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Sonntag, Mai 17, 2009

Der goldene Soldat

nachfolgendes ist eine Übersetzung des Artikels aus Eesti Päevaleht.

Hiermit bezeuge ich, dass ich, Kristina Norman, eine Künstlerin bin und nur in poetischen Zielen handle. Ich vertrete nicht Interessen von keiner politischen Organisation und habe mit meiner künstlerischen Tätigkeit kein Gesetz der Estnischen Republik verbrochen.

Das Ziel meiner Tätigkeit ist die Annäherung zwei der größten Gemeinden Estlands, ein Aufruf zum Dialog. Das, was ich als Künstlerin mache, ist vom Glauben inspiriert, dass alle Einwohner Estlands im Einklang mit der Verfassung ihre nationale und kulturelle Identität ausdrücken dürfen. Als Künstlerin benutze ich das Recht zur Selbstentfaltung, die in der demokratischen Ordnung des Staates garantiert ist (Artikel 45 der Verfassung der Estnischen Republik: jeder hat das Recht seine Ideen, Meinungen, Überzeugungen und andere Information in Wörtern, publizistisch, visualisiert oder auf andere Art und Weise frei verbreiten).

Mein Projekt des estnischen Pavillons auf der 53-sten Biennale in Venedig "After-War" ist auf die Kultur der russisch-sprachigen Bevölkerung Estland und verschiedene kulturelle Bräuche orientiert. Auf der Ausstellung ist es geplant eine ganze Umgebung bestehend aus Video, Foto und Objekten herzustellen, die sich auf fünf räumliche Situationen bezieht. Zum Beispiel kann man eine Dokumentation sehen, wie das Verhaltensmodel in der Nähe des Monuments des Bronzenen Soldaten sich durch die Zeit ändert - von der Eröffnung des Monuments im Jahr 1947, bis zum heutigen Tag, wenn das Denkmal eine andere geografische Lage hat. Der Hauptakzent liegt darauf, dass beim Machtwechsel, die Rituale, die früher offiziell bestimmt wurden, durch ein spontanes körperliches Gedächtnis ausgeübt werden, sie wurden zu Ritualen durch Trägheitsmoment. Auch weise ich auf die Mehrdeutigkeit der Figur des Bronzenen Soldaten hin - darauf, dass dieses Monument verschiedene Bedeutung für Gemeinden mit verschiedenem Gedächtnis hat.

Position des Künstlers

Meiner nationalen Herkunft folgend, positioniere ich mich zwischen die beide Gemeinden. Aus diesem Standpunkt heraus handle ich wie eine Künstlerin und untersuche die jüngste Vergangenheit der estnischen Gesellschaft von der Position einen unabhängigen Anthropologen aus. Eine besondere Aufmerksamkeit schenke ich der Problematik des Heiligen und des Profanen, was in der herrschenden gesellschaftlichen und politischen Situation mehr als gerechtfertigt ist. Denn man muss über zwei verschiedene kulturelle Modelle sprechen, denen unterschiedliche Werte eigen sind und ihre Interpretation. Dies beinhaltet auch das Verständnis dessen, was heilig ist. Auf der Grundlage der durchgeführten Untersuchung kann ich behaupten, dass von der Position vieler unseren Compatrioten ausgehend, war die Relokation des Bronzenen Soldaten von Tõnismägi vor zwei Jahren eine Schändung des Heiligtums, d.h. Profanierung. Dabei muss ich unterstreichen, dass es nicht der Fakt der Relokation selbst war, sondern die Art, wie sie gemacht wurde.

Jetzt kann man auf Tõnismägi sehen, dass die Leute, den Ort zu resakralisieren versuchen, der durch die Regierung profaniert wurde. Sie versammeln sich auf diesem wichtigen Platz und tun die gewohnten Dinge: bringen Blumen, Kerzen, machen zusammen Fotos. Festigen ihre Einigkeit. Zu meiner Position zurückkehrend, erkläre ich den Namen der Exposition "After-War".

