Montag, Januar 28, 2013

Worte der Woche

"Es gibt keine würdige Alternative zum estnischsprachigen Universität für Naturwissenschaften. Denn wenn wir uns mit unserem Feld oder Wald unterhalten, dann antworten sie in estnischen Sprache."

Estnischer Präsident Toomas Hendrik Ilves bei der Inaugrationsfeier des Rektors der Estnischen Universität für Naturwissenschaften Mait Klaassen

"pokupant" - estnische Bezeichnung für einen Touristen aus Russland, der in Estland viel einkauft. Setzt sich zusammen aus dem russischen Verb "pokupat" - "einkaufen" und "okkupant".

Mittwoch, Januar 23, 2013

Ein trauriger Rekord, 160 Leute starben an Überdosis

Dieser Artikel ist eine Übersetzung aus Postimees

In 2001 starben in Estland an Drogenüberdosis 38 Leute. Im selben Jahr wurde eine lange und gründliche "Staatliche Strategie gegen Drogen bis Jahr 2012" vorbereitet. Jetzt ist sie ausgelaufen.

Im letzten Jahr starben in Estland an Überdosis schon 160 Leute. Dies ist ein Rekord, der höchste Stand unserer gesamten Drogengeschichte. Wenn man diese Zahl der Zahl unserer Bevölkerung gegenüberstellt, dann stellt sich heraus, dass wir auf dem ersten Platz in der EU sind. Bei uns sterben im Jahr auf hunderttausend Menschen acht mal mehr Menschen wegen Drogen als im EU-mittel.

Ein Paradoxon der Polizeiarbeit


Dabei ist die Zahl der anderen unnatürlichen Todesfälle in diesem Jahrzehnt gesunken. Zum Beispiel ist die Zahl der Toten bei den Verkehrsunfällen auf die Hälfte gesunken. Es gibt dreimal weniger Morde. Die Zahl der Ertrunkenen ist um fast das dreifache gesunken, ebenso die Zahl der Brandopfer.
"Es gibt keinen Sinn zu versuchen sich herauszuwinden - trotz der ausgezeichneten Drogenstrategie muss man anerkennen, das wir gescheitert sind" - gibt der Polizeimajor der Zentralen Kriminalpolizei Risto Kasemäe zu.

Unter diesem "wir" meint er nicht nur die Polizei, aber die gesamte Antidrogentätigkeit des Staates. Natürlich kann man sagen, dass die Zahl der Drogentoten nicht der einzige Fakt ist. Wenn man was positives sagen möchte, könnte man erwähnen, dass laut den Umfragen, haben in den vergangenen Jahren weniger Jugendliche damit angefangen mit Amphetaminen zu experimentieren, und die Zahl der fixenden Drogenabhängigen hat sich etwas verringert.

Doch die Wahrheit ist, dass insbesondere was die Fixer angeht, bekam man diese Zahlen auf indirektem Wege, genau kann man sie nicht messen und die Abweichung kann recht hoch sein. Die Arbeiter in dieser Szene sprechen über 5000 - 20000 fixende Süchtige. Solch eine grosse Schwankung sagt nur aus, wie ungenau die Information über die Verbreitung der Drogensucht ist. Der Mangel an Information ist schon an sich ein Problem.

Auf diese Weise stellt sich heraus, dass die einzige genau erfasste Zahl ist die Anzahl der Drogentoten, die aus den Untersuchungen des Institutes für Gerichtsmedizin sich ergibt.

"Man muss verstehen, dass falls das Problem der Drogensucht sich in der Gesellschaft verwurzelt hat, dann muss man schon für den Erhalt des Status Quo sichtbare Anstrengungen unternehmen" - meint der Direktor des Instituts für die Gesundheit Maris Jesse.

Der Kampf gegen die Drogen ist voll von Paradoxen, besonders für die Polizei. Im letzten Jahr konfiszierten die Polizisten mehr Fenanyl, die Lieblingsdroge der Fixer, als in den letzten Jahren.

