folgender Artikel ist eine Übersetzung aus grani.ru
Das Verfassungsgericht Estlands hat der Klage des Mitglieds der Führung der Bewegung "Notchnoj Dozor" Larissa Neschadimova gegen die Polizeiaktionen in April 2007 stattgeben. Laut Interfax, verlangte Neschadimova die gegen sie verhängte Strafe wegen Widerstands gegen die Mitarbeiter der rechtsstaatlichen Organe aufzuheben.
Das Gericht hob den polizeilichen Beschluss über die Zahlung der Strafe in Höhe von 6 Tausend Kronen (ca. 400 EUR) auf und stoppte weitere Untersuchungen des Falles. Gleichzeitig hat das Gericht beschlossen, dass der Staat zugunsten von Neschadimova 8 Tausend Kronen (ca. 530 EUR) zahlen soll, um die Gerichtskosten (die Neschadimova entstanden sind, Anm. der Übersetzers) zu decken.
Laut Polizei, als die Operation zur Demontage des Denkmals (Bronzenen Soldaten Anm. des Übersetzers) began, haben Neschadimova und zwei Mitglieder des Notchnoj Dozor nach dem Befehl das Auto zu verlassen sich geweigert und sich eingeschlossen, weswegen es notwendig wurde Gewalt anzuwenden. Wie Neschadimova selbst berichtet hat, haben die Leute im Auto gedöst, als plötzlich Spezialkräfte der Polizei sie angriffen, die Fenster im Auto zerschlugen, die Reifen zerstachen und die Leute auf die Strasse zerrten. Später haben die Ärzte eine Reihe von Hämatomen auf ihrem Körper festgestellt.
Am Donnerstag wurde der Unternehmer Vladimir Gerasimov, der gegen die Relokation des Tallinner Denkmals dem Befreier-Soldaten aufgetreten ist, in Estland zu 8 Monaten auf Bewährung verurteilt. Zuvor hat der Staatsanwalt Antti Aitsen gefordert, Gerasimov als einen Organisator der Massenunruhen am 27. April 2007 in der Stadt Jõhvi, wegen Widerstands gegen die Mitarbeiter der Polizei und Organisierung einer illegalen Versammlung schuldig zu sprechen und ihn zu 10 Monaten Haft zu verurteilen, wobei vier Monate reale Haft und der Rest auf Bewährung sein sollten. Doch hat das Gericht Gerasimov nur in der Durchführung eines nicht-sanktionierten Meetings für schuldig befunden und hat weitere Punkte der Anklage fallengelassen.
Die Relokation des Denkmals den Helden des Grossen Vaterländischen Krieges aus Zentrum von Tallinn geschah im April 2007. Das hat Unzufriedenheit unter den russisch-sprachigen Bewohnern Estlands verursacht, die Protestaktionen im Land abhielten. Vladimir Gerasimov hat man der Organisierung einer solchen Aktion in der Stadt Jõhvi beschuldigt.
Am 5.Januar hat das estnische Gericht vier Mitglieder der Organisation "Notchnoj Dozor", die man ebenfalls der Organisierung der Unruhen zur Verteidigung des Bronzenen Soldaten beschuldigt hat, freigesprochen. Im November 2008 wurde in Estland Jevgenij Babkov freigesprochen, den man wegen der Teilnahme an Unruhen angeklagt hat. Im Oktober 2008 wurde Sergej Kasimov zur 3 1/2 Jahren Haft verurteilt. Ihn hat man wegen Angriffe auf Polizisten, Raub und Brandstiftung, während der Unruhen in April 2008 für schuldig befunden.
Freitag, Januar 16, 2009
Unruhen in Litauen
ein paar Tage nach den Unruhen in Lettland ist Litauen an der Reihe. Heute wurde eine Protestdemostration in Vilnius von litauischen Gewerkschaften organisiert. Ca. 7000 Demonstranten skandieren "Litauen" und "Weg mit dem Sejm". Fenster des Sejms wurden zerschlagen, der Oppositionspolitiker Antanas Čebatoriūnas wurde mit einem Gummigeschoss am Bein verletzt, obwohl die Polizei versichert, keine Gummigeschosse zu verwenden zu haben.