Sie zeigt auf die Situation, wenn der Krieg vorbei ist, doch der Konflikt weitergeht. In dem Zustand der Polarisierung der Gesellschaft wird eine eindeutige Wahl der Seite des Konfliktes verlangt. Ich verweigere mich dieser Wahl. Erstens kann ich das dank meiner Herkunft nicht tun: ich wurde in einer zweisprachigen Familie geboren. Zweitens denke ich nicht, dass ich oder jemand anders diese Wahl treffen sollte. Es ist jetzt kein Krieg, so das jeder Gefolgschaft wählen muss. Ich glaube, dass man in der Estnischen Republik leben kann, ohne eine Seite wählen zu müssen.

Poetischer Auftritt

Das was am 9.Mai geschah, war mein poetischer Auftritt: Ich habe das Unsichtbare sichtbar gemacht, habe zur allgemeinen Ansicht das herausgetragen, was im Schatten gewesen war. Habe visualisiert (wiederum, aufgrund meiner langjährigen Beobachtungen) die Bedeutung dieser Leere, die sich auf Tõnismägi nach der Relokation des Monuments gebildet hat, das jahrelang an diesen Platz gehörte.

Zum Objekt der Visualisierung wurde eine goldene Skulptur, die dem Bronzenen Soldaten ähnelt. Die Zeit und den Ort der Aktion habe ich in Übereinstimmung mit meiner Position als Künstlerin gewählt. Die ganze Aktion ist ein Teil meiner künstlerischen Exposition in Venedig, die man nur nach der Eröffnung der Ausstellung bewerten kann. Die goldene Figur, die ich nach Tõnismägi mitgebracht habe, ist eine im Inneren leere Skulptur aus leichtem Material, die mit Goldstaub bedeckt ist. Mein Ziel war, sich neben der Skulptur zu stellen und Gedanken mit Leuten auszutauschen, über die Deutung, die von dieser goldenen Figur vermittelt wird. Und das dazu, um den Leuten die Möglichkeit zu geben, in ihren Worten die Unterschiede der Deutungen auszudrücken: was ist der Unterschied zwischen der goldenen Skulptur und dem sich hier früher befindenden "Monumenten des Befreiers". Meine ganze Tätigkeit habe ich als eine Videodokumentation aus den Meinungen unterschiedlichen Leute über das von mir erschaffenes Kunstwerk geplant. Ausserdem wollte ich wissen, welche Verhaltensmodelle nach der Ankunft der goldenen Figur am 9.Mai angewandt werden- am Tag der Durchführung den von Russen gewohnten Rituale.

Bronzene Nacht in Miniatur

Leider konnte sich die Aktion nicht ruhig entwickeln, denn bald kam die Polizei an. Zur gegebenen Situation haben sie sich feindlich verhalten, die Skulptur wurde angerempelt und umgestossen, technokratisch wurde sie von Tõnismägi entfernt. In einer Miniatur wurde die Situation wiederholt, die im April vor 2 Jahren stattgefunden hat, als der Soldat weggeschafft wurde. Polizei hat mir nicht erklärt, auf welchen rechtlichen Grundlage sie mein Kunstwerk wegschaffen. Ich habe der Polizei vorgeschlagen, dass ich selbst die Skulptur wegfahren könnte, doch wurde mein Vorschlag nicht angenommen. Die Figur wurde weggefahren und ich wurde zur Polizei geführt, um Erklärungen zu geben.

Über die Bedeutung des Bronzenen Soldaten wurden mehrere Meinungen in verschiedenen Sprachen veröffentlicht. Dies hat die Situation nicht verbessert. Als Künstlerin habe ich beschlossen, dass über die Dinge, über die man auf normalen Sprachen nicht unterhalten kann, kann und muss man in der Sprache der Künste sprechen. Diese Sprache ist definitionsgemäß mehrdeutig und gibt mehr Möglichkeiten. Leider wurde mir nicht die Möglichkeit gegeben frei in dieser Sprache zu sprechen, mit Leuten zu reden... Es wurden vorsätzlich Hindernisse erschaffen, aber auch das ist ein Teil der Realität, die ich lerne in die Sprache der Kunst zu übersetzen.

Alle, die interessiert sind mein Projekt kennenzulernen, erwarte ich von Juni bis Oktober in Venedig. Zusätzliche Information über das Projekt und die Aktion am 9.Mai ist auf der Internet-Seite der Autorin
www.kristinanorman.com zu finden.

Dienstag, Mai 05, 2009

Rezension des Filmes Aljoscha

am 24.04 fand in Wiesbaden im Rahmen des 9. goEast-Filmfestivals (Festival des osteuropäischen Films) die erste Deutschland-Vorführung des Filmes Aljoscha vom estnischen Regisseur Meelis Muhu. Der Film lief im Wettbewerb, wurde aber nicht prämiert.