Sie beschlagnahmten 1.5 Mio. von kriminellem Geld, was um die Hälfte höher war, als im Jahr 2011. Wenn im Jahr 2007 330 Drogenverbrecher im Gefängnis landeten, so im Jahr 2011 schon 561.

"Wir messen unsere Arbeit mit allen möglichen Maßen und alle zeigen sie Verbesserung der Lage" - sagen die Polizisten. Doch es gibt mehr und mehr Drogentote.

"Im letzten Monat hat die Põhja-Präfektur eine größere Operation gegen Drogen organisiert. Dabei sind im Dezember nur vier Drogenabhängige wegen Überdosis gestorben - die kleinste Zahl im ganzen Jahr" - bemerkt Risto Kasematte.

"Wenn ich billige Popularität haben möchte, so könnte ich einfach sagen: Da schaut mal, wir haben eine große Operation durchgeführt und es gab weniger Todesfälle. Doch die langjährigen Erfahrung zeigt, dass es keine Verbindung zwischen der Polizeiarbeit und der Anzahl der Todesfälle gibt" - sagt der Polizeimajor.

Geld ist kein Zauberstab

Verständlich, dass in solchen Situation wenn die Daten sich widersprechen und die Leute keine genauen Gründe und Folgen angeben können, ist es schwer zu bewerten, was falsch gemacht wurde.

Vielleicht war die zehnjährige Strategie der Prophylaxe nichtig? Nein, war es nicht, so behaupten zumindest die Experten, die estnischen und die ausländischen, die Strategie war richtig, es wurde die Erfahrung in Estland und in anderen Ländern berücksichtigt.



Vielleicht ist der Grund das Fehlen von Ressourcen, Geld und Leute? Das ist ein einsichtiger Grund. Die Finanzierung des Kampfes gegen die Drogen ist zeitweise wirklich instabil. So wurde das Budget des Instituts für Gesundheit (TAI) im Jahr 2009 um 30% gekürzt, deswegen stoppte für mehrere Jahre die Weiterentwicklung des Kurierens und der Rehabilitierung.

Doch ist auch Geld nicht der einzige Grund. Zum Beispiel nimmt in der Statistik der Drogentoten in Europa den zweiten Platz nach Estland Norwegen ein. Das ist das reichste Land in der Region in dem es kein Geldmangel geben kann.

Als dritten Grund kann man als Besonderheit den Gebrauch der Drogen in Estland nennen. Fentanyl und 3-Methylfentanyl, die man in Westeuropa praktisch nicht kennt, sind in Estland die beliebtesten Drogen der Fixer.

Sie sind 100-1000 mal stärker als Heroin, das bedeutet, dass noch schneller der Rausch eintritt und noch schneller eine ständige Abhängigkeit entsteht, und das Risiko der Überdosis steigt auch. Für die Drogendealer ist es einfacher damit zu handeln und für die Polizei schwieriger danach zu suchen.

Zum Beispiel ist im letzten Jahr fiel in die Hände der Polizei 1.6 Kilo dieser Droge. Sie war in einem kleinen Päckchen, doch diese Menge reicht für 50 000 Dosen. Die Menge an Fentanyl, die in eine Streichholzschachtel passt, gibt dem Drogenhändler denselben Gewinn, wie der Heroin im Umfang eines Ziegelsteins. Welche der Droge kann man leichter verstecken?

Unzweifelhaft sollte man als noch einen Grund kann man mangelhaftes Arbeiten nennen. Ein kurioses Beispiel: Vor 10 Jahren hat die Polizei gewarnt, dass man in die Liste der verbotenen Substanzen γ-Butyrolacton (GBL) aufnehmen sollte, die ein Ausgangsstoff für die Synthese des γ-Hydroxybutansäure (GHB), dass man als "Club-Droge" oder "flüssiges Extasy" bezeichnet.

Jetzt befindet sich der Gesetzesentwurf in Riigikogu, nach der ersten Lesung wurde er wegen Probleme mit der Formulierung abgewiesen. Während der letzten 10 Jahre wurden aus GBL hunderte Liter an GHB gebraut…

Doch zusammen mit diesen vorgestellten Einzelheiten ist der wichtigste Aspekt der Bezug der Gesellschaft zu diesem Thema.

