Donnerstag, Dezember 31, 2009

Berlin - Kutaissi - Tallinn

Vor kurzem wurden zwei Ereignisse kaum in der westlichen Presse erwähnt, die an zwei weit voneinander entfernten Orten stattgefunden haben und auf den ersten Blick wenig mit dem Thema Estland zu tun haben, doch halte ich sie für bedeutend genug, um sie zu erwähnen.

Das erste Ereignis fand in Berlin statt. Vom 15-17.12 fand dort eine internationale Konferenz unter dem Namen "Lehren des Zweiten Weltkrieges und Holokausts" statt, die von dem Kongress der russisch-sprachigen Jüden mit der Unterstützung von jüdischen und antifaschistischen Organisationen Europas und GUS durchgeführt wurde. Zwei Tage lang haben Politiker, Mitglieder der zivilgesellschaftlichen Vereinigungen, als auch religiöse Führer nach den Lösungen für das Problem der Geschichtsfälschung und Heroisierung des Nazismus gesucht. Als Ergebnis der Konferenz wurden einige Resolutionen verabschiedet.

2010 wird die Welt den 65. Jahrestag des Sieges über nationalsozialistischem Deutschland feiern. Dieses Datum ist direkt mit der Tragödie und dem Heldentum der Völker verbunden, die Nazismus vernichtet haben. Nach dem Grossen Vaterländischen Krieg, noch im Jahr 1946, hat das Internationale Tribunal in Nürnberg die nazistischen Verbrecher und Nazismus als Ideologie verurteilt. Damals konnte sich keiner auch nur vorstellen, dass ein halbes Jahrhundert später jemand die Ergebnisse des Internationalen Tribunals verändern und zu der "vor-Nürnberg" Moral zurückkehren möchte. Doch das Problem der Heroisierung des Nazismus gewinnt immer mehr an Aktualität.

- Konnten wir noch vor 15 Jahren uns vorstellen, dass der Staatsoberhaupt einer regionalen Supermacht, des Irans, zu beweisen versucht, dass es kein Holokaust gab und dass ihn die Juden sich ausgedacht haben, um den Staat Israel zu erschaffen? - stellte eine rhetorische Frage der Präsident des KRSJ Boris Spiegel.

In seinem Vortrag wurde eine Reihe von Ereignissen erwähnt, die die Bedeutung der Geschichtsfälschung aufzeigen. Zum Beispiel werden heute in der Ukraine Roman Schuchevitch und Stepan Bandera, die während der Kriegsjahre Hilfe den deutschen Okkupanten geleistet haben, als Helden ausgezeichnet.

In Estland kann man in jedem Kiosk ein Kalender kaufen, der aus nazisitschen Postern der Jahre 1941-1944 besteht, die die Esten gegen Bolschevismus und Russen zu kämpfen, "Moskau einzunehmen" und den 22.Juni 1941 zu feiern, der Tag, an dem Hitlerdeutschland UdSSR überfiel, aufrufen. Ausserdem ist dieser Kalender den Schülern für das Studium der Geschichte des nationalen Posters empfohlen! In Finnland auf dem alljährlichen Markt der estnischen Waren kann man neben den Backwaren und gestrickten Handschuhen auch die Produktion des Verlages "Grenadier" kaufen: T-Shirts mit der Symbolik des estnischen SS-Legions, CDs mit den Liedern der Legionäre und "nationalen Partisanen", mit Aufnahmen der Gruppe Untsakad, die über die "jüdische Macht, Politkruken und Verbrecher" in Moskau singen. Und sogar in Russland möchte man in der Nizhegorodskaja Oblast ein Museum zu Ehren von General Andrej Vlassov öffnen, der zuerst gegen Faschismus und danach mit Faschisten gegen UdSSR kämpfte…

Dabei stellte sich heraus, dass bei weitem nicht alle Teilnehmer der Konfernenz wissen, was in ihren Ländern geschieht. So trat die Botschafterin der Ukraine Natalja Zarudnaja während des Forums auf und behauptete, dass "xenophobische Stimmungen Ukraine nicht berührt hätten" und "das blutige Gedächtnis von Babij Yar" die ukrainische Erde vor Propaganda des Nazismus schützen würde. Dabei ist der Grossteil der Konferenzteilnehmer gerade mit der Sachlage in der Ukraine beunruhigt! Unter anderem auch in Babij Yar, wo heutzutage nicht weit vom Monument ein Fussballfeld errichtet wurde, so dass die Kinder faktisch auf den Knochen der getöteten Leute spielen.

