Sonntag, Februar 23, 2014

Worte der Woche

Die Esten, die 1944 gegen die Rote Armee kämpften, wussten gegen wen und was sie kämpfen. Sie kämpften, damit der kommunistische Terror, NKWD, Gulag und Genozid nicht zurückkehren. Doch diejenigen, die auf der anderen Seite kämpften, irrten sich was ihre Feinde angeht. Der Rotarmist dachte, dass er gegen Nazismus kämpft, gegen Hitler und Überlegenheit der Rasse, doch tatsächlich kämpfte er gegen das kleine Volk, das die Unabhängigkeit wiederherzustellen versuchte. Deutschland hat den Krieg 1944 praktisch verloren, 1944 kämpfte man in Estland nur für Estland, dafür, ob das Land in die UdSSR zurückkehrt oder mit der Unterstützung des Westens wenigstens eine Teilunabhängigkeit bekommt.

Lauri Vahtre, Parlamentsabgeordneter der IRL

Samstag, Februar 22, 2014

Ein Bericht aus der Ukraine

Dieser Bericht beschreibt meiner Meinung nach am besten, was in der Ukraine momentan passiert. Ich habe versucht den Stil des Berichtes beizubehalten, weiss nicht, ob es mir gelungen ist.

Ich denke, jetzt ist die Situation da, wenn alle sich im höllischen Schock vom Geschehenen befinden.

Zuallererst sie die Jungs aus der EU schockiert. Sie haben sich als super-duper Diplomaten ausgegeben, die sich dazu herabliessen mit dem unzivilisierten Barbarenführer eines Dritte-Welt Landes zu unterhalten, der in Schockstarre verfiel, als er die Glasperle „das Assozierungsabkommen“ abwartete, die ihm wohl den coolen Status „des Großen Eurointegrators“ in seiner Bananenrepublik einbringen wird, damit er die Wahlen 2015 gewinnen kann. Aus der Höhe ihren Diplomantenfluges, haben sie den Moment verpasst, als der Barbare sie plötzlich fickte, als er die Wahl für seine 46 Mio. Sklaven für den Orks-Mordor und nicht den Elfen-Valinor machte. Wegen der Höllenbürokratie und aus Nichtverständnis der ukrainischen Realität erlaubten sie einer anfangs friedlichen Situation zu einem fast-bürgerkriegsähnlichen Zustand sich zu entwickeln. Doch tatsächlich ist es für sie verdammt unnötig hier Scharen von Flüchtlingen, Terroranschläge, Panzer und andere Überraschungen zu haben, sie werden alles unternehmen, um das nicht zuzulassen, selbst wenn sie dabei den dämlichen Barbarenführer an der Macht lassen müssen. Doch das Problem ist, dass der Führer wohl komplett verrückt geworden ist. Jetzt muss man nicht nur auf die äußerst komplizierte Fragen der europäischen Fernsehzuschauer antworten, wie: „Warum zum Henker tragen ein Teil der Protestler Flaggen mit nationalsozialistischen Symbolik? Und wenn sie friedlich sind, warum zum Teufel werfen sie Molotov-Coctails auf die Cops?“ und „wollen die wirklich in die EU? Nehmen wir tatsächlich 46 Mio. dieser Barbaren auf?“, sondern sie müssen auch überzeugen, dass die Situation unter Kontrolle ist, und das niemand Terroranschläge auf die 5 ukrainische AKWs zulassen wird. Also das alte Weib Europa ist schockiert, so was hat sie seit Jugoslawien nicht mehr gesehen. Besonders schockiert sind der Euro-Kommissar Füle und Catharine Ashton, ihre diplomatische Karriere ist in Gefahr, denn die Wirksamkeit ihrer Arbeit ist sehr gering: Als Vertreter der EU könnte den Übergang von einer friedlichen Demo zum größten GAU auch ein arabischer Immigrant aus der Vorstadt von Marseille bewerkstelligen.

