Mittwoch, Januar 15, 2014

Reinsalu der Woche

Nachdem die meisten "Worte der Woche" von einer Person stammen, gibt es ab sofort eine neue Rubrik "Reinsalu der Woche", um auch anderen Leuten Gelegenheiten zu bieten in "Worte der Woche" zu kommen.

Ich finde, dass es eine sehr gefährliche Tendenz für die nationalen Interessen Estland darstellt. Ich würde sie nicht unterschätzen.

Der estnische Verteidigungsminister Urmas Reinsalu über die wachsende Popularität der Zentristen-Partei in Estland.

12 Kommentare:

Petr hat gesagt…

Hallo "kloty".

Zuerst einmal, hochinteressantes Blog, mich (als Deutschen) interessiert das Thema Baltikum und vor allem der dortige Umgang mit den "ehemals Zugereisten" sehr.

Am besten fand ich deinerseits diesen Beitrag:

http://kloty.blogspot.mx/2012/11/why-finns-earn-four-times-more-hour.html

Mich wúrde einmal interessieren, seit wann du in DE lebst und ob du noch mehr Esten/Letten/Litauer russischer Abstammung in DE kennst.

kloty hat gesagt…

Hallo Petr,

vielen Dank für Deine Interesse an dem Blog. Was Deinen Lieblingsbeitrag angeht, ich habe ihn von bbn.ee übernommen, deswegen ist mein Verdienst daran nicht allzu groß. Ich lebe in Deutschland seit 1990 und ich kenne einige Leute, die in Estland geboren wurden und russischstämmig sind. Wobei ich anmerken möchte, dass ich mich nicht als russischstämmig betrachte, ich bin Russlanddeutscher, aber die Sorgen der russisch-stämmigen Baltikumseinwohner gehen mir nahe.

petr hat gesagt…

Vielen Dank.

Auch dein anderer blog gefällt mir sehr gut.

Siehst du - allgemein gesehen - eine positive Zukunft für RU und Estland?

Viele Grüsse

kloty hat gesagt…

Hallo Petr,

welchen anderen Blog meinst Du? Ich habe mehrere :-).

2008 habe ich einen Vortrag gemacht über die Beziehungen zwischen Russland und Estland. Auf der letzten Slide waren Leute wie Ansip, Ilves, Putin und ein paar andere. Meine Aussage damals war, solange diese Leute an der Macht sind, wird sich nichts ändern. Diese Leute sind noch an der Macht, also hat sich auch nichts verändert.

petr hat gesagt…

Servus, ich meinte deinen allgemeinen Blog (mit der Indienreise), also den ohne Estland und IT ;-).

ICh sehe das Thema RU und Estland rein wirtschaftlich so (ohne die involvierten Personen in der Politik):

RU bekommt eigentlich keine weltmarktkonkurrenzfähige Produktion auf die Reihe, hat keine grossartig bekannten Marken, keine wirklich zuverlässige Technologie, kein Vertriebskanäle.

Was sie haben, sind Rohstoffe, welche Sie gegen Fertigwaren tauschen.

Für Estland gilt eigentlich dasselbe, nur haben sie keine/kaum Rohstoffe (Ölschiefer bei Narva, wenn ich nicht falsch informiert bin), dafür finanziert die EU quer.

Ich interessiere mich sehr fúrs Baltikum, nur befremdet mich (wie du ja auch schon hier im blog dargestellt hast), wie unter anderem die Esten immer die Nationale Karte spielen, wenn die unterliegenden Probleme eigentlich ähnlich sind.

Wenn nun (das ist aber reine Spekulation) die EU tendenziell an Einfluss verliert, DE und RU gewinnen(zuerst wirtschaftlich, aber langfristig vermute ich auch politisch eine Allianz aus wirtschaftlichen ErwÄgungen - THema Rohstoffe gegen Fertigwaren, denn wofúr wurde die Pipeline RU-DE direkt durch die Ostsee gelegt?), dann glaube ich, dass der aktuellen estnischen politischen Elite ihre Positionierung "contra RU, pro EU" ziemlich auf die Fússe fallen könnte.

kloty hat gesagt…

Hallo Petr,

bin da ganz Deiner Meinung.

petr hat gesagt…

Spinnen wir einmal den Gedanken weiter:

Wenn nun die EU an Einfluss verliert und damit RU gewinnt (vor allem in wirtschaflicher Allianz mit DE), dann wird es wohl mindestens zu einem Elitenwechsel in Estland kommen (sprich Präsident von Moskaus Gnaden), oder aber die RU-Armee atmet kurz mal aus und besetzt einfach Tallinn (was bei ca. 230 KM von der RU-Grenze nicht extrem unmachbar sein sollte).

