In den letzten paar Tagen haben repressive Organe in Estland gleich mehrere rote Linien überschritten, um Andersdenkenden verstummen zu lassen:
- Zum 2. Jahrestag der Bronzenen Nächte hat Notchnoj Dozor eine Konferenz angekündigt. Eingeladen wurden unter anderem der finnische Schriftsteller, Präsident des antifaschistischen Komitees Dr. Johan Bäckman, der vor einiger Zeit ein Estland-kritisches Buch veröffentlicht hat. Im Tallinner Hafen wurde er von den Zollbeamten fünf Stunden festgehalten und informiert, dass er in eine Blacklist eingetragen wurde und somit in Estland unerwünscht ist. Man kann zu Bäckmans Ansichten sehr geteilter Meinung sein, doch ist er weder verurteilt worden, noch wird gegen ihn ermittelt. Die Eintragung in die Blacklist erfolgt wohl auf Anweisung des Innenministers, wer darauf steht, weiss ausser dem Innenministerium niemand. Wer auf der lettischen Blacklist steht, weiss man inzwischen.
- Derselbe Schicksal ereilte fast den Mitglied des Europaparlaments Dr. Tatjana Zhdanok, als sie mit zwei Mitgliedern des lettischen Antifaschistischen Komitees die estnische Grenze passierte. Das Auto wurde von der estnischen Polizei angehalten, nur nach dem Vorzeigen des diplomatischen Passes und Aufklärung über diplomatische Immunität der Mitglieder der Europaparlaments wurde Frau Zhdanok freigelassen, ihre zwei Begleiter Eduard Gontscharov und Alexander Gamaleev wurden mit einer Eskorte nach Lettland zurückgefahren. Alle drei waren auf der Blacklist.
- Am 28. April wurde die Wohnung der zwei bekannten estnischen Blogger Inno und Irja Tähismaa (Youtube)von den Mitarbeitern des Amtes für Datenschutz durchsucht. Gegen 8 Uhr morgens kamen Vertreter des Amtes in Begleitung der Polizei. Es wurde ein Durchsuchungsbefehl gezeigt. Die Bitte auf die Ankunft eines Rechtsanwalts zu warten wurde abgelehnt. Im Laufe der Durchsuchung wurden Computer, Fotoapparate, Videokameras und Mobiltelefone der Blogger beschlagnahmt. In einem Interview sagte Irje: "Die Familie schon lange unter Beobachtung durch die Geheimdienste steht. Ihnen wurde mehrfach angeboten den Blog zu schliessen und mit der Kritik der Regierung aufzuhören. Wie es aussieht, war der psychische Druck nicht stark genug, also wurde mit Repressionen begonnen."
Vor einem Monat wurde die Seite innojairja.blogspot.com gehackt, alle Inhalte wurden gelöscht. Es stellt sich die Frage, ob nicht das Innenministerium hinter der Attacke steckt. Immerhin beschäftigten sich einige Artikel mit dem Privatleben des Innenministers Jüri Pihl und dem früheren Chef der Kriminalpolizei Andres Anvelt. Auch schrieb das Ehepaar an einem Buch in dem die Geschichte vom Angestellten der Stadt Tallinn Vladimir Panov erzählt wird, der unter grossen Aufmerksamkeit seitens der Presse von der KAPO festgenommen wurde und nach fünf Jahren Untersuchung vom Gericht völlig rehabilitiert wurde. Das alles wirft kein gutes Licht auf den Innenminister und den Vorsitzenden der estnischen Sozialdemokratischen Partei Pihl.
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