Liebe Historiker der Tartuer Universität. Ich bitte Euch zum Historischen Museum zu kommen, doch dann um die Ecke zu gehen. Dann seht ihr folgendes:


Warum soll man einen Naziverbrecher besser behandeln, als alle Leute, denen diese Denkmäler gewidmet sind? Mindestens eine der Personen, denen diese Denkmäler gewidmet sind, der Kommunist Fritz Böm, wurde von Nazis hingerichtet. An die Täter soll man sich also erinnern, aber nicht an die Opfer?
-------------------------
Eine der Errungenschaft der E-stonia sind ja die E-Wahlen. Interessant ist, dass es eine Errungenschaft bleibt, bei der die anderen Länder nicht nachziehen wollen. Nicht mal die digitalen Wahlautomaten werden nach der Chaoswahl in USA 2004 eingesetzt. In Deutschland und Niederlanden wurde längst bewiesen, dass die Wahlautomaten unsicher sind. Doch in Estland werden Wahlen mit Stimmen entschieden, die am heimischen evtl. Viren, Trojaner und Rootkits-verseuchtem Computer abgegeben wurden. Jetzt schreibt die amerikanische Wissenschaftlerin Barbara Simons von Verified Voting Foundation:
1. There are a number of serious problems, as described by the OSCE/ODIHR report;
2. The voters’ privacy (secret ballot) is vulnerable;
3. The voters’ computers are vulnerable to election rigging malware;
4. There is an insider threat;
5. The server is vulnerable to attack from anyone/anywhere;
6. The system is not open or transparent;
7. There has been no security evaluation of the system by independent computer security experts.
Das Paper ist ein must-read (hier die estnische Version).
Warum soll so einem System vertraut werden? Berücksichtigt man wie wahlentscheidend mittlerweile die am Computer abgegebenen Stimmen sind, wachsen bei der Opposition die Zweifel, ob bei der letzten Parlamentswahl wirklich sauber gezählt wurde, insbesondere die grossen Unterschiede in Parteipräferenzen bei der digitalen und "alten" Zettelwahl werfen Fragen auf. Es gibt auch keine Möglichkeit zu prüfen, ob Manipulationen stattgefunden haben, denn am 11. April wurden trotz Proteste alle elektronischen Wahlunterlagen gelöscht. Ein Interview mit Blogger Raivo Orgusaar kann hier nachgelesen werden.
-------------------------------------
Bei der letzten Sitzung von "Grazhdanskij Mir" (Zivilgesellschaft) verteidigte die Frau des estnischen Ex-Präsidenten Rüütel, Ingrid Rüütel die Bemühungen von Esten ihre Kultur zu bewahren und vor russischen Einflüssen zu bewahren, denn schliesslich sind Esten ein kleines Volk deswegen herrschen hier besondere Umstände, so dass in Estland die estnische Kultur aufbewahrt und propagiert werden soll.
Wenn das die Stimme des estnisches Volkes gewesen sein soll, dann frage ich mich, was ist denn jetzt das Ziel der estnischen Integrationspolitik? Hat es zum Ziel das estnische Volk durch die integrierte/assimilierte Fremden zu vergrößern, oder ist das Ziel die Nation möglichst gegenüber Fremden abzuschotten? Für die erste Theorie spricht die Eliminierung der russischen Bildung, für die zweite der Unwille der estnischen Behörden das Problem der Staatenlosigkeit zu lösen und die sehr zögerliche Einwanderungspolitik, die nur teilweise mit der hohen Arbeitslosigkeit zu erklären ist.
Angenommen die erste Theorie stimmt und nach ausreichend Integrationsbemühungen wird man in die estnische Gemeinschaft aufgenommen. Doch was ist es wert in der estnischen Gesellschaft aufgenommen zu werden? Wie weit kann man es als integrierter Ausländer bringen? Ich denke niemand wird bezweifeln, dass es bereits eine Menge an bestens integrierten Nichtesten gibt, doch wo sind sie alle geblieben? Im Regierungskabinett sucht man sie vergebens, den höchsten Parteiposten hat Denis Boroditch von der Zentristenpartei, er ist einer von einem Dutzend an Vizeparteivorsitzenden. Es gibt ein paar Parlamentsabgeordneten, die meisten von Zentrumspartei. Bei den grossen Firmen mit staatlichen Beteiligung gibt es keinen Leiter mit nichtestnischen Namen, nur einige Selfmade-millionäre, die es hauptsächlich durch Transit geschafft haben reich zu werden, oder aus eigener Kraft die alten Sowjetbetriebe auf Vordermann gebracht haben. Weder in der Presse noch beim Rundfunk gibt es einen bekannten Russen, der auf estnisch seine Meinung äußert. Die einzige Möglichkeit berühmt zu werden, ist Sport, doch das hat mit Integration und Sprachkenntnissen nichts zu tun. Also was ist der Lohn für die Aufgabe eigener Sprache, eigener Kultur, eigener Identität? Wo sind die russischen Cem Özdemir, Xavier Naidoo, Sebil Kikelli, Brüder Yerli (Gründer von Crytek)? Es scheint, dass es eine gläserne Decke in der estnischen Gesellschaft gibt, die selbst der integrierteste/assimilierteste Russe nicht durchstossen kann. Und wie es aussieht, ist diese Decke recht niedrig aufgehängt.