- Wir können nicht die Geschichte umkehren und die Welt zu der "vor-Nürnberg" Moral zurückführen. Das ist der direkte Weg zur Legitimierung des Nazismus, zum Vergessen seiner Opfer, unter anderem 6 000 000 Juden, die in Feuern des Holokausts verbrannten - das ist der Weg zum Überprüfen der Nachkriegsgrenzen, auch des Fakts der Existenz des Staates Israel, - sagt Boris Spiegel.

Der Präsident des KRSJ ist sich sicher: es ist an der Zeit die Wahrheit zu sprechen - über Nazismus, über den Krieg, über Holokaust, über diejenigen, die den Nazisten geholfen haben, die schrecklichsten Verbrechen des XX Jahrhunderts auszuführen, und auch über diejenigen, die heute sie beschützen. Und gerade deswegen hat der Kongress der russisch-sprachigen Juden zusammen mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland und dem Ukrainischen Jüdischen Kommitee die Konferenz "Die Lehren des Zweiten Weltkrieges und Holokausts" initiiert.

- Ich denke, dass die heutige Konferenz als die erste Berliner Konferenz in die Geschichte eingehen wird, die den Anfang gemacht hat, alle antinazistischen und antifaschistischen Kräfte der Welt zu vereinen. Das ist unser Hauptziel, deswegen haben sich hier ca. 500 Delegierte aus 25 Ländern versammelt, sagte Spiegel und fügte hinzu, dass heute bei der Lösung des Problems der Heroisierung ces Nazismus "keine Worte sondern konkrete Taten" notwendig seien.

- Wir schlagen ein konkretes Programm vor - sagte er. - Schon in den nächsten Monaten muss eine internationale Zusammenkunft aller antifaschistischen Kräfte durchgeführt werden, um gemeinsame praktische Lösungen zum Verhindern des Auferstehens des Nazismus auszuarbeiten und zu koordinieren.

Die ersten Schritte zum Erreichen dieses Zieles sind schon gemacht. Schon am Mittwoch während der Plenarsitzung haben die Teilnehmer der Konferenz beschlossen, eine neue internationale Organisation zu erschaffen, die alle antifaschistischen Kräfte konsolidieren sollte unter dem Namen Internationaler Antifaschistischer Front. Zu den Aufgaben dieser neuen Organisation zählt Monitoring der Verletzungen der Urteile des Nürnberger Tribunals, in dessen Dokumenten genau beschrieben ist, dass Organisationen, jüristische und physische Personen und Regierungen jener Länder, die militärische Formierungen, die auf Seite Hitlers gekämpft haben, reabilitieren, vor einem internationalem Tribunal gestellt werden sollen. Dieses Monitoring wird in allen Ländern durchgeführt.

Die Teilnehmer der Konferenz sind sich sicher: Mit Verbrechern muss man auf dem Level für jüristischen und normativen Akten arbeiten, deswegen werden die Ergebnisse der Arbeit des Internationalen Antifaschistischen Frontes an internationales NGOs weitergegeben, um mit der "braunen Pest" zu kämpfen.

Insgesamt wurden aufgrund der Ergebnisse der Konferenz einge wichtige Dokumente beschlossen.

Erstens - eine Erklärung an die Länder und Völkern der Welt über Unzulässigkeit der Reabilitation des Faschismus. Diese Erklärung wird aufgrund der Beschlusses der Delegierten auch an das Europarat und an die UNO weitergeleitet.

Zweitens - eine Resolution zu allen antifaschistischen Kräften, die zur Organisation einen ständigen Rates der antifaschistischen und antinazistischen Kräfte aufruft.