"Solange bis bei den in Delfi publizierten Artikeln über Drogen 90% der Kommentare im Stil "Der beste Fixer ist ein toter Fixer" sind, wird sich nichts zum Besseren wenden" - meint Kasemäe. Er fragt sich, ob die Gesellschaft sich dieses Thema annehmen will und ist die Lösung dieses Problems attraktiv für die Politiker, anders gesagt, gibt sie ihnen Popularität und Wählerstimmen.

Die Erfolge sind unbedeutend

Und noch eine Nuance: wenn vor fünf Jahren der typische Fixer ein junger Mann der russischen Nationalität aus Lasnamäe gewesen war, so hat sich in der jetzigen Zeit das Profil geändert. Fast die Hälfte der Drogenabhängiger sind jetzt Esten, unter denen kann man auch berühmte und erfolgreiche treffen.

Die Polizisten sagen, wenn wegen Drogen ein berühmter Mensch stirbt, dann wird das verschwiegen und man nennt nicht die Dinge bei Namen - starb an Überdosis.

Im Ergebnis fühlen sich die Leute, die gegen die Drogen kämpfen, immer mehr niedergeschlagen. Es gibt viele Anstrengungen, aber keine Ergebnisse. Bis heute ist die Frage ungelöst, wie man letztendlich der Gesellschaft die Schwere des Problems vorführen kann.

Die Leiterin der Abteilung der Prophylaxe der infektiösen Erkrankungen und Drogensucht Alena Kurbatova zieht ein Resümee der letzten zehn Jahre mit einigen Phrasen: Die Tätigkeit war unkoordiniert, ein Misserfolg wäre auch, dass man die Ansichten der Gesellschaft nicht ändern konnte. "Das Problem wurde nicht größer, doch über Erfolge können wir nur auf einigen Gebieten sprechen" - sagt sie.



Doch vielleicht bewegt sich das Eis endlich? Im Frühling letzten Jahres hat der Innenminister Ken-Marti Vaher (IRL) eine Regierungskommission zur Vorbeugung der Drogensucht formiert, in die Vertreter verschiedener Berufe und Organisationen eingetreten sind, von Polizisten und Psychiater bis zu Studentenvertretungen.

Keine Kommission oder Handlungsprogramm wird das Problem lösen, doch ist vielleicht die Erschaffung der Kommission ein Zeichen? Ein Zeichen dessen, dass zumindest ein Minister etwas erreichen möchte und da an einen Tisch Spezialisten aus so unterschiedlichen Gebieten sich zusammensetzten, vielleicht gelingt dann auch die Zusammenarbeit. Damit es nicht so wird: Die Polizei macht das eine, die Zentren für den Umtausch von Spritzen was anderes, es gibt irgendwelche Freiwillige, doch im ganzen verbessert sich die Lage nicht und es gibt immer mehr Drogentote.

Erklärung der FIR zum 70. Jahrestag des Sieges von Stalingrad

Vergesst niemals die Leistung der Roten Armee und der sowjetischen Menschen bei der Zerschlagung der faschistischen Gefahr

Am 27. Januar wird weltweit der Befreiung des faschistischen Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee 1945 gedacht. In diesem Jahr erinnert die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten an ein weiteres Datum: Am 2. Februar 2013 jährt sich zum 70. Mal der welthistorische Sieg der Roten Armee bei Stalingrad. An diesem Tag kapitulierten die deutsche 6. Armee unter Generalfeldmarschall Paulus und ihre Verbündeten vor den Verbänden der 62. und 64. Roten Armee unter General Schukow. Dieser Sieg war ohne Zweifel die militärische Wende im Zweiten Weltkrieg.

Der vom deutschen Faschismus angezettelte imperialistische Krieg zielte von Anfang an auf Mord, Totschlag, Ausbeutung, Unterdrückung und Vernichtung. Coventry, Rotterdam, Warschau und Belgrad sind die Symbole des Luftterrors, den die Wehrmacht über die Städte Europas trugen. Auschwitz, Buchenwald, Majdanek, Sobibor haben sich in die Erinnerung der Menschheit eingegraben als Orte, an denen die Vernichtungspolitik des deutschen Faschismus stattfand. Babi Jar, Oradour, Lidice sind Stätten des faschistischen Mordens, die keiner Erklärung bedürfen.