Kommt es nicht zu kampfhandlungen (was ich als die Variante mit der höheren Wahrscheinlichkeit einschätze, denn RU braucht wirtschaftliche Stablität ohne politische BEdrohung, welche ja durch Wegfall des EU-Topfes nicht mehr bestehen wúrde), dann wird man vermutlich mit dem Argument der "Russen-Diskriminierung" zumindest die Fúhrungsmannschaft in Estland komplett austauschen.

Wir können gern ausserhalb des blogs diskutieren, schreibe mir doch wenn du magst ein mail an

petr.kellner@gmx.de

Grússe

kloty hat gesagt…

Hallo Petr,

ich sehe keinen Grund, warum die russische Armee Estland besetzen sollte. Es gibt weder wirtschafliches noch politisches, noch militärisches Interesse Russlands an Estland.

1. Estland ist wirtschaftlich uninteressant. Weder gibt es da Bodenschätze, noch sonsige Ressourcen. Als Fenster nach Europa auch nicht mehr interessant, seit in Uust-Luga in der Nähe von St.Petersburg ein riesiger Transporthafen gebaut wird.

2. Politisch kann Russland nur verlieren ein NATO und EU Land anzugreifen. Russland hat politisch ganz andere Sorgen, als Estland einzuverleiben.

3. Im Unterschied zu 1939 hat Estland kaum militärische Bedeutung für Russland. Damals war der Molotov-Ribbentrop Pakt für die Sowjetunion sehr wichtig, um die Aussengrenze mehrere hundert Kilometer nach Westen zu verschieben. Wie sich gezeigt hat, waren es nur wenige dutzend Kilometer, die die Wehrmacht von Moskau getrennt haben. Wenn die Wehrmacht Estland und Co früher besetzt hätten und von dort aus konzentriert Leningrad und Moskau angegriffen hätten, dann würde die Geschichte vielleicht ganz anders aussehen. Jetzt jedoch glaubt kaum jemand, dass Europa Russland angreifen wird, so dass es keinen Sinn hat die Grenzen zu verschieben.

Ich bin mir auch nicht mal sicher, ob der russischen Führung die estnische Führung austauschen möchte. Die jetzige estnische Regierung ist sehr bequem für die russischen Propaganda, denn man kann auf sie immer mit dem Finger zeigen und die doppelten europäischen Standards beklagen. Die ständigen Mahnungen und Proteste des russischen Aussenministeriums haben keinerlei Konsequenzen für niemanden. Deswegen sollte es durchaus in europäischem Interesse sein die Staatenlosigkeit in Estland und Lettland abzuschaffen, um zu zeigen, dass man es mit Demokratie und Minderheitenschutz ernst meint.

Ich diskutiere gerne mit Dir in diesem Blog, denn dafür ist er gedacht, Meinungen auszutauschen. Wenn wir uns per Email unterhalten, dann kann es sonst niemand nachlesen und es ist doch immer interessant welche Argumente einzelne Personen in der Diskussion benutzen und wie man dagagen oder dafür argumentiert. Deswegen wäre ich Dir dankbar, wenn Du weiterhin mir in Kommentaren antwortest.

petr hat gesagt…

Hallo Kloty,

Diskussion können wir gern hier fortfúhren.

Hinsichtlich der Besetzung: Ich glaube auch, dass es die schlechteste Variante fúr RU wäre. Geld zu verschenken haben die auch nicht.

Wahrscheinlich läuft es auf eine Situation hinaus, mit welcher RU diverse -stans kontrolliert: Wirtschaftliche Abhängigkeit, wenn die Fúhrung nicht spurt, wird sie ausgetauscht.

Im Moment glaube ich einfach, dass die estnische Führung (wie auch in Lettland) unter totalem Realitätsverlust leidet und die EU als Heilsbringer sieht.

Seien wir ehrlich: Die EU ist eine riesige Täuschung mit DE als Hauptnettozahler.

Die Gleichung EU="DE zahlt bzw. garantiert" sehen daher viele EU-Nehmerstaaten als Allheilmittel.


Wenn nun die DE-Zahlungsfähigkeit durch innere oder äussere Gründe wegfällt, gehen diverse Rechnungen und Annahmen nicht mehr auf.

Tallinn sieht sicher (in der Innenstadt) toll aus, nur seien wir ehrlich: Im Grunde genommen wäre es soweit ohne EU/DE-Querfinanzierung vermutlich nie gekommen (Thema Bauboom bzw. in diesem Fall Sanierungsboom).