Das dritte Dokument ist ein Aufruf an die KSZE, in dem die Unzulässigkeit des Vergleiches des stalinistischen Regimes und nazistischer Verbrechen unterstrichen wird.

"Das Böse gab es sowohl in Taten Hitlers, als auch in Taten Stalins, doch kann man die nicht aneinander angleichen! Genausowenig kann man GULAG mit Auschwtz vergleichen - die Gründe warum die Leute in diese Lager kamen, sind prinzipiell verschieden, ebenso die Ideologien" - erklärte Spiegel.

Aufgrund der Ergebnisse der Konferenz wurden zwei zusätzliche Resolutionen angenommen: eine - die die Zerstörung des Denkmals den sowjetischen Soldaten in Georgien verurteilt und die andere über die Unzulässigkeit der Holokaustleugnung der Regierung Irans. Und die letzte Resolution ist ein Dokument, das ausführlich über die heutige Lage in der Ukraine berichtet. Bemerkenswert ist, dass gerade dieses Dokument die meiste Resonanz bei den Delegierten hervorrufte:

- Wir können nicht uns damit anfreunden, was heute in der Ukraine geschieht! - kommentierte es Herr Spiegel. Sogar wegen dem auf der Konferenz anwesenden Brigadegenerals Arad - dem Soldaten der drei Armeen, die die Freiheit uns und dem ukrainischen Volk brachten! Wir wollen nicht, dass für diese Orden, die an seiner Brust hängen, dem SS-Schuchevitch den Rang des Helden zugesprochen wird. Und in der Ukraine geschieht das auf dem Regierungslevel. Wir sind überzeugt, dass wir gegen die Regierungen der Länder, die die Nazi-Verbrecher heroisieren, kämpfen müssen und werden.

Der Kongress der russisch-sprachigen Juden hat schon begonnen die Gesetze auszuarbeiten, die zur Verantwortung für Propaganda und Heroisierung von Nazismus heranziehen. Es ist vorgesehen, dass auf Basis dieser Dokumente die Organisation den Ländern Europas vorschlagen wird Modelgesetze zu erlassen und falls die Parlamente der verschiedenen Länder sich einverstanden erklären, wird es ein bedeutender Schritt auf dem Weg des Unterbindung der Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges und Verzerrung der Geschichte und moralischen Ergebnisse des Holokausts sein.

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Das zweite Eregnis fand in Georgien statt. In der zweitgrößten Stadt Kutaissi wurde das Memorial des Gedenkens an die Kämpfer der sowjetischen Armee gesprengt. Das Memorial wurde 1981 eröffnet und symbolisierte die Erinnerung an die 700 000 georgische Soldaten, die an dem Zweiten Weltkrieg teilgenommen haben. Ein Drittel von ihnen kehrte nicht zurück. Der Erschaffer des Memorials ist ein bekannter georgischer Bildhauer Merab Berdzenischwilli. Die offizielle Begründung der Sprengung ist, dass an diesem Platz neues georgisches Parlament genaut werden soll, um den Protesten der aussenparlamentarischen Opposition in Tiflis auszuweichen. Ausserdem war das Memorial angeblich sanierungsreif und konnte nicht restauriert werden.



Die Sprengung wurde in grosser Eile durchgeführt, angeblich sollte es ein Geschenk zum Geburtstag des georgischen Präsidenten Michail Saakaschwilli werden. Als Ergebnis wurden bei der Sprengung eine Frau und ihr 8-jähriges Kind getötet, die aus ungenügender Entfernung die Sprengung beobachtet haben.



Wie man sich unschwer vorstellen kann, erinnert die Sprengung an die Geschehnisse in Estland 2007 rund um den Bronzenen Soldaten. Saakaschwilli hat auch schon zugegeben, dass die Sprengung politische Motive hatte, denn das Denkmal würde die sowjetische Armee verherrlichen, dafür ist in Georgien kein Platz übrig (Stalin-Denkmäler sind dafür durchaus üblich). Entsprechend sind die Reaktionen aus Russland und befreundeten Staaten. Der russische Internet ist voll mit Aggressionen gegenüber Georgien. Der russische Ministerpräsident Putin hat vorgeschlagen, die baugleiche Kopie des Denkmals in Moskau aufzustellen, wobei angeblich die georgische Gemeinde in Russland vorgeschlagen hat die Kosten dafür zu übernehmen. Ins Flammenherd Kaukasus ist wieder Öl reingegossen worden.

