Sonntag, September 30, 2012

Worte der Woche

Estland das sind nicht nur 45.000 km^2 an der Westküste der Ostsee, Estland ist überall auf der Welt

Estnischer Präsident Toomas Ilves auf der 60-Jahre Feier des Estnischen Nationalkomitees in USA

Dienstag, September 25, 2012

Estland wird zum Rentnerland

Übersetzung aus Postimees

Der Haushalt des kommenden Jahres zeigt keine Überraschungen. Trotz laufender Gespräche ist der Rahmen für den Haushalt schon vorgezeichnet. Und genauso wie in den Jahren zuvor bewegt sich Estland mit der alternden Bevölkerung Schritt für Schritt Richtung ein Land für Rentner. Der demographische Fallbeil ist schon aufgezogen.

Wenn man die einzelnen Veränderungen des Haushaltes anschaut, so passiert dort nichts ungewöhnliches. So für die Arbeitsmarktpolitik und soziale Sicherheit wird 0,03% mehr, für die Gesundheit der Bevölkerung 0,07% mehr eingeplant, als ein Jahr zuvor. Prozentuell ist es wenig, doch in absoluten Zahlen sind das 140 Mio. Euro und das ist der Löwenteil der Summe, um die sich der Haushalt vergrößert hat.

In der zweiten Hälfte der Tabelle tauchen diejenigen auf, deren Budget gekürzt wird: Kultur (-0,08%), innere Sicherheit (-0,06%), regionale Entwicklung und Landleben (-0.12%), Bildung (-0,01%), konkurrenzfähige wirtschaftliche Umgebung (-0,10%).

Auch hier ist nichts ungewöhnliches, doch wenn man die Summe des Wachstums und Summe der Kürzungen zusammennimmt, so sieht man, wie Gleichgewicht erreicht wird. Einerseits die stetig wachsende soziale Ausgaben des Landes mit der alternden Bevölkerung, andererseits fast alle anderen Bereiche, wo stetig die Ausgaben gekürzt werden.

Und wiederum wenn man nur ein Jahr vergleicht, so sind die Zahlen nicht gross, doch die Entwicklung ist nicht umkehrbar. Das steht in Gesetzen geschrieben und das verlangt auch die politische Entwicklung.

Man muss sich nicht wundern, dass obwohl für soziale Ausgaben jetzt schon am meisten Geld verteilt wird z.B. ist für die Renten im Haushalt 2013 fast 21,6% aller Staatsausgaben reserviert (2012 waren es 19,9%), trotzalldem ist es das Sozialministerium das während der jetzigen Haushaltsgespräche am meisten Zusatzmittel verlangt.

Und alle Forderungen sind klar: die Renten und andere Hilfen sollen steigen, man braucht Geld für die Notambulanz, für die medizinische Behandlung von nichtversicherten Personen, für die Entwicklung der Gesundheitsvorsorge, für die Behandlung von Unfruchtbarkeit, für die Ärzte und dutzende andere Posten. Das Finanzministerium schreibt überall "Abgelehnt" (kein Geld), doch das Sozialministerium lässt nicht nach und zeigt sich mit Jürgen Ligi (Finanzminister) nicht einverstanden. Alle diese Fragen muss die Regierung lösen.

Wahrscheinlich werden am Ende irgendwelche Forderungen erfüllt, der größte Teil wohl nicht. Es wird weiter Druck auf soziale Ausgaben steigen. Genau die gleiche Prognose kann man für die Jahre 2013, 2014, 2015, 2016 und wer weiß was für eine entfernte Zukunft stellen.

Freitag, September 21, 2012

Estnischer Humor

Eigentlich wollte ich über das Thema nicht schreiben, weil ich es einfach ekelhaft finde, aber kommt immer mehr und mehr Material hinzu, so dass man nach Ursachen suchen sollte.

Am 23. August, am Gedenktag an die Opfer des Nazismus und Kommunismus erschien auf der Webseite der Firma GasTerm Eesti OÜ ein Photo von dem berühmten Eingangsschild in Auschwitz mit der Überschrift "Arbeit macht frei". Unter dem Photo war folgende Unterschrift: "Gasheizung ist flexibel, bequem und effektiv". Nachdem Sturm der Entrüstung losgebrochen ist, wurde das Photo entfernt, der Generaldirektor Sven Linros entschuldigte sich.