Über Litauen kann ich noch weniger sagen, als über Lettland, deswegen nur ein paar Videos:
Über Litauen kann ich noch weniger sagen, als über Lettland, deswegen nur ein paar Videos:
Donnerstag, Januar 15, 2009
Immobilienkrise in USA
Das gehört nicht unbedingt hierher, aber solche Berichte haben in Europa wohl noch nicht viele gesehen:
Um den Bezug mit Estland herzustellen, mit dem Platzen der Immobilienblase in Estland, sitzen jetzt auch viele Leute dort auf wertlosen, minderwertigen Immobilien für die sie Kredite, die in Euro ausgesellt wurden, abzahlen müssen. Das schlimmste was ihnen passieren könnte, wäre eine Abwertung der Krone gegenüber Euro. Dieser Punkt wird viel zu selten bei Diskussionen über die Abwertung der Krone erwähnt.
Um den Bezug mit Estland herzustellen, mit dem Platzen der Immobilienblase in Estland, sitzen jetzt auch viele Leute dort auf wertlosen, minderwertigen Immobilien für die sie Kredite, die in Euro ausgesellt wurden, abzahlen müssen. Das schlimmste was ihnen passieren könnte, wäre eine Abwertung der Krone gegenüber Euro. Dieser Punkt wird viel zu selten bei Diskussionen über die Abwertung der Krone erwähnt.
Dienstag, Januar 13, 2009
Massenunruhen in Lettland
am 13.01 hat die aussenparlamentarische Opposition um den Vorsitzenden der Partei "Andere Politik" Artis Pabriks, aber auch anderen Parteien und zivilrechtlichen Organisationen zu einem Protestmeeting auf dem Domplatz aufgerufen. Nach Polizeiangaben haben ca. 20000 Personen sowohl Letten, als auch russisch-sprachige an der Demonstration teilgenommen. Wie es zur Zeit aussieht, gab es nach einem friedlichen Verlauf der Kundgebung gewalttätige Ausschreitungen. Der lettische Sejm wurde gestürmt, doch die Polizei hat es wohl geschafft, den Mob abzudrängen.
Da es Leute und Gemeinschaftsblogs gibt, die sich erheblich besser in der lettischen Politik auskennen, als ich, kann ich keinen Kommentar zu den Geschehnissen geben. Lettland scheint noch härter von der wirtschaftlichen Krise getroffen worden zu sein als Estland, die Regierung musste die lettische Bank Parex verstaatlichen, was zu ähnlichen Meinungen unter der Bevölkerung führte wie in Deutschland (frei nach dem Motto "Die reichen werden gerettet, die Armen bekommen nichts"). Lettland musste IWF anrufen und um Kredite betteln, wobei um jeden Preis die Abwertung der Währung vermieden werden soll. Die Unzufriedenheit mit der politischen Führung und hohe Arbeitslosigkeit haben einen hochexplosiven Cocktail erzeugt, der wohl gerade hochgeht.
Sobald ich neue Informationen habe, werde ich sie reinstellen.
Update Video vom russischen TV
Da es Leute und Gemeinschaftsblogs gibt, die sich erheblich besser in der lettischen Politik auskennen, als ich, kann ich keinen Kommentar zu den Geschehnissen geben. Lettland scheint noch härter von der wirtschaftlichen Krise getroffen worden zu sein als Estland, die Regierung musste die lettische Bank Parex verstaatlichen, was zu ähnlichen Meinungen unter der Bevölkerung führte wie in Deutschland (frei nach dem Motto "Die reichen werden gerettet, die Armen bekommen nichts"). Lettland musste IWF anrufen und um Kredite betteln, wobei um jeden Preis die Abwertung der Währung vermieden werden soll. Die Unzufriedenheit mit der politischen Führung und hohe Arbeitslosigkeit haben einen hochexplosiven Cocktail erzeugt, der wohl gerade hochgeht.
Sobald ich neue Informationen habe, werde ich sie reinstellen.