Die Führer der Opposition sind auch schockiert. Sie wollten die Energie des Maidan nutzen, um ihre persönlichen politischen Ambitionen zu befriedigen, doch ist alles so aufgeschaukelt worden, dass es komplett ausser Rand und Band geriet. Sie sind Politiker, keine Feldkommandeure, sie wissen gar nicht, was sie mit dem ganzen Drive anfangen sollen. Sie haben eine verdammt schwierige Aufgabe vor sich: einerseits müssen sie die feurigen Revoluzzer spielen, damit man sie auf den Barrikaden nicht zusammenschlägt und nicht von der Bühne runterschmeisst, auf der anderen Seite müssen sie dem Westen in den Taschentuch heulen, damit er an die absolut friedliche Natur des Protests glaubt, damit man sie nicht als Anführer von illegalen Banditenformierungen ansieht, sondern als Anführer einen legitimes Protests und man sie dann als Häuptlinge einsetzt, wenn alles vorbei ist. Bisher schaffen sie es schlecht: hier „Bullet in the head“, dort „haben uns um Frieden bemüht“. Daran, dass sie den Protest kontrollieren, glauben sie wahrscheinlich nicht mal selbst.

Selbst Janukovitch ist schockiert! Es ist alles so gut gelaufen, er kam aus den Tiefen in die Höhen, wurde einer der Könige in Donbas, überlebte das fürchterliche Jahr 2004, und dann hat er alle auf die Knie gezwungen, hat die ganze Familie versorgt, und als die Krönung des Erfolgs baute er sich ein abercooles Herrenhaus und stellte dort die Güldene Kloschüssel auf. Der Bub kam zum Totalen Erfolg! Mehr noch, 2015 hätte es für ihn gleich mehrere Varianten für den Wahlsieg gegeben, und dann könnte man die Erfahrung von Putin und Lukaschenko übernehmen, wie man endlos regiert. Doch die Gier hat den Wirt zugrundegerichtet: die herbstlichen Spielchen mit dem EU-Assozierungsabkommen mündeten in eine Katastrophe. Es gab mehrere Möglichkeiten alles runterzuspielen, doch der Papa machte ein paar falsche Züge, er hörte ständig auf seine „Falken“ und jetzt ist die Situation sehr beschissen. Was er jetzt tun soll, ist komplett unklar. Nach dem 18. Februar kann man die Situation in die Richtung „Ich bin ein schlechter Präsident, doch ich ziehe es durch bis zu den Wahlen 2015“ nicht mehr wenden, mit den Kräften von Berkut kann man alle nicht auseinandertreiben, und Putin geht er schon gehörig auf die Eier mit seiner Gier und Dummheit, auch kann die Hilfe von Putin zum Macht- und Geldverlust führen. Es bleibt die Chance die Republik Donbas mit der Hauptstadt in Jenakieve zu gründen, man könnte ohne Verzögerung mit dem Hubschrauber sich dorthin aus Kiev verdünnisieren, falls es hier zu heiss werden sollte. Doch wenn die Gründung nicht gelingt? Und wie kann man die Güldene Kloschüssel auf dem rechten Ufer des Dnjepr lassen? Man weiss es nicht… Und wenn man aus dem Land flüchten muss, dann wohin? Wer braucht ihn schon ohne Macht und Geld? Niemand… Und wenn man mich aufknöpft?!

Im Schock sind auch die „Falken“. Die Jungs dachten ehrlich, dass sie ein bisschen auf die Schilde klopfen können und alle rennen weg. Denn, verstehste, alle „richtige Kerle“, „krasse Jungs, die was zu entscheiden haben“, „verehrte Herren mit Verbindungen“ sind alle bekannt und scheinen die „Falken“ zu unterstützen und die ITler, Bauern und Studenten, das sind alles „volle Looser“. Und „Looser sein, das ist Schicksal“. Fuhren Berkut auf, die Verkehrspolizisten, den Geheimdienst, die Provokateure, Verbrecher, einfache zombierte Idioten, schickten sie zum Sturm. Einmal… nicht geklappt, zweimal… nicht geklappt, dreimal… nicht geklappt! Gehen nicht weg, die Wichser!!! Sogar umgekehrt, man schlägt sie, wirft sie um, und sie werden immer mehr und immer stärker. Die Hände fangen zu zittern an, wenn man den lustig aufflammenden Mannschaftswagen sieht, der früher die absolute Selbstsicherheit in seine Kräfte vermittelte. Der Papa wird Seinige natürlich nicht aufgeben, doch was soll man tun, verflixt nochmal? Die Armee einsetzen? Doch mit denen hat man nicht gearbeitet, mit denen hat man sich nicht gutgestellt, im Gegensatz zu den Bullen und Staatsanwälten - was wenn sie uns verraten?

