Freitag, März 30, 2007

Letzte Woche England

Nachdem schon Befürchtungen laut wurden, dass wegen der vielen Estland-Artikeln ich womöglich dorthin gehen werde, um den Bronzenen Soldaten zu verteidigen, kann ich alle beruhigen. Dies ist mein letzter Eintrag über England und ab nächster Woche bin ich wieder in Beckstein-Land.

1. Angeblich existiert in England ein Gesetz, der einen Fahrer, der einen Hund überfahren hat, verpflichtet, auszusteigen und die Polizei zu rufen. Für Katzen, Füchse, Hasen und sogar Rehe die teilweise massenweise platt auf der Strasse rumliegen (besonders in der Gegend von Stonehenge), gilt es nicht.

2. Stonehenge. Ein Beweis, dass auch frühere Engländer Exzentriker waren. Wem würde es sonst einfallen riesige Steine über Hunderte von Kilometer zu schleifen und an einem Platz, wo Fuchs und (später überfahrene) Hasen sich gute Nacht sagen, so was aufzubauen? Die Anlage selbst ist gar nicht gross, die Steine sind aber riesig. Man kann nicht mehr reingehen, weil man Angst vor Graffitis hat. Ein Graffiti ist aber dort und zwar von Christopher Wren persönlich (der Erbauer von St.Pauls). Das ist dann wohl erhaltenswerte Kunst.

3. Falls jemand in der Stimmung ist, sich einen schottischen Kilt zu kaufen, muss unbedingt nicht nur auf die passenden Muster schauen, sondern sich beim Verkäufer erkundigen, welchem Clan dieses Muster (Tartan) gehört. Es gibt da eine Geschichte über die MacDonalds und Campbells, die seit 1692 miteinander im Streit sind (das kennen wir ja schon aus Oxford). Wenn man also in der falschen schottischen Gegend einen falschen Kilt trägt, kann man durchaus auf die Fresse kriegen, auch wenn das ein Schotte niemals zugeben würde

4. Apropos Schotten. Eine der Begründungen meinem Chef gegenüber warum ich nach England möchte, war, dass ich meinen schottischen Chef besser verstehen möchte. Dieses Ziel wurde definitiv nicht erreicht, selbst jetzt kriege ich nur 50% davon mit, was einem erzählt. Die Engländer haben mich beruhigt, ihnen geht's es auch nicht viel anders.

5. Indische Restaurants in England sind köstlich. Ich würde nie freiwillig in ein deutsches indisches Restaurant reingehen, hier würde ich nie freiwillig wieder rausgehen.

6. Was chinesische Restaurants angeht, duck with pancake ist wirklich chinesisches Essen und nicht englisch-chinesisch, so wie der deutsch-türkische Döner. Ich war bei einem chinesischen Kollegen zum Essen eingeladen, es gab duck with pancake, dumplings und eine sehr seltsame Nachspeise mit Sesamfüllung und klebrigem Reis als Mantel in Kugelform. In Deutschland ist so was komplett unbekannt.

7. Wo steht die älteste Topfpflanze der Welt? Natürlich in den Kew Gardens, wohl dem ältesten botanischen Garten der Welt. Es ist eine recht schiefe Palme, die zu der Zeit der französischen Revolution gepflanzt wurde und immer noch gut gedeiht. Daneben noch eine Zeittafel, wie viele englische Könige diese Palme überlebt hat. Erinnert mich an die Biographie von Fidel Kastro, wie viele amerikanische Präsidenten er schon überlebt hat. Mit dem Unterschied, kein englischer König wollte der Palme was zu Leide tun.

8. Den George IV hat die Palme übrigens auch überlebt. Dieser König ist für den englischen Neuschwanstein verantwortlich, den Royal Pavilion in Brighton. Sieht aus, wie eine gewagte Kopie von Tajj Mahal inmitten von normalen englischen Häusern. Zu Brighton kann man nur sagen, wenn man aus dem Zug steigt, sollte man sich links halten, sonst landet man nicht in Brighton, sondern in Hove, was an Hässlichkeit kaum zu überbieten ist. Brighton selbst ist auch nicht gerade eine Schönheit (definitiv hässlicher als Bournemouth), aber es ist eine grosse Musik- und alternative Szene dort (remember Fat Boy Slim: You're not from Brighton, you're not from Brighton) beheimatet.

9. Der Spiegel schreibt ellenlange Artikel über die Sorgen der Engländer wegen den vermissten Soldaten. Während meiner gesamten Zeit hier habe ich nicht ein einziges Mal ein Gespräch über den Krieg gehört, nichts über verschleppte Soldaten, nur über Bush wird gelegentlich gelästert. Über Politik unterhalten sich Engländer überhaupt nicht, eher übers Wetter, übers Verkehr, übers Haus oder über Sport.

10. Ich könnte noch viel und lange schreiben. Leute, die es geschafft haben mich zu besuchen, können das nur bestätigen. Es war definitiv eine sehr gute Entscheidung hierher zu kommen, mal was anderes zu sehen, andere Kultur und Mentalität zu erleben. London ist und bleibt für mich die tollste Stadt der Welt. Ob sich mein Englisch signifikant verbessert hat, weiss ich nicht, ich weiss, dass man anstatt Pfund quits sagt, kann eine council tax erklären und weiss, dass chap das Wort der Stunde ist und dude langsam ablöst. Ich weiss auch, dass England immer eine Insel bleiben wird, sowohl kulturell, als auch politisch, als auch ökonomisch. Das Geheimnis, das ich nicht auflösen konnte, waren die britischen Frauen, mit ihnen kann ich überhaupt nichts anfangen, aber es geht nicht nur mir so. Auf jeden Fall werde ich dieses halbe Jahr in einer warmen Erinnerung behalten.

Happy End

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

An dieser Stelle möchte ichdas tolle indische Restaurant Punjabin Karlsruhe erwähnen, das alle Geschmackszellen köstlich berührt.

Viele Grüße

Rosa