Wie der Name schon vermuten lässt, erzählt der Dokumentarfilm die Geschichte des sowjetischen Denkmals des Kriegers-Befreiers im Stadtzentrum von Tallinn, der in der russisch-sprachigen Bevölkerung liebevoll Aljoscha genannt wird. Die Handlung beginnt im Jahr 1944, als die Rote Armee nach Estland einmarschiert. Was offiziell als Befreiung von den faschistischen Unterdrückern propagiert wird, verstehen viele Esten als erneute Okkupation. Jedes Jahr steht der Denkmal des Bronzenen Soldaten im Zentrum der Feier, was durch viele Archivaufnahmen dokumentiert wird. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1990 werden die Feierlichkeiten zuerst eingestellt, doch im Jahr 2005 organisiert die russisch-sprachige Gemeinde wieder Siegesfeier am Denkmal. Im Jahr 2006 kommt es während der Feier zu Handgreiflichkeiten zwischen den Russen und einigen estnischen Nationalisten, als sie versuchen mit der estnischen Fahne und Protesttransparenten zum Denkmal vorzudringen. Das war der Augenblick, als sich die estnisch-nationale Bewegung formierte, die lautstark die Wegräumung des Denkmals forderte, die dann auch in der Nacht vom 26-27. April durchgeführt wurde. Die Verlegung wurde von Massenunruhen und Krawallen begleitet. Das wiederaufgerichtete Denkmal steht am Soldatenfriedhof und zieht jedes Jahr am 9.Mai Tausende von Menschen an, die den Gefallenen und Veteranen Ehre erweisen wollen.

Der Film Muhus begleitet alle diese Ereignisse im Still einer Dokumentation. Die Kamera gleitet durch die Massen, ist mittendrin im Geschehen, ganz nah an den Hauptakteuren. Es werden kaum Fragen gestellt, die Interviewte erzählen selbst ihre Sichtweise, es gibt keine Kommentare aus dem Off. Der Zuschauer soll möglichst unbeeinflusst seine Meinung bilden können. Unabhängig welche Seite am Ende des Films eingenommen wird, wird eines deutlich: der Konflikt ist lange nicht gelöst, die Fronten bleiben verhärtet und Agressionspotential auf beiden Seiten ist nach wie vor hoch.

Abgesehen von den Archivaufnahmen, wird kaum über die politische Seite des Konflikts berichtet. Mit keinem Wort wird über die Reaktion Russlands berichtet, die Rolle der politischen Elite Estlands beim Schürren des Konflikts bleibt unerwähnt, die Gefangene des D-Terminals kommen nicht zu Wort, keine Statistik über Tote, Verletzte und Festgenomme wird eingeblendet. Nur kurz kann man die Armbinde mit der Aufschrift "Notchnoj Dozor" sehen. Von einer erschöpfenden Dokumentation über das Thema Bronzene Nächte kann man deswegen nicht sprechen, die Konzentration auf das wesentliche und die Methode die Bilder für sich sprechen zu lassen ist zweifellos interessant für jemandem, der sich mit dem Konflikt bislang nicht beschäftigt hat. Jemand, der die jüngste Geschichte Estlands aufmerksam verfolgt, kennt die meisten Aufnahmen schon, wenn auch nicht unbedingt in dieser Zusammenstellung und Intensität. Wenn man bedenkt, dass die singende Revolution weitgehend in Estland weitgehend unblutig verlaufen ist, versteht man, warum die Erinnerung an die Bronzenen Nächte noch lange in Gedächtnis aller Beteiligten bleiben wird, und selbst zwei Jahre nach den Unruhen kaum ein Artikel über die russisch-sprachige Minderheit ohne Erwähnung dieser Geschehnisse auskommt.

Freitag, Januar 16, 2009

Noch mehr Gerichtsurteile

folgender Artikel ist eine Übersetzung aus grani.ru

Das Verfassungsgericht Estlands hat der Klage des Mitglieds der Führung der Bewegung "Notchnoj Dozor" Larissa Neschadimova gegen die Polizeiaktionen in April 2007 stattgeben. Laut Interfax, verlangte Neschadimova die gegen sie verhängte Strafe wegen Widerstands gegen die Mitarbeiter der rechtsstaatlichen Organe aufzuheben.

