Montag, März 26, 2012

Braucht Estland einen "Antiansip"?

Ein Artikel aus der Zeitung dzd.ee

In der letzten Zeit sollte man in Estland und in Russland eine Kolumne "Wie zwei Tropfen Wasser" einführen, wie es in verschiedenen Zeitungen in anderen Ländern es schon mit leichten Abweichungen schon gibt. Um zu zeigen, dass die Zeit dafür reif ist, reicht es auf die sogenannten "Nationalen Leader" einen Blick zu werfen.

Sie sind sogar äußerlich sich ähnlich, diese stramme, hagere Männer unter 60, Andrus Ansip ist zwar ein paar Jahre später geboren als Vladimir Putin, doch auch im Oktober im demselben Sternzeichen Waage. Beide haben recht zweifelhafte sowjetische Vergangenheit, die ihnen bei jeder Gelegenheit von ihren Gegnern unter die Nase gerieben wird - Ansip machte eine erfolgreiche Karriere in der Tartuer Abteilung der Kommunistischen Partei, Putin im Geheimdienst.

In der Epoche des aufblühenden Kapitalismus hat man die beiden aus dem Nichts … na gut, sagen wir nicht aus dem nichts, sondern aus der Stadt - die Gegenrolle zur Hauptstadt einnimmt - auf die große politische Bühne rausgezogen, zuerst als "Erben" und danach in weniger als einem Jahr als höchste Repräsentanten des Landes. Beide stützen sich auf die Regierungspartei. Die Reformisten erklärten schon lange vor der Gründung der "Einheit Russlands" offen erklärt, dass ihre Anwesenheit in der Regierung ihr Hauptziel sei. Beide haben zur Unterstützung ihres Images in der Vergangenheit nichts gegen einen Bürgerkrieg gehabt, deren Größe durchaus der Größe des Landes entspricht. Die "Bronzene Nacht" ist natürlich nicht Tschetschenien, doch vom Prinzip recht ähnlich.

Beide führen ohne Rücksicht auf die Kritiker, kompromisslos die Gesetze ein, die sie brauchen. Beide haben keine Schamgrenze in ihrer Ausdrucksweise, sowohl wenn sie die von ihnen geführte Heimat in ungeahnte Höhen zu heben versprechen, als auch wenn sie ihren Gegnern mit Scheißhäusern, den Ohren einen toten Esels, betrunkenen Panzerfahrern oder Aluhüttchen drohen. Zwar haben die Landmänner von Putin ihn noch nicht ins Weltall geschickt, im Gegensatz zum UFO-Ansip, doch wenn man die grenzenlose Liebe des russländischen Noch-Premiers zu verschiedenen technischen Gerätschaften anschaut, ist dieser Tag nicht weit weg.

Beide mögen wohl Kinder, doch knuddeln sie sie in der Öffentlichkeit äußerst unprofihaft. Dafür verehren unsere brutalen Männer den Sport und haben nichts dagegen ihre ausgezeichnete für ihr Alter sportliche Form zu demonstrieren: Putin und Ansip sind Profis auf den Skiern, doch wenn der russländische "nationale Leader" sich auf dem Tatami bespaßt, unser fährt Rollerblades und wenn WWP seine Untergebenen mit Federball quält, fährt AA seine ausländischen Gäste mit dem Fahrrad, damit sie ihr Fett loswerden.

Bei Ansip und Putin hat man bei den Wahlen massiv neue Technologien eingeführt, wodurch Estland und Russland auf der ganzen Welt berühmt wurden. Beide konnten sich eine Rekordzeit an der Macht halten, indem sie künstlich im Wahlvolk die Überzeugung aufwachsen liessen, dass nur dank dem nationalen Leader und der Regierungspartei das Land lebend aus der Krise rauskam und eine bestimmte Stabilität erreichte, jede Abweichung vom gewählten Kurs ist dem Tode gleich. Und obwohl immer mehr Menschen denken, dass zum Wort "lebend" in diesem Fall man das Wörtchen "kaum" hinzufügen sollte, haben Putin und Ansip es geschafft sich auf eine neue Periode wählen zu lassen und zwar mit beeindruckenden Ergebnissen.

Dabei haben die beiden angefangen ihre politische Wirkung nicht wegen der Anstrengungen der politischen Gegnern zu verlieren, die bis jetzt es nicht geschafft haben einen ähnlich populären Kandidaten aufzustellen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren demonstrierten öffentlich auf den Strassen die Bürger ihre Unzufriedenheit mit der Macht in Russland und in Estland. Russland muss selbst ihre Wahl treffen. Doch wir möchten heute die Frage stellen: braucht Estland einen Wechsel der politischen Richtung?

