Samstag, April 26, 2014

Interview mit Oleg Besedin

Im estnischen Parlament schlug gestern die Fraktion der Partei IRL vor, einen speziellen Ausschuss einzurichten, der sich mit der „Analyse der propagandistischen Tätigkeit der russländischen Fernsehsender und ihre Wirklung auf die Einwohner Estlands, als auch mit Vorschlägen zur Unterbindung ihres rechtswidrigen Verhaltens“ beschäftigen sollte. Kann denn Estland nach Lettland und Litauen russländische Kanäle abschalten? Das fragt das Portal RuBaltic.ru beim estnischen Dokumentarfilmer Oleg Besedin:

Herr Besedin, in der letzten Zeit verbieten die baltischen Länder in der Regel russländische Kanäle auf ihrem Gebiet. In welcher Lage befindet sich zur Zeit die russisch-sprachige und das russländische Fernsehen in Estland?

Heutzutage muss man zwischen dem russisch-sprachigen und russländischen Fernsehen unterscheiden, denn es gibt russisch-sprachige estnische Fernsehkanäle, als auch russländische Fernsehkanäle. In Estland ist die Situation nicht gerade die beste, denn morgen wird diese Frage auf dem legislativen Level behandelt. Die Initiative zur Abschaltung der russländischen Sender wurde von der Partei IRL eingebracht. Die motivieren diesen Vorschlag damit, dass durch die russländische Fernsehsender russländische Propaganda verbreitet wird, und das stört das friedliche Zusammenleben der Gesellschaft und macht die russischsprachige Bevölkerung zu Zombies.

Momentan senden alle Fernsehkanäle ungehindert. Lediglich PBK wird leicht zensiert: einige Sendungen in Estland, werden vom lettischen Studio herausgeschnitten, solche wie „Mensch und Gesetz“. Der estnische Zuschauer sieht diese Sendungen nicht.

Wer wird am meisten verlieren, wenn die Fernsehsender abgeschaltet werden? Jetzt nutzen 80% der Zuschauer den Content über das Kabelfernsehen. Wenn die russländischen Kanäle abgeschaltet werden, dann werden die Leute die Kabelnetze abklemmen, werden die Gebühren nicht mehr bezahlen und werden diese Kanäle über Satellit und Internet anschauen.

Wenn jetzt PBK seine Sendungen „säubert“ und manche Information wegnimmt, dann werden nach der Abschaltung die Leute diese Kanäle in Original, also ohne Zensur anschauen.

Erinnern wir uns an die sowjetische Zeiten, die verbotene Frucht ist die süßeste, und als aus dem Westen die „Feindstimmen“ kamen, dann fanden die Leute trotzdem die Informationsquellen und diskutieren dann darüber. So ist es auch hier, es kann sein, dass es zu einem umgekehrten Effekt kommen wird.

Sie haben betont, dass die Fraktion der IRL heute eine Gesetzesvorlage eingereicht hat, deren Ziel die Einsetzung eines Ausschusses im Parlament ist, der den propagandistischen Einfluss der russländischen Fernsehkanäle und die Möglichkeiten der Verhinderung der Verbreitung der Kreml-Propaganda untersuchen soll. Was denken Sie, wird dieser Gesetz verabschiedet?

Es ist schwer zu sagen. Die Fraktion befindet sich zur Zeit in Opposition, und die Opposition wird bei uns eher skeptisch wahrgenommen. Es ist sogar schwer zu sagen, ob es im Parlament diskutiert wird. Ich bezweifle, dass dieser Gesetz durchkommt. Ich hoffe, dass die Vernunft der Parlamentarier siegen wird.

Welches Ziel wird ihrer Meinung nach verfolgt?

Das Ziel ist einfach, die russische Bevölkerung soll mehr westliche und estnische Information konsumieren. Im estnischen Fernsehen gibt es ein Informationsprogramm „Aktualnaja Kamera“ und das Ziel der Regierung besteht darin, dass es zur Hauptquelle der Information wird.

Doch die Regierung irrt sich, wenn sie das Fernsehen als die einzige und Hauptinformationsquelle ansieht. Heute ist Internet sehr entwickelt und die junge Generation informiert sich hauptsächlich dort. Es wird kaum gelingen die russisch-sprachige Bevölkerung von russländischen Stimmen abzuschirmen. Wenn man über Radio spricht, dann arbeitet auf dem estnischen Gebiet die Radiostation „Euro FM“. Sie war Partner der russländlischen Station „Golos Rossii“. Momentan hat „Euro FM“ die Zusammenarbeit mit dem Partner beendet und die russländischen Sendungen werden nicht mehr gesendet.

Im estnischen Radio gibt es nur ein Informationsprogramm: „Radio 4“. Es ist ein staatlicher Sender. Alle anderen Radiostationen sind Musiksender, wie „Russkoe Radio“, „Narodnoe Radio“ „Dynamit FM“. Diese Radiosender haben nur sehr kurze Informationsblöcke. Es gibt keine russländische Analytik oder Informationsprogramme.