Die Zeitung Eesti Express nahm diesen Vorfall zum Anlass nun richtig auf den Putz zu hauen und lustig zu sein und veröffentlichte eine Fake-Werbung für Tabletten zum Abnehmen, empfohlen vom KZ-Arzt Dr. Mengele. Denn in Buchenwald war niemand fett. Das wurde selbst im Ausland bekannt, so schreibt ein langjähriger Analytiker des Radiosenders Free Europe, der in New York lebende Mel Huang, dass er vor Schreck starr geworden ist, als er in der viertgrößten US-Zeitung Daily News ein Bericht darüber gesehen hat. Seine estnischen Freunde meinten, er solle das nicht so ernst nehmen, das alles wäre nur ein Witz.

Der estnische Parlamentarier Peeter Võsa sagte in einer Satiresendung im Fernsehen, dass Homosexuelle braune Kinder bekommen würden. Als die Reporterin der Baltischen Rundschau Aino Siebert ihn fragte, ob er denn nicht zurückzutreten gedenke, immerhin gehört er zur Rechtskommission des Parlaments, antwortet er ungerührt: "Die Sendung war eine Unterhaltungssendung und kein Journalismus. Ich verstehe, dass es Gesellschaften gibt, wo die Minderheiten der Mehrheit Verhaltensregeln diktieren und das hält man für normal. Wir in Estland sind noch nicht soweit gekommen. Natürlich für die deutsche Gesellschaft sind Witze zum Thema Homosexualität schmerzhaft und haben einen zweifelhaften Wert. Ich bin nicht deutscher Staatsbürger, ich lebe in einer kulturellen Umgebung, die sich von der deutschen etwas unterscheidet. Bei uns ist etwas mehr erlaubt, als Sie sich dort erlauben können. Doch wir sind erst seit ein paar Jahrzehnten frei und streben nach dem Lebensstandard bei dem wir solche sinnlose Diskussionen über solche Pseudoprobleme führen können".

Im Parlament bildet sich eine Unterstützungsgruppe für Demokratie in Weissrussland. Der Abgeordnete Juku-Kalle Raid von der IRL-Partei geht zu der Gruppe von Abgeordneten, wo auch Yana Toom steht und fragt sie, ob sie beitreten wollen. Yana Toom, die gerade die Schönheiten der estnischen Demokratie selbst erlebt, fragt, wann denn in Estland Demokratie geben wird. Die Antwort: Wenn Yana Toom eine Kugel in den Kopf bekommt, dann wird Estland demokratisch. Schockiert berichtet Yana darüber in ihrem Facebook, die Presse bekommt Wind davon und berichtet. Kommentar von Juku-Kalle: "Das ist normaler schwarzer Humor. Falls ein Mensch nicht genügend Humorgefühl hat, dann sind es seine eigene Probleme", fügte er lachend hinzu.

Was steckt hinter allen diesen Fällen? Eine Erklärung für die komplett fehlende Empathie gegenüber anderen, wäre vielleicht im estnischen Selbstverständnis zu finden. "Wir sind die Opfer, uns ging es in der Geschichte am schlechtesten, dauernd wurden wir okkupiert, deswegen haben wir kein Mitleid". Diese Haltung wird auf der obersten Ebene vertreten, schliesslich hat niemand anders als der estnische Präsident Ilves bei seinem Israel-Besuch behauptet The two nations, the Jews and the Estonians are partners to the same historical experience." Bei den Parlamentariern ist es auch ein Gefühl der kompletten Verantwortungslosigkeit für ihre Aussagen, denn Rücktritte aus solchen Gründen gab es in der jüngeren Geschichte kaum, da gab es ganz andere Kaliber von Skandalen, die estnische Politiker unbeschadet überstanden haben. Politische Kultur existiert nicht.