Montag, März 19, 2012

Estland streikt

Seit Anfang der Jahres erlebt Estland eine massive Reihe von Protesten gegen die Regierungspolitik. Nicht weniger als 7000 Leute haben gestreikt, 4000 Mediziner, 1500 Lehrer, 800 Mitarbeiter des öffentlichen Verkehrs, 400 Mitarbeiter von energieerzeugenden Firmen und 200 Eisenbahner. Reaktion der Regierung: Ansip ist im Winterurlaub, Finanzminister Ligi spricht über rote Fahnen und fremdländische Sprüche, die dazu aufrufen die Regierung abzulösen, also Aufruf zu den alten estnischen Ängsten. Dabei sieht man auf den Photos der Demonstrationen ganz klar, dass die Plakate in beiden Sprachen geschrieben wurden, es wird schon von der Konsolidierung der Gesellschaft gesprochen, die seit 2007 zum ersten Mal wieder stattfindet. Das Gesetz gegen den die Gewerkschaften am schärfsten protestiert haben, nämlich die Möglichkeit der ersatzlosen Auflösung der Kollektivverträge seitens des Arbeitgebers, wurde von der Regierungsmehrheit in Parlament durchgewunken, Protest der Lehrer wurde vom Bildungsminister Aaviksoo so uminterpretiert, dass durch den Streik erst recht die Notwendigkeit der Schulreform gezeigt wurde, bei der zwei Drittel der estnischen Gymnasien geschlossen wird. Durch die eingesparten Mittel sollen die übergebliebenen Lehrer dann einen höheren Gehalt bekommen. Insgesamt kann man bemerken, dass die Regierung schon mindestens zum zweiten Mal ihre Argumentationskette komplett geändert hat. Zum ersten Mal war das 2009, als von Aufforderungen SMS-Kredite zu nehmen und hemmungslos zu konsumieren auf einmal Aufrufe zum vernünftigen Haushalten kamen. Jetzt wird von "Estland wird fertig mit Rezession, allen geht es gut" zu "Wir sind komplett verarmt und haben für nichts Geld übrig" umgeschaltet. So argumentiert Ligi, dass das Brutto-Gehalt der Lehrer jetzt schon höher ist, als das Durchnittsgehalt von einfachen estnischen Frauen, 80% der Estinnen verdienen weniger als die Lehrer, also weniger als 600 EUR/Monat. Aaviksoo versuchte in Paide zu argumentieren, dass er von 600 EUR/Monat gut leben könnte. Er wurde von anwesenden Pädagogen unterbrochen, die ihn Demagogie und Hochnäsigkeit beschuldigten. Überhaupt wird die Hochnäsigkeit der Reformisten und ihrer Partner die gängigste Beschuldigung. Das Leitbild ihres Handelns wird immer wieder mit einer Asphaltwalze veranschauligt, die alle Kritik niederwälzt.

Doch am interessanten sind die Proteste, die nicht von Gewerkschaften, sondern von Irina Holland organisiert und durchgeführt werden. Irina hat durch pure Eigeninitiative mehrere hundert Leute schon zum zweiten Mal zu einem Protestmeeting auf Toompea eingeladen. Hier ist ein Interview mit Irina:

baltija.eu: Es ist bemerkenswert, dass viele estnische Massenmedien eine beschränkte Berichterstattung über das Meeting haben. Mit was hängt das zusammen?

Irina: Ich denke, dass die regierende Koalition versucht die Information, die für die Leute notwendig ist, totzuschweigen und zu verhindern. Ich habe die Information und Einladungen an alle Massenmedien geschickt, Kanal 2, ETV, Kanal 3 und an alle estnischen Zeitungen, um die Leute zu benachrichtigen. Doch niemand hat das publiziert. Das hat einen einfachen Grund - es passt nicht für die regierende Koalition

baltija.eu: Ja, es ist zu vermuten, dass der Grund für das Verschweigen der Information über das bevorstehende Meeting, genau der ist, den sie beschrieben haben. Noch eine Frage: auf ihrem Meeting trat ein Mann auf, der vorgeschlagen hat, mehrere Meetings zu vereinen. Sie wurden doch auch von Mitarbeitern der Rettungsdienste unterstützt?