Wenn man die Lage in Russland und Estland vergleicht, können wir einen Unterschied im Informationsangebot beobachten. In Russland gibt es das oppositionelle Radio „Echo Moskaus“ und Fernsehsender „Dozhd“, im Baltikum werden die russländischen Sender einfach blockiert.

Wenn man Statistik sich anschaut, auf welchem Platz Estland unter der demokratischsten Ländern sich befindet, so ist sie unter den ersten fünf. Wie werden die Gesetzgeber aussehen, die jetzt im Lichte dieser Statistiken vorschlagen, russländische Fernsehsender zu schliessen?

Ausserdem ist letzte Woche bei uns der alljährliche Bericht der Sicherheitspolizei erschienen, in dem über die unerwünschte Leute in Estland berichtet wird, man kann sagen den „Staatsfeinden“. Ein Großteil der dort erwähnten Personen sind Journalisten. Unter anderem ist dort auch mein Nachname und ich bin dort nicht zum ersten Mal. In Litauen erscheint ein vergleichbarer Bericht, doch die Namen werden nicht erwähnt, bei uns schreibt man die Familien und die Organisationen.

Wie verhält sich die russischsprachige Bevölkerung Estlands zu so einer Informationspolitik?

Sie ist natürlich dagegen. Sie wollen normale, objektive Information und ausserdem wollen sie die Möglichkeit haben, alle Kanäle anzuschauen. Die russischen Einwohner Estlands bezieht die Informationen nicht nur von den russländischen Sendern, sondern auch von Euronews, von den estnischen Sendern. Deswegen analysieren sie eine Masse an Fakten und ziehen ihre Schlüsse daraus. Man kann nicht sagen, dass ihre Ansichten nur durch russländische Sender geformt werden. Es gab noch keine Proteste. Es ist schwer zu sagen, was passiert, wenn das Gesetz über die Abschaltung der russländischer Sender angenommen wird.

Was halten Sie von der Idee einen baltischen Fernsehsender für Russisch-Sprachigen zu gründen? Brauchen die Russen Estlands so einen Sender?

Es wird gerade aktiv in den Massenmedien besprochen. Soweit ich weiss, plannt momentan jede beteiligte Seite diesen Sender mit 2 Mio EUR pro Jahr zu finanzieren. Mit anderen Worten plant man alle russländische Kanäle durch einen gemeinsamen zu ersetzen, um das Informationsprogramm mit eigenen Kräften zu formen und den Show- und Filmcontent von den ukrainischen Kanälen zu beziehen.

Estland ist eigentlich ein sehr kleines Land. Trotzdem gibt es dort 8 estnische Fernsehkanäle, 4 russische Kabelkanäle und ein russisch-sprachiger Satellitenkanal.

Noch ein Fernsehsender zu gründen ist meiner Meinung nach utopisch.

Wenn der Staat nicht weiss, wohin es das Geld hinstecken soll, dann soll er es dem russisch-sprachigen Satellitenkanal geben, damit sie einen normalen Content machen können. Ich denke, dass wird effektiver, denn der Fernsehzuschauer in der Regel nicht „auf einem Knopf“ sitzt, sondern zwischen den Kanälen schaltet. Es gibt so ein „Knopfsyndrom“: Was interessanter ist, das wird geschaut.

Quelle: Analytischer Portal RuBaltic.Ru

Donnerstag, April 10, 2014

Memorandum 14

Wir, die Unterschreiber, sind Einwohner Estlands, Bürger der Estnischen Republik, als auch Staatsangehörige der anderen Länder und Staatenlose, die ständig hier leben. Wir beobachten mit Schmerz und Sorge die Geschehnisse in der Ukraine.

Wir wollen verantwortungsvoll verkünden, dass alle Probleme in der Gesellschaft Estlands, wir mit den gesetzlichen Vertretern der Regierung der Estnischen Republik gemeinsam lösen wollen. Man muss uns nicht von aussen verteidigen, wir halten die Einmischung von aussen durch Drittländer in die Innenpolitik Estlands für unzulässig. Wir unterstützen keine separatistischen Stimmungen und Verkündungen, die im Namen der russisch-sprachigen Gemeinde Estlands gemacht werden. Alle Fragen, die die Entwicklung unserer Gesellschaft angehen, auch Bildungspolitik, Staatsangehörigkeit und Sprache müssen ausgehend von der Souverenität des Staates gelöst werden.

Die Mehrheit derjenigen, die hier leben, unabhängig von der Muttersprache und Nationalität, betrachtet Estland als seine Heimat. Für uns ist der Fakt sehr wertvoll, dass obwohl wir im Leben auf verschiedenen Seiten der ideologischen Barrikaden stehen können, es trotzdem für eine Pflicht halten zu verkünden: Unser Haus ist ein unabhängiges und freies Estland!

Die Petition kann hier unterschrieben werden: http://petitsioon.ee/memorandum-14