Das Gericht hob den polizeilichen Beschluss über die Zahlung der Strafe in Höhe von 6 Tausend Kronen (ca. 400 EUR) auf und stoppte weitere Untersuchungen des Falles. Gleichzeitig hat das Gericht beschlossen, dass der Staat zugunsten von Neschadimova 8 Tausend Kronen (ca. 530 EUR) zahlen soll, um die Gerichtskosten (die Neschadimova entstanden sind, Anm. der Übersetzers) zu decken.

Laut Polizei, als die Operation zur Demontage des Denkmals (Bronzenen Soldaten Anm. des Übersetzers) began, haben Neschadimova und zwei Mitglieder des Notchnoj Dozor nach dem Befehl das Auto zu verlassen sich geweigert und sich eingeschlossen, weswegen es notwendig wurde Gewalt anzuwenden. Wie Neschadimova selbst berichtet hat, haben die Leute im Auto gedöst, als plötzlich Spezialkräfte der Polizei sie angriffen, die Fenster im Auto zerschlugen, die Reifen zerstachen und die Leute auf die Strasse zerrten. Später haben die Ärzte eine Reihe von Hämatomen auf ihrem Körper festgestellt.

Am Donnerstag wurde der Unternehmer Vladimir Gerasimov, der gegen die Relokation des Tallinner Denkmals dem Befreier-Soldaten aufgetreten ist, in Estland zu 8 Monaten auf Bewährung verurteilt. Zuvor hat der Staatsanwalt Antti Aitsen gefordert, Gerasimov als einen Organisator der Massenunruhen am 27. April 2007 in der Stadt Jõhvi, wegen Widerstands gegen die Mitarbeiter der Polizei und Organisierung einer illegalen Versammlung schuldig zu sprechen und ihn zu 10 Monaten Haft zu verurteilen, wobei vier Monate reale Haft und der Rest auf Bewährung sein sollten. Doch hat das Gericht Gerasimov nur in der Durchführung eines nicht-sanktionierten Meetings für schuldig befunden und hat weitere Punkte der Anklage fallengelassen.

Die Relokation des Denkmals den Helden des Grossen Vaterländischen Krieges aus Zentrum von Tallinn geschah im April 2007. Das hat Unzufriedenheit unter den russisch-sprachigen Bewohnern Estlands verursacht, die Protestaktionen im Land abhielten. Vladimir Gerasimov hat man der Organisierung einer solchen Aktion in der Stadt Jõhvi beschuldigt.

Am 5.Januar hat das estnische Gericht vier Mitglieder der Organisation "Notchnoj Dozor", die man ebenfalls der Organisierung der Unruhen zur Verteidigung des Bronzenen Soldaten beschuldigt hat, freigesprochen. Im November 2008 wurde in Estland Jevgenij Babkov freigesprochen, den man wegen der Teilnahme an Unruhen angeklagt hat. Im Oktober 2008 wurde Sergej Kasimov zur 3 1/2 Jahren Haft verurteilt. Ihn hat man wegen Angriffe auf Polizisten, Raub und Brandstiftung, während der Unruhen in April 2008 für schuldig befunden.

Sonntag, Oktober 05, 2008

Schatten des Bronzenen Soldaten

Interview mit Dimitrij Linter

am 22 September haben Tausende von Leuten an Veranstaltungen teilgenommen, die dem 64. Jahrestag der Befreiung der Hauptstadt Estlands von den germano-faschistischen Armee gewidmet wurden. Und das, obwohl dieser Fest offiziell verboten war und als Tag des Trauers ausgerufen wurde. Dieser Beschluss wurde am 5. Februar 2007 vom estnischen Parlament verabschiedet, als Vorbereitung zur Wegräumung des örtlichen Hauptsymbols des Sieges über Nazismus - den Bronzenen Soldaten vom Platz Tõnismägi. Über die Lektionen aus diesen Ereignissen sprach "RV" (Rosvesty) mit Dimitrij Linter, einem der Führer der Volksbewegung "Notchnoj Dozor", die sich für den Schutz des Denkmals einsetzte.

- Seit den Aprilen Geschehnissen in Tallinn sind fast ein einhalb Jahre vergangen. Was sind die Handlungen der estnischen Regierung und welche Fragen hätten Sie an die externen Beobachter?

