Für ihre Aussagen wurden Vilja Kiisler und Ahto Lobjaks schlimme Beleidigungen ausgesetzt Foto: Shutterstock/Ekraanitõmmised
Für die Kontrolle über die Gesinnung der Journalisten, die das politische Geschehen beleuchten, werden sie als Angriffsobjekt für die alternative oder Parteimassenmedien behandelt, schreibt Postimees.
Die als gegenüber EKRE kritisch geltende Journalisten Ahto Lobjaks und Vilja Kiisler wurden von einer Welle von Drohungen eingedeckt, ihre Vorgesetzten mit einer orchestrierten Welle von Klagen. Wie kam es dazu, dass bei zwei Leitern von Mediaproduzenten die Nerven versagten, die Journalisten gekündigt haben und in dieser Geschichte ein Flügel von EKRE ein Punktsieg davontrug?
Morgen 16. April, ein Dienstag. Ein Urgestein der politischen Journalistik Postimees Vilja Kiisler publiziert in der Internet-Ausgabe eine Kolumne unter der Überschrift „Die Sache ist nicht in der Rhetorik, der Inhalt macht Angst“.
Die Kolumne von Kiisler entstand nach dem Interview mit dem EKRE Politiker Jaak Madison, der sich für die Wahl ins Europaparlament aufgestellt hat, das Interview führte sie ein Tag vorher in einer Direktsendung von Postimees.
In ihrem Text erzählt Kiisler über ihr inneres Empfinden, dass Madison und Henn Põlluaas sich höflicher als Mart und Martin Helme ausdrücken können, doch gehen die Wurzeln ihrer Rhetorik zu denselben Quellen: dem Informationsfluss der rechtsradikalen europäischen Parteien wie EKRE, in dem „alternative Fakten“ und reine Erfindungen verbreitet werden.
Um die Parteien-Medien zu beschreiben, benutzte Kiisler folgendes typisches Bildnis: „Ein Hund, dass sein Bein hochhebt behandelt den Baum mit mehr Respekt, als der Kanal von EKRE (Uued Uudised - Anmerkung der Redaktion) Journalismus behandelt).“ Unter den Journalisten findet sich kaum jemand, über den man dort nicht geschrieben hat. Kiisler denkt lange nach, doch veröffentlicht sie den Text.
Am nächsten Tag ruft der neue Hauptredakteur Postimees Peeter Helme Kiisler in sein Office. Er sagt kein Wort über den Wunsch sie zu kündigen und verlangt auch nicht den publizierten Text zu ändern. Doch auf seinem Tisch liegt die durchgestrichene Kolumne von Kiisler mit kritischen Anmerkungen zu dem Stil der Publikation. Die These von Helme ist einfach: einen Text mit derselben Botschaft könnte man auch mit weniger Wörter schreiben. Solcher Stil wäre für einen freien Autor angebracht, aber für einen Journalisten von Postimees, der nach Objektivität strebt, sind solche Ausdrücke fehl am Platz.
Während der privaten Unterredung von einem liberalen Journalisten und einem konservativen Hauptredakteur entsteht ganz schnell die Frage nach der Freiheit der Presse. Kiisler regt am meisten auf, dass die Kritik des Hauptredakteurs sich in das Puzzle fügt, was auch die Führung von EKRE und ihre Trollarmee zusammenstellt: den Journalisten zu zwingen, die Schärfe der Kritik zurückzunehmen, sich zurück ins Glied einfügen, aufgeben.
Genau das ist der Grund, warum man sich nicht zurücknehmen und die Ausdrücke vorsichtig wählen darf, meint Kiisler: „Wenn man der Journalistik die Schärfe wegnimmt, was bleibt von er Journalistik überhaupt?“
Vilja Kiisler Photo: Konstantin Sednev
Helme hat eine andere Meinung. „Die Journalisten sollen sich nicht in die Politik einmischen. Sie haben andere Mittel, sie können bestimmen, was eine Nachricht ist. Man muss nicht immer mit dem Finger zeigen.“, sagte der Hauptredakteur von Postimees in der Sendung des Radiosenders Kuku „Olukorrast ajakirjanduses“ (Über die Situation in der Journalistik“).
Kiisler sieht ein, dass das einzige Mittel die Würde zu bewahren, die Kündigung ist. Das Kollektiv von Postimees wird von diesem Entschluss schockiert. Die Kollegen schreiben Unterstützungsbriefe, die Leitung wird in die Redaktion eingeladen, um sich zu erklären. Beim größten Teil der Journalisten entsteht eine zwielichtige Meinung. Kiisler hätte sich die Kritik anhören können und weiterarbeiten, meinen sie. „Das ist unmöglich, denn das wäre eine Einführung von Selbstzensur“, antwortet Kiisler.
In dieser ganzen Geschichte gibt es viel Kontext. In den letzten Monaten geriet Kiisler unter unvorstellbare Welle von Drohungen, darunter Androhung von physischen Gewalt und sogar Vergewaltigung. Unterdessen musste die Polizei auf die Briefe reagieren, die von den Anhängern von EKRE, die den Geschmack der Macht auskosten, öfters unter echten Namen verschickt werden. Kiisler behauptet, dass die Drohungen nicht der Grund ihres Wunsches nach Kündigung waren.
Die von den Politikern ausgeübter Druck wirkt nach. Eines der Argumente der Leitung von Postimees ist das in der letzten Zeit ein Teil der Politiker sich weigert in die Sendungen von Kiisler zu kommen. Der Stil fängt an, ihre Arbeit zu stören, so kann man nicht weiterarbeiten. Der Bitte um die Kündigung wird entsprochen.
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