Ein Text von Jaak Urmet aus Delfi-Artikel
Es gibt natürlich sehr viele, sozusagen normale Esten, ich kenne viele solche und unterhalte mich hauptsächlich mit ihnen. Doch ich bin nicht blind und kein Dummkopf, ich weiss und sehe, dass sie leider in der Gesamtmasse der Esten nicht den Ton angeben, so wie die Intelligenzija nicht den Ton am Platz der Freiheit in der Nacht auf Samstag angeben wird (Tag der Unabhängigkeit). Wenn ich über das estnische Volk oder über die Esten spreche, dann meine ich das estnische Volk als Masse, in der die Merkmale der Normalität sich verwischen und verflüchtigen bis zum kompletten Schwund. Ich schäme mich für das estnische Volk aufgrund vielen Sachen, doch besonders schäme ich mich vor den slawisch-sprachigen Bewohnern Estlands, darunter auch den Staatsbürgern der estnischen Republik.
Ich schäme mich schon deswegen, weil sie für die Esten „Russen“ sind, obwohl unter ihnen es auch Ukrainer, Weissrussen, Juden gibt. Das ist eine Unverschämtheit, sie alle über einen nationalen Kamm zu scheren, besonders wenn das ganz klar das Verhältnis ausdrückt: „mir Wurst wer sie sind, auf Estnisch sprechen sie nicht“
Verkauft nichts den „Russen“
Ich kenne den Fall, als ein Makler, als er eine Wohnung einem Interessenten, einem Esten, zeigte, sagte, dass aufgrund der Bitte der Nachbarn, sollte diese Wohnung nicht an „Russen“ verkauft werden. Den Grund weiss ich nicht, wobei er ist auch nicht nötig. Wer weiss denn nicht, dass „die Russen“ Kakerlaken als Haustiere halten, die Fensterrahmen blau anstreichen, die Balkone in hässliche Loggien umbauen, schreien, fluchen und machen Dreck! Wenn jemand in den Hauseingang pisste oder ein Fahrrad gestohlen hat, dann kann es nur ein „Russe“ gewesen sein.
Ich schäme mich auch für das, dass während der ganzen Zeit der wiederhergestellten Unabhängigkeit - 23 Jahre - haben die Esten nicht die kleinste Anstrengung unternommen, um mit den in Estland lebenden Slawen die Beziehungen herzustellen. Mehr noch, sie taten alles was sie konnten und schafften, damit die in Estland lebenden Slawen sich in Estland erniedrigt, schlecht und unbequem fühlen. Als sich ebenbürtig empfindet man einen hiesigen Slawen nur dann, wenn er grosse Taten in der estnischen Fussballmannschaft vollbringt (zum Beispiel Konstantin Vassiljew, Sergej Parejko), oder für Estland Goldmedaillen erkämpft (zum Beispiel Nikolai Novoselov).
Menschen sind nur die Esten
Die Geschichte der Widersprüche zwischen den Esten und Slawen in der Zeit der Unabhängigkeit ist derart lang, dass die Übersicht ein ganzes Buch bedürft hätte und nicht nur ein Aufsatz. Zu dieser Geschichte gehört das Problem der Staatsbürgerschaft, das Problem der grauen Pässe, das Problem der Sprachprüfungen der estnischen Sprache. Das Problem des Bronzenen Soldaten. In nicht so fernen Vergangenheit die Umstellung von 60% der Fächer in den russischen Gymnasien auf die estnische Sprache. Jetzt tauchte das Problem der doppelten Staatsbürgerschaft auf, wegen einer Geschichte mit einem 13-jährigen Mädchen aus Kohtla-Järve. Und wieder hat die Estnische Republik im Antlitz ihres Parlaments das gezeigt, was es während der gesamten Periode der wiedererlangten Unabhängigkeit demonstriert hat: dass die Estnische Republik nur die 890 000 hier lebende Esten als Menschen zählt, und nicht die 356 000 hier auch lebenden Slawen.
Schaut auf diese Zahlen! Aus dem 1,3-Millionen Bevölkerung der Estnischen Republik sind 356 000 Menschen für die Esten und von ihnen gewählten Staatsführern Nichtmenschen. Und ich sage, dass die gesellschaftliche und politische Stimmrechte von 356 000 Slawen sehr bedeutsam sind! Esten in der Estnischen Republik gibt es nur 2.5 Mal mehr als die Slawen. Hiesigen Slawen als eine große lokale Bevölkerungsgruppe hat das Recht auf die Estnische Republik. Tatsächlich hat sie es natürlich nicht.