Die einfachen Berkut-Mitglieder sind im noch größeren Schock. Die Kämpfer der bekannten organisierten Verbrecherbande „Berkut“, die nebenbei als Polizisten dazuverdienen, trafen ein bisher ungesehnes Scheissendreck: Im Kampf gegen sie vereinigten sich die Kaufleute, die sie die letzten Jahren melkten, und die Fussball-Ultras, mit denen sie ständig in den Stadien rumschlägerten. Zuerst was alles geil: an dem Drive im Zentrum von Kiev teilzunehmen, in kompletter Schutzmontur unbewaffnete Leute mit dem Schlagstock drüberzufahren und dann Orden und Geld bekommen und nach Hause zu gehen. Doch es hat sich verfickt lang hingezogen. Die, die doofer sind (und das ist die Mehrheit), sind auf alle fuchsteufelswild, verstehen nicht, warum Janik nicht den Befehl gab, alle zu auseinanderzutreiben (und die aktivsten über den Haufen zu schiessen) und denken, dass Janik ein Waschlappen ist. Diejenigen, die schlauer sind (das ist die Minderheit) verstehen sehr gut, wie gefährlich die Auseinandertreibung ist. Zum ersten ist es nicht klar, dass alles klappt, doch Fakt ist, dass es hohe Verluste geben wird, und für die Güldene Kloschüssel will man auch nicht sterben. Zum zweiten, selbst wenn man alle auseinandertreibt, dann wird man morgen die Berkutleute einzeln in Hauseingängen abschlachten, denn es gibt eine Datenbank mit allen Namen und Adressen. Und im Gegensatz zu den Mitgliedern der Partei der Regionen werden sie es nicht schaffen ins Ausland zu flüchten und die ganze Schönheit des Volkszorns wird auf ihnen ausgetragen. Sie wollen verzweifelt, dass Janik alles rückgängig machen sollte, wie es gewesen ist, doch die Wahrscheinlichkeit dessen verringert sich jeden Tag.

Kreml ist auch schockiert. Jetzt haben sie so ein geniales KGB-Spielchen geführt, die Banditen aus Donezk unterstützend, leise die Macht in der Ukraine befestigend und die wichtigsten Aktiva zusammenkaufend. Ohne Eile planten sie die Annektierung der Hälfte der Ukraine im Format des „freiwilligen Anschlusses“, indem sie die richtige „fünfte Kolonne“ entwickelten und nicht eine situationsbedingte wie die Bande aus Donezk. Doch dann hat dieser Hirni den letzten Nerv gekostet mit seinen Spielchen, um das Geld herauszupressen für den Beitritt in die Zollunion und dann hat er sich amateurhaft verspielt und veranstaltete absolut unnötiges Trash. Eigentlich müsste man Panzer nach Donbas und auf die Krim schicken, solange es nicht zu spät ist, doch darf man die Olympiade nicht zerstören und es ist nichts vorbereitet, das hier ist nicht das kleine Georgien, schön und schnell alles ohne Vorbereitung zu machen schafft man nicht, und wenn man es nicht schön macht, dann bekommt man als Minimum Probleme mit dem Visum nach Côte d’Azur und als Maximum den dritten Weltkrieg. Die Kreml-Propaganda schaut darauf, wie gerade jetzt auf dem Maidan die moderne ukrainische Nation zusammengeschmiedet wird und heult Bluttränen - fuck, wie kann man den Leuten jetzt erklären, dass sie „Kleinrussen“ sind, dass ihre Sprache künstlich ausgedacht wurde und dass sie aus irgendeinem verfickten Grund in das Imperium zurückkehren sollen und Gaben nach Moskau bringen müssen. Doch das ist gar nichts im Vergleich dazu, dass ein einfacher russischer Mann, der in den langen Jahren zum sklavischen Gehorsam erzogen wurde, dazu, dass man „nichts ändern kann“, jetzt gedankenverloren in den Fernseher starrt und sieht, wie der bis auf die Zähne bewaffneter Berkut schon den dritten Monat nichts gegen das Häuflein der früher so lustigen und knuffigen Ukrainer tun kann. Es kommen ungute Gedanken in seinen Kopf und das beunruhigt Kreml zutiefst. Der weissrussische Mann steht eine Entwicklungsstufe weiter: er geht schon vom Fernseher zum Fenster und genauso tief in Gedanken versunken schaut auf die Eingangstüren der nächsten Polizeistation, wo man ihm vor nichtallzulanger Zeit Geld abknöpfte.