Interessanterweise gibt es in Estland durchaus Tabu-Themen. Mel Huang schreibt dazu: "Was würden denn die Esten denken, wenn irgendeine Firma oder Zeitung über die Deportationen während der Sowjetzeit Scherze machen würde, zum Beispiel im Kontext der Zugverspätungen? Oder die Katastrophe der Fähre "Estonia" zum Anlass nehmen würde, über die Notwendigkeit von Schwimmkursen zu überzeugen. Stellen wir uns vor, was geschehen würde. Die Reaktion Estlands wäre scharf und wütend, es würde eine Lawine Beschuldigungen lostreten, dass die Welt die schmerzhafte estnische Geschichte und Erfahrung "nicht begreifen" würde. Das wäre überhaupt nicht lustig. Die Esten müssen verstehen, dass man sich auf einer zweispurigen Strasse befindet: wenn ich möchte, dass meine Geschichte respektiert wird, muss ich die Geschichte des anderen respektieren"

Zum Schluss noch eine Prise estnischen Humors, den ich durchaus schätze.

Mittwoch, September 19, 2012

Bauska

Die NGO "Welt ohne Nazismus" hat angesichts der Errichtung eines Denkmals an die Polizeibataillone in Lettland folgendes Statement veröffentlicht:

Am 14. September wurde in der lettischen Stadt Bauska in einer feierlichen Zeremonie in Anwesenheit der Vertreter der Stadt und der in der Regierungskoalition vertretenen Partei "Alles für Lettland" (Visu Latvijai!) ein Denkmal eröffnet, der den Mitgliedern der drei Polizeibataillonen gewidmet ist, die die Stadt vor der "zweiten sowjetischen Okkupation" beschützt hätten.

Die Organisatoren und die Erschaffer des Denkmals verschweigen zynischerweise, dass tatsächlich alle Militärformierungen, denen dieser Gedenkstein gewidmet ist, 1941-43 an Strafexpeditionen sowohl in Lettland als auch ausserhalb teilgenommen haben. Auf ihrem Gewissen lasten Leben von tausenden Menschen aus der Zivilbevölkerung in Dnipropetrovsk, Pskov, auf dem Gebiet Weissrusslands, als auch in der Umgebung der Stadt Bauska, in dem Wald von Likverteni wurden mehr als 2000 Juden, Einwohner von Bauska, erschossen. Auf dem Gewissen dieser Polizeibataillone ist die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung auch anderer lettischen Städte wie Riga und Ventspils. Später sind sie freiwillig in die lettische Division der Waffen SS eingetreten, wo sie unter den Fahnen der Hitlerarmee, unter dem Eid an Adolph Hitler, für das "Großdeutsche Reich" kämpften.

Das Gedenken an die Soldaten dieser Formierungen ist auf dem wieder eröffneten Monument verewigt. Auf ihm ist der Spruch des früheren lettischen Diktators K. Ulmanis eingraviert: "Lettland muss ein Staat für die Letten sein".

Zur Eröffnung des Gedenksteins wurden Schüler der Bauskischen Schulen eingeladen, die man am Beispiel der obengenannten nationalistischen Aussprüche erzieht, als auch am Beispiel der "Tapferkeit und Mutes" der Soldaten der Hitlerarmee.

Man kann noch hinzufügen, dass vor vier Jahren die Stadtmunizipalität beschlossen hat aus dem Stadtpark ein Gedenkstein an die sowjetischen Soldaten - den Befreiern von Bauska zu entfernen. Am Tag des Sieges am 9. Mai ist es allen Schülern Lettlands verboten während der Unterrichtszeit zu den Denkmälern der sowjetischen Soldaten-Befreiern zu kommen.

Die internationale Menschenrechtsbewegung "Welt ohne Nazismus", im Angesicht der Generalversammlung, die am 8-10. Oktober in Strassburg stattfinden wird, findet das, was in Bauska passiert, gefährlich, primitiv und absolut inakzeptabel für die heutige Gesellschaft.