Mittwoch, Dezember 23, 2009

Das war 2009

Auch dieses Jahr war für Estland ein sehr schwieriges Jahr. Die offizielle Rate der Arbeitslosigkeit ist auf 13% gestiegen, inoffiziell (also mit Berücksichtigung der arbeitsfähigen Bevölkerung, die in der offiziellen Statistik nicht auftaucht, da sie keine Arbeitslosenhilfe mehr bezieht) dürfte die Arbeitslosenrate eher bei 16-18% liegen. Viele Leute bekommen überhaupt keine Unterstützung und sind auf Schwarzarbeit oder die Hilfe der Freunde/Verwandte angewiesen. Wie ich mich selbst überzeugen konnte, kehren die 90-er Jahre zurück, mit organisierten Banden, mit Dächern (also Schutzgelderpressung), mit erhöhtem Konsum harten Drogen und allgemein hohen Kriminalitätsraten. Die lautesten Kriminalfälle waren zweifellos die Entführung der Arctic Sea, wobei bis heute nicht klar ist, was da eigentlich geschah und die Enttarnung von Hermann Simm, der viele wichtige NATO-Dokumente an Russland weitergab.

Die Wirtschaft stürzte um voraussichtlich 16% ab, Industrieaufträge um 20%, Wohnungspreise um bis zu 50%. Überall stehen leere Wohnungen, die entweder nicht verkauft werden konnten oder die, die Eigentümer sich nicht mehr leisten konnten. Viele Arbeitssuchende wandern aus, in der Hoffnung im Ausland eine Arbeit zu finden.

Es gab zwei Wahlen, die nichts geändert haben, eins für Europaparlament, bei der der absolute Gewinner der Populist Indrek Tarand geworden ist und Kommunalwahlen, die die Zentrumspartei zwar gewonnen hat, doch die keinerlei sichtbare Auswirkungen auf die Landespolitik hatte, man kann sie höchstens als Vorlage für die nächsten Landeswahlen sehen, die erst in zwei Jahren stattfinden werden. Die Koalition mit Sozialdemokraten ist zwar zerbrochen und die konservativ-liberale Regierung regiert in der Minderheit, doch sitzt der estnische Ministerpräsident Andrus Ansip immer noch erstaunlich fest im Sattel.

Die Politik des vergangenen Jahres hatte nur ein Ziel: die Maastricht-Kriterien zu erfüllen, um im Jahr 2011 Euro in Estland einführen zu können. Im Namen des Euros wurden mehrmals Budgetkürzungen durchgeführt, es gab keinerlei staatlichen Beihilfen weder für die Unternehmen, noch für die Bevölkerung. Im Gegenteil wurden die Bemühungen der Stadt Tallinn arbeitslosen Menschen soziale Arbeitsplätze zu vermitteln von Ansip als menschenunwürdig bezeichnet. Eins muss man der Regierung lassen, inzwischen ist es sogar vorstellbar, dass die harten Kriterien zur Euro-Einführung von Estland erfüllt werden, die Inflation ist sehr niedrig, dank rigoroser Sparmassnahmen liegt die Neuverschuldung unter 3% und Staatsschulden sind mit die niedrigsten in EU. Doch jetzt stellt sich die Frage, ob die Euro-Gemeinschaft reif dafür ist neue Mitglieder aufzunehmen, denn mit den alten Mitgliedern wie Griechenland gibt es mehr als genug Ärger. Solange man diese Brandherde nicht unter Kontrolle bekommt, ist es zweifelhaft, dass neue Mitglieder aufgenommen werden.