USA und Großbritannien sind auch schockiert. Ihnen sind die Leiden der lokalen Eingebornen scheissegal, Hauptsache Russland wird nicht stärker, und Janukovitch machte in der letzten Zeit die angenehme Ansicht eines Diktators, der sich nicht komplett unter diese schrecklichen Russen legt, gleichzeitig kann man mit ihm über Business verhandeln. Zum Beispiel über Schiefergas und andere Geschenke der Natur. Und da gings los! Molotov-Coctails, Mannschaftswägen, Katapulten, alles ist scheisse! Janukovitch wird man runterwerfen und whodafuck wird die Verträge erfüllen? Der Rechte Sektor, ja? Und mit wem kann man jetzt Gespräche über Business führen? Mit dem Kosaken Daniljuk, ja? Und wenn die Russen eindringen und stärker werden, wie kann man so was zulassen?

China, die auch ihre Interessen auf der Krim hat, ist nicht mal in Schock, sondern versteht die Welt nicht mehr: Warum kann der lokale Barbare seine Gegner nicht auseinandertreiben? In China selbst im Jahr 1989 war genau die gleiche Kacke am Dampfen auf dem Tiananmen-Platz, doch sie haben ohne viele Ressentiments hunderte von unbewaffneten Studenten erschossen und alles ging schnell vorbei. Der Westen hat etwas gebrummt, doch dann fing er an aktiv wirtschaftlich zusammenzuarbeiten. Den Chinesen ist es nicht klar, warum der Diktator nicht so ein nahliegendes Verhalten an den Tag legt, doch ist es ihnen im Ganzen genommen scheissegal, sie sind weit weg, in osteuropäische Auseinandersetzungen mischen sie sich nicht ein. Und es gibt bald wichtigere Sachen zu tun: Die Partei gab den Befehl aus, absolut alle Medaillen auf der Olympiade 2016 zu gewinnen und die rote chinesische Fahne auf dem Mars zu enthüllen, da hat man keine Zeit für die Ukraine.

Die aktive, ungleichgültige Bevölkerung Kiews ist schon seit Monaten schockiert. Ohne Pause schockiert. Der Schock vergrößerte sich jeden Tag, doch in irgendeinem Moment wurde er durch den Enthusiasmus der Tat vollständig ersetzt. Es ist besser Arzneien in den Michailowski-Kloster zu bringen und Baumaterialien vom Maidan zu stibitzen, als auf den Wahnsinn auf der Gromadski-Strasse zu schauen und sich vor dem Fernsehschirm aufzuregen.

Die passive, gleichgültige Bevölkerung Kiews säuft noch ein Bierchen auf der Strassenbank, liked Photos in Facebook, schaut den Big Brother 6 an und backt Teigküchlein. Sie versteht noch nicht, was geschieht. Doch wenn ein unverkündeter Ausnahmezustand (unter anderem eine Begrenzung der Einreise in die Stadt), der von Janik veranstaltet wird, ein paar Tage lang aufrechterhalten wird und in der Stadt es nichts zu Fressen geben wird, dann wird sie in so einem Schock sein, wie noch nie in ihrem Leben.

Ich denke, dass heute nur der eine Kosake, den ich heute am Maidan getroffen habe, nicht im Schock ist. Er hat eine lange Stirnlocke, breite Hosen und Aufnäher auf dem Tarnanzug mit einem Text wie „Armee von Zaporozhje“. Er ging sicher mit einem Lächeln an die vordere Front zum Berkut, in einer Hand einen Schild mit der Aufschrift „Ruhm der Ukraine“ und in der anderen einen angstmachenden Stock. Er sang lustig ein Liedchen und in mir stieg die Gewissheit auf, dass diesen Menschen solche Fragen wie „Wie komme ich heute nach Hause?“, „wird was mit mir passieren?“, „Was wird mit uns allen passieren?“ nicht kümmern.

Er ist in seiner Welt. Ihm ist es scheissegal.

