Grabauskas den Verlust an Zeit, Geld und Nervenstärke auf.
Dasselbe betrifft auch die Meinungsfreiheit. Kaum wurde in Vilnius das Buch von Galina Sapozhnikova „Wer hat wenn verraten“ („Wie wurde UdSSR ermordert und was wurde aus denen, die es zu retten versuchten“) in litauischen Sprache im Februar 2017 herausgegeben, wurden im März sofort Durchsuchungen bei dem Verleger Povilas Masilionis und die Beschlagnahmung der Ausgabe durchgeführt, erzählte der litauische Politik. Die Staatsanwaltschaft Vilnius hat eine Strafverfolgung angeordnet. Am 18. Februar diesen Jahres wurde Masilionis zu einer Geldstrafe in Höhe von 2600 EUR verurteilt.
Die Musen über dem Eingang der Nationalen Drama-Theaters Litauens in Vilnius können die dramatischen Geschehnisse im Land wegen der Zensur nicht widerspiegeln Föderale Nachrichtenagentur / Karen Markarjan
Oder das Buch von Rūta Vanagaitė „Eigene“ (über die Geschichte der Judenvernichtung in Litauen während des Zweiten Weltkrieges), die Ausgabe wurde während der folgenden Nacht nach dem Druck im Oktober 2017 beschlagnahmt, führt Grabauskas ein anderes Beispiel an.
„Rūta wurde von einem Neonazi-Leader öffentlicht bedroht, er ging straffrei aus, das bedeutet, dass äußerst Rechte schon ihre Meinung Litauen aufdrücken“, folgerte der Oppositionelle, gleichzeitig kann man in der Republik problemlos antisemitische, antisowjetische und russophobe Literatur erwerben.
„Für ein Kommentar für das russländische Fernsehen, hat man gegen mich eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft aufgegeben“, bemerkte Grabauskas. „Dabei war die Rede über historische Wahrheit, darüber, dass die „Waldbrüder“ nur nach dem Krieg 25 Tausend Leute vernichteten, während des Krieges hundert Tausende… Auf den Aufmarschen von Neonazis, die in Vilnius und Kaunas durchgeführt werden, klingen antisemitische und russophone Losungen“.
Grabauskas unterstrich, dass er und seine Gleichgesinnte (nicht alle natürlich), trotz des Drucks seitens der Geheimdienste auf die Familien, Verwandte und Nächsten für den Frieden, Völkerfreundschaft und Erhaltung Litauens eintreten.
„Vielleicht klingt das banal, doch die Stärke ist in der Wahrheit“, beendete den Auftritt der Vorsitzende des Sozialistischen Volksfrontes. „Ich denke nicht, dass die Rechten gewinnen können, doch die Situation ist momentan so, wie sie ist.“
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