- Das Thema des Bronzenen Soldaten vergiftet bis jetzt nicht nur die estnisch-russländische Beziehungen, sondern wirft nicht wenige Fragen über den Sinn und Zweck der europäischen Politik auf. Die EU hat überhaupt nicht auf die Niederschlagung der zivilisierten Proteste reagiert, die, wenn ich das in Erinnerung rufen darf, einige Monate vor den bekannten Apriler Ereignissen anfingen, die Gewalt und endgültige Spaltung der Gesellschaft nach ethnischem Prinzip in Estland provoziert haben. Von europäischen Strukturen kam auch keine Reaktion auf den Aufbau eines improvisierten Konzentrationslagers im Terminal D im Tallinner Hafen, wo die Polizei auf grausame Weise die festgenommenen Protestler und zufällige Passanten, 2000 in Gesamtzahl, erniedrigte. Wohl aus dem Gefühl der falschverstandenen Solidarität mit den Regierungskreisen Estlands, eines NATO und EU-Mitglieds, weiter als unverbindliche Gespräche über die Unvereinbarung der Niederschlagung der Protestaktionen mit den europäischen Werten gehen die Eurobeamten nicht.

- Womit kann man diese wählerische Unachtsamkeit der Einhaltung der Menschenrechte seitens der kontinentalen "Mentoren der Demokratie" erklären?

- Die estnische politische Elite besitzt eine starke Lobby in Brüssel und Strassburg, die den Image Estlands als den "Tiger der jungen Demokratie" kultiviert und die Augen verschiesst vor ihren "Auswüchsen", die eigentlich Verbrechen sind, deren mittelbarer Unterstützer die EU ist. Aus meiner Sicht haben die russisch-stämmigen Einwohner bei uns dieses Verhalten der EU als Verrat an den Bürgern, die auf dessen Territorium leben, aufgenommen. Das heisst im Land selbst sind solche Bedingungen erschaffen worden, dass ein bedeutender Teil der Bevölkerung seine politischen und zivilgemeinschaftlichen Rechte nicht ausüben kann, wobei jede Bemerkung darüber als ein Angriff auf die Staatssicherheit gewertet wird und die Leute Repressionen ausgesetzt werden. Die Versuche die Situation den europäischen zivil-gemeinschaftlichen Organisationen zu erklären, werden als Unterminierung der Staatsmacht angesehen. Auf diese Weise wird ein Model durchgesetzt, in der die Verbindung zu ausländischen NGOs ungehindert nur über die offiziellen Institutionen und unter ihrer Kontrolle geführt werden kann. Und wo bleibt da die Zivilgesellschaft? Das wird mit einem Ziel gemacht: ja nicht "den Müll aus dem Häuschen kehren" damit niemand die Wahrheit erfährt.

- Warum haben in einer ähnlichen Situation im Herbst letzten Jahres in Tiflis, wo die georgische Staatsmacht Massenproteste der Opposition niedergeschlagen hat, die europäischen Politiker mehr kritische Aufmerksamkeit auf das Verhalten eines anderen "Tigers der jungen Demokratie" in Person des Präsidenten Michail Saakashwilli aufgebracht?