Donnerstag, Februar 20, 2014

Esten und Nichtmenschen

Ein Text von Jaak Urmet aus Delfi-Artikel

Es gibt natürlich sehr viele, sozusagen normale Esten, ich kenne viele solche und unterhalte mich hauptsächlich mit ihnen. Doch ich bin nicht blind und kein Dummkopf, ich weiss und sehe, dass sie leider in der Gesamtmasse der Esten nicht den Ton angeben, so wie die Intelligenzija nicht den Ton am Platz der Freiheit in der Nacht auf Samstag angeben wird (Tag der Unabhängigkeit). Wenn ich über das estnische Volk oder über die Esten spreche, dann meine ich das estnische Volk als Masse, in der die Merkmale der Normalität sich verwischen und verflüchtigen bis zum kompletten Schwund. Ich schäme mich für das estnische Volk aufgrund vielen Sachen, doch besonders schäme ich mich vor den slawisch-sprachigen Bewohnern Estlands, darunter auch den Staatsbürgern der estnischen Republik.

Ich schäme mich schon deswegen, weil sie für die Esten „Russen“ sind, obwohl unter ihnen es auch Ukrainer, Weissrussen, Juden gibt. Das ist eine Unverschämtheit, sie alle über einen nationalen Kamm zu scheren, besonders wenn das ganz klar das Verhältnis ausdrückt: „mir Wurst wer sie sind, auf Estnisch sprechen sie nicht“

Verkauft nichts den „Russen“

Ich kenne den Fall, als ein Makler, als er eine Wohnung einem Interessenten, einem Esten, zeigte, sagte, dass aufgrund der Bitte der Nachbarn, sollte diese Wohnung nicht an „Russen“ verkauft werden. Den Grund weiss ich nicht, wobei er ist auch nicht nötig. Wer weiss denn nicht, dass „die Russen“ Kakerlaken als Haustiere halten, die Fensterrahmen blau anstreichen, die Balkone in hässliche Loggien umbauen, schreien, fluchen und machen Dreck! Wenn jemand in den Hauseingang pisste oder ein Fahrrad gestohlen hat, dann kann es nur ein „Russe“ gewesen sein.

Ich schäme mich auch für das, dass während der ganzen Zeit der wiederhergestellten Unabhängigkeit - 23 Jahre - haben die Esten nicht die kleinste Anstrengung unternommen, um mit den in Estland lebenden Slawen die Beziehungen herzustellen. Mehr noch, sie taten alles was sie konnten und schafften, damit die in Estland lebenden Slawen sich in Estland erniedrigt, schlecht und unbequem fühlen. Als sich ebenbürtig empfindet man einen hiesigen Slawen nur dann, wenn er grosse Taten in der estnischen Fussballmannschaft vollbringt (zum Beispiel Konstantin Vassiljew, Sergej Parejko), oder für Estland Goldmedaillen erkämpft (zum Beispiel Nikolai Novoselov).

Menschen sind nur die Esten

Die Geschichte der Widersprüche zwischen den Esten und Slawen in der Zeit der Unabhängigkeit ist derart lang, dass die Übersicht ein ganzes Buch bedürft hätte und nicht nur ein Aufsatz. Zu dieser Geschichte gehört das Problem der Staatsbürgerschaft, das Problem der grauen Pässe, das Problem der Sprachprüfungen der estnischen Sprache. Das Problem des Bronzenen Soldaten. In nicht so fernen Vergangenheit die Umstellung von 60% der Fächer in den russischen Gymnasien auf die estnische Sprache. Jetzt tauchte das Problem der doppelten Staatsbürgerschaft auf, wegen einer Geschichte mit einem 13-jährigen Mädchen aus Kohtla-Järve. Und wieder hat die Estnische Republik im Antlitz ihres Parlaments das gezeigt, was es während der gesamten Periode der wiedererlangten Unabhängigkeit demonstriert hat: dass die Estnische Republik nur die 890 000 hier lebende Esten als Menschen zählt, und nicht die 356 000 hier auch lebenden Slawen.

Schaut auf diese Zahlen! Aus dem 1,3-Millionen Bevölkerung der Estnischen Republik sind 356 000 Menschen für die Esten und von ihnen gewählten Staatsführern Nichtmenschen. Und ich sage, dass die gesellschaftliche und politische Stimmrechte von 356 000 Slawen sehr bedeutsam sind! Esten in der Estnischen Republik gibt es nur 2.5 Mal mehr als die Slawen. Hiesigen Slawen als eine große lokale Bevölkerungsgruppe hat das Recht auf die Estnische Republik. Tatsächlich hat sie es natürlich nicht.