Fazit:

Ja, die "Invasion" kommt wohl kaum.

Nein, Estland (bzw. das gesamte Baltikum) wird sehr bald nicht so weiter machen können wie bisher.

RU wird wohl mehr Einfluss gewinnen, diesen aber eher auf subtile WEise ausüben. Letztendlich zählen auch bei denen (bzw. Gasprom-Gespann Putin/Medwejew) harte Fakten: An wen können wir unsere Rohstoffe verkaufen und wer ist in der LAge, uns dafür anständige Fertigwaren zu liefern?

Da bleiben in Zentraleuropa tendentiell immer weniger Staaten übrig, da immer mehr Nettoimporteure werden. Strategisch am gúnstigsten liegt DE, hat dazu am meisten anzubieten.

Gespannt bin ich, wie sich die GEschichte in Polen entwickeln wird. Dort ist es zwar nicht ganz so schlimm wie in den baltischen Staaten, nur von der EU allein werden auch die nicht mehr existieren können.

Anbei ein Artikel (aus 2009) zum Thema. Etwas kontrovers, für manche schwer verdaulich aber die Fakten darin sprechen für sich.

http://www.hartgeld.com/media/pdf/TO2009/Art_2009-128_OsteuropaEndeEinerBubble.pdf

Meines Erachtens wurde der Osteuropa-Crash aus 2008/2009 bisher nur verschoben, aber es geht dort noch einmal richtig hinunter.

Auf eine freudige weitere Diskussion, petr.

kloty hat gesagt…

Hallo Petr,

Fakt ist, dass Estland schon längst wirtschaftlich abhängig ist und zwar von Finnland und Schweden. Alle Banken gehören Schweden, viele estnische Familien sind auf das Geld angewiesen, das in Finnland verdient wird. Um Estland abhängig zu machen, dann muss Russland gegen diese Länder antreten. Es ist auf jeden Fall richtig, dass Estland von EU-Mitteln abhängig ist, darüber geht es in diesem Artikel: http://kloty.blogspot.de/2013/03/fur-uns-ist-der-staat-ein-club-der.html. Es wird aufgerufen nachzudenken, wie man sich aus dieser Abhängigkeit befreit, aber ich denke, daran wird keiner hören.

Ich bin ein grosser Fan von Polen, wie Polen die Krise gemeistert hat, von der jetzigen polnischen Regierung und allgemein von der jungen polnischen Generation, die viel offener ist, als die baltische Jugend. Sie hat viel Erfahrung im Ausland gemacht und kommt wieder nach Polen im Glauben was bewegen zu können und es klappt ja auch. Das ist in Baltikum nicht der Fall, es gibt (noch) keine Rückkehrwelle, ich weiss auch nicht, was sich ändern muss, damit es zu der Rückkehrwelle kommt.

Viele Grüße,

Kloty

petr. hat gesagt…

Auch ein interessanter Punkt.

Evtl. geht Finnland mit Estland in eine Konfóderation?

Auch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs war Finnland ja mit Russland wirtschaftlich stark verbunden.

Bei Polen sehe ich leider auch grossteils das im von mir verlinkten .pdf :

Kaum eigene Marken, eigene Technologie, etc. aber viele verlängerte Werkbänke.

Gruss

petr

kloty hat gesagt…

Hallo Petr,

es gibt ja die phantastische Idee einen Tunnel quer durch die Ostsee zwischen Tallinn und Helsinki zu graben. Duerfte teuerer werden als der Tunnel von Grossbritanien zum Festland, aber die EU hat noch Geld uebrig http://www.bbn.ee/article/2013/9/30/helenius-helsinki-tallinn-tunnel-should-be-made-a-priority

In dem von Dir verlinkten Bericht ist Polen kein einziges Mal erwaehnt ;-). Klar haben die Polen dieselben Probleme, wie die anderen Laender in Osteuropa auch, aber sie schaffen es, sie schlauer zu loesen und nicht so dogmatisch zu sein, wie die baltischen Laender. Zum Beispiel als USA saemtliche Dogmen ueber Nichtgewaehrung von Staatshilfen ueber Bord geworfen hat und Banken rettete, hielten die baltischen Laender an dem Dogma "Keine Staatshilfen fuer die Wirtschaft" fest, mit dem Ergebnis, dass die Wirtschaft waehrend der Krise 2009 am staerksten eingebrochen ist und die Arbeitslosenzahlen stiegen. Polen kam recht unbeschadet durch die Krise durch, konnte als einziges europaeisches Land Wirtschaftswachstum melden.