Dienstag, Januar 11, 2011

Ein paar Worte über die KaPo

Als ich beschlossen habe über Estland zu schreiben, wusste ich nichts über die Kaitsepolitsei oder KaPo, inzwischen gibt es kaum einen Artikel, in dem diese Organisation nicht vorkommt. Deswegen dieser Artikel, der ganz der Tätigkeit des estnischen Verfassungsschutzes gewidmet ist.

KaPos Geschichte fängt 1919 an, als die junge Estnische Republik eine Kommission zusammenrief, um ein Gesetz auszuarbeiten, auf dessen Grundlage eine Organisation gegründet werden soll, deren Aufgabe der Kampf gegen die gegen den Staat gerichtete Verbrechen, ist. Die Organisation wurde am 12. April 1920 gegründet und bestand aus 220 Männern, die konspirative Tätigkeiten gegen das existierende Regime auskundschafteten und diejenigen überwachten, die interessant für sowjetische Aufklärung sein könnten, aber auch ausländische Diplomaten und lokalen Größen. 1940 wurde die Organisation aufgelöst.

1991 wurde die KaPo als eine Abteilung der Polizei wiedererschaffen. Ab dem 1. März 2001 wurde KaPo aus der Polizei herausgelöst und wurde zu einem eigenen Dienst der staatlichen Sicherheit. Ab 2008 ist der Direktor der KaPo Raivo Aeg. Die offiziellen Aufgaben der KaPo sind das Sammeln und Verarbeiten von Informationen über Organisationen, die darauf gerichtet sind die Verfassungsordnung gewaltsam zu verändern oder die territoriale Einheit des Staates zu gefährden. Ausserdem soll KaPo alle Aktionen verhindern, die solche Effekte hervorrufen können, Verhinderung der Spionagetätigkeiten, die gegen den Staat gerichtet sind, Schutz von Staatsgeheimnissen, Kampf gegen Terrorismus, Bekanntmachung von Fällen der Korruption unter den hohen Staatsdienern, als auch in dem vom Gesetz vorgesehenen Fällen die Aufklärung von Verbrechen und Verhinderung von Straftaten ausserhalb der Gerichtsbarkeit.

Welcher Geist innerhalb von KaPo weht, sieht man schon, wenn man etwas aufmerksamer ihre Webseite www.kapo.ee liest. Interessant ist folgende Passage:

It is essential to make the distinction between nationalism and chauvinism. Nationalism deems it important to preserve and develop the culture and uniqueness of one's nation, chauvinism on the other hand elevates one particular nation above all others and considers other nations inferior. Chauvinism has usually racial and xenophobic undertones.

Vielleicht ist der KaPo der Unterschied zwischen Patriotismus und Nationalismus nicht ganz klar, klar ist aber, dass KaPo sich dem Schutz der estnischen Nation verschrieben hat und hart gegen jeden vorgeht, die Estland als multikulturellen und multinationalen Staat sehen wollen. Als besonderer Feind wird dabei Russland angesehen. Bei "Areas of Activity" werden Russland und russische Organisationen 40 Mal explizit genannt, ausserdem fürchtet KaPo den islamischen Fundamentalismus, es werden einige Staaten aus dem Nahen Osten genannt. Der Bericht etwa des Verfassungsschutzes in Deutschland liest sich etwas anders. So wird neben der russischen Spionage immer mehr über die Spionagegefahr aus China berichtet, oder auch französische und amerikanische Geheimdienste sind sich nicht zu schade deutsche Wirtschaftsgeheimnisse an die Konkurrenz zu verraten. Offenbar kein Thema für die KaPo, der alleinige Feind ist und bleibt Russland. Folglich wird alles, was mit Russland in Verbindung gebracht werden kann, überwacht, verhindert und manipuliert.

So ist nur konsequent was KaPo über Notschnoj Dozor schreibt, die Organization, die wohl am meisten unter KaPo zu leiden hat, obwohl kein Gericht jemals Gefährlichkeit dieser Gruppe festgestellt hat:

In relation to the provocations in 2006 a local Russia-oriented group Notšnoi Dozor came into existence in Estonia. Local means in other words that all the members of Notšnoi Dozor are associated with Estonia and they do not have a direct organisational base in foreign states. More active members however have strong ties with Russia. Since its formation the group has had differing opinions, for which reason it would be hasty to call all its members extremists. Nevertheless, their activity which is directly aimed at rehabilitating Stalinism (e.g. active justification of communism crimes in the form of street actions) and imposing everything of Russian origin can be clearly classified as extremism. Paradoxically, some group members are also active in spreading National Socialist insignia (which they call fascist). The main ideological question is still beyond the members of Notšnoi Dozor: whether in the history of Russia and of the countries once occupied by it "white" traditions and the Russian Orthodox Church should be glorified or whether glory should rather be given to the communists who destroyed them brutally.