Der Zustand der russisch-sprachigen Gemeinde in Estland ist nur als jämmerlich zu bezeichnen. Die Versuche bei den Wahlen zu punkten, endeten für Klenski mit massiver, Niederlage. Die Zentristen haben geschafft die Stimmen der russisch-sprachigen Bevölkerung auf sich zu vereinen, obwohl die meisten Kommentatoren sich einig sind, dass die Zentristen die Interessen der russisch-sprachigen Bevölkerung kaum vertreten. Notchnoj Dozor ist im desolaten Zustand, die einzige positive Nachricht war, dass die Bronzenen Vier von allen Vorwürfen der Anklage freigesprochen wurden. Als Reaktion darauf wurden schärfere Gesetze der sogenannte "Bronzene Paket" verabschiedet, damit solche Freisprüche in der Zukunft nicht mehr passieren. Schlimm steht es auch um die russisch-sprachigen Massenmedien, mehrere Zeitungen wurden geschlossen und existieren als Online-Ausgaben weiter, wobei die Qualität noch weiter gesunken ist.

Die KAPO wütete auch dieses Jahr unter den Andersdenkenden. Die Blogger Irja und Inno Tähismaa wurden drangsaliert, der goldene Soldat der Künstlerin Kristina Norman wurde entfernt, der Sänger Sergej Baj wurde für sein Lied vorgeladen, Aleksej Semjonov's Zentrum für Menschenrechte wird zwar offiziell nicht als feindliche Institution eingestuft, jedoch ist Kontakt den Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender mit ihm untersagt worden.

Aussenpolitisch hat sich nicht sonderlich viel verändert. Baltische Staaten, Ukraine und Georgien fahren mit ihren russlandfeindlichen Politik fort, werden aber nicht mehr sonderlich ernst genommen, wenn es um wirtschaftliche Interessen geht, wie Genehmigung für die Gaspipeline Nordstream und bevorstehender Verkauf von Hubschrauberträger Mistral von Frankreich an Russland zeigen. Langsam formiert sich Protest gegen die veränderte Geschichtsauslegung der baltischen Staaten und Ukraine seitens der jüdischen Organisationen, die Holocaust als singuläres Ereignis definiert haben wollen und keine Vergleiche mit Stalinismus erlauben.

Was bringt 2010? Es wird wieder sehr anstrengendes Jahr sein, falls das Ziel der Euroeinführung beibehalten wird. Die Arbeitslosenzahlen werden kaum sinken, denn die Investoren haben sich schon einmal die Finger verbrannt und kommen nicht so schnell wieder, ausserdem ist die Binnennachfrage wegen Überschuldung und Angst vor Arbeitslosigkeit niedrig und wichtige Exportmärkte entweder wirtschaftlich unattraktiv wegen hohem Wechselkurs zwischen estnischen Krone und bspw. schwedischen Krone, oder politisch geschlossen wie in Russland. Wahrscheinlich werden immer mehr russisch-sprachige Schulen geschlossen, was Proteste der russisch-sprachigen Bevölkerung hervorrufen könnte. Durch das Anziehen der Weltwirtschaft und dementsprechend höheren Ölpreisen wird Russland wieder stärker und wird wieder Grossmachtfantasien ausleben, was Esten gar nicht recht sein wird. Und mit hohen Wahrscheinlichkeit werden mehr Esten auswandern, wenn in anderen Ländern wieder Arbeitsplätze geben wird.

Nichtsdestotrotz wünsche ich meinen Lesern frohe Weihnachten und ein glückliches Neues Jahr. Vielen Dank, dass ihr mein Blog liest und kommentiert, ich weiss es sehr zu schätzen.

Euer kloty

Dienstag, Dezember 22, 2009

Wieder Blogger unter Druck

Ein Artikel auf Baltija.eu.

Estnische Blogger wurden gezwungen eine schriftliche Erklärung abzugeben, dass sie ihren Aufenthaltsort nicht verlassen dürfen

Wie schon früher berichtet wurde, rückten die für die Nutzer des Internets durch ihre kritische Betrachtungsweise über die heutigen Geschehnisse in Estland bekannte Blogger, Ehepaar Inno und Irja Tähismaa wieder in den Aufmerksamkeitsfokus der estnischen Sicherheitskräfte. In ihrem Briefkasten fanden sie eine Einladung der örtlichen Polizeidienststelle.

