Aufruf der Initiative zur Unterschriftensammlung für die Petition an das EU Petitionsausschuss zur Gewährung des Stimmrechts den Staatenlosen Estlands bei den Wahlen ins Europäische Parlament
In einem Jahr werden in der Europäischen Union Parlamentswahlen stattfinden.
Wir meinen, dass die Situation in Estland, wo die Staatenlose kein Recht haben an den Wahlen ins Europäische Parlament teilzunehmen, einen langfristigen Mangel an Demokratie erzeugt und die Verletzung des Demokratierechts manifestiert, das das fundamentale Recht der Europäischen Union ist.
Wir bitten das Petitionsausschuss gemeinsam mit den anderen Ausschüssen des Europäischen Parlaments eine Voruntersuchung durchzuführen und den Behörden Estlands zu empfehlen, Staatenlose zu der Wahl des Europäischen Parlaments zuzulassen.
Wir schlagen vor, allen, die unsere Initiative unterstützen, ihre Unterschriften unter die Petition zu setzen, und so ihre Rechte wahrzunehmen, sich an das höchste gesetzgebende Organ der Europäischen Union zu wenden, deren Einwohner wir sind.
Zur informativen Unterstützung unserer Initiative wurde die Seite www.negr.pri.ee erschaffen (Start vom 26.06.08), wo man den vollen Text der Petition durchlesen kann.
Im Europäischen Parlament wird unsere Initiative von dem MEP aus Lettland Tatjana Zhdanok unterstützt.
Wir rufen zivilgesellschaftliche und politische Organisationen auf, denen die Entwicklung der Demokratie in Estland und der Schicksal der mehr als 100 000 Staatenlosen der Estnischen Republik, die Estland als ihre Heimat betrachten, nicht gleichgültig sind, unsere Initiative zu unterstützen.
Maksim Reva
Dmitrij Linter
Petr Puschkarnij
Petition: Stimmrecht für Personen in Estland, die unbestimmte Staatsbürgerschaft haben, für die Europaparlament-Wahlen
Einführung
Nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Estnischen Republik, wurde nur Personen, die vor dem zweiten Weltkrieg die Staatsbürgerschaft der Estnischen Republik hatten und deren Nachkommen die estnische Staatsbürgerschaft zugestanden, währenddessen allen anderen ständigen Einwohnern Estlands dies verweigert wurde. Laut dem Gesetz über die Staatsbürgerschaft, können Personen, die während der Sowjetzeit in Estland sich niedergelassen haben und ihr Nachkommen, die Staatsbürgerschaft nur durch Naturalisierung (Einbürgerung) erlangen (Prüfung der Kenntnisse der estnischen Sprache und der Verfassung). Im übrigen Fall bleiben sie Personen mit unbestimmter Staatsbürgerschaft.
Naturalisierung war nicht in der Lage das Problem der Staatenlosigkeit in Estland zu lösen. Zum 1. Januar 2008 haben 116217 Personen unbestimmte Staatsbürgerschaft (8.8% der gesamten Bevölkerung).
Europaparlamentswahlen
Artikel 19 (2) des Vertrages über die Gründung der Europäischen Union (im weiteren VEU) sieht vor, dass der Bürger der Europäischen Union, der in einem Mitgliedsland der EU wohnt, ohne dass er dessen Staatsbürger ist, das Recht hat seine Stimme abzugeben und seine Kandidatur zur Wahl ins Europäische Parlament zu stellen auf gleicher Grundlage wie die Bürger jenen Staates. Die Bürgerschaft in EU wird im Artikel 17 des VEU begründet.
VEU hindert auch nicht die Mitgliedsländer neben den eigenen Bürgern und den anderen EU-Bürgern, die auf ihrem Territorium leben, auch bestimmten Personen Stimm- und Wahlrecht zu gewähren, die enge Kontakte mit diesem Land haben. Momentan überlässt die Legislative der EU es den Mitgliedsländern den Personenkreis zu bestimmen, die das Recht haben zu wählen und gewählt zu werden in Übereinstimmung mit dem Gesetz der EU (siehe Spain vs. United Kingdom, Case C-145/04, 12 September 2006, para.78). Deshalb soll die Rechtslage der EU berücksichtigt werden, bei der Regulierung der Frage über den Zugang zu den Wahlen ins Europäische Parlament.
