Mittwoch, Oktober 17, 2012

Wenn Widerstand zur Pflicht wird

Wenn das Unrecht zu Recht wird, wird der Widerstand zur Pflicht, dieses Zitat wird Berthold Brecht zugeschrieben, als Reaktion auf den Widerstand einzelner während des Dritten Reiches. Das Grundgesetz Artikel 20 Abschnitt 4 gibt jedem deutschen Bürger das Recht auf Widerstand, falls die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht mehr funktioniert, das ist eine Lehre aus Nationalsozialismus.

Gestern wurde in Estland von der Staatsanwaltschaft die strafrechliche Untersuchung gegen den estnischen Minister der Justiz Michal eingestellt, gegen den wegen Verdacht der Korruption und illegaler Parteienfinanzierung ermittelt wurde. Eingestellt wurde es nicht, weil die Beschuldigungen sich als nichtig erwiesen haben, sondern wie es die Staatsanwaltschaft ausdrückte: „weil es weder genügend Beweise für seine Schuld, noch für seine Unschuld gibt.“ Es wurden keine Spuren gefunden, deswegen steht das Wort des Beschuldigers gegen das Wort des Ministers, der natürlich alles abstreitet. Es kam nicht mal zu einer Gerichtsverhandlung, wo es entschieden werden könnte, ob die Beweislage ungenügend ist, die Staatsanwaltschaft hat es selbst entschieden.

Falls die Staatsanwaltschaft keine Beweise finden kann, die die Unschuld des Ministers beweisen, dann gibt es also eine Wahrscheinlichkeit, dass die Beschuldigungen zutreffen, Minister könnte korrupt sein und finanzierte die Partei aus unbekannten Kanälen. In jedem demokratischen Staat gibt es ausser dem Premierminister drei der wichtigsten Minister, das sind der Finanzminister, der Innenminister und der Justizminister. Der Finanzminister sorgt sich um die Lebensfähigkeit des Staates und der Innenminister und der Justizminister sorgen sich um die primäre Funktion des Staates: der Schutz des Bürgers und seines Eigentums, Schutz seiner Rechte und die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Deswegen sollte es beim Premierminister und diesen drei Ministern nicht den geringsten Zweifel bezüglich ihrer Integrität und ihrem einwandfreiem Dienst dem Staat geben. Falls diese Zweifel gibt, dann wird die Existenz des Staates bedroht, denn er kann nicht die Funktionen erfüllen, wegen dem er erschaffen wurde.

Falls die Staatsanwaltschaft sich weigert das Verfahren an das Gericht zu übergeben, das die Beschuldigungen entweder an- oder aberkennt, welche Möglichkeiten gibt es den Staat zu beschützen? Minister wird nicht zurücktreten, Premierminister hat zu verstehen gegeben, dass er ihn nicht entlassen wird. Also gibt es für das Parlament die Möglichkeit dem Minister Misstrauen auszusprechen. Falls es dafür eine Mehrheit gibt, muss der Minister zurücktreten. Die Praxis zeigt, dass noch nie ein Misstrauensvotum der Opposition eine Mehrheit der Stimmen bekommen hat. In anderen Ländern gibt es Gegengewichte in Form vom Senat, Bundesrat, House of Lords usw, so häufig die Opposition die Mehrheit hat und deswegen Korrektive in die Entscheidung des Parlaments einbringen kann, doch in Estland existiert so was nicht.

Der Präsident könnte das Parlament auflösen, vorzeitige Wahlen ankündigen und auf diese Weise den Staat beschützen. Doch ist der estnische Präsident im besten Fall nicht kompetent, noch einen Monat vor der Affäre sagte er in einem Interview, dass Korruption in Estland nicht möglich sei, weil alles elektronisch sich nachverfolgen läßt. Im schlimmsten Fall hat er keine Lust sich mit dem Parlament zu streiten, der ihn schließlich gewählt hat.

Ein Volksreferendum ist in Estland praktisch unmöglich, deswegen fällt diese Möglichkeit auch flach.

Die Unmöglichkeit Korruption nachzuweisen ist eine Sache, doch die Entscheidung der Staatsanwaltschaft erschafft ein Präzedenzfall für noch ernstere Verbrechen. Stellen wir uns vor, dass ein Mitglied der Wahlkomission gesteht, dass der Minister der Justiz oder gleich der Premierminister selbst ihn gezwungen hat die Ergebnisse der E-Wahlen über Internet zu fälschen. Die Beweise wurden in rekordverdächtig kurzen Zeit nach den Wahlen gelöscht und damit vernichtet. Die Staatsanwaltschaft eröffnet eine Untersuchung und schliesst sie wieder, denn es steht wieder ein Wort gegen ein anderes. Dann verliert der estnische Staat jeglichen demokratischen Fundament.

Wenn Unrecht zu Recht wird, wird der Widerstand zur Pflicht.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Sehr komplizierte Zustände und keine Demokratie. Macht gehört der bestimmten Gesellschaft ohne Fragen. Journalisten sind auch meistens still.