Update Video vom russischen TV
Sonntag, Januar 11, 2009
Presseübersicht und Kommentar
Am 5. Januar wurde endlich der langerwartete Richterspruch im Prozess gegen die "Bronzenen Vier" gefällt: nicht schuldig.
So eine Gerichtsentscheidung kam komplett unerwartet für die Mehrheit der estnischen Politiker. Dementsprechend heftig fielen die Reaktionen aus. Während von Ministerpräsident Ansip keine Stellungnahme zu bekommen war, präsentiere ich eine kleine Auswahl aus der Presse, was die einzelnen Personen zu sagen hatten:
Mitglied des estnischen Parlaments Urmas Reinsalu von der Isamaa-Partei schreibt in seinem Blog, dass zumindest indirekte Beteiligung an der Organisation der Unruhen durchaus nachgewiesen werden kann, deswegen kann er nur begrüßen, wenn die Anklage in Revision geht.
Für Marko Mihkelson verletzt das Urteil das Gefühl für Gerechtigkeit des estnischen Volkes.
Staatsanwältin Triin Bergman sagte, dass ihrer Meinung nach in der Urteilsbegründung die rechtliche Argumentation gefehlt hat. Es hat an Beweisen gefehlt, dass die Unruhen wegen den Anstiftung der Angeklagten ausgebrochen sind. Deswegen wird sie in Revision gehen.
Der Innenminister von der Sozialdemokratischen Partei Jüri Pihl rät davon ab jetzt schon irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Auch er hofft auf ein anderes Urteil in der Revision.
Der Politologe an der Tartuer Uni Raivo Vetik berichtet, dass in einer Umfrage viele Esten sich von dem Urteil schockiert fühlen, weil die Schuldigen nicht gefunden wurden. Jedoch ist dieser Urteil gut für die Integration, da dieser Urteil die Meinung der russisch-sprachigen Bevölkerung über die Unabhängigkeit der Gerichte von der Politik verbessern sollte.
Die Partei Volksunion sieht die Schuld bei der Geheimpolizei KAPO, die es nicht geschafft hat, genügend Beweise für die Schuld der Angeklagten zu finden. Ausserdem hat es die Staatsanwaltschaft nicht professionell gearbeitet und hat eine unvollständige Beweisführung dem Gericht vorgelegt. Die Verantwortung dafür sollten der Minister der Justiz und der Innenminister übernehmen.
Ihre Unzufriedenheit mit der Arbeit der Rechtsorganen der Republik hat auch der Parlamentsmitglied von der Reformpartei Igor Grjazin und der Soziologe Andrus Saar geäussert.
Für den Sozialdemokraten Eiki Nestor ist es klar, dass jemand den Befehl geben musste, sich zu versammeln, Vitrinen einzuschlagen und Läden auszuräumen.
Der Vorsitzende der Rechtskommission des Parlaments Ken-Marti Vaher von der Isamaa-Partei gibt die Schuld der Richterin Violetta Kõvask, da sie die Angeklagten nicht als Autoritäten begriffen hat, so dass die meisten ihrer Aussagen als nicht ernstzunehmend eingestuft wurden.
Der Mitglied des Parlaments von der Reform Partei Silver Meikar findet den Freispruch ein Beweis für die Meinungsfreiheit in Estland. Er ist zwar mit den Ansichten der "Bronzenen Vier" nicht einverstanden, doch ist er bereit dafür zu kämpfen, dass sie sie äussern dürfen.
Mitglied des Parlaments und der Vorsitzende des Ausschusses zur Überwachung der Sicherheitsbehörden Ain Seppik von der Zentrumspartei betonte die Unfähigkeit der Staatsanwaltschaft und der Geheimpolizei, dass die vors Gericht gingen, ohne sich sicher zu sein, dort zu gewinnen. Die Entscheidung ist ein ernster Schlag für Image Estlands und ihren Ministerpräsidenten. Es wäre ein Sieg für die propagandistische Maschinerie Russlands.