Waren waren, sind und werden weder die technologische Integration, noch die ethnografische Durchmischung Ergebnisse liefern? Dieser Prozess beruht auf einer Beziehung, die ich folgendermassen formulieren würde:

„Werde, Du Arsch, zum Esten! Doch Du wirst es nicht werden, denn Du bist venku, tibla, okupant, das wissen wir. Wenn du in der Estnischen Republik leben willst, dann wirst du das tun, was wir dir befehlen. Zuallererst vergiss die russische Sprache, russische Wurzel, russische Kultur, in unserem Staat haben wir für diesen Dreck keinen Platz. Deine Vorfahren sind Okkupanten, hast Du das kapiert! Und wenn Du sie ehren willst, dann bist Du ein Feind der Estnischen Republik. Lerne die estnische Sprache und sprich überall nur in ihr, weil wir es hassen Russisch zu hören. Du sollst überall verlauten lassen wie toll die Estnische Republik ist, besonders in Vergleich zu Russland. Wenn Du das alles tun wirst, dass zählen wir Dich zu den Integrierten, doch vergiss nicht, dass wir Dich immer im Blickfeld behalten.“

Das ist der wirkliche Sinn der Integration oder Durchmischung, wenn man schöne Worte und Texte der Projektleiter und sonstige Tarnung wegnimmt. Bitte schön, wer möchte sich integrieren? Wer möchte nach alldem „eintauchen“, die Sprachprüfung abgeben, den Pass des Staatsbürger Estlands beantragen, die Esten und unseren Staat lieben?

Würde zum Teufel schicken

Ich sage es ehrlich, wenn ich ein in Estland lebender Slawe wäre, würde ich so ein degradierendes Programm der Integration zum Teufel schicken. Vielleicht würde ich bei der ersten Gelegenheit aus diesem musealem Staat flüchten. Und wenn nicht, dass würde ich mich zumindest von den Esten so gut es geht isolieren. Und würde natürlich zusammen mit der anderen lokalen slawischen Diaspora eine Bedrohung der Unabhängigkeit der Estnischen Republik darstellen, weil es mir scheissegal wäre, was für eine Fahne auf dem Langen Herman wehen würde, weht da überhaupt irgendwas, oder steht denn überhaupt dieser Turm noch.

Meine Herren aus dem Verteidigungsministerium, der Schlüssel für die Unabhängigkeit unseren Staates ist nicht ein neuer Vertrag über die Militärbasen, es ist die Stimmung der lokalen Slawen! Es ist ein bedeutender Unterschied, heissen 356 000 Menschen die russischen Panzer willkommen oder nicht.

Das Thema des Bronzenen Soldaten ruft noch eine schmerzliche Frage hervor: ist es so schwer für ein Volk ein anderes zu verstehen? Am 9 Mai ging und geht man nicht zum Bronzenen Soldaten, um die Pläne für die Vernichtung der Estnischen Republik auszuhegen und die legale Regierung zu stürzen. Dorthin geht man, um seine Großväter, Väter und andere Verwandte zu gedenken, die durch den Großen Vaterländischen Krieg gegangen sind.

Für die Esten war der Zweite Weltkrieg ein sinnloser Krieg, da hätte man sich in den Wäldern verstecken müssen, um nicht in die Uniform der einen oder der anderen Seite reingesteckt zu werden. Für die Russen ist der Große Vaterländische Krieg ein Krieg gegen ihre Heimat. Das Stalin-Porträt, das an diesem Tag am Denkmal befestigt ist, bedeutet nicht die Verehrung für die Okkupation Estlands, doch es ist Gedenken an einen Mann, unter dessen Führung die Vorfahren in diesem Krieg zu Siegern wurden. Wir sprechen doch nicht am 24 Februar und 23 Juni über die Diktaturen von Päts und Laidoner…

Der Spalt zwischen den Esten und den lokalen Slawen besteht nach wie vor. Vielleicht vertieft er sich gar. Das kann ein Jahrhundert dauern, vielleicht länger. Am Ende könnte es wie in einem Mafiadrama enden, bei dem niemand sich mehr an den Grund der Feindschaft sich erinnert, doch die Feindschaft besteht nach wie vor. Natürlich, wenn das estnische Volk noch bestehen bleibt.

Manchmal glaube ich, dass der grosse Hass über die Gene übertragen wird und die Esten sich mit diesem Hass zum Tode führen.Diejenigen, die noch nicht in ein fremdes Land ausgewandert sind, auf der Suche nach einem normalen Staat.

