Sonntag, Februar 05, 2017

Schön ist es Präsident zu sein

Eigentlich habe ich gedacht, dass ich mit dem ehemaligen estnischen Präsidenten Toomas Hendrik Ilves fertig bin. Leider kommen erst nach seiner Präsidentschaft immer mehr eigentlich schon eklige Details heraus, die nicht nur ein schlechtes Licht auf ihn, sondern auch auf estnischen Staat werfen, denn die Leute fragen sich, wie so was in einem EU-Staat möglich ist.

Ein estnischer Ex-Präsident bekommt nach dem Ausscheiden aus dem Amt bis zu seinem Lebensende eine Rente von 3996 EUR / Monat. Dazu muss man wissen, dass die Durchschnitts-Altersrente in Estland 391,4 EUR beträgt. Die Frau des Präsidenten bekommt 1058 EUR. Dazu muss man wissen, dass der Präsident weniger als ein Jahr mit seiner frisch angetrauten Frau verheiratet war, die zu dem Zeitpunkt 38 Jahre alt war. Also für weniger als ein Jahr Ehefrau eine lebenslange Rente, zumindest solange sie Ehefrau bleibt.

Dazu bekam Ilves eine Kompensation in Höhe von 63.460,80 EUR und Kompensation für nicht verbrauchten Urlaub, ganze 135 Tage. Dabei hat der Präsident 35 Urlaubstage in Jahr, also bekam er drei Jahre zehn Monate Kompensation und zwar in einer Höhe von 31.195,92 EUR. Das Gesetz in Estland besagt, dass jeder Kompensation für nicht genommenen Urlaub haben darf, allerdings nur für die vergangene zwei Jahre. Also wieder eine Extrawurst.

Ein besonderer Kapitel ist sein Stammsitz, Ärma in Süden von Estland. Bevor Ilves Präsident wurde, gewährte ihm EAS (eine Art Businessentwicklungfond) eine Unterstützung in Höhe von 190.292 EUR, um aus dem Gebäudekomplex ein touristisches Zentrum zu machen. Das Geld kam übrigens aus einem Fond der EU-Kommission. Es gab nie einen Touristen in Ärma, nachdem Ilves Präsident wurde, wurde Ärma zu einer Art Regierungssitz auf dem Land, wo Ilves seine Gäste empfing. Nach der Präsidentschaft hatte Ilves es sich anders überlegt und wollte weiterhin keine Touristen bei sich haben. Also müßte er ja eigentlich die Unterstützung zurückzahlen? Wäre er ein Normalsterblicher, dann müßte er das. Doch EAS zahlt aus eigener Kasse, also im Endeffekt aus estnischen Steuern 90% der ursprünglich gewährten Mittel zurück an die EU-Kommission, also fast 152.000 EUR. Denn laut EAS fehlen juristischen Voraussetzungen, um die Mittel beim Ilves einzutreiben. Ilves muss also nichts zurückzahlen, für was das Geld verwendet wurde, steht nicht fest.

Der Hammer kam diese Woche, als die Fernsehsendung „Pealtnägija“ (Zeuge) die Abrechnungen der Geschäftskreditkarte von Ilves bekam und veröffentlichte. Hier sind einige Posten:

- 28-30.04.2011 ein Besuch mit der Ehefrau in München, in Bayerischen Hof - 5414 EUR
- 25-26.11.2013 London, Hotel The Cavendish - 3857 EUR
- 25.11.2013 Londoner Restaurant The Cinnamon Club - 760 EUR
- Juni 2014 Hotel Mandarin Oriental in Prag - 2114 EUR
- 8-11.10.2014 Hotel Madirat Jumeirah in Dubai - 4725 EUR
- 25-28.10.2015 Hotel The Yas Viceroy in Abu Dhabi - 4998 EUR
- 17.11.2015 Hotel Storchen in Zürich - 2861 EUR, Restaurant zum Kropf - 737 EUR
- 18-20.03.2016 ein Besuch mit neuer Ehefrau in Brüssel, Hotel Steigenberger - 6384 EUR
- 14-16.09.2016 ein Besuch mit der Ehefrau in Kanada, Hotel Ritz Carlton - 5666 EUR + einige hundert EUR Restaurantrechnung

Vor einem Jahr besuchte Ilves mit seiner Ehefrau das WEF in Davos. Die Hotelrechnung des Hotels Turm Victor beläuft sich auf 19 285 EUR für vier Tage. Seine zwei Mitarbeiter, die im selben Hotel für denselben Zeitraum waren, zahlten 2285 EUR. Bei Ilves musste es ja auch die Präsidentensuite sein. Nur zur Info, Angela Merkel fährt schon seit zwei Jahren nicht nach Davos.

Dagegen nehmen sich solche Kosten wie für Getränke in Burj Khalifa, Austern-Restaurant in New York, Konzertkarten für seine Lieblingsband Steely Dan (899,58 EUR) und diverse Baumarkteinkäufe wie Kinkerlitzchen aus. Insgesamt wurden in den letzten 9 Monaten des Regierens mehr als 94.000 EUR mit der Kreditkarte ausgegeben. Dabei war in 2011 der Umsatz noch bei bescheidenen 33.000 EUR, doch der Appetit stieg und 2012-2014 waren es schon je 60.000 EUR, 2015 waren es dann 75.000 EUR.

Insgesamt kostet das Präsidentenamt dem estnischen Steuerzahler 4,4 Mio EUR im Jahr. 60 Leute arbeiten Präsidenten zu, der repräsentative Funktion hat. Zum Vergleich ein ein Artikel über die Kosten für den deutschen Bundespräsidenten, die natürlich höher sind, aber nicht dramatisch viel höher.

Delfi.ee schreibt, dass bevor er Präsident Estlands wurde, beschwerte sich Ilves bei den amerikanischen Diplomaten, dass er nicht zum dritten Mal sein Komfortleben opfern und dem estnischen Staat „am Rande der Armut“ dienen möchte.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Vor ein paar Jahren hatte ich mal gelesen, dass die EU Millionenbeträge an Estland zahlte damit das Land seine Integrationspolitik samt der kostenlosen Sprachkursen für die russisch sprachige Bevölkerung verwirklichen kann. Kostenlose Kurse gibt es nach wie vor nicht und das Geld ist irgendwo versunken. Meiner damals 40-zig jährigen Mutter teilte Jobcenter in Estland mit, daß sie der Auffassung seien, daß meine Mutter zu alt wäre, warum sie bei ihr keinen Grund sehen würden daß sie mit 40 die estnische sprache lernt, und ihr deswegen keinen Sprachkurs gewährt wurde. Deswegen lieber Blogger, wundert mich die Entwicklung mit Ilves, die Sie so ausführlich beschrieben haben, nicht - leider....