Die EU-Richtlinie 2000/43/EU vom 29 Juni 2000, die das Gleichbehandlungsprinzip unabhängig von der Rasse oder ethnischen Herkunft einfordert, ist nicht anwendbar. Die EU-Richtlinie 2000/43/EU bestimmt nicht an und für sich das Prinzip der Gleichbehandlung. In Übereinstimmung mit dem Artikel 1, ist das einzige Ziel der Richtlinie ist "eine gemeinsame Struktur zum Kampf gegen die Diskriminierung aufgrund der Rasse oder ethnischen Herkunft zu erschaffen". Die Herkunft des Prinzips an sich, das die Grundlage des Verbotes dieser Formen der Diskriminierung legt, sind verschiedene internationale Übereinkommen und Verfassungen der Mitgliedsstaaten, wie es aus den Punkten 2-3 der Präambel der Richtlinie hervorgeht. Das Prinzip der Nichtdiskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft sollte deswegen als gemeinsamer Prinzip der Gesetzgebung der EU betrachtet werden (siehe. mutatis mutandis, Mangold, Case C-144/04, 22 November 2005, para.74-75). Die Mitgliedsländer sind mit der Menschenrechtskonvention der Europäischen Union (einschliesslich der Nichtdiskriminierung) jedesmal verbunden, wenn sie im Rechtsrahmen der EU tätig sind; sie müssen dieses Prinzip in Übereinstimmung mit dem Artikel 6(1) des VEU beachten.
Das Prinzip der Nichtdiskriminierung ist in verschiedenen internationalen Übereinkommen klar festgelegt. Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention ist nicht anwendbar, da dieser Prinzip in ihrem Kontext nur in Verbindung mit Rechten und Freiheiten, die in dieser Konvention festgelegt werden, anzuwenden ist; das Recht auf freie Wahlen ist nur für die Wahl der Legislative limitiert. Trotzdem garantiert der Artikel 26 der Internationalen Konvention über zivilgesellschaftliche und politische Rechte die Gleichheit vor der Gesetz. Der Artikel 26 verbietet nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Diskriminierung (die "das Ziel oder das Ergebnis" betrifft - CCPR General Comment No.18, 10 November 1989, para.7).
Personen mit unbestimmter Staatsbürgerschaft gehören fast vollzählig zu ethnischen Minderheiten. Deswegen stellt eine an sich neutrale Forderung (Staatsbürgerschaft) Personen mit nichtestnischem ethischen Hintergrund in besonders ungleiche Lage. Solche Ungleichbehandlung ist nicht angemessen. Bei der Festsetzung der Anzahl der MEPs aus Estland wurde die Zahl der gesamten Bevölkerung angenommen, inklusive der Personen mit unbestimmter Staatsangehörigkeit.
Unsere Position
Wir meinen, dass die Situation in Estland, wo Personen mit unbestimmter Staatsbürgerschaft kein Recht haben an den Wahlen des Europaparlaments teilzunehmen, einen langfristigen Mangel an Demokratie erzeugt und die Verletzung des Demokratierechts manifestiert, das das fundamentale Recht der Europäischen Union ist, das mit dem Artikel 6(1) des VEU festgelegt wurde. Da eine offensichtliche Gefahr vorhanden ist, dass dieses Prinzip verletzt wird, sollte ein Verfahren in Übereinstimmung mit dem Artikel 7 des VEU eröffnet werden.
Wir bitten das Petitionsausschuss gemeinsam mit den anderen Ausschüssen des Europäischen Parlaments eine Voruntersuchung durchzuführen und den Behörden Estlands zu empfehlen, Staatenlose zu der Wahl des Europäischen Parlaments zuzulassen.
Die Unterschriftslisten können hier runtergeladen werden.
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