- Darum, weil zum ersten bei der Rezeption der Geschehnisse auf Tõnismägi eine ethnische Komponente eine Rolle gespielt hat, dort waren es hauptsächlich Russen, die für den Erhalt eines Denkmals eines sowjetischen Kriegers demonstrierten, zum zweiten gibt es eine stille Übereinkunft für Mitgliedsländer, die ein für alle Male eine Hauptprüfung auf die Demokratietauglichkeit des Regimes abgelegt haben. Ausserdem hat die antirussische Stimmung der georgischen Opposition die westliche Länder dazu bewegt einige kritische Bemerkungen an die Adresse der Regierung zu machen. Doch bremste sie die Tatsache, dass die Regime von Michail Saakashwilli ein exklusives außenpolitisches Projekt Washingtons darstellt, der aus geopolitischen Überlegungen heraus stark in ihn "investierte".
Die Tatsache, dass das Gedächtnis an die Heldentaten und Gefallenen im Kampf gegen Nazismus ein verbindender Faktor für viele Einwohner Estlands wurde, die bereit sind es zu verteidigen, die Tatsache, dass es auf natürliche Weise eines der wichtigsten Komponenten des Selbstverständnisses des aufwachenden und erstarkten Russlands ist, erschreckt viele in Ländern des "neuen Europas". Unter dem Druck der Regierungskreise, die auf vollwertige Mitgliedschaft dieser Länder in der EU spekulieren, werden stärkerwerdende Versuche unternommen schon auf europäischen Level die Geschichte des zweiten Weltkrieges umzuschreiben, doch tun die Politiker der "alten" Länder müde abwinken und ziehen es vor unaufhörende kleine Rückzüge den National-Radikalen gegenüber zum Thema des gemeinsamen Sieges mit der Sowjetunion über den Nazismus zu machen, im Tausch gegen die "Ruhe" in anderen Fragen. Wer wird hier für die Russen in Estland mit ihren Heiligtümern eintreten!
Was die militärische Aggression des georgischen Präsidenten gegen das südossetische Volk angeht, hier liegt ein Hauptteil der Schuld ausgerechnet auf der EU, die ausgezeichnet über die spezifischen Besonderheiten des Regimes Saakashwillis wusste und die Möglichkeit hatte ernsthaft auf ihn zu wirken. Doch gab es nicht den politischen Willen dazu. Letztendlich hat auch Russland eine ernste Lektion bekommen, wegen der Unfähigkeit die Zusammenschlagung der Angehörigen ihrer Nation im April 2007 in Tallinn zu verhindern, die ihr Recht auf ihre Erinnerung und elementare Achtung ihrer Vorfahren verteidigten. Ich glaube, dass wenn es in russischen Gesellschaft und Führung nicht ein starkes Gefühl gegeben hätte, eine Wiederholung dieser Hilflosigkeit wie während der Krise um den Bronzenen Soldaten keinesfalls zuzulassen, dann gäbe es heute kein freies Süddossetien!

- Nichtsdestotrotz die Taten der Regierung von Andrus Ansip, die die Entscheidung getroffen hat, den Memorial vom Tõnismägi wegzuräumen und dessen Verteidiger zu verfolgen, haben eine Auswirkung auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gezeigt. Begreift jetzt die estnische politische Elite den Preis ihrer Ambitionen?

- Selbstverständlich hat die Kürzung des russländischen Warentransits und faktische Einfrierung von gemeinschaftlichen Grossprojekten zum Vorteil der Nachbarländer Nichtgefallen in bestimmten Kreisen ausgelöst. Heute wird die Kritik an die Adresse der Regierung für "außergewöhnlichen Unfrieden" mit Russland durch die wirtschaftliche Krise angeheizt, die ganz Estland erfasst hat. Doch sollte man wissen, dass die heutige Elite des Landes ihren wirtschaftlichen Wohlstand aus Projekten bezieht, die nicht direkt mit Russland verknüpft sind, doch im Sinne des Elektorats sich sehr sicher in der Rolle des "Verkäufers der Angst" fühlt. Die Zurschaustellung Moskaus als Bedrohung, Spekulationen wegen der "fünften Kolonne" und ihre Hoffnung auf Unterstützung seitens Amerikaner und Europäer erlaubt es ihr die Aufmerksamkeit von einfachen Esten von realen innerestnischen Problemen auf antirussische Mythen zu lenken und keine Aufmerksamkeit der schwachen Kritik seitens der estnischen Geschäftsleute zu schenken, die eine Aussicht auf russländische Investitionen, Transit und Binnenmarkt haben. Doch das Hauptproblem liegt woanders: der Schatten des Bronzenen Soldaten verschlingt Estland komplett und jede nachfolgende Regierung wird mit der Tatsache zu kämpfen haben, dass nicht rechtzeitig eine adäquate Bewertung der Handlungen der politischen und polizeilichen Kräfte bei der Geschichte mit dem Denkmal gegeben wurde, keiner der Sadist in Uniform, die auf den Strassen und im Gefängnis gefoltert haben, strafrechtlich belangt wurde, nicht die Mörder von dem russischen Staatsbürger Dimitrij Ganin gefunden wurden. Und die Russen in Estland werden es nicht vergessen. Deswegen wird eine grundlegende Basis für ein Konflikt übrigbleiben. Und der könnte bei bestimmten Umständen, die nicht immer bestimmt werden können, aus der Kontrolle der Herrschenden geraten.