Enge Verbindungen zu Russland zu haben ist also Extremismus. Auch andere Organisationen, wie z.B. die Zentristenpartei, die Verbindungen nach Russland hat, bekommt die Repressionen seitens der KaPo zu spüren. Mitglied des Notschnoj Dozor Alexander Korobov schreibt dazu folgendes:

"Die Situation hat sich jetzt geändert. Wenn früher die Opposition gedacht hat, dass die unerschöpfliche und von niemandem kontrollierbare Energie der KaPo nur gegen die Mitglieder von Notschnoj Dozor gerichtet sei, mit dem Ziel sie zu verunglimpfen und ihnen die Mittel zur Existenz zu entziehen, so wird es jetzt klar, dass das verbrecherische Syndikat "Regierung-KaPo-Präsident" nicht nur die Budgetmittel, das Parlament, die Massenmedien, grosses Business, Geld aus europäischen Fonds, machtvolle staatliche Posten, Innen- und Aussenpolitik kontrollieren möchte, sondern auch jede kleine Aktivität im Land. Auf dem estnischen Territorium wird das Syndikat es nicht erlauben grosses Business oder kulturelles Projekt ins Leben zu rufen, das nicht unter seiner Kontrolle stehen würde.

Zur Zeit der stalinistischen Diktatur haben viele gedacht, dass die Verfolgungen durch die Spezialkräfte sie nicht betreffen würden. Man solle besser schweigen, solange die Spezialkräfte andere verfolgen, als auf Schwierigkeiten zu stossen. Doch wenn sie zu einem selbst kommen und ausgedachte Beschuldigungen vorzeigen, dann wird es niemanden geben, der einem helfen wird. So ist zum Beispiel kein Mitarbeiter der KaPo oder Staatsdiener bestraft worden, als während der Gerichtsverhandlung sich herausgestellt hat, dass alle Beschuldigungen an die Adresse der Aktivisten von Notschnoj Dozor grundlos und verlogen waren. Doch fahren sie damit fort, immer neue und neue Beschuldigungen zu erfinden.

Grundsätzlich ist es möglich gegen jeden Menschen kompromittierendes Material zu sammeln, mit gekonnter Verbreitung durch unter Kontrolle stehende Massenmedien kann man seine Karriere, sein Business, seine Lebensplanung zerstören. Und bei weitem nicht jeder kann dem Druck standhalten und sich selbst treu bleiben. Doch soll die Gesellschaft das den Spezialkräften erlauben? So können wir sehr einfach in die Zeiten von Stalinismus und NKWD reinrutschen. Genau das passiert zur Zeit in Estland. Die Tätigkeit von KaPo ist ohne Kontrolle und straflos."

Das schreibt Klaus Dornemann über die KaPO:

"Sie schickt den hiesigen Geheimdienst, genannt KAPO (Kaitse Politsei), allen unliebsamen Menschen, ob Fremde oder eigene Staatsbürger, vornehmlich aber russischer Herkunft, zu beobachten, zu verfolgen und zu traktieren, auf den Hals, wie zu sowjet- und auch faschistischen Zeiten auch. Dafür hat man hier Geld genug, anstatt es zum Wohle und Ausbau des Landes einzusetzen. Ich weiß auch gar nicht wofür dieses unbedeutende Land einen Geheimdienst von solchem Umfange überhaupt bräuchte, wenn nicht die Bürger undemokratisch zu traktieren. Dagegen sind die vielverschrienen deutschen „Sicherheitsdienste“ Waisenknaben."

Die KaPo hat sich revanchiert und verbreitet die Geschichte nach der Klaus Dornemann während der Bronzenen Nächsten betrunken aufgegriffen wurde und selbst gegen die Wand geschlagen hat, so dass er Verletzungen davongetragen hat, von denen er behauptet, dass sie von polizeilichen Schlagstöcken stammen würden.


Eine kleine Zusammenfassung über die Aktivitäten von KaPo in vergangenen Jahren:

- Bei den Protesten gegen das Treffen der Veteranen der Waffen-SS auf Sinimäe, verhindert KaPo die Einreise von Aktivisten aus Lettland und Finnland. Die Tatsache, dass beide Länder dem Schengen-Abkommen beigetreten sind, scheint sie nicht zu interessieren

- Vor der Kommunalwahl 2009 durchsuchte KaPo die Redaktion der Zentristen-nahen Zeitung Vesti Dnja, die kurz daraufhin geschlossen hat, da keine Anzeigepartner sich mehr gefunden haben

- KaPo ging gegen unliebsame Blogger wie Irja und Inno Tähismaa vor, durchsuchte die Wohnung und beschlagnahmte ihre Computer, entfernte die auf der Biennale beachtete Statue des Goldenen Soldaten der Künstlerin Kristina Norman vom Tõnismägi, lud den Sänger des Liedes "Schwer ist es in Estland zu leben" Sergej Baj vor, um ihn über seine politischen Ansichten zu befragen

- mehrere Attacken der KaPo hatte der Zentrum der Menschenrechte von Aleksej Semjonov zu erdulden. In den Jahresberichten wird seinem Büro die Nähe zu linken Parteien vorgeworfen, Journalisten wird Kontakt mit ihm untersagt, es werden Unwahrheiten bzgl. seiner politischen Absichten verbreitet