Waren waren, sind und werden weder die technologische Integration, noch die ethnografische Durchmischung Ergebnisse liefern? Dieser Prozess beruht auf einer Beziehung, die ich folgendermassen formulieren würde:
„Werde, Du Arsch, zum Esten! Doch Du wirst es nicht werden, denn Du bist venku, tibla, okupant, das wissen wir. Wenn du in der Estnischen Republik leben willst, dann wirst du das tun, was wir dir befehlen. Zuallererst vergiss die russische Sprache, russische Wurzel, russische Kultur, in unserem Staat haben wir für diesen Dreck keinen Platz. Deine Vorfahren sind Okkupanten, hast Du das kapiert! Und wenn Du sie ehren willst, dann bist Du ein Feind der Estnischen Republik. Lerne die estnische Sprache und sprich überall nur in ihr, weil wir es hassen Russisch zu hören. Du sollst überall verlauten lassen wie toll die Estnische Republik ist, besonders in Vergleich zu Russland. Wenn Du das alles tun wirst, dass zählen wir Dich zu den Integrierten, doch vergiss nicht, dass wir Dich immer im Blickfeld behalten.“
Das ist der wirkliche Sinn der Integration oder Durchmischung, wenn man schöne Worte und Texte der Projektleiter und sonstige Tarnung wegnimmt. Bitte schön, wer möchte sich integrieren? Wer möchte nach alldem „eintauchen“, die Sprachprüfung abgeben, den Pass des Staatsbürger Estlands beantragen, die Esten und unseren Staat lieben?
Würde zum Teufel schicken
Ich sage es ehrlich, wenn ich ein in Estland lebender Slawe wäre, würde ich so ein degradierendes Programm der Integration zum Teufel schicken. Vielleicht würde ich bei der ersten Gelegenheit aus diesem musealem Staat flüchten. Und wenn nicht, dass würde ich mich zumindest von den Esten so gut es geht isolieren. Und würde natürlich zusammen mit der anderen lokalen slawischen Diaspora eine Bedrohung der Unabhängigkeit der Estnischen Republik darstellen, weil es mir scheissegal wäre, was für eine Fahne auf dem Langen Herman wehen würde, weht da überhaupt irgendwas, oder steht denn überhaupt dieser Turm noch.
Meine Herren aus dem Verteidigungsministerium, der Schlüssel für die Unabhängigkeit unseren Staates ist nicht ein neuer Vertrag über die Militärbasen, es ist die Stimmung der lokalen Slawen! Es ist ein bedeutender Unterschied, heissen 356 000 Menschen die russischen Panzer willkommen oder nicht.
Das Thema des Bronzenen Soldaten ruft noch eine schmerzliche Frage hervor: ist es so schwer für ein Volk ein anderes zu verstehen? Am 9 Mai ging und geht man nicht zum Bronzenen Soldaten, um die Pläne für die Vernichtung der Estnischen Republik auszuhegen und die legale Regierung zu stürzen. Dorthin geht man, um seine Großväter, Väter und andere Verwandte zu gedenken, die durch den Großen Vaterländischen Krieg gegangen sind.
Für die Esten war der Zweite Weltkrieg ein sinnloser Krieg, da hätte man sich in den Wäldern verstecken müssen, um nicht in die Uniform der einen oder der anderen Seite reingesteckt zu werden. Für die Russen ist der Große Vaterländische Krieg ein Krieg gegen ihre Heimat. Das Stalin-Porträt, das an diesem Tag am Denkmal befestigt ist, bedeutet nicht die Verehrung für die Okkupation Estlands, doch es ist Gedenken an einen Mann, unter dessen Führung die Vorfahren in diesem Krieg zu Siegern wurden. Wir sprechen doch nicht am 24 Februar und 23 Juni über die Diktaturen von Päts und Laidoner…
Der Spalt zwischen den Esten und den lokalen Slawen besteht nach wie vor. Vielleicht vertieft er sich gar. Das kann ein Jahrhundert dauern, vielleicht länger. Am Ende könnte es wie in einem Mafiadrama enden, bei dem niemand sich mehr an den Grund der Feindschaft sich erinnert, doch die Feindschaft besteht nach wie vor. Natürlich, wenn das estnische Volk noch bestehen bleibt.
Manchmal glaube ich, dass der grosse Hass über die Gene übertragen wird und die Esten sich mit diesem Hass zum Tode führen.Diejenigen, die noch nicht in ein fremdes Land ausgewandert sind, auf der Suche nach einem normalen Staat.
1 Kommentar:
Ob die Ukrainer mit den Russen unter einem Slaven Dach sein möchten, ist die Frage wohl jetzt.
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