Irina: Nein, wir haben sie unterstützt. Sowie auch die Lehrer, und Polizisten und die Ärzte. Ich unterstütze alle, denn ich verstehe in welcher Situation sie sich befinden. Wobei, es ist, als ob uns niemand hört, niemand sagt über uns etwas, darüber dass unsere Meetings stattfinden. Wir sind gegen die Erhöhung der Preise für die Heizung, es ist uferlos: in drei Monaten eine Erhöhung um mehr als 50%. Jetzt werden noch die Preise für Strom erhöht.

baltija.eu: Jetzt wird es für Sie wahrscheinlich schwierig zu sagen, was Sie als nächstes unternehmen werdet?

Irina: Ich denke ich werde nicht aufhören. Wahrscheinlich Ende April oder Anfang Mai werde ich das Meeting wiederholen, eher an einem freien Tag, wenn die Leute zu Hause sind und nicht in der Arbeit. Und falls unsere Regierung uns nicht anhören wird, dann werden wir radikale Massnahmen ergreifen.

baltija.eu: Wie man sieht treten bei Ihren Meetings jedes Mal die Mitglieder der Zentristen-Partei auf, es könnte der Eindruck entstehen, dass hinter dieser Reihe von Meetings die Zentristen-Partei steht. Wie ist es tatsächlich?

Irina: Nein, es ist nicht so. Die Mitglieder der Zentristen, die gleichzeitig Mitglieder des Parlaments oder des Tallinner Stadtrates sind, traten auf unseren Meetings aufgrund meiner Bitte an sie auf. Mit gleicher Bitte wandte ich mich auch an ihre Gegner im Parlament, doch diese, wie Sie sehen, haben abgelehnt. So haben die Zentristen tatsächlich die Meetings unterstützt, doch auch sie nicht von Anfang an. Auch auf dem Meeting, Sie haben's gehört, hat das Volk "Ene Ergma" gerufen, in der Hoffnung, dass die Parlamentssprecherin aus der Regierungskoalition zum Volk kommen wird und auf die Fragen antwortet. Doch wir haben umsonst gewartet. Noch mehr: vor den Meetings habe ich die Vorabinformation über das Meeting an alle Massenmedien und an alle Parteien geschickt, doch als Ergebnis auf die mehrfache Bitte diese Information durch ihre Informationkanäle zu schicken haben nur die Leute in der Zentristen-Partei reagiert. In der Partei der Reform versuchte man es umgekehrt zu machen: die Emails der Zentristen wurden als eigene Initiative der Zentristen vorgestellt, die Meetings zu organisieren. Das heisst die Reformisten haben anstatt zu helfen, versucht diesen Fakt als Provokation und Verzehrung des Sinns der Frage auszunutzen.

baltija.eu: Mit anderen Worten heisst es, dass die Reformisten versuchen den Grund des Stattfindens der Meetings zu zwischenparteilichen Geplänkel zwischen der Opposition und der regierenden Koalition runterzuspielen?

Irina: Genauso ist es, doch sind die Parteien hier nicht schuld: Die Notwendigkeit unser Protest in dieser Form auszudrücken ist deswegen hervorgerufen, dass die sozialen Probleme überhaupt nicht in Parlament diskutiert werden, das ganze Parlament ignoriert diese Probleme und will nicht mal sie an die Tagesordnung setzen. Zum Schluss möchte ich allen denjenigen einen grossen Dank aussprechen, die auf unsere Meetings gekommen sind und denjenigen, die bei der Organisation geholfen haben, ohne sie hätte das meine Kräfte wohl überschritten. Nochmals bedanke ich mich bei allen Unterstützern!




Irina Holland







Von Kühen und Bombardierung Tallinns

"Wessen Kuh auch muht, Deine sollte still sein" - spricht ein russisches Sprichwort. Die modernere Version dieses Sprichwort lieferte Jacques Chirac, als er meinte, dass gerade eine ausgezeichnete Gelegenheit verpasst wurde mal den Mund zu halten.