Dmitrij Linter ist der Meinung, dass den Russen in Estland noch ein Recht auf Gerechtigkeit geblieben ist. Er ist mit der Entscheidung des Gerichtes zufrieden, jedoch wird sich der Kampf für politische, wirtschaftliche und "memorialle" Rechte der Russen in Estland fortsetzen.
Für Maksim Reva sagte, dass der Rechtsentscheidung eine Freude für die estnische Gesellschaft sei, denn es gibt Rechtsstaatlichkeit und tapfere Richter.
Für Dmittij Klenski hat das Gericht die Ehre des estnischen Staates gerettet. Die Gerichtsentscheidung sei richtig gewesen.
Notchnoj Dozor veröffentlichte eine Pressemitteilung in der sich die Organisation über das Urteil sich freut, denn es wurde gezeigt, dass demokratische Rechtsinstanzen ausgewogene und objektive Urteile treffen können, die nicht von den aktueller politischen Konjunktur und Aufträgen abhängig sind. Ausserdem bedankt sich Notchnoj Dozor bei den Rechtsanwälten der Verteidigung und Unterstützer in Estland und im Ausland. Ausserdem werden alle Parteien und die Zivilgesellschaft dazu aufgerufen das Urteil nicht zur Spaltung der Gesellschaft zu missbrauchen. Diejenigen, die politisches Kapital daraus schlagen wollen, sind nicht an der Entwicklung der gemeinsamen Heimat und zivilrechtlichen Gesellschaft interessiert.
Und schliesslich musste auch das Russische Aussenministerium kommentieren. Das Urteil wäre eine Anklage gegen diejenigen, die die Geschichte umschreiben wollen. Es hätte die Rechtmäßigkeit des gesellschaftlichen Protestes bekräftigt, gegen die provokatorischen Ideen der estnischen Regierung, der Schändung des Grabes der sowjetischen Soldaten und Versetzung des Denkmals des Befreier-Soldates in Tallinn.
Mein Kommentar: Die Kommentare und die Beobachtungen im Laufe des Prozesses sagen einiges zum Stand der zivil-rechtlichen Gesellschaft in Estland, die aber für andere junge Demokratien und Russland und Ukraine typisch sind. Man scheint überhaupt nicht begreifen zu wollen oder zu können, dass eine Gruppe von Leuten auf die Strasse gehen kann, ohne dass sie von jemandem dazu angestiftet werden, ohne dass ihnen jemand Geld dafür bietet. Irgendjemand muss doch Anführer, Anstifter gewesen sein und der- oder diejenigen müssen für die Äusserung ihrer Meinung, für ihr Nichteinverständnis mit der Politik der Regierung oder der Mehrheit büssen. Vergessen scheinen die Singrevolutionen, als die Leute auf die Strasse gingen, um ihre Meinung äussern zu können, ihr Protest gegen die Regierung und gegen das System.
Bewohner des "alten" Europas sind da viel realistischer. In den letzten Jahren wurden mehrere Länder und Städte von unorganisierten Krawallen erschüttert: Frankreich, Griechenland, alle G7-Treffen in Europa, Kopenhagen, Proteste gegen Atomtransporte, Krawallen während der Neonazi-Demos, Chaos-Tage, 1.Mai in Berlin und Hamburg usw. usf. Viele schaffen es nicht mal in die Massenmedien. Und wieviele Organisatoren werden angeklagt? Werden überhaupt welche gefunden, gab es überhaupt welche? Ist der Ausbruch der Gewalt nicht ein Versagen der Polizeikräfte, die überfordert waren und die Situation nicht richtig eingeschätzten? Verhaftet und angeklagt werden die konkreten Täter, die Vitrinen einschlagen, Autos anzünden, auf Polizisten einprügeln. Das geschah auch in Estland, die entsprechenden Personen wurden verhaftet, angeklagt und soweit ihnen Schuld an Zerstörung nachgewiesen werden konnte, landeten sie auch hinter Gittern. Das ist das Wesen der Demokratie, dass gegen die Entscheidungen der Regierung, gegen politische Gruppierungen, gegen das System protestiert werden kann. Wenn die Proteste in Gewalt umschlagen, klagt man die konkreten Täter an, nicht diejenigen, die die Proteste an sich organisiert haben. Deswegen hat das estnische Gericht absolut im Rahmen für Rechtsprechung gehandelt, wie es im übrigen Europa gültig ist, wozu ich der Richterin nur gratulieren kann.