Wir halten es für notwendig die Führung Lettlands und die Mitglieder des Munizipalitätes der Stadt Bauska an die UNO-Resolution Nr. 66/143 zu erinnern: "Beseitigung von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz", in der eine tiefe Besorgnis über die "Verherrlichung der nazistischen Bewegung und ehemaligen Mitglieder der Organisation "Waffen-SS", unter anderem mittels der Errichtung von Denkmälern und Memorials, Durchführung von öffentlichen Demonstrationen mit dem Ziel die nazistische Vergangenheit, nazistische Bewegung und Neonazismus zu verherrlichen, als auch durch die Erklärung der Mitglieder der Waffen-SS und derjenigen, die gegen die Antihitlerkoalition kämpften und mit der nazistischen Bewegung kollaborierten zu Teilnehmern an den nationalen Befreiungsbewegungen".

Jedes Land und jedes Volk kann seine Helden sich selbst auswählen. Doch die Errichtung von solchen Monumenten und die Verherrlichung von Soldaten, die an Seite Hitlers gekämpft haben, beleidigt die Erinnerung an die millionenfache Opfer des nazistischen Regimes und beleidigt auch jene Völker, die unter dem germanischen Nazismus in den Jahren des Krieges gelitten haben. Das Volk Lettlands ist eines dieser Völker. Die Heroisierung der Verbrecher erschafft eine absolut umgekehrte Vorstellung der Geschichte unter der Jugend Lettlands und verharmlost die Verbrechen des Nazismus. Wir fordern von der lettischen Führung sofort die Falsifizierung der historischen Ereignisse und die Errichtung von solchen Memorialen zu unterlassen.

Wir fordern von der Munizipalität der Stadt Bauska das Denkmal, das die absolute Mehrheit der Menschen in verschiedenen Ländern der Welt, als auch die Letten selbst, beleidigt, zu demontieren.

Wir wenden uns an den Generalsekretär des Europarates Thorbjørn Jagland mit dem Aufruf die Frage über die Verherrlichung der nazistischen Verbrecher in Lettland bei der nächsten Sitzung des Ministerkomitees und bei der nächsten Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zu besprechen.

Wir wenden uns an den Vorstand der OSZE, zu ihrem Generalsekretär Lamberto Zannier mit dem Aufruf allgemeingültige Richtlinien der OSZE über Fragen der Verherrlichung des Nazismus in Europa auszuarbeiten.

Wir wenden uns an den Generalsekretär der UNO Ban Ki-moon mit dem Aufruf, diese Frage auf der nächsten Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu besprechen. Wir rufen die Weltgemeinschaft auf, endlich die Aufmerksamkeit auf die Heroisierung der nazistischen Soldaten in Lettland zu wecken und einen Boykott der Regierung des Landes, zu erklären, mit deren Erlaubnis in Europa ein neuer Herd des Revanchismus und radikalen Nationalismus erglüht.

Unterschrieben von Boris Spiegel - Präsident des NGO "Welt ohne Nazismus".

Dienstag, September 18, 2012

KAPO und russische Gymnasien

Über die Umwandlung der russischen Gymnasien in estnisch-sprachige habe ich schon öfters geschrieben. Gestern wurde bei der Auseinandersetzung zwischen den russisch-sprachigen Aktivisten und dem estnischen Staat ein neuer Höhepunkt erreicht.

Die Politikerin Yana Toom, Mitglied des estnischen Parlaments für die Partei der Zentristen, fand sich im April 2012 in dem Jahrbuch des estnischen Verfassungsschutzes KAPO wieder, in dem ihr unterstellt wurde, dass sie gegen die Interessen des estnischen Staates arbeiten würde, also quasi eine Staatsfeindin sei. Das Vergehen von Yana Toom sei, dass sie eine der aktivsten Befürworter für den Erhalt der russisch-sprachigen Schulen ist und in ihrer früheren Funktion als Vizebürgermeisterin der Stadt Tallinn für Bildungsfragen, häufig an Schulversammlungen mit diesem Thema aufgetreten ist. Mit solcher Unterstellung wollte sich Frau Toom nicht abfinden, deswegen ging sie vors Gericht, mit der Forderung ihren Namen aus dem Jahrbuch zu streichen. Gestern kam es zum ersten Sitzungstag, dabei kamen recht interessante Fakten und Aussagen heraus.