Dienstag, September 30, 2008

Breites Medienecho auf das Estland-kritische Buch

Breites Medienecho auf das Estland-kritische Buch

während die Bücher, die sich mit der Geschichte und der Gegenwart Estlands kritisch auseinandersetzen und in Russland geschrieben wurden, wie Alexander Djukows "Legenden über Genozid", weitgehend ignoriert und unter russländischer Propaganda eingeordnet werden, hat man ein kritisches Estland-Buch von einem finnischen Autor geschrieben, nicht unbedingt erwartet. Johan Bäckman ist auf jeden Fall als extrem pro-russisch einzuordnen, aber selbst die finnische Präsidentin Tarja Halonen zeigt sich oft befremdet über die russophoben Ausfälle manch estnischen Politiker und ruft zum konstruktiven Dialog mit Russland auf. Die finnische Politik gegenüber Russland ist bemerkenswert pragmatisch, geschäftsorientiert und nicht vergangenheitbelastet, obwohl die Beziehungen zwischen zwischen Sowjetunion und Finnland besonders zu Stalin-Zeit sehr konfliktgeladen waren. Doch noch heute steht die Statue Alexander II an einem der Hauptplätze der finnischen Hauptstadt.

Hier ist die Übersicht des Medienechos auf das Buch "The Bronze Soldier" geschrieben von Dr. Johan Bäckman.

The book written by Dr. Johan Bäckman, The Bronze Soldier, was presented in the Russia State Television, First Channel, on the memorial day of liberation of Tallinn, September 22th 2008:
Photo: http://www.1tv.ru/newsphoto/128477/page4
Text: http://www.1tv.ru/owa/win/ort6_main.main?p_news_title_id=128477&p_news_razdel_id=1&p_pagenum=1
Video: http://www.1tv.ru/newsvideo/128477

The same day, September 22th, the book was presented also by the Russian State television channel "Rossiya". First the book presentation was announced in at 8 a.m. in the morning news, see video: http://www.vesti.ru/doc.html?id=210556
Later, the issue was presented also in the 9 a.m. news: http://www.vesti.ru/doc.html?id=210581

Bronze Soldier book in the Finnish national television, main news broadcast 22.9.2008:
http://areena.yle.fi/toista?id=1530510

A radio discussion by the Finnish Broadcasting Company about Bäckman's and other Finns critical books on Estonia:
http://www.yle.fi/java/areena/dispatcher/1545695.asx?bitrate=1

In addition to this, all Estonian main tv channels reported about the book:

Video report of the book THE BRONZE SOLDIER (including a tour with Dr. Bäckman in Tallinn) by the Estonian TV3 (in English):
http://www.postimees.ee/?id=35328

Critical video report of the book THE BRONZE SOLDIER by Estonian TV2:
http://www.postimees.ee/?id=35386

Very critical video by Eesti Päevaleht (in English):
http://www.epl.ee/artikkel/442469

Critical video by the Estonian portal Delfi:
http://rus.delfi.ee/daily/estonia/article.php?id=19938113

The full broadcast of Dr. Bäckman's interview for the Estonian State television, about his book The Bronze Soldier, can be watched here:
http://etv.err.ee/arhiiv.php?id=85376

The newspaper "Molodyosh Estonii" about Dr. Bäckman's book:
http://www.moles.ee/08/Sep/23/3-1.php

Radio Mayak:
http://www.radiomayak.ru/doc.html?id=94927&cid=

Interfax:
http://www.interfax.by/mosaic/1046072



Das Foto zeigt Arnold Meri beim Ehren des Bronzenen Soldaten am Tag der Befreiung Tallinns am 22.09.2008

Donnerstag, September 11, 2008

Brisantes Buch wird vorgestellt

"Estland in zehn Jahren Teil der Russischen Föderation"

Utl.: Finnischer Autor schockt Nachbarn mit provokantem Buch über bevorstehenden Untergang des baltischen Landes =

Helsinki (APA) - Übernächste Woche erscheint in Tallinn ein neues Buch über die Hintergründe und Auswirkungen der Ende April 2007 durch die Verlegung eines aus der Sowjetzeit stammenden Kriegerdenkmals ausgelösten Unruhen in Teilen Estlands. Die bevorstehende Veröffentlichung hat in dem baltischen Land bereits für mediales Aufsehen gesorgt, da der finnische Soziologe und Politikwissenschafter Johan Bäckman darin nicht mit provokanten Thesen und Formulierungen spart, die am offiziellen Selbstbild Estlands heftig rütteln. Die APA traf Bäckman in Helsinki.