So eine Gerichtsentscheidung kam komplett unerwartet für die Mehrheit der estnischen Politiker. Dementsprechend heftig fielen die Reaktionen aus. Während von Ministerpräsident Ansip keine Stellungnahme zu bekommen war, präsentiere ich eine kleine Auswahl aus der Presse, was die einzelnen Personen zu sagen hatten:
Mitglied des estnischen Parlaments Urmas Reinsalu von der Isamaa-Partei schreibt in seinem Blog, dass zumindest indirekte Beteiligung an der Organisation der Unruhen durchaus nachgewiesen werden kann, deswegen kann er nur begrüßen, wenn die Anklage in Revision geht.
Für Marko Mihkelson verletzt das Urteil das Gefühl für Gerechtigkeit des estnischen Volkes.
Staatsanwältin Triin Bergman sagte, dass ihrer Meinung nach in der Urteilsbegründung die rechtliche Argumentation gefehlt hat. Es hat an Beweisen gefehlt, dass die Unruhen wegen den Anstiftung der Angeklagten ausgebrochen sind. Deswegen wird sie in Revision gehen.
Der Innenminister von der Sozialdemokratischen Partei Jüri Pihl rät davon ab jetzt schon irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Auch er hofft auf ein anderes Urteil in der Revision.
Der Politologe an der Tartuer Uni Raivo Vetik berichtet, dass in einer Umfrage viele Esten sich von dem Urteil schockiert fühlen, weil die Schuldigen nicht gefunden wurden. Jedoch ist dieser Urteil gut für die Integration, da dieser Urteil die Meinung der russisch-sprachigen Bevölkerung über die Unabhängigkeit der Gerichte von der Politik verbessern sollte.
Die Partei Volksunion sieht die Schuld bei der Geheimpolizei KAPO, die es nicht geschafft hat, genügend Beweise für die Schuld der Angeklagten zu finden. Ausserdem hat es die Staatsanwaltschaft nicht professionell gearbeitet und hat eine unvollständige Beweisführung dem Gericht vorgelegt. Die Verantwortung dafür sollten der Minister der Justiz und der Innenminister übernehmen.
Ihre Unzufriedenheit mit der Arbeit der Rechtsorganen der Republik hat auch der Parlamentsmitglied von der Reformpartei Igor Grjazin und der Soziologe Andrus Saar geäussert.
Für den Sozialdemokraten Eiki Nestor ist es klar, dass jemand den Befehl geben musste, sich zu versammeln, Vitrinen einzuschlagen und Läden auszuräumen.
Der Vorsitzende der Rechtskommission des Parlaments Ken-Marti Vaher von der Isamaa-Partei gibt die Schuld der Richterin Violetta Kõvask, da sie die Angeklagten nicht als Autoritäten begriffen hat, so dass die meisten ihrer Aussagen als nicht ernstzunehmend eingestuft wurden.
Der Mitglied des Parlaments von der Reform Partei Silver Meikar findet den Freispruch ein Beweis für die Meinungsfreiheit in Estland. Er ist zwar mit den Ansichten der "Bronzenen Vier" nicht einverstanden, doch ist er bereit dafür zu kämpfen, dass sie sie äussern dürfen.
Mitglied des Parlaments und der Vorsitzende des Ausschusses zur Überwachung der Sicherheitsbehörden Ain Seppik von der Zentrumspartei betonte die Unfähigkeit der Staatsanwaltschaft und der Geheimpolizei, dass die vors Gericht gingen, ohne sich sicher zu sein, dort zu gewinnen. Die Entscheidung ist ein ernster Schlag für Image Estlands und ihren Ministerpräsidenten. Es wäre ein Sieg für die propagandistische Maschinerie Russlands.