Am 9. März erschien auf der Seite der US-Botschaft in Estland auf Russisch folgender Text:

Am 9. März wird dem Tag gedacht, als vor 60 Jahren Tallinn in den Fadenkreuz der sowjetischen Kampfbomber geraten ist. Heute Abend wird der Botschafter der USA und Mrs. Polt an der Anzündung der Gedenkkerzen in der Niguliste Kirche teilnehmen, einem aus tausenden Gebäuden, die während des Luftangriffes 1944 zerstört wurden. Dies geschieht in Erinnerung über die Opfer der Bombardierung. Laut Tradition werden die Kirchenglocken der Stadt genau um 19:15 anfangen zu läuten, um den Moment des Erscheinens der ersten Welle der Kampfbomber anzukündigen. Entlang der Harjustrasse in der Altstadt werden Kerzen angezündet. Dieser Luftangriff ist besonders, was die schockierende Zahl der Opfer angeht, als auch durch seine militärisch gesehen Ineffektivität. Ganze 300 sowjetischen Kampfbomber warfen mehr als 3 000 Explosions- und Brandbomben auf Tallinn, radierten dabei ein Drittel der Stadt von der Erdoberfläche aus und verursachten den Bürgern und Objekten der Kultur Tallinns zerstörerischen Schaden. Mehr als 500 Leute, die grosse Mehrheit von ihnen waren friedliche Bürger wurden getötet, noch 650 wurden verwundet, 20 000 wurden mitten im estnischen Winter obdachlos. Ausser der Niguliste Kirche wurden bei der Bombardierung und nachfolgendem Brand der Theater "Estonia", die Stadtsynagoge und Tallinner Stadtarchiv, wo eine Sammlung der mittelalterlichen Dokumenten sich befand, zerstört. Gleichzeitig war der Schaden der der deutschen militärischen Infrastruktur zugefügt wurde minimal. Doch wurde der Geist des estnischen Volkes nicht gebrochen, sondern es wurde der stählerne Entschluss bekräftigt gegen die ausländische Okkupation zu kämpfen. Heute ist Estland ein starkes, friedliches und eigenständiges Land, das sich an die Vergangenheit erinnert, doch im heutigen Tag lebt und sich auf die Zukunft sich vorbereitet.

Selbst wenn dieser Text vom Herrn Botschafter auf seinem privaten Blog erschienen wäre, hätte es wahrscheinlich Diskussionen ausgelöst, doch als offizielle Pressemitteilung der US Botschaft Estlands ist dieser Text eine Provokation. Es werden ohne irgendwelche Quellen anzugeben Behauptungen aufgestellt, die höchstens bei den rechten Parteien Zustimmung finden werden. Es wird unterstellt, dass die Bombardierung alleine dem Zweck gedient hat, den Kampfgeist der Esten zu brechen, sich gegen die sowjetische Okkupation zu verteidigen. Beweise? Fehlanzeige. Beweise für Ineffektivität der Luftangriffe? Fehlanzeige.

Normalerweise scheue ich Vergleiche und Beschuldigungen wegen Doppelstandards, doch in diesem Fall sollte ein offizieller Vertreter der Nation, die flächendeckende Bombardements von deutschen Städten und Atombomben-Abwürfe über Hiroshima und Nagasaki praktiziert hat, sich zurückhalten. Es wird ganz ungeniert ein weiterer Keil in ohnehin schon kompliziertes Verhältnis zwischen Russland und Estland reingetrieben, was offensichtlich das Ziel von gewissen Vertretern der US-Politik zu sein scheint.

Montag, März 12, 2012

Portal von Russen für die Esten

Endlich hat nach vielen Jahren jemand die Idee verwirklicht Artikel auf einem Portal zu sammeln, die in Estland lebenden Russen auf estnisch geschrieben haben, um ihren Standpunkt der estnisch-sprachigen Bevölkerung beizubringen. Dieser jemand ist Andrej Lobov, der Sprecher der Organization Russische Schule in Estland. Momentan sind auf dem Portal Venetuum.info: Русский взгляд на Эстонию (Russische Sicht auf Estland) Artikel von Olesja Lagaschina (Redakteurin der russisch-sprachigen Zeitung DZD.ee), Yana Toom (Mitglied des estnischen Parlaments), Sergej Seredenko (Menschenrechtler) und den Vertretern der Organization Russische Schule in Estland gesammelt. Damit soll ein unverfälschter Blick auf die Meinungen der russisch-sprachigen Bevölkerung gegeben werden, die zwar im russisch-sprachigen Teil des Internets täglich erscheinen, aber kaum die sprachliche Barriere überwinden.

Es ist auch Ziel diesen Blogs ausgewählte Artikel wenn schon nicht ins Estnische, doch zumindest ins Deutsche zu übersetzen, damit Leute, die nicht Russisch sprechen können, doch zumindest eine Vorstellung davon bekommen, was in der russisch-sprachigen Gemeinde Estlands vor sich geht. Ich hoffe bis dahin dieses Ziel zu erfüllen.

