Israelischer Journalist: Der estnische Präsident ist "Trivilisator" des Holocausts
Der Kommentator der israelischen Zeitung Haaretz Yossi Melman findet die Aussage von Toomas Hendrik Ilves, die er während seines Israel-Besuches gemacht hat, dass die historische Erfahrungen von Esten und Juden sehr ähnlich sind, beleidigend. Nach Ilves Meinung, waren die Esten und die Juden während des Zweiten Weltkrieges "Genossen im Unglück". Dabei hat Ilves bei seinem Auftritt in der Residenz des Präsidenten in Israel kein einziges Mal weder die Verfolgung der estnischen Juden, noch die Schuld der Esten bei ihrer Vernichtung erwähnt.
In seinem Artikel erinnert Yossi Melman Ilves daran, dass die Mehrheit der Bevölkerung aller drei baltischen Länder die nazistischen Okkupanten freundlich begrüßte, die ihrer Meinung nach die Befreiung von der sowjetischen Unterdrücken mit sich brachten. Die estnischen Juden hatten verglichen mit den lettischen und litauischen Juden noch Glück: nach dem Eindringen der Hitler-Armeen in die Sowjetunion 1941 hatten sie einige Wochen, um wegzufahren. So konnten 3,5 Tausend estnische Juden in die östliche Teile der UdSSR evakuiert werden. Ungefähr tausend Juden blieben in Estland. 993 von ihnen wurden von den Nazis und ihren Helfern aus der örtlichen Bevölkerung vernichtet. In die gegründete Konzentrationslager auf dem estnischen Territorium wurden Tausende Juden aus Deutschland, Österreich und anderen Ländern Europas deportiert und anschliessend vernichtet. Der 36. Bataillon der estnischen Polizei hat neben der SS bei der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung der Stadt Novogrudok in Weissrussland teilgenommen.
Es ist schwer zu glauben, schreibt Melman, dass der Präsident Estlands solche Aussage spontan, ohne Nachzudenken machte. Toomas Ilves ist in Schweden geboren, lebte lange in den USA und beendete die Columbia University in New-York. Es ist klar, dass seine Aussagen nicht zufällig getroffen wurden. Ilves ist kein Holocaustleugner, er ist sein Trivilisator.
Den Terminus "Trivialisierung des Holocausts" hat in den wissenschaftlichen Diskurs der Leiter des Simon Wiesenthal Efraim Zuroff eingebracht. Zu Trivilisatoren des Holocausts zählt Zuroff eine Reihe der postsowjetischen und zentraleuropäischen Staaten, die in ihrem Eifer die Geschichte umzuschreiben, behaupten dass die sowjetische Okkupation keine kleinere Tragödie war als Nazismus.
Die Trivilisatoren behaupten, dass Holocaust kein singuläres Ereignis in der Geschichte war. Aus ihrer Sicht sind die Mörder der Juden, die mit den Nazis zusammengearbeitet haben und gegen die Sowjetmacht kämpften, Helden. Deswegen werde in diesen Ländern die Denkmäler für die sowjetischen Befreiern demontiert, an ihren Platz stellt man Denkmäler für die Kollaborateure.
Die Leader-Revisionisten möchten den 23. August zum Gedächtnistag an alle Opfer von totalitären Regimen erklären. Europa kann nicht wirklich eins werden, behaupten sie, wenn sie nicht sowohl Verbrechen des nazistischen als auch kommunistischen Regimen anerkennen wird. Falls die Revisionisten ihr Ziel erreichen, kann man den Tag des Gedenkens an die Holocaustsopfer einfach abschaffen. Wozu braucht man einen Extra-Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts, wenn es ein vereintes Tag des Gedenkens an die Opfer des Totalitarismus geben wird, der die Täter mit den Opfern gleichsetzt?
Die Revision der Geschichte in Estland wurde zum Alltag. Nach internationalen Druck wurde der 27. Januar zum Gedenktag an die Opfer des Holocausts erklärt, doch eine Meinungsumfrage hat gezeigt, dass 93% der Esten diesem Beschluss negativ gegenüber stehen.
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