Dienstag, Februar 21, 2012

Resolution und Folien-Revolution

Am 14. Februar hat das estnische Parlament eine Resolution verabschiedet in der all denjenigen Dank ausgesprochen wird, die gegen die beiden Okkupationen und für die Wiederherstellung der Freiheit Estlands gekämpft haben, Dank ausgesprochen wurde. Das wurde also aus dem befürchteten Gesetz, das im In- und Ausland schon heftig kritisiert wurde, bevor das Wortlaut bekannt wurde. Wir werden wahrscheinlich nie erfahren, ob die jetzige Fassung der Resolution das Ergebnis der Kritik wurde, oder diese Form der Danksagung von Anfang an angedacht war. Durch die Formulierung als Resolution wurden mehrere Lesungen im Parlament unnötig. Ausserdem ist dieser Text derart beliebig, dass jeder sich damit identifizieren kann und beliebige Interpretationen wer nun eigentlich gemeint ist, möglich sind. Das Ergebnis der Abstimmung im estnischen Parlament war dementsprechend, 71 Ja-Stimmen, keine dagegen, keine Enthaltungen. Lediglich 10 anwesenden Mitglieder der Zentristen-Partei haben an der Abstimmung nicht teilgenommen, darunter viele Vertreter der russisch-sprachigen Minderheit. Nach ihren Gründen befragt, antworteten sie, dass sie im Fall einer Enthaltung oder gar Gegenstimme sich quasi gegen die Estnische Republik ausgesprochen hätten, was sie auf keinen Fall wollten. Allerdings ist ihnen der politische Kontext dieser Danksagung durchaus bewusst, so dass sie sich lieber aus der Affäre durch Nichtabstimmen rausgezogen haben.

Es gibt auch schon die ersten Interpretationen der Resolutionen in dem befürchteten Kontext. So sagte der ehemalige Bildungsminister, Mitglied der nationalistischen Regierungspartei IRL Tõnis Lukas, dass die Offiziere der Waffen-SS, die Träger des Eisernen Kreuzes Harald Riipalu und Harald Nugiseks, "ausreichende Beispiele als Kämpfer für die Freiheit Estlands sind, damit sie vom Staat anerkannt werden".
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Wie es aussieht haben immer mehr Einwohner Estlands die Schnauze voll von der Regierung Ansips. Der letzte Tropfen war die Äußerung Ansips über die Gegner der ACTA-Gesetzpaketes. Sie sollen weniger komische Körner essen und die Hüte aus Alu-Folie tragen, falls sie Gedankenkontrolle befürchten, sagte der Premierminister auf einer Pressekonferenz. Am Tag danach erlebte Estland die größten Proteste seit 2007. Über 1500 Menschen gingen auf die Strasse in Tallinn, gar 2000 in Tartu, viele davon mit Hüten aus Alu-Folie.

Eine Woche später gingen die Gewerkschaften auf die Strasse. Eines der Gründe sind die Pläne der Regierung den Arbeitgebern zu erlauben Tarifverträge einseitig zu kündigen und keine neuen anzubieten, was eigentlich der Tod aller Gewerkschaften bedeutet. Besonders aktiv waren die Gewerkschaften aus Nord-Osten Estlands, die mit 24 Bussen nach Tallinn gekommen sind. Deswegen war das Protest zweisprachig, estnische und russische Transparente wehten nebeneinander, die Sprecher sprachen estnisch und russisch zu den Demonstrierenden.

Doch der Hauptadressat der Forderungen der Premierminister Andrus Ansip zog es vor in Kanada an einem Ski-Marathon teilzunehmen. Der estnische Soziologe Juhan Kivirähk kommentierte es folgendermassen: "Wenn man nicht tagtäglich sich mit den Problemen der Bevölkerung auseinandersetzt, sie ignoriert, sie auslacht und diejenigen mit Füßen tritt, die diese Probleme aufzeigt, wie es der jetzige Premier mit Vorliebe tut - dann werden eines Tages diese Probleme i den Vordergrund treten und dann wird es viel schwieriger sie zu lösen".

Anfang März wird es wohl einen Streik der Lehrer geben. Womöglich werden andere Gewerkschaften diesen Streik unterstützen. Wenn am 28. Februar das Gesetz über Tarifverträge in zweiten Lesung vom Parlament unterschrieben wird, dann ist ein Generalstreik nicht ausgeschlossen.











Fotos sind aus dem livejournal von Ilja Nikiforov entnommen

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ansip hat immernoch nicht kapiert, dass seine Partei Gegenstimmen bekam. Irgendwann wird er es noch verstehen, wenn er auf die Rente geschickt wurde :D