Wie auch in den anderen 28 EU-Ländern fanden auch in Estland diese Woche die Wahlen in das Europäische Parlament statt. Endlich, wird mancher estnischer Politiker gedacht haben, denn von den letzten sechs Abgesandten nach Brüssel, haben drei ihre Partei gewechselt, so dass die Zeit für neue Gesichter reif war. Die ganze Woche konnte man per E-Wahlen abstimmen (als im einzigen EU-Land. 10 Jahre nachdem die E-Wahlen in Estland zum ersten Mal abgehalten wurden, hat sich immer noch kein anderes Land getraut bei sich die E-Wahlen durchzuführen, weil die Sicherheit nicht gewährleistet werden kann, aber die Esten scheinen die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, doch dazu etwas später). Am Sonntag war die E-Wahl nicht möglich, man konnte nur mit Wahlscheinen aus Papier abstimmen. Insgesamt wählten 36,4% der wahlberechtigten Esten, die Wahlbeteiligung in der EU insgesamt war 43,11%.
Die Wahlergebnisse wurden auf der offiziellen Wahlseite ep2014.vvk.ee ca. um Mitternacht CET veröffentlicht. Ich besuchte die Seite und fand folgende Ergebnisse:
Wenn man die Prozentzahlen zusammenzählt, stellt sich heraus, dass alle Kandidaten auf 145,6% der Stimmen kommen.
Wenn man dieselbe Seite ein Tag später aufruft, sieht man folgendes Bild:
Da stimmen die Prozentzahlen halbwegs (99.7%). Interessanterweise haben die meisten Parteien weniger Stimmen als in der 0:28 Auszählung (z.B. Eesti Reformierakond 79850 zu 79865), lediglich Sotsiaaldemokraatik Erakond (44622 zu 44573) hat mehr. Das man zu einer späteren Stunde mehr Stimmen bekommen kann ist noch verständlich, aber wie kann man weniger Stimmen bekommen? Zur Erinnerung, diese Leute betreuen auch die E-Wahlen in Estland.
Auf den Fehler angesprochen, bedauerte der Vorsitzende der Wahlkommission Alo Heinsalu den Fehler, es sei menschliches Versagen.
Aber jetzt zu den Wahlergebnissen. Estland schickt sechs Vertreter zum Europaparlament, zwei von Partei der Reform (der Ex-Ministerpräsident Andrus Ansip und die Tochter des estnischen Mitglieds der Europäischen Kommission Siim Kallas, Kaja Kallas), einen von Sozialdemokraten (die Mutter der estnischen Unabhängigkeitsbewegung Marju Lauristin), einen von IRL (der 78-jährige Tunne Kellam), der unabhängige Kandidat, der schon letztes Mal ein Viertel der Stimmen gewinnen konnte, Indrek Tarand und die Vertreterin der Zentrumspartei Yana Toom. Den regelmäßigen Lesern diesen Blogs ist der Name Yana Toom ein Begriff, als Parlamentsabgeordnete setzt sie sich z.B. für den Erhalt der russisch-sprachigen Schulen ein. Das hat ihr schon den Eintrag in den Jahresbericht des estnischen Geheimdienstes KAPO gebracht, gegen den sie vors Gericht ging.
Yana Toom ist die erste russisch-stämmige Politikerin, die Estland zum Europaparlament schickt. Sie bekam sogar mehr Stimmen als der ewige Parteivorsitzender Edgar Savisaar, was bis dahin als unmöglich galt. Nicht alle sind davon begeistert:
Tunne Kelam von IRL: Jetzt müssen wir in Europaparlament für Sachen kämpfen, für die man anderenfalls nicht nicht kämpfen müssen. Es ist sehr notwendig, dass die sechs Abgeordnete im Marschschritt sich bewegen und die Interessen Estlands verteidigen würden. So war das während der letzten zwei Perioden, aber jetzt wird es mit ihr (Yana Toom) Probleme geben.
Andrus Ansip von der Reform Partei: Das Hauptthema der Wahlen war die Sicherheit. Die Esten sind um die Sicherheit Estlands besorgt. Es ist äußerst wichtig, dass alle sechs Vertreter Estlands in Europaparlament die Wichtigkeit der Sicherheit Estlands begreifen würden… Deswegen bin ich nicht sehr froh über die Ergebnisse dieser Wahlen. Doch ich freue mich, dass die Partei der Reform die Wahlen gewonnen hat.
Der estnische Premierminister Taavi Rõivas von der Reform Partei: Ich bin etwas besorgt was sie über Estland in Europa sagen wird.
Bleibt zu hoffen, dass Yana Toom ihren Prinzipien treu bleibt und sowohl die Interessen des gesamten Estlands, als auch ihrer russisch-sprachigen Minderheit auf dem europäischen Level verteidigt.
2 Kommentare:
http://ep2014.vvk.ee/ ist nicht die ofizielle Seite, sondern http://www.vvk.ee/ und die ofiziellen Resultate werden erst nach 20. Tagen genehmigt.
Kann bitte ein 3-jähriger Anonym erklären was eine Internet-Domain ist? Offensichtlich kann Anonym auch keine Links klicken, denn wenn er auf www.vvk.ee geht und dort auf Euroopa Parlamendi Valamised klickt, dann kommt er auf ep2014.vvk.ee. Aber Anonym weiss ganz genau, dass E-Wahlen sicher sind, denn er ist Internet-Experte, immerhin kann er Kommentare hierher posten.
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