So antwortete eine der von der KAPO vorgeladenen Zeuginnen, die Abteilungsleiterin für allgemeine Bildung im Bildungsministerium Irene Käosaar auf die Frage einer Reporterin: "Wenn ein Mensch sein Recht zum Erlernen des estnischen Sprache nicht ausüben möchte, dann kann er einen anderen Staat zum Leben und Ausbildung wählen". So was von einem Staatsbeamten öffentlich zu hören ist sogar in Estland ein Novum.

Weitere Zeugen beschuldigten Toom Druck auf die Elternbeiräte und auf die Rektoren auszuüben. Doch erst heute erschienen mehrere Artikel von wo der Druck denn wirklich kommt. So berichtet der Rektor des russischen Gymnasiums in Kesklinna Sergej Teplov, dass er eine Vorladung zum Verfassungsschutz bekommen hat, als die Schule zum zweiten Mal an Bildungsministerium schrieb, mit der Bitte die Ausbildungssprache selbst bestimmen zu dürfen, wie es in der estnischen Verfassung auch vorgesehen ist. Der Beschluss kam vom Elternbeirat, gegen den gerade eine Strafverfolgungsuntersuchung eingeleitet wurde, wegen angeblichen Dokumentenfälschung. Der Rektor musste unterschreiben, dass der Inhalt seiner Unterhaltung mit KAPO nicht an die Öffentlichkeit gelangen darf. Natalja Lapikova, die im Tallinner Rathaus die Abteilung für Bildung leitet, erklärte, dass sie ständig mit der KAPO über die Fragen der Bildung spricht.

Der Vorsitzende der NGO "Russische Schule in Estland" Andrej Lobov schrieb einen Brief an die OSZE mit der Bitte zu helfen die Grundrechte der russisch-sprachigen Minderheit in Estland zu wahren und die Einmischung der KAPO in Fragen der Bildung zu verurteilen. Die nächste Gerichtssitzung ist am 22. Oktober, dann werden Zeugen von Yana Toom aufgerufen.

Hier ist der volle Text des Briefes an OSZE

Dear Council of Europe Commissioner for Human Rights, Mr. Muižnieks, Dear OSCE High Commissioner on National Minorities, Mr. Vollebæk,

We would like to inform you about the continuing attempts from the Estonian Security Police (ESP) to intervene to the life of Russian community of Estonia. In the Summer last year, we were shortly writing to you on this matter taking place in the Town of Tartu, as Tartu Russian Lyceum (TRL) started to seek for the options to exercise their constitutional right to select Russian language of instructions. Article 37 of our Constitution clearly states that the language of instruction in the schools of national minorities selects school itself. Last year the Board of Trustees at TRL following the Law of Basic and Secondary School at the end was able to support the will of parents and selected Russian language of instructions, which was later declined by the City Council. Russian-speaking population in Tartu accounts for approximately 20% of the town population, so it is difficult to exercise our rights being repulsed by the majority with the help of such state instruments as Estonian Security Police.

The situation is repeated now in Tallinn, where Russian-speaking minority is more than 40% of the city population. Estonian Security Police visits the schools, which have selected Russian language of instructions. * http://rus.delfi.ee/daily/estonia/policiya-bezopasnosti-vzyalas-za-direktorov-russkih-shkol.d?id=64984112 * http://rus.postimees.ee/976588/policija-bezopasnosti-vzjalas-za-direktorov-russkih-shkol

This situation contributes to a pressure applied on school administration including school directors. We strongly believe that this is done in order to "change" the course of school administration actions to support the will of parents and Boards of Trustees. The application of pressure from EPS contradicts the Law of Basic and Secondary School followed by the schools selecting Russian language of instructions.

We condemn any actions using force instruments of state apparatus such as ESP to forcibly dictate Russian community in our country to abandon our basic rights to organize and receive education in our mother tongue. We do not accept the dictate, as we would like to participate in decision-making process concerning future generation of Russian community of Estonia.

We request You to support our basic rights and to condemn involvement of ESP or any other insturments of that kind into the questions concerning educational needs of our community.