Die Schlacht von Stalingrad stellte hingegen den historischen Wendepunkt im Kampf der Anti-Hitler-Koalition mit dem expansionistischen Anspruch des deutschen Faschismus dar. Militärisch wurde hier zum ersten Mal der faschistische Vormarsch gestoppt und der „unbesiegbaren“ Wehrmacht eine vernichtende Niederlage beigebracht. Für die Widerstandsbewegung in allen okkupierten Ländern und in Deutschland symbolisierte die Schlacht von Stalingrad die kommende Niederlage des Faschismus. Die Frauen und Männer im Widerstand zogen daraus Kraft, Motivation und Optimismus für die Fortführung ihres antifaschistischen Kampfes.

Die Schlacht von Stalingrad wurde dank der Standhaftigkeit und des Heldenmuts der sowjetischen Truppen und der Bevölkerung gewonnen. Wir erinnern der Toten und gedenken all derjenigen, die sich mit ihrem Leben und ihrer Gesundheit für die Befreiung ihres Landes von der faschistischen Okkupation und die Zerschlagung der faschistischen Bestie eingesetzt haben. In der Stadt Wolgograd erinnern heute mehr als 200 Orte an diese Geschichte. Die FIR grüßt die Einwohner der Stadt und dankt ihnen für die Bewahrung des Andenkens.

Für alle antifaschistischen Organisationen bleibt der Sieg von Stalingrad ein Gedenktag. Wir verbinden unseren Dank an die Kämpfer mit dem Versprechen, diese Erinnerung an die heutigen Generationen weiterzugeben.

Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten

Sonntag, Januar 13, 2013

E-Stonia: Estland zwischen Hightech und Sowjet-Erbe

Eine Sendung des SWR2. Ich finde es ist gut gelungen.

Diebe bei der Eesti Post

Für diesen Artikel möchte ich mich bei Hiie-Jaanika bedanken, die mir die estnischen Zeitungsartikel rausgesucht und übersetzt hat.

Irgendwann in den 90er Jahren habe ich ein Paket per Post aus Estland bekommen. Nachdem ich mit dem Absender gesprochen habe, hat sich herausgestellt, dass ca. die Hälfte der Gegenstände, die er beigelegt hat, fehlten. Das war meine erste Erfahrung mit der estnischen Post.

Seitdem sind viele Jahre vergangen, bekomme Briefe aus Estland, schicke viele Päckchen und Briefe, sie kamen alle an. Allerdings kann man beobachten, wo gerade das Päckchen hängengeblieben ist. Immer ist es der gleiche Muster, Deutschland hat das Päckchen innerhalb von 3-4 Tagen verlassen und dann dauert es noch 1,5-2 Wochen, bis es in Tallinn zugestellt wird. Warum die estnische Post so lange braucht, um innerhalb von Tallinn ein Päckchen auszuliefern ist mir nicht klar.

Am 10.12.12 schickte ich einige Weihnachtskarten nach Estland. Angekommen ist sie in der ersten Januarwoche, war also drei Wochen unterwegs. Die Weihnachtskarten innerhalb Deutschlands brauchten wenige Tage. Spricht nicht für die Leistungsfähigkeit der Eesti Post. Es gibt allerdings noch einen anderen Verdacht, warum die Weihnachtskarten besonders lange brauchen.

In den estnischen Zeitungen häufen sich Artikel, dass bei der estnischen Post die Briefe systematisch durchleuchtet und aufgemacht werden, um das mitgeschickte Geld zu entwenden. In diesem Artikel in Õhtuleht wird beschrieben, wie eine Geburtstagskarte aus USA mit einem $50 Schein verschickt wurde. Der Umschlag wurde anscheinend durch Erhitzen eröffnet, das Geld wurde rausgenommen, Umschlag wieder verklebt, so dass nur die Karte ankam. Die Eesti Post, ein staatliches Unternehmen, betont, dass das Verschicken von Geld illegal ist und erklärte sich für nicht zuständig, man soll sich an die Polizei wenden. Laut der Eesti Post ist es "durchaus möglich, dass das Geld durch die Schuld der estnischen Angestellten verloren gegangen ist".