Dmitrij Linter ist der Meinung, dass den Russen in Estland noch ein Recht auf Gerechtigkeit geblieben ist. Er ist mit der Entscheidung des Gerichtes zufrieden, jedoch wird sich der Kampf für politische, wirtschaftliche und "memorialle" Rechte der Russen in Estland fortsetzen.
Für Maksim Reva sagte, dass der Rechtsentscheidung eine Freude für die estnische Gesellschaft sei, denn es gibt Rechtsstaatlichkeit und tapfere Richter.
Für Dmittij Klenski hat das Gericht die Ehre des estnischen Staates gerettet. Die Gerichtsentscheidung sei richtig gewesen.
Notchnoj Dozor veröffentlichte eine Pressemitteilung in der sich die Organisation über das Urteil sich freut, denn es wurde gezeigt, dass demokratische Rechtsinstanzen ausgewogene und objektive Urteile treffen können, die nicht von den aktueller politischen Konjunktur und Aufträgen abhängig sind. Ausserdem bedankt sich Notchnoj Dozor bei den Rechtsanwälten der Verteidigung und Unterstützer in Estland und im Ausland. Ausserdem werden alle Parteien und die Zivilgesellschaft dazu aufgerufen das Urteil nicht zur Spaltung der Gesellschaft zu missbrauchen. Diejenigen, die politisches Kapital daraus schlagen wollen, sind nicht an der Entwicklung der gemeinsamen Heimat und zivilrechtlichen Gesellschaft interessiert.
Und schliesslich musste auch das Russische Aussenministerium kommentieren. Das Urteil wäre eine Anklage gegen diejenigen, die die Geschichte umschreiben wollen. Es hätte die Rechtmäßigkeit des gesellschaftlichen Protestes bekräftigt, gegen die provokatorischen Ideen der estnischen Regierung, der Schändung des Grabes der sowjetischen Soldaten und Versetzung des Denkmals des Befreier-Soldates in Tallinn.
Mein Kommentar: Die Kommentare und die Beobachtungen im Laufe des Prozesses sagen einiges zum Stand der zivil-rechtlichen Gesellschaft in Estland, die aber für andere junge Demokratien und Russland und Ukraine typisch sind. Man scheint überhaupt nicht begreifen zu wollen oder zu können, dass eine Gruppe von Leuten auf die Strasse gehen kann, ohne dass sie von jemandem dazu angestiftet werden, ohne dass ihnen jemand Geld dafür bietet. Irgendjemand muss doch Anführer, Anstifter gewesen sein und der- oder diejenigen müssen für die Äusserung ihrer Meinung, für ihr Nichteinverständnis mit der Politik der Regierung oder der Mehrheit büssen. Vergessen scheinen die Singrevolutionen, als die Leute auf die Strasse gingen, um ihre Meinung äussern zu können, ihr Protest gegen die Regierung und gegen das System.
Bewohner des "alten" Europas sind da viel realistischer. In den letzten Jahren wurden mehrere Länder und Städte von unorganisierten Krawallen erschüttert: Frankreich, Griechenland, alle G7-Treffen in Europa, Kopenhagen, Proteste gegen Atomtransporte, Krawallen während der Neonazi-Demos, Chaos-Tage, 1.Mai in Berlin und Hamburg usw. usf. Viele schaffen es nicht mal in die Massenmedien. Und wieviele Organisatoren werden angeklagt? Werden überhaupt welche gefunden, gab es überhaupt welche? Ist der Ausbruch der Gewalt nicht ein Versagen der Polizeikräfte, die überfordert waren und die Situation nicht richtig eingeschätzten? Verhaftet und angeklagt werden die konkreten Täter, die Vitrinen einschlagen, Autos anzünden, auf Polizisten einprügeln. Das geschah auch in Estland, die entsprechenden Personen wurden verhaftet, angeklagt und soweit ihnen Schuld an Zerstörung nachgewiesen werden konnte, landeten sie auch hinter Gittern. Das ist das Wesen der Demokratie, dass gegen die Entscheidungen der Regierung, gegen politische Gruppierungen, gegen das System protestiert werden kann. Wenn die Proteste in Gewalt umschlagen, klagt man die konkreten Täter an, nicht diejenigen, die die Proteste an sich organisiert haben. Deswegen hat das estnische Gericht absolut im Rahmen für Rechtsprechung gehandelt, wie es im übrigen Europa gültig ist, wozu ich der Richterin nur gratulieren kann.