In conclusion, we would also like to recall You our last year appeal that highlights the situation unfolding in our country. * http://www.venekool.eu/docs/appeal_110325.pdf

Best Regards, Andrei Lobov Chairman of the Board NPO "Russian School of Estonia" web: http://www.venekool.eu tel. +372 58 286 631 tel. +372 602 79 55 (A. L.)

Mittwoch, September 05, 2012

Durchsuchung bei baltijalv.lv

Am 17. August zum 9 Uhr morgens klingelte es an der Tür bei Sergej Malachovskij in Riga. Malachovskij ist der Hauptredakteur des Nachrichtenportals baltijalv.lv, das ein Ableger des estnischen baltija.eu Portals ist. Ausserdem ist Malachovskij Vorsitzender des AntiFa-Fronts Lettlands, was für ihn zu einem Einreiseverbot nach Estland bis 2017 geführt hat. An der Tür stehen vier Männer, die sich als Mitglieder der lettischen Sicherheitspolizei ausgewiesen haben. Sie zeigten ein Durchsuchungsbefehl und nach einer Stunde Durchsuchung konfiszierten sämtliche IT-Geräte selbst Spielkonsolen der 9-jährigen Tochter. Die Flash-Speicher und CD-Datenträger interessierten sie weniger, der Hauptzweck ist wohl gewesen Malachovskij an seiner publizistischen Arbeit zu hindern, was für eine Woche auch gelungen ist.

Was war der offizielle Grund für die Durchsuchung und Konfiszierung? baltijalv.lv bietet registrierten Mitgliedern an, selbstgeschriebene Artikel hochzuladen. Vor einem halben Jahr lud der einschlägig bekannter Blogger jurialhazz aus Estland auf den Server sein Artikel hoch, in dem er die sowjetische Okkupation Baltikums mit der Okkupation Afghanistans durch die NATO verglichen hat. Dieser Artikel wurde von der Sicherheitspolizei Lettlands als Aufruf zu Rassenhass bewertet. Malachovskij wurde schriftlich aufgefordert die Identität des Verfassers, seine Adresse, sein Alter, sein Geschlecht, seine Glaubensrichtung und seine sexuelle Orientierung an die Sicherheitspolizei zu geben. Laut dem Gesetz über Datenschutz der Lettischen Republik ist nur die Staatsanwaltschaft berechtigt solche Informationen herauszufordern, den Brief hat kein Staatsanwalt unterschrieben, deswegen reagierte Malachovskij nicht. Als Reaktion erfolgte die Durchsuchung und die Konfiszierung der Familiencomputer.

Es folgte noch ein mehrstündiger Verhör von Malachovskij und seiner Frau, es ging gar nicht mal um den Artikel, sondern warum das Portal das Image Lettlands in den Schmutz zieht und wer dafür zahlt. Malachovskij antwortete, dass die bösesten Artikel von Letten eingereicht werden und er für seine Arbeit nichts bekommt.

In der Zwischenzeit ist Malachovskij wieder arbeitsfähig mit einem alten Computer, der von Bekannten geliehen wurde. Die Anschuldigung gegen ihn wurde nicht zurückgenommen, so dass weitere Schritte seitens der lettischen Sicherheitspolizei durchaus folgen können.

Samstag, September 01, 2012

Ist Estland klein oder leer?

So gut wie immer, wenn man sich mit Leuten aus Estland unterhält, hört man früher oder später umweigerlich den Satz: "Estland ist so ein kleines Land". Das ist Entschuldigung für alles, dafür, dass man keine Asylbewerber oder Gastarbeiter haben will, dass nur eine Sprache Staatssprache sein soll, dass soziale Standards so niedrig sind… "Wir sind so ein kleines Land, deswegen müssen wir das was wir haben bewahren, ein bisschen fremden Einfluss und es wird unweigerlich zerstört". Vor 30 Jahren, als Estland noch Estnische Sowjetische Sozialistische Republik hiess, war das auch zutreffend, die Sowjetrepublik Moldawien war zwar noch kleiner, aber neben riesigem Russland war Estland natürlich ein Zwerg.