In den Kommentaren berichten die Leser über zahlreiche verschwundene Wertgegenstände, wie teuere Ohrringe, die per Einschreiben von Tallinn nach Rakvere geschickt wurden, oder Einschreibebriefe, die aus dem Ausland geschickt wurden und nicht ankamen, obwohl festgestellt werden konnte, dass sie in Estland verschwanden. Auch Bankschecks gingen verloren, oder es wurde vom estnischen Zoll Umsatzsteuer auf den Wert des Schecks verlangt.

Daraufhin haben die Journalisten von Õhtuleht ein Experiment gestartet. Es wurden fünf Briefe mit einer Grußkarte und 5 EUR-Scheinen verschickt, zwei im estnischen Inland, drei aus dem Ausland. Die Empfänger aus dem Ausland wurden gebeten, den Umschlag wieder zurückzuschicken. Die Ergebnisse waren wie folgt: Die Briefe in Estland sind angekommen, die Briefe nach Finnland und London kamen nicht mal beim Empfänger an und das Brief nach Brüssel kam zwar an, aber das zurückgeschickte Brief kam in Estland nicht an. Der Sprecher der Eesti Post Inge Suder kommentierte, dass die Eesti Post nicht sagen kann, wo die Briefe verloren gegangen sind. Dass die zwei estnische Briefe angekommen sind, ist ein sehr gutes Ergebnis, was mit den internationalen Briefen passiert ist, wisse er nicht.

Ein typischer Kommentar zu diesem Artikel von Lea:

Ich muss sagen, dass seit mehreren Jahren bei der Post sehr viel gestohlen wird und oft was verloren geht. Ich habe meine Erfahrungen aus dem Ausland, von wo ich Post schicke. Vor einigen Jahren habe ich einen Führerschein per Einschreiben aus Deutschland nach Estland geschickt. Es ist bisher nicht angekommen (nach fünf Jahren). In Deutschland hat man mir gesagt: „Es ist alles nach Estland geschickt worden.“. In Estland hat man mir gesagt: „Da ist nichts angekommen.“ Über USA. Zum Geburtstag meines Kindes wurden seit mehreren Jahren mit der Geburtstagskarte 5 Dollar geschickt. Sie ist immer angekommen. Plötzlich vor drei Jahren ist kein Geld gekommen. Die Briefumschläge waren an der Ecke geöffnet und das Geld war verloren gegangen. Seit drei Jahren ist das jedes Jahr genauso gewesen. Ich habe die Briefe in der estnischer Post abgegeben und habe gefragt, was los ist. Es wurde geantwortet – bei uns sind alle ehrlich, so was macht man bei uns nicht. Dann wurden Briefe ohne Geld geschickt. Einmal wurde das Brief wiedergeöffnet, aber es war gar kein Geld drin. Ein anderes Mal war nicht geöffnet. Die Umschläge sind genau auf die gleiche Art geöffnet. Wenn auch ein Briefumschlag ohne Geld geöffnet wird, dann waren es andere Leute, als die, die mit Geräten die Briefe kontrollieren. Ich habe mehrere Jahre in Deutschland gelebt. Habe an die Eltern immer Weihnachtspakete nach Estland geschickt. Die Pakete waren immer geöffnet und bessere Sachen waren weg. Also gut, man darf kein Geld schicken, man darf aber auch nicht Briefe öffnen.
Vor ein-paar Wochen (also im Mai 2012) habe ich in Tallinn Kosmetikware (Wimperntusche) bestellt. Dieses kleine Päckchen war in der Mitte geöffnet und mit Klebeband an den Rändern verklebt. Die Firma hat das Paket ohne Klebeband geschickt, so wurde mir gesagt. Was sucht man denn in Päckchen? Es gibt eine einzigartige Diebesspur und sie fängt in Estland an. Es gibt kein Vertrauen mehr.