Dienstag, Februar 04, 2014

Am „Tag der Legionäre“: Blumen für die Waffen-SS?

Infoveranstaltung mit Gästen aus Riga (Lettland)

Riga am 16.März:

Am „Tag der Legionäre“: Blumen für die Waffen-SS?

Gegen die Verherrlichung der Waffen-SS,

Gegen die Verdrehung der Geschichte

Solidarität mit Nazi-Opfern und Antifaschist_innen in Lettland

Donnerstag, 20. Februar 2014, 19.00 Uhr

Mit Joseph Koren, Lettland ohne Nazismus

Aleksej Sharipov, Lettisches Antifaschistisches Komitee

Moderation: Dr. Regina Girod, Bundessprecherin der VVN-BdA

Die beiden lettischen Antifaschisten berichten über die Vorgänge in Riga, ergänzt werden sie von persönlichen Eindrücken deutscher Teilnehmer_innen der Proteste vom Vorjahr. In einer Vorschau wird auch der im Juli stattfindende Waffen-SS-Aufmarsch in Estland (Sinimä) angesprochen.

Außerdem erörtern wir Möglichkeiten, die Proteste in diesem Jahr zu unterstützen.

Berlin, Café Sybille, Karl-Marx-Allee 72 – 10243 Berlin- Friedrichshain,

U – Strausberger Platz oder Weberwiese

Veranstalter_innen:

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Internationale Föderation der Widerstandskämpfer- Bund der Antifaschisten

Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner_innen

SS-Männer sind Verbrecher, keine Helden!

Gegen die Umdeutung der Geschichte

Jedes Jahr wiederholen sich in den baltischen Staaten Lettland und Estland Aufmärsche ehemaliger baltischer Waffen-SS-Angehöriger und ihrer heutigen Sympathisant_innen.

Tausende Teilnehmer_innen stilisieren die früheren Kollaborateure der Deutschen zu „Freiheitskämpfern“ gegen die Sowjetunion und zu nationalen Helden. Die Umdeutung der Geschichte, die Gleichsetzung „Rot gleich Braun“ stößt im Baltikum auf breite gesellschaftliche Zustimmung. Dieser Geschichtsrevisionismus paart sich mit einem aggressiven völkischen Nationalismus, der viele russisch-stämmige Einwohner_innen der baltischen Staaten zu Bürger­_innen zweiter Klasse macht. Wer gegen die Naziverherrlichung protestiert, gilt damit automatisch als „Agent Moskaus“, als jüdischer Störenfried oder als Nestbeschmutzer.

Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) ruft dazu auf, die Proteste gegen die Aufmärsche zur Verherrlichung der lettischen Waffen-SS in diesem Jahr mit internationalen Delegationen zu unterstützen. In Berlin mobilisieren die VVN-BdA und die DFG-VK dazu, am 16. März in Riga zu den lettischen Antifaschist_innen zu stoßen.

„Tag der Legionäre“ - Waffen-SS-Marsch in Riga

Die Veteranen und Sympathisant_innen der ehemaligen „Lettischen Legion“ ziehen jedes Jahr am 16. März durch die Innenstadt von Riga. Das ist der Jahrestag der ersten großen Schlacht, die die lettische Waffen-SS gegen die Rote Armee geführt hat.

Ziel des Umzugs ist das Freiheitsdenkmal. Dieses erinnert an den Unabhängigkeitskampf Lettlands nach 1918, das zuvor Teil des russischen Zarenreiches war. So wird eine historische Kontinuität konstruiert: Die Waffen-SS-Männer werden in den Kanon der nationalen Freiheitskämpfer aufgenommen, die – gegen die Russen! – für die nationale Unabhängigkeit gekämpft hätten.

Der aggressive Antisemitismus der Mitglieder dieser Truppe, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit, die von dieser Truppe begangen wurden, interessieren dabei nicht.

Im Jahr 2012 beteiligten sich rund 1500 Menschen, meist aus der Generation der Kinder und Enkel, an dem Aufmarsch, der von der Veteranenvereinigung, von einem nationalistischen Jugendverband und der Partei „Alles für Lettland“, organisiert wird. Sie ist momentan Teil der Regierungskoalition.