Bäckman spricht von "Apartheidpolitik" gegenüber der russischsprachigen Minderheit des Landes und von "Russischer Intifada" im Zusammenhang mit den großteils von Jugendlichen begangenen Verwüstungen in Tallinner Stadtzentrum im Zuge des Abbaus des umstrittenen Kriegerdenkmals vor eineinhalb Jahren. Seiner Meinung nach war die erzwungene Verlegung des von der russischen Minderheit als Befreiungssymbol von der Nazi-Herrschaft gesehenen "Bronze-Soldaten" der entscheidende in einer Reihe von Fehlern estnischer Regierungen, die innerhalb von zehn Jahren zum Verschwinden Estlands von der politischen Landkarte führen werden.

Die Entfernung des Denkmals sei ein "die Russen demütigender und beleidigender Akt des Staatsvandalismus" gewesen. "Man könnte sogar von einer Art Terroranschlag auf die Wahrheit sprechen", so Bäckman. Die russischsprachige Jugend habe heute mit Estland endgültig abgeschlossen und identifiziere sich nicht mehr mit ihrem Heimatland. Dies sei einzig und allein Schuld der nationalistischen estnischen Politik. Der bereits einsetzende Zusammenbruch der Wirtschaft werde sein übriges zum Untergang Estlands beitragen.

"Estland existiert schon jetzt nicht mehr", legt Bäckman noch ein Schäuferl nach, "- nicht als demokratischer Staat". Der 37-jährige Universitätsdozent verweist auf das Fehlen eines regelrechten Gewaltmonopols in Estland sowie auf die mangelnde demokratische Legitimität der Regierung durch das weiten Teilen der russischsprachigen Bevölkerung (rund 25 Prozent der 1,3 Millionen Esten) vorenthaltende Staatsbürgerschafts- und Wahlrecht.

Wo wird Estland seiner Prognose nach also in zehn Jahren sein? Bäckman zögert nicht mit der verblüffenden Antwort: "Wahrscheinlich Teil der Russischen Föderation." Die Europäische Union werde das ebenso wenig verhindern können wie die NATO. Beide Bündnisse verlören bereits jetzt jegliche Glaubwürdigkeit, wie sich jüngst angesichts der Krise in Georgien gezeigt habe. Auf die Frage, ob ein Regierungswechsel in Tallinn an dieser düsteren Prognose etwas ändern würde: "Das Regime ist gewachsen und wird bleiben", zieht der Autor ein weiteres Mal eine provozierende Wortwahl heran.

Bäckman sieht in der Vorherrschaft einer kleinen, nationalistisch geprägten Elite, die das Land mit der falschen Politik in den Untergang führt, Parallelen zu den 1930er Jahren, als das Land unter Präsident Konstantin Päts, der nicht umsonst im heutigen Estland eine unantastbare Ikone ist, autoritär regiert wurde. Der finnische Historiker Martti Turtola hatte vor rund fünf Jahren in Estland mit seiner - kritischen - Biografie über Päts in Estland ähnlich heftige Reaktionen ausgelöst, wie jene, mit denen Bäckman durch sein Buch jetzt konfrontiert ist.

Die estnische Presse, sowohl die estnisch- als auch die russischsprachige, schreibe seit rund zwei Wochen über sein vorerst nur auf Finnisch erscheinendes Buch. Er habe mittlerweile sogar Todesdrohungen via E-Mail und Telefon erhalten und bei der Polizei um einen Waffenschein angesucht, sagt Bäckman. Der Autor sieht sich selbst als als akademischen und schriftstellerischen "Experimentierer", dem es in erster Linie darum geht, eine Diskussion über Estland zu entfachen. Das Buch "Pronssisoturi - Viron patsaskiistan tausta ja sisältö" (Der Bronze-Soldat - Hintergrund und Inhalt des estnischen Denkmalstreits) von Johan Bäckman erscheint am 22. September im estnischen Verlag Tarbeinfo. Ausgaben auf Estnisch, Russisch und Englisch sind geplant.