Im Gespräch mit dem Korrespondenten des Informationsportals der russischen Gemeinde in Estland erklärte Irja Tähismaa, dass die Versuche den Grund für die Einladung telefonisch rauszubekommen nicht erfolgreich waren. Doch wurde ihr erklärt, dass im Falle des Nichterscheinens, sie und ihr Ehemann festgenommen werden könnten.

Am 14. Dezember ging das Ehepaar zur Polizei, wo sich herausstellte, dass gegen Inno Tähismaa eine Untersuchung nach dem Artikel 221 durchgeführt wird, wegen Nichtbezahlung von Unterhaltszahlungen.

Wie Inno uns berichtete, hat eine solche Beschuldigung keinerlei Grundlage, und die Untersuchung nichts anderes sei als ein Versuch, ihn zu diskreditieren und seine Bewegungsfreiheit einzuschränken.

"Die Sache ist so, dass wir heute vorhatten nach Moskau zu fahren, um sich dort mit den Aktivisten der Bewegung Naschi zu treffen, deren Interessen wir vor estnischem Gericht zu verteidigen gedenken. Doch weil von mir eine Erklärung über das Nichtverlassen meines Wohnortes genommen wurde, musste diese Reise abgesagt werden. Die gegen mich erhobene Anschuldigungen ist eine Provokation der Regierung, denn ich hatte und habe keine Schulden meinen Kindern gegenüber" - ergänzte Inno Tähismaa.

Erinnern wir uns, dass die frühere Staatsanwaltgehilfin Irja Tähismaa und ihr Mann, früherer Leiter der Presseabteilung des estnischen Finanzmisteriums schon früher Unannehmlichkeiten mit den estnischen Sicherheitskräften hatten.

Am 28. April 2009 wurde nach ihrer Teilnahme an einer Protestaktion von Notchnoj Dozor ihre Wohnung durchsucht. Gegen 8 Uhr morgens kamen zu ihnen Vertreter des Amtes für Datenschutz in Begleitung von Polizeikräften. Ihnen wurde ein Durchsuchungsbefehl gezeigt. Die Bitte die Ankunft des Rechtsanwalts abzuwarten wurde abgelehnt. Im Laufe der Durchsuchung haben die Polizisten Computer, Foto- und Videoapparatur und persönliche Telefone der Blogger konfisziert.

Wie Irja Tähismaa dem Korrespondenten der russischen Gemeinde in Estland berichtete, wurde diese Aktion durchgeführt, um dem Wunsch der estnischen Regierung zu entsprechen die Wahrheit über die Menschenrechte in Estland vor der Weltgemeinschaft zu unterdrücken.

"Unsere Familie ist schon lange unter der Aufmerksamkeit der Sicheheitskräfte. Uns wurde mehrmals vorgeschlagen unseren Blog zu schliessen und mit der Kritik der jetzigen Regierung aufzuhören. Wie es aussieht hat sich der psychische Druck als unzureichend erwiesen, deswegen wurde jetzt Kraft gezeigt" - erklärte Irja.

Ein Monat vorher wurde die Seite der Gegner der heutigen Regierung in Estland angegriffen. Der Inhalt des Blogs wurde komplett gelöscht.

In der letzten Zeit haben die bekannte Blogger eine Aktion für die Verteidigung der Rechte der Aktivisten der Bewegung "Naschi" durchgeführt. Unter anderem verlangen sie nach Erklärung des estnischen Innenministeriums, die die Schliessung der Grenze für die Kommissarin der Bewegung Marjana Skvorzova betrifft.