In einem ausführlicheren Artikel über den Ausgang des Experiments nimmt die Eesti Post Stellung zu den Vorwürfen: es ist per Postgesetz verboten, Geld zu schicken. Die Post wird durchleuchtet, um illegale Inhalte wie Drogen zu finden. Die Post ist für das verschickte Geld nicht verantwortlich, folglich können keine Ansprüche von Geschädigten gestellt werden. Zum Transfer von Geld sollte man Unternehmen, wie Western Union beauftragen.

Der billigste Geldtransfer in Estland kostet 1,60 EUR, ins Ausland sind es 3 EUR, das bedeutet, wenn man 5 EUR jemandem schicken möchte, muss man insgesamt 8 EUR investieren. Die Preise von Western Union fangen bei 4,90 an, nach England kostet die Überweisung 15,30 EUR. Also wird versucht das Geld möglichst zu verstecken. Beliebte Variante ist das Einpacken in eine Alufolie, die nicht durchleuchtet werden kann, aber genau das macht ein Brief verdächtig, so dass es eher aussortiert wird. Das Geld wurde schon in Kugelschreibern oder Zahnpastatuben versteckt.

Dieses Jahr fing schon mit einem Skandal an, als Eesti Post ein Sack mit Briefen aus Großbritannien bekam, wo die Briefe geöffnet und durchwühlt wurden, so dass 139 Briefe nicht zugeordnet werden konnten. Wer dafür verantwortlich ist, ob Esten oder Briten lässt sich momentan nicht feststellen.

Auch Leser meines Blogs haben Geld beim Verschicken verloren, alleine in diesem Jahr 50 EUR. Das Geld wurde per Einschreiben verschickt, der Brief kam geöffnet an, aber ohne Geld.

Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass die Eesti Post langsam, unzuverlässig ist und Diebe in ihren Reihen hat. Als staatliches Unternehmen kümmert sie sich nicht, dass die Kunden äußerst unzufrieden sind. Wie schreibt die Mutter des Kindes, der keine Geldgeschenke aus USA mehr bekommt: "Eesti Post sagt, dass die Sicherheit sehr wichtig für sie ist, aber sie können und wollen das Problem nicht lösen. Sie sind nicht interessiert."

P.S. Ein ähnliches Experiment in Deutschland zeigte folgende Ergebnisse: zwei Briefe mit Geld verschickt, am anderen Tag ohne Probleme angekommen.

Mittwoch, Januar 09, 2013

Die unsichtbare Minderheit oder Simulation von Menschenrechten und wie man das bekämpft

Dies ist eine Übersetzung eines Artikels von Andrej Lobov, Mitglied des NGOs "Russische Schule Estlands"

Die offizielle Diskussion über Menschenrechte ist nach aussen gerichtet. So fand im Dezember 2012 in Tallinn eine Konferenz statt, die vom Institut für Menschenrechte organisiert wurde, unter der Schirmherrschaft des estnischen Präsidenten Toomas Henrik Ilves, wo die Menschenrechte in China, Russland und in den Ländern Afrikas besprochen wurden. Denjenigen, die die Aufmerksamkeit auf die Situation in Estland lenken könnten wurden spezielle Aufpasser zur Seite gestellt.

Dabei gibt es einige Bereiche der Menschenrechte, um die es bei uns bisschen besser bestellt ist. zum Beispiel wird ein "Monitoring der Geschlechtergleichstellung" durchgeführt. Es gibt eine ganze Abteilung bei dem Sozialministerium für Geschlechtergleichstellung, die von Liina Kanter geleitet wird. Man kann die erfolgreiche Arbeit der Abteilung hervorheben, vor kurzem ist es gelungen Norwegen zum Kampf gegen die Geschlechterbenachteiligung ins Boot holen. Norwegen stellt 4 Mio. Euro bereit, Estland trägt zusätzlich 15% bei.