- Selbst nach einem Jahr der Überwachung von Aktivisten von Notschnoj Dozor wurde nicht genügend belastendes Material zusammengetragen, um ihnen staatsfeindliche Aktivitäten anzuhängen. Auch Verhöre, die man als psychische Folter bezeichnen kann, haben nichts erbracht. Nichtsdestotrotz wurde ein Prozess angestrengt, der mit Freisprüchen für die Angeklagten endete

- 2009 wurde der Militär-Historische Club "Front-Line" durchsucht. Eine Waffenkollektion der Waffen des Zweiten Weltkrieges wurde beschlagnahmt, obwohl sämtliche Genehmigungen zur Aufbewahrung und Ausstellung der Waffen als Museumsexponate vorlagen. Möglicher Grund waren die geplanten Veranstaltungen des Clubs zum Jahrestag der Befreiung Tallinns von national-sozialistischen Armeen 1944

- Das Journalistenclub "Impressum" wird ebenfalls in Jahresberichten der antiestnischen Haltung beschuldigt, weil die eingeladenen Gäste öfters andere Meinung zu Themen wie Russisch-Georgischer Krieg und sowjetischen Geschichte haben, als offizielles Estland

- Um die Mitglieder des Notschnoj Dozor zu diskreditieren, wurde ihr Vorstrafenregister der Presse zugespielt und dort umgehend veröffentlicht

- Es gibt mehrere Berichte, dass KaPo in Russland Agenten angeworben hat, die militärische und wirtschaftliche Betriebe in Russland ausspionieren sollten. Beliebtes Druckmittel sind dabei Verwandte in Estland, die plötzlich Schwierigkeiten mit ihrer Aufenthaltsgenehmigung bekommen, falls der Agent die Aufgaben nicht erfüllt. Somit beschäftigt sich KaPo nicht nur mit Spionageabwehr, wie im Fall von Hermann Simm, KaPo spioniert auch gegen Russland

- Mit einiger Wahrscheinlichkeit war KaPo auch in die Affäre im das entführte Schiff Artic Sea verwickelt. Während der Gerichtsverhandlung hat einer der Piraten angegeben, dass er seine Anweisungen vom ehemaligen Leiter des Informationsbüros bei dem Präsidialamt Estlands Eric Kross bekommen hätte. Es ist gut möglich, dass KaPo die Reaktion der russischen Streitkräfte testen wollte, wie sie auf die Entführung russischer Seeleute reagieren werden

- Die neueste Campagne gegen den Chef der Zentristenpartei das estnische Politurgestein Edgar Savisaar hat vermutlich auch mit seiner Nähe mit Russland zu tun. Pünktlich zu den Parlamentswahlen hat KaPo den Massenmedien Material zugespielt, dass Savisaar mit Unterstützung von russischen orthodoxen Fonds den Bau einer russischen orthodoxen Kirche in Tallinn finanzieren möchte und ausserdem um eine Wahlspende für seine Partei von russischen Minister für Eisenbahn Yakunin gebeten habe. Noch ist nicht klar, wie die Wahlen für Savisaar ausgehen werden, doch als Reaktion hat die Sozialdemokratische Partei die Koalition in Tallinn aufgekündigt und der estnische Präsident Ilves sagte, dass er keine Regierung vereidigen werde, der Savisaar angehört. Somit sind für Savisaar sämtliche Träume Präsident zu werden in weite Ferne gerückt. So hat KaPo massiv in die estnische Politik eingegriffen, wobei Savisaar rechtlich nichts falsch gemacht hat.

Als Resümee kann man sagen, dass KaPo eine nicht unter Kontrolle der Gesellschaft stehende Organisation ist, die ihre Vollmachten viel zu weit auslegt und die Politik des monoethnischen Staates unterstützt. KaPo ist jederzeit bereit in die Politik und Wirtschaft einzugreifen, falls es Entwicklungen gibt, die nicht auf der Linie ihrer politischen Überzeugung liegen. Sämtliche Aktivitäten, die das derzeitige Status Quo stören, werden überwacht und massiv behindert, öfters durch Verbreiten von falschen Informationen, Druck auf Arbeit- und Geldgeber oder Weitergeben von kompromittierendem Material an Massenmedien. Wegen der Konzentration auf Russland als alleinigen Feind, werden andere Bedrohungen für Estland, wie Wirtschaftspionage durch China, USA oder andere europäische Länder ausgeblendet. KaPo muss dringend reformiert, die Ziele neu definiert und die gesamte Organisation unter wirksame gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden, anderenfalls werden die Befürchtungen von Alexander Korobov wahr.

1 Kommentar:

moevenort hat gesagt…

informativer Beitrag. Die Kapo erinnert mich als Ostdeutscher ein bischen an Stasi Methoden und die Mentalität dahinter ist wahrscheinlich auch eine ähnliche. Ich hab vor ca. einen Jahr bei einer Nato- Militärveranstaltung auf demRathausplatz in Tartu einmal Mitarbeiter der Kapo bei der Arbeit sehen können, wie sie u.a. Zaungäste der Veranstaltung gefilmt hatten. Auch das erinnerte mich sehr an die Stasi.