Donnerstag, März 08, 2012

Estland braucht linke Massenmedien

Der Journalist Inno Tähismaa schreibt in seinem Blog, dass vor dem Hintergrund des internationalen Frauentages und des Streiks man einen Blick auf die Sicht der Massenmedien werfen sollte. Ja, das Bild, das da entsteht, zeigt nicht die wirkliche Bedürfnisse der Gesellschaft. Man könnte zum Beispiel fragen, wer die streikenden Volksmassen vertritt. Die Antwort: niemand.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion hat die linke Weltsicht die Zeitung Rahna Hääl vertreten. Nach deren Privatisierung, genauer gesagt, ihrem Aufkauf für Pfennige, ging die Redaktionsmannschaft zu Sõnumileht, die von Rein Kaarepere und seinem Kompagnon aus der Zeit des Tartuer Kommerzbank, ehemaligen Bürgermeister von Tartu Tõnu Laak gegründet wurde. Nach dem Tod Kaareperes hat seine Witwe die Zeitung verkauft, sie wurde mit Õhtuleht vereinigt. Õhtuleht befindet sich irgendwo im politischen Zentrum und ist ohne Zweifel von allen grossen Zeitungen, die am weitesten linke.

Links ist auch Kesknädal, wobei wegen ihrem niedrigen journalistischen Niveau sie nicht ernst genommen werden kann, auch gibt es da keine reguläre Redaktion. Die restlichen grossen Zeitungen - Postimees, Päevaleht, Eesti Ekspress und Äripäev sind alle stramm rechts.

Die Intelligenz, die auf der ganzen Welt in ihrer Weltanschauung in der Regel links ist, sollte eigentlich von der Zeitung Sirp vertreten sein, doch belustigt sich deren Hauptredakteur auf Kosten der Streikenden, so dass man diese Zeitung auf keinen Fall als links zählen kann. Und das ist kein Wunder, schliesslich ist Sirp das Sprachrohr der Regierung, deswegen kann sie keine anderen Ansichten, als die der Regierung vertreten.

Um die Spannungen wieder zurückzunehmen, damit die gesellschaftlichen Gruppen gleich vertreten wären, braucht Estland unbedingt eine klassische linke Zeitung, wie in allen entwickelten europäischen Ländern. Diese Zeitung würde einer ausbalancierten Entwicklung der Gesellschaft helfen, würde, wie es modern ist zu sagen, ihre Gesamtheit verbessern und natürlich gäbe es für diese Zeitung auch Nachfrage. Es ist paradox, doch haben die Mutter der modernen estnischen Journalistik Marju Lauristin und der in Journalistik ausgebildeter Präsident, die ihren Ansichten nach Sozialdemokraten sind, also linke, nicht ihr eigenes Sprachrohr organisieren können. Schande! Man sollte sich also nicht wundern, dass in den Massenmedien die Sozialdemokraten schamlos ausgelacht werden.
Zum Schluss unterstreicht Inno Tähismaa, dass er selbst die linken Ansichten nicht teilt, doch sich um ausbalancierte Entwicklung der Gesellschaft sorgt.

"Der Kluge liebt das Lernen, der Dumme das Lehren" - Tschechov-Zitat auf einem Plakat der Streikenden Lehrer

Sonntag, März 04, 2012

Mitteilung der Stiftung "Historische Erinnerung"

Eine empörende Einflussnahme auf Historiker: Das lettische Innenministerium erklärte die Mitarbeiter der Stiftung "Историческая память" (Historische Erinnerung) zu Feinden des lettischen Staates und sprach ein Verbot für sie aus, die Schengen-Staaten zu besuchen.

Am 2. März 2012 hat der Innenminister Lettlands Edgars Rinkēvičs den Leiter der Stiftung "Historische Erinnerung" Aleksander Djukov und den Leiter der Forschungsprogramme der Stiftung Vladimir Simindej zu Personen non grata erklärt. In Übereinstimmung mit diesem Beschluss wurden A. Djukov und V. Simindej auf unbestimmte Zeit in ein Personenverzeichnis aufgenommen, denen die Einreise nach Lettland untersagt ist, als auch in die Länder der Schengen-Zone. Wie im Beschluss, der auf der offiziellen Webseite des lettischen Innenministeriums veröffentlicht wurde, erwähnt wird, der Beschluss wurde gefällt "aufgrund der Entscheidung der verantwortlichen Stellen wegen bewussten unerwünschten Tätigkeiten der beiden Personen, die dem lettischen Staat und seinen Bürgern schädigen".