Doch auf die Rechte der nationalen Minderheiten wird in unserem Land ein massiver Angriff ausgeführt. Der Direktor des obengenannten Instituts für Menschenrechte Mart Nutt sagte im Frühling letzten Jahres: "Wenn wir die Situation in Estland mit der Lage in anderen Ländern vergleichen, dann sehen wir dass Erscheinungen des Rassismus bei uns äußerst selten sind, wahrscheinlich deswegen, weil wir eine recht kleine sogenannte sichtbare nationale Minderheiten haben. Sichtbare Minderheiten nennt man z.B. Leute mit anderer Hautfarbe, oder die anders gekleidet sind, die man leicht auf der Strasse erkennen kann." Diese Replik Mart Nutts spiegelt ganz gut die offizielle Position Estlands auf dem Gebiet der Menschenrechte wider, eine bestimmte nationale Minderheit in Estland wird nicht bemerkt.

Was sollte man in solchen ungewöhnlichen Umständen tun, mit der unsere Gemeinde es zu tun hat? Kurze Antwort - vergleichen.

Z.B. enthält die Datenbank des Statistischen Amtes der Estnischen Republik Information über die Einkünfte von Männern und Frauen, als auch die Information über die Einkünfte von Esten und Nichtesten. Der Level der Einkünfte ist ein anerkanntes Gradmesser für existierende Ungleichheit. Denn, wenn jemand weniger Gehalt bekommt und zwar unabhängig von der Art der Arbeit, dann findet Ungleichbehandlung statt.

Die Daten über die Einkünfte in der Datenbank sind in fünf Bereiche aufgeteilt. Im ersten Bereich wird der Anteil der Menschen aufgelistet (Männer und Frauen bzw. Esten und Nichtesten) mit den niedrigsten Einkünften, weiter aufsteigend, im fünften Bereich wird die Prozentzahl der Menschen mit den höchsten Einkünften. Heute kann man die Daten vom 2003-2011 anschauen. So, um im niedrigsten Fünftel zu sein, dürfen die Einkünfte 3726 EUR im Jahr nicht übersteigen. Für das oberste Fünftel im Jahr 2011 müssen die Einkünfte mehr als 9915,7 EUR im Jahr sein.

Für das Herausfinden der Dynamik der Änderung der Situation in der bestimmten Zeitperiode auf der Grundlage der Einkünfte, betrachten wir die niedrigsten und die höchsten Einkünfte der Männer und Frauen und die Einkünfte der Esten und Nichtesten.

Das ergibt vier Tabellen:

Tabelle 1: Prozentanteil der Männer und Frauen, die die geringsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Männer 19.3 18.7 17.9 17.3 16.9 17.7 18.5 19.4 18.5
Frauen 20.6 21.1 21.7 22.3 22.6 22 21.3 20.5 21.2

Aus der ersten Tabelle kann man sehen, dass der größte Abstand zwischen Männern und Frauen im Jahr 2007 war und 5.7% betrug. Im Jahr 2011 war der Abstand 2.7%. Im Ganzen kann man sagen, dass Frauen mehr Chancen haben eine geringer bezahlte Arbeit zu haben als die Männer.

Tabelle 2: Prozentanteil der Männer und Frauen, die die höchsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Männer 21.8 21.5 21.9 22.3 22.3 21.3 22 21.1 21.5
Frauen 18.5 18.7 18.4 18 18 18.9 18.3 19 18.7

Die zweite Tabelle zeigt ebenso wie die erste, dass Männer eine größere Chance haben eine besser bezahlte Arbeit zu finden im Vergleich zu den Frauen. Hier der maximal "ungerechte" Jahr war 2007, als der Abstand 4.3% betragen hat.

Als Merkmal der Gleichstellung kann man ähnliche Prozentzahlen für Männer und Frauen sehen, oder einen "unbedeutenden" Unterschied. Das würde bedeuten, dass im Grossen und Ganzen die Männer und die Frauen gleiche Chancen haben Arbeit mit bestimmten Gehaltslevel zu finden. Im konkreten Fall sehen wir, dass Männer mehr Chancen haben eine Beschäftigung auf einer besser bezahlten Arbeit zu finden. Also gibt es in unserem Land Benachteiligung der Geschlechter.

