Der folgende Artikel wurde vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus übernommen.
Etwa 1000 Menschen sind am Samstagvormittag, den 16. März 2019, durch Riga gezogen, um den Soldaten der lettischen SS-Verbände zu gedenken. Der Aufmarsch wird seit vielen Jahren am 16. März als “Tag der Legionäre” in der lettischen Hauptstadt begangen. An der Demonstration beteiligten sich auch in diesem Jahr mehrere Veteranen, Familienangehörige sowie Rechtsextreme aus dem europäischen Ausland.
Der “Tag der Legionäre” begann um 10 Uhr mit einem Gottesdienst in der St. Johannes-Kirche. Anschließend zogen die Teilnehmer, angeführt von dem Geistlichen Gunta Kalmes, durch die Rigaer Altstadt bis zum zentral gelegenen Freiheitsdenkmal. Unter den Demonstranten befanden sich auch Teilnehmer aus dem Ausland, unter anderem aus Estland, Litauen, Deutschland, Schweden und den Niederlanden. Mehrere Teilnehmer trugen Uniformen und zeigten offen Nazisymbole wie das Hakenkreuz, den SS-Totenkopf sowie SS-Abzeichen und Symbole der paramilitärischen Gruppierung der “Aizsargi” und der Pērkonkrusts. Auch das Symbol der rechtsextremen “Identitären Bewegung” war zu sehen.
Am Start- und Endpunkt der Demonstration wurde die Zeitung “Deokkupation, Dekolonisation und Debolschewisierung” (DDD) der Lettischen Nationalen Front (LNF) verteilt. Neben antisemitischen Texten auf der Titelseite wird darin das Hakenkreuz als “ewiges heiliges Symbol” bezeichnet. Lettland wurde im Jahr 1941 von den Nazis besetzt. Im Februar 1943 befahl Hitler die Aufstellung einer lettischen SS-Freiwilligenlegion. Die Legionäre waren am Holocaust und an Kriegsverbrechen beteiligt. Unter der deutschen Besatzung wurden etwa 70.000 lettische Juden ermordet, hinzu kamen mehrere zehntausend Juden, die zuvor aus Deutschland und anderen Ländern nach Lettland deportiert worden waren.
Von 1998 bis 2000 war der “Tag der Legionäre” vom lettischen Parlament als “Erinnerungstag für lettische Soldaten” anerkannt worden. Bis heute lassen die lettische Politik und Gesellschaft eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der lettischen NS-Täter weitestgehend vermissen. Die Kriegsbeteiligung der SS-Freiwilligen wird häufig als legitimer Widerstand gegen die Sowjetunion verklärt. Bis heute erhalten die einstigen Waffen-SS-Soldaten Rentenzahlungen aus Deutschland.
Ca. 50 Menschen protestierten am Rande gegen den Umzug und verwiesen auf die von den SS-Soldaten begangenen Verbrechen. “They fought for Adolf Hitler”, stand auf Plakaten, die den Teilnehmern des Gedenkmarsches entgegengehalten wurde, und: “Legion Waffen-SS is a criminal organisation”. Eine Gegenkundgebung in unmittelbarer Nähe zum Freiheitsdenkmal wurde kurzfristig durch die Behörden untersagt. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. In der Vergangenheit wurde Deutschen, die sich an Gegenprotesten beteiligen wollten, die Einreise verweigert.
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