Dienstag, Dezember 15, 2009

Auch das noch

Wiener Zeitung

In Estlands Gefängnissen ist kein Platz mehr

Ausgebucht

Von WZ Online/APA

Polizei kann nicht mehr verhaften



Tallinn. Die estnische Polizei weiß derzeit nicht wohin mit festgenommenen Personen, weil alle Gefängnisse und selbst Arrestzellen in Wachstuben im ganzen Land voll sind. Innenminister Marko Pomerants forderte am Dienstag das Justizministerium auf, dringend Abhilfe zu schaffen.
Die Beamten seien sonst gezwungen, wegen kleinerer Vergehen wie Taschendiebstahl geschnappte Kriminelle einfach wieder laufen zu lassen.
Pomerants sagte laut der baltischen Nachrichtenagentur BNS, seit vergangenem Mittwoch gebe es praktisch keine freien Zellenplätze mehr. Im ganzen Land habe sich lediglich ein freier Platz habe gefunden. Schon am 24. November habe sich das städtische Haftanstalt in Tallinn ausgebucht gemeldet.

Dienstag, 15. Dezember 2009

Donnerstag, Dezember 10, 2009

Without further comments...

Gewinner des Kinofestivals des mobilen Films MOFF in der Kategorie: Wir lieben Estland. Die Leute singen die estnische Nationalhymne

Mittwoch, Dezember 02, 2009

Humor ist, wenn man trotzdem lacht

Müssen die Nachrichten immer ernst sein? Was eignet sich besser als Satire, um die Absurdität mancher Neuigkeiten zu unterstreichen und dem Leser vor Augen zu führen? Nach dem anfänglichen Lachen begreift man, dass hinter anfänglichem Witz doch ein harter Kern steckt, der eventuell gar nicht zum Lachen ist.

Lange Rede kurzer Sinn, hiermit möchte ich zwei Seiten vorstellen, die sich den Nachrichten aus Estland von der humoristischen Seite her nähern:

The Livonian Chronicle rühmt sich zwar als The Baltic region's Paper of record since 1175 A.D., doch interessanterweise sind die ältesten Artikel vom November diesen Jahres. Die Macher scheinen die verlorene Zeit gerne aufholen zu wollen, denn 59 Artikel in einem Monat ist eine stolze Anzahl. Der Urheber und die Autoren geben sich nicht zu erkennen, die Leser von BBN haben gewissen Verdacht, wer dahinterstecken könnte (der unnachahmliche Count of Mount Kopli), aber gesichert ist das nicht. Für jeden, der der englischen Sprache mächtig ist, sehr lustig zu lesen und dabei einen guten Überblick über die aktuellen Themen aus der Wirtschaft und Politik in Baltikum zu bekommen.

Bei Stalnuhhin ist es absolut klar, wer der Autor ist. Mihail Stalnuhhin ist einer der bekanntesten und beliebtesten russisch-sprachigen Politiker des Landes. Er ist Vorsitzender des Stadtrates von Narva und Mitglied der Zentristenpartei. Es ist unglaublich, woher er die Zeit nimmt, quasi täglich eine neue Geschichte aus dem Ärmel zu schütteln. Manchmal sind es
ersthafte Artikel, wenn er etwa über die KAPO-Befragungen von einer schwangeren Frau berichtet, deren Kind jetzt behindert ist, wegen dem Stress in der Schwangerschaft, oder von Schuldnern, die von gewissenlosen Wohnungseigentümern quasi auf die Strasse gesetzt werden. Doch sehr viele seiner Geschichten beschäftigen sich mit der aktuellen Regierung, deren Mitglieder er gerne in verschiedenste Rollen schlüpfen lässt. Besonders die Kenner der russischen Literatur werden viele Querverweise erkennen. Die Artikel beschäftigen sich mit aktuellen Themen, ein grosses Thema
ist die Integration der russisch-sprachigen Bevölkerung, wobei der Autor Kraft seines Amtes und Parteizugehörigkeit gemäßigte Positionen einnimmt.

Ein bisschen Eigenwerbung kann auch nicht schaden. Vor zwei Jahren schrieb ich einen Artikel für Delfi, der unerwartet hohe Wellen geschlagen hat. Ich kann mir das nur damit erklären, dass Humor besonders dann gebraucht wird, wenn es sehr wenig zu Lachen gibt.