Vergleichen wir jetzt die Situation zwischen den Esten und Nichtesten:

Tabelle 3: Prozentanzahl der Esten / Nichtesten, die die geringsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Esten 19 19.1 19.2 19.1 18.9 18.4 17.8 17.4 17.9
Nichtesten 22.1 22.1 21.7 22 22.5 23.7 25.1 26.1 25

Wie man aus der dritten Tabelle sehen kann, haben die Nichtesten mehr Chancen auf einer schlechtbezahlten Arbeit zu arbeiten. Im Jahr 2011 hat ein Viertel der Nichtesten den geringsten Gehalt bekommen, befanden sich im untersten Fünftel. Der maximale Abstand beim Verdienst war im Jahr 2010 - 8.7%. Hier kann man auch deutlich die Tendenz der Erhöhung der Prozentanzahl der Nichtesten und Verringerung der Prozentanzahl der Esten im unteren Fünftel. Das bedeutet, dass mehr Nichtesten den geringsten Verdienst anfangen zu bekommen, während die Esten Arbeitsplätze zu höherem Gehalt verschieben.

Tabelle 4: Prozentanzahl der Esten / Nichtesten, die die höchsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Esten 22.7 22.5 22.3 23.6 23.1 22.9 23.7 23.6 23.3
Nichtesten 14.2 14.3 14.9 11.9 12.8 13.2 11.4 11.5 12.1

Wie man aus der letzten Tabelle sehen kann, im Fall der höchsten Gehälter gibt es eine umgekehrte Tendenz verglichen mit der Tabelle 3. Die Anzahl der Nichtesten, die in der höchsten Gehaltsstufe waren verringerte sich in den Jahren 2003-2011. Der größte Unterschied war im Jahr 2009 und betrug 12.3%. Die Daten zeigen, dass ungefähr jeder zehnte Nichteste das höchste Gehalt bekommt, bei den Esten ist es jeder fünfte. Wenn man jetzt die Geschlechterbenachteiligung und die ethnische Ungleichberechtigung in unserem Land vergleicht, dann kann man auf der Grundlage dieser Zahlen folgende Schlüsse ziehen:

1. In Estland gibt es Geschlechter und ethnische Ungleichbehandlung
2. Die Geschlechterungleichbehandlung ist "stabil", während die ethnische Ungleichbehandlung mit der Zeit wächst - mehr Nichtesten bekommen kleinere Gehälter und weniger Nichtesten bekommen höchste Gehälter
3. Die ethnische Ungleichheit ist vielfach höher, als die geschlechtliche. Wenn bei den Einkünften von Männern und Frauen im oberen und unteren Fünfteln die Abweichung von 20% recht gering ist und 2-2.5% nicht überschreitet, nähern sich die Abweichungen bei den Einkünften von Esten und Nichtesten 10%.

Doch diese Situation ignorierend, hören wir Diskussionen über "(un)sichtbare Minderheiten". Hier können die Zahlen zu dem Instrument werden, das endlich die bestimmte nationale Minderheit bemerkbar machen würden. Die Zahlen erlauben sich von Emotionen loszulösen und man kann bequem über sie auf verschiedenen Sprachen reden, englisch und estnisch inklusive.

Montag, Januar 07, 2013

Worte der Woche

"Sukles wollte seinen ehmaligen Businesspartner töten. Das Gericht hat auch den Fakt bestätigt, dass das ein anderer Mensch erledigen sollte. Doch weil als Polizeiagent ein Mensch agierte, der bestimmten Anforderungen nicht genügte, konnten alle Beweise, die von diesem Agenten gesammelt wurden, vor dem Gericht nicht verwendet werden, deswegen musste man Sukles freilassen."

Aus der Pressemitteilung des Harju Bezirksgerichts. Dem Beschuldigten Andrus Sukles wurde vorgeworfen, dass er die Ermordung seines Businesspartners Tullio Liblik zu organisieren versuchte. Während der Untersuchung hat sich herausgestellt, dass der Polizeiagent keine estnische Staatsbürgerschaft hatte, deswegen sind die von ihm gesammelte Beweise laut Gesetz ungültig.