Mittwoch, Januar 07, 2009
Freispruch
EIn Bericht von Herr Dornemann:
Ich komme gerade, es ist 113o, am 5. Januar 2oo9, aus dem Gerichtssaal in der Tallinner Liivalaia, wo heute das Urteil gegen die vier "Aufrührer“ Dmitri Linter, Maxim Reva, Dmitri Klenski und Maks Syrik als Folge des Durcheinanders um den 27. April 2oo7 herum, gesprochen wurde.
Pünktlich um zehn Uhr erschien die Richterin Violetta Kiwask und wurde von einem Blitzlichtgewitter der ausgesprochen vielen Journalisten empfangen. Sie ging souverän damit um, verzog aber keine Miene.
Sie hieß gar nicht erst zum Hinsetzen der Anwesenden, sondern begann sofort bei Erreichen ihres Platzes mit dem Verlesen der Anschuldigungen und sprach ebenso unvermittelt das Urteil:“Freispruch in allen Punkten“. Das war`s. Nach gerademal 17 Minuten verließ sie daraufhin den Saal unter dem Beifall aller. Ein Aufatmen nach dem Urteil ging durch den Saal, nämlich daß dieses seltsame Verfahren endlich, nach fast 1 1/2 Jahren, zu Ende ist, noch dazu mit solch einem Ausgang, den zwar alle erhofft, aber nicht ganz ernsthaft erwartet hatten.
Richterin Violetta Kiwask hatte keine leichte Aufgabe zu bewältigen, gab es doch ziemlich deutliche Vorgaben der Politik, allen voran von Ministerpräsident Ansip! Das allein ist für eine Demokratie schlimm genug.
Dabei fiel mir schon an einem der ersten Verhandlungstage auf, daß die Richterin ihre Strenge zu lockern begann und schien nicht mehr so überzeugt von einer aufrührerischen Tätigkeit der vier zu sein. Die 7-stündige Verlesung der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft mit all den überwiegend unwesentlichen Beschuldigungen mochte vielleicht zu dem Wandel beigetragen haben. Ich habe die sieben Stunden zugehört!!
Sicherlich war es für die Richterin und alle Anwesenden nicht unbeeindruckend, daß erst Tatjana Zhanoka und dann Sahra Wagenknecht mit Mitarbeitern während des Verfahrens, wenigstens für ein paar Stunden anwesend waren, während andere, ebenfalls von mir angeschriebene Parteien, es gar nicht für wichtig genug erachteten, überhaupt zu antworten.
Ich erwähne die Richterin Kiwask deshalb lobend, da ich zu ihren Gunsten annehme, daß sie zu diesem Urteil keine, aus taktischen Gründen, eventuell geänderten Vorgaben bekam.
Das Urteil ist bedeutsamer als es auf den ersten Blick so den Anschein hat. Und zwar nicht für die vier Angeklagten, sondern vielmehr für Estland. Es ist ein wichtiger Gradmesser für den ohnehin niedrigen Stand des demokratischen Verständnisses in Estland. Es ist, meine ich, ein kleiner, positiver Stein vorwärts auf dem Pflaster der Straße zur Demokratie. Das Urteil war also notwendig für den Staat und ein beonderes Geschenk für Maxim Reva zu seinem heutigen Geburtstag.
Ob sich nun allerdings die staatliche Seite, besonders aber KAPO, damit zufrieden geben wird muß sich zeigen!