Doch die Zeiten ändern sich. Estland ist ein Staat der EU und da sieht die Größenverteilung etwas anders aus. Estland mit seinen 45.228 km^2 befindet sich zwischen Slowakien und Dänemark. Die Niederlande, die Schweiz, Belgien, Slowenien und natürlich Zypern, Luxemburg und Malta sind kleiner. Was die Bevölkerung angeht, da ist Estland schon weiter hinten, nur Zypern, Luxemburg und Malta haben weniger Bevölkerung als Estland. Und was ganz schlecht aussieht, ist die Bevölkerungsdichte, mit 28 Einwohnern / km^2 wird Estland nur von Schweden, Finnland und Norwegen übertroffen. Allerdings spielen hier geografische Gründe eine Rolle, während Estland auf dem gesamten Territorium ganzjährig bewohnbar ist, liegen grosse Teile dieser Länder nördlich des Polarkreises, sind also kaum nutzbar und bewohnbar. Zum Vergleich, Bevölkerungsdichte in Deutschland ist 227 Einw. / km^2, in den Niederlanden 402 Einw. / km^2 und in Malta 1296 Einw. / km^2, also 36 Mal so viel! Estland ist deswegen nicht klein, sondern leer!

Warum wird dann bis heute das Wörtchen "klein" viel öfter benutzt als das Wort "leer"? Wenn ein Staat klein ist, kann man es nicht vergrößern, wenn es leer ist, dann kann man durchaus was tun, um es voller zu machen. Klein ist niedlich und putzig, hat ein positives Image, leer ist dagegen hoffnungslos, man erinnere sich an Trappatonis "Flasche leer", es ist nichts mehr da. Leer zu sein ist ein Eingeständnis, dass man es nicht besser weiss oder besser kann.

Leer zu sein hat auch ganz praktische Konsequenzen. Es ist erheblich schwieriger Sicherheit und Infrastruktur für die wenigen, die irgendwo in der Pampa leben, sicherzustellen, als in dicht bevölkerten Regionen. Falls man es nicht mal versucht, dann fällt die Lebensqualität der verstreuten Einwohner automatisch. Das kann man schon sehr gut beobachten, es gibt keine Dorfschulen, Bankniederlassungen schliessen, die Post zieht weg, auf dem Weg zum Arzt muss man lange Strecken zurücklegen und der Bus fährt auch immer seltener. Und die Situation wird sich nicht bessern, die einzigen Regionen aus denen bei der letzten Zählung Bevölkerungswachstum vermeldet wurde waren die "Großstädte", das Land wird noch leerer. Obendrein lässt sich die Stadt Tallinn alles mögliche einfallen, um die Bevölkerung der Stadt hochzutreiben, zum Beispiel ist es angedacht das kostenlose Stadtverkehr nur für die registrierte Einwohner der Stadt zu gewährleisten. Die weiterführende Schulen, die besten Krankenhäuser, die Dienstleistungsarbeitsplätze sind alle in der Hauptstadt konzentriert, die wie ein Magnet die Landbevölkerung anzieht . Das ist auch ein politischer Kampf, denn je mehr Bevölkerung die oppositionelle Stadtregierung gegenüber der Landesregierung repräsentieren kann, desto mächtiger ist sie.

Was kann man denn tun, soll man was tun? Mit dieser Frage beschäftigen sich ja auch andere europäische Regionen, wie Ostdeutschland, von wo dauernd alarmierende Reportagen über verfallene Städte und Dörfer kommen. Die Vorschlagspalette ist breit, von Sehnsuchts- und Willkommenspaketen, die an Auswärtsstudierende verschickt werden, bis zu Zwangsumsiedlungen und Infrastrukturstilllegungen. Der estnische Präsident rief auch ein Programm ins Leben, damit estnische Studenten im Ausland wieder nach Hause kommen und war tief enttäuscht, als das Ergebnis sehr mickrig war, knapp 50 Studierende haben Interesse angemeldet. Ansiedelung von Ausländern will man vermeiden "aus historischen Erfahrungen heraus". Wie es aussieht werden bald weite Teile Estlands eine Freude für Naturliebhaber, denn sie werden sich zu unberührter Natur zurückverwandeln.