Die Stiftung "Historische Erinnerung" sieht den Beschluss des Innenministeriums Lettlands als empörende Einmischung in die wissenschaftliche Geschichtsforschung, primitiven politischen Druck und einen direkten Versuch objektive Forschung von problematischen Seiten der russisch-lettischen Geschichte zu unterbinden. Sehr vielsagend ist der Fakt, dass das Innenministerium Lettlands nicht mal versucht zu verheimlichen, dass der Beschluss über die Erklärung der Mitarbeiter der Stiftung "Historische Erinnerung" als "Feinde der lettischen Republik" und Personen non-grata Vorgabe der örtlichen Geheimdienste ist. Das erinnert fatal an die beschämende Praxis der Verfolgung der Dissidenten durch sowjetisches KGB und kann nicht anders bewertet werden als Zeugnis von fehlenden Demokratie in Lettland.


Nach der Erklärung der "unpassenden" russischen Historikern als Personen non-grata wird es komplett klar, dass die lettische Seite nicht daran interessiert ist einen wissenschaftlichen Dialog über die schwierigen Seiten unseren gemeinsamen Vergangenheit zu führen, dass die Arbeit der gemeinsamen russisch-lettischen Geschichtskommission verfälscht wird.

Der Beschluss des Innenministeriums Lettlands ist ein direkter Versuch die Eröffnung der geschichts-dokumentellen Ausstellung "Verschleppte Kindheit: Das Schicksal der Kinder, die aufs lettische Territorium verschleppt wurden, 1943-1944", die Ende März stattfinden sollte, zu verhindern. Diese Ausstellung wurde von der Stiftung "Historische Erinnerung" im Rahmen des Programms "Die Erhöhung des Status der Einwohner der abgefackelten weissrussischen Dörfer", das von der Weissrussischen Friedensstiftung und der deutschen Stiftung "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft" realisiert wird, konzipiert. Früher wurde diese Ausstellung von dem lettischen Innenministerium "eine bösartige Geschichtsfalsifizierung" und eine "desinformative Veranstaltung" genannt.

Laut der Meinung der Stiftung "Historische Erinnerung" ruft die Ausstellung "Verschleppte Kindheit" deswegen solch inadäquates Verhalten der offiziellen lettischen Regierung hervor, weil aufgrund von vielen dokumentierten Quellen die Verbrechen gezeigt werden, die auf dem Territorium Russlands und Weissrusslands von Nazisten und ihren Helfern - den Militärangehörigen der lettischen Polizeibataillons, verübt wurden. Es ist offensichtlich, dass objektive Forschung der Vergeltungsoperationen in den russisch-weissrussisch-lettischen Grenzgebieten in Jahren der nazistischen Okkupation als "unbequem" für den heutigen lettischen politischen Establishment gilt, die auf die Heroisierung des Lettischen Legions SS gesetzt haben.

Die Stiftung "Historische Erinnerung" erklärt, dass trotz des empörenden und beispiellosen Drucks der lettischen Regierung, wird die geschichts-dokumentelle Ausstellung "Verschleppte Kindheit" in Riga Ende März eröffnen. Zur Eröffnung der Ausstellung ist die Durchführung eines internationalen runden Tisches geplant, der sich dem Problem der nazistischen Vergeltungsoperationen auf dem Territorium des Nord-Westens der Sowjetunion widmet. An dieser Veranstaltung werden Historiker aus Russland, Weissrussland, Deutschland, Frankreich ud einer Reihe anderer europäischen Länder teilnehmen.

Die Stiftung "Historische Erinnerung" wird die Arbeit zur Erforschung der Tragödie der minderjährigen Opfer des Nazismus, die aufs lettische Territorium verschleppt wurden fortsetzen und freut sich auf weitere Zusammenarbeit mit allen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen, für die dieses wenig erforschtes Thema wichtig ist.

http://historyfoundation.ru/ru/fund_item.php?id=214

Donnerstag, März 01, 2012

Artikel in Junge Welt

die linke Junge Welt hat ein Artikel über die Aufmärsche der Veteranen der Waffen-SS in Lettland und Litauen veröffentlicht. Auch Estland wird erwähnt.

SS-Ehrung per Gesetz?