Ob Ihres Glückes wegen luden die vier etwa 2o Leute, meistens aus dem Kreise von Noschnoi Dozor, auf ein Glas Sekt ein. Ich war auch dabei. Im Gespräch mit Dmitri Linter sagte er mir, für Ihn sei dieses Urteil sicherlich das wichtigste Ereignis in seinem Leben. Voererst nehme ich`s ihm mal ab, obwohl ich kein Hellseher bin und nicht ahne, was noch so auf ihn zukommen wird..
Ich komme gerade, es ist 113o, am 5. Januar 2oo9, aus dem Gerichtssaal in der Tallinner Liivalaia, wo heute das Urteil gegen die vier "Aufrührer“ Dmitri Linter, Maxim Reva, Dmitri Klenski und Maks Syrik als Folge des Durcheinanders um den 27. April 2oo7 herum, gesprochen wurde.
Pünktlich um zehn Uhr erschien die Richterin Violetta Kiwask und wurde von einem Blitzlichtgewitter der ausgesprochen vielen Journalisten empfangen. Sie ging souverän damit um, verzog aber keine Miene.
Sie hieß gar nicht erst zum Hinsetzen der Anwesenden, sondern begann sofort bei Erreichen ihres Platzes mit dem Verlesen der Anschuldigungen und sprach ebenso unvermittelt das Urteil:“Freispruch in allen Punkten“. Das war`s. Nach gerademal 17 Minuten verließ sie daraufhin den Saal unter dem Beifall aller. Ein Aufatmen nach dem Urteil ging durch den Saal, nämlich daß dieses seltsame Verfahren endlich, nach fast 1 1/2 Jahren, zu Ende ist, noch dazu mit solch einem Ausgang, den zwar alle erhofft, aber nicht ganz ernsthaft erwartet hatten.
Richterin Violetta Kiwask hatte keine leichte Aufgabe zu bewältigen, gab es doch ziemlich deutliche Vorgaben der Politik, allen voran von Ministerpräsident Ansip! Das allein ist für eine Demokratie schlimm genug.
Dabei fiel mir schon an einem der ersten Verhandlungstage auf, daß die Richterin ihre Strenge zu lockern begann und schien nicht mehr so überzeugt von einer aufrührerischen Tätigkeit der vier zu sein. Die 7-stündige Verlesung der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft mit all den überwiegend unwesentlichen Beschuldigungen mochte vielleicht zu dem Wandel beigetragen haben. Ich habe die sieben Stunden zugehört!!
Sicherlich war es für die Richterin und alle Anwesenden nicht unbeeindruckend, daß erst Tatjana Zhanoka und dann Sahra Wagenknecht mit Mitarbeitern während des Verfahrens, wenigstens für ein paar Stunden anwesend waren, während andere, ebenfalls von mir angeschriebene Parteien, es gar nicht für wichtig genug erachteten, überhaupt zu antworten.
Ich erwähne die Richterin Kiwask deshalb lobend, da ich zu ihren Gunsten annehme, daß sie zu diesem Urteil keine, aus taktischen Gründen, eventuell geänderten Vorgaben bekam.
Das Urteil ist bedeutsamer als es auf den ersten Blick so den Anschein hat. Und zwar nicht für die vier Angeklagten, sondern vielmehr für Estland. Es ist ein wichtiger Gradmesser für den ohnehin niedrigen Stand des demokratischen Verständnisses in Estland. Es ist, meine ich, ein kleiner, positiver Stein vorwärts auf dem Pflaster der Straße zur Demokratie. Das Urteil war also notwendig für den Staat und ein beonderes Geschenk für Maxim Reva zu seinem heutigen Geburtstag.
Ob sich nun allerdings die staatliche Seite, besonders aber KAPO, damit zufrieden geben wird muß sich zeigen!
Ob Ihres Glückes wegen luden die vier etwa 2o Leute, meistens aus dem Kreise von Noschnoi Dozor, auf ein Glas Sekt ein. Ich war auch dabei. Im Gespräch mit Dmitri Linter sagte er mir, für Ihn sei dieses Urteil sicherlich das wichtigste Ereignis in seinem Leben. Voererst nehme ich`s ihm mal ab, obwohl ich kein Hellseher bin und nicht ahne, was noch so auf ihn zukommen wird..
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