Die positive Erinnerung an die Waffen-SS ist in Lettland absolut salonfähig. Ihre Veteranen werden zu Vorträgen in Schulen eingeladen, das staatliche „Okkupationsmuseum“ stellt sie als „Unabhängigkeitskämpfer“ während des Zweiten Weltkrieges dar. Staatspräsident Andris Berzins sagte 2012, man solle sich vor den Waffen-SS-Männern verneigen- sie hätten schließlich „für ihr Vaterland“ gekämpft.

Angeführt wird der Aufmarsch von den wenigen noch lebenden Waffen-SS-Veteranen. Auf dem Freiheitsplatz durchschreiten sie ein Fahnenspalier des nationalistischen „Daugava“-Jugendverbandes. Vor dem Denkmal werden schließlich Blumen abgelegt. Ganz oben thront regelmäßig das Farbfoto eines SS-Mannes in voller Montur.

Antifaschistische Proteste

Antifaschist_innen aus Lettland und Israel protestieren gegen Waffen_SS-Verherrlichung Es gibt in Riga seit Jahren Proteste gegen die alljährliche Gedenkveranstaltung an die lettischen Waffen-SS-Männer, die aber über wenige Dutzend Teilnehmer_innen nicht hinauskommen. Im vergangenen Jahr konnten sich die Aktivist_innen des Lettischen Antifaschistischen Komitees am Rand des Unabhängigkeitsplatzes versammeln und die Nazifreunde lautstark mit dem „Buchenwaldmarsch“ begrüßen. Über Lautsprecher und auf Plakaten wurde an die Verbrechen der Nazis erinnert.

Die Bewegung „Lettland ohne Nazismus“(Latvija bez Nacisma) hatte im vorigen Jahr Antifaschist_innen aus mehreren Ländern zu einer Konferenz eingeladen. An ihrem Tagungsort hatten sich ebenfalls Freunde der Waffen-SS versammelt, die den Antifaschist_innen vorwarfen, vom KGB bezahlt zu sein und russisch-imperiale Interessen zu vertreten. Vor dem Eintreffen des rechten Aufmarsches legten die Teilnehmer_innen der Konferenz einen Kranz zu Ehren der Opfer am Freiheitsdenkmal ab. Dieser Kranz wurde wenig später von Angehörigen des „Daugava“-Verbandes zerstört..

Proteste 2014

Die lettischen Antifaschist_innen bemühen sich seit Jahren um eine Internationalisierung der Proteste gegen das Waffen-SS- Gedenken. Diese Bemühungen wollen wir unterstützen. Wie genau die Proteste in diesem Jahr aussehen werden, steht noch nicht fest. Wir streben aber eine sichtbare Präsenz als internationale Delegation an, die der lettischen Öffentlichkeit vor Augen führen soll: Was da in Riga am 16. März geschieht, steht in Widerspruch zu den Lehren aus der Geschichte, in Widerspruch zur Demokratie und zur Freiheit und stößt in Europa auf die entschlossene Ablehnung all jener, die dankbar sind für die Befreiung Europas vom Nazifaschismus.

Im Aufruf der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten heißt es:

Veteranen-Verbände der Waffen-SS und andere Neofaschisten führen seit vielen Jahren Aufmärsche und offene Veranstaltungen in Estland und Lettland durch … Diese Veranstaltungen bereiten den Boden dafür, dass zukünftig auch in anderen Ländern SS-Männer als „normale Soldaten“ oder gar als „Freiheitskämpfer“ gewürdigt werden können … Selbst kleinere international organisierte Demonstrationen oder Veranstaltungen im Baltikum wären eine große Hilfe für die dortigen Antifaschisten und würden im Bereich der EU mit Sicherheit viel Aufmerksamkeit erregen.“

16. März, Riga: Internationale Proteste gegen den Waffen-SS-Aufmarsch. Gegen Geschichtsrevisionismus und die Rehabilitierung des Naziterrors!

Auf der Veranstaltung werden wir die Optionen vorstellen, gemeinsam mit einem gecharterten Reisebus oder individuell mit dem Flugzeug nach Riga zu reisen.

Interessent_innen bitte melden bei: bundesbuero@vvn-bda.de

Weitere Informationen:

www.vvn-bda.de

www.bildungswerk-friedensarbeit.org/wp

http://worldwithoutnazism.org/ (russisch/englisch)

Unterstützt vom Fraktionsverein der LINKEN