Sonntag, März 17, 2013

Ein spätes Opfer des Krieges

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Am 16 März 2013 fand in Riga eine Diskussionsveranstaltung unter dem Namen „16 März – Tag der Ehre oder der Schande für Lettland“ statt. Die Veranstaltung wurde von der internationalen Menschenrechtsorganisation „Welt ohne Nazismus“ organisiert, um die Weltöffentlichkeit über die Heroisierung der Verbrechen des Nazismus in Lettland zu unterrichten.

Die Diskussionsveranstaltung fand am selben Tag, wie der Marsch der ehmaligen Nazis und ihrer Nachfolger zum Hauptsymbol des lettischen Staates – dem Denkmal der Freiheit - statt. Dort legen sie jedes Jahr feierlich Blumensträuße nieder, um an den Tag des Beginns der Kampfhandlungen der lettischen Legionen der Waffen-SS gegen die Armee der Antihitlerkoalition zu erinnern.

An der Diskussionsveranstaltung nahmen bekannte Aktivisten, die gegen die Wiedergeburt des Nazismus kämpfen, aus den USA, Deutschland, Israel, Litauen, Lettland, Moldavien, Belgien teil. Unter ihnen war die Ex-Abgeordnete des israelischen Knessets Marina Solodkina.

Die 60-jährige Marina Solodkina war eine der bekanntesten russisch-stämmigen Politikerinnen in Israel. Sie war eine assozierte Professorin an der Jüdischen Universität in Jerusalem und war von 1996-2012 im israelischen Knesset Abgeordnete in verschiedenen Parteien, unter anderem in Likud und Kadima unter Ariel Scharon. Sie war auch Vize-Ministerin im Ministerium für Immigration. Solodkinas Position gegenüber der Wiedergeburt des Nazismus zeigte sie in dem offenen Brief an den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Natanjahu: „Am 14. September wurde in der Stadt Bauska in Lettland feierlich ein Denkmal den Letten eingeweiht, die während des Zweiten Weltkrieges in den Reihen der Waffen-SS gedient haben. Die Rede ist von den Bürgern Lettlands, die mit den Nazisten bei Realisierung der „endgültigen Lösung der jüdischen Frage“ auf dem Gebiet Lettlands kooperierten. Die vernichteten die jüdische Gemeinde der Stadt Ventspils und nahmen an der Erschiessung der Kriegsgefangenen – der Soldaten und Offiziere der Roten Armee (unter ihnen auch Juden) in Pskov teil“. Ihr letzter Facebook-Eintrag vor ihrer Abreise nach Riga lautete „In der letzten Zeit hat der Neonazismus sein hässliches Haupt in Osteuropa und post-sowjetischen Ländern erhoben. Wir müssen wachsam bleiben.“

Am 15. März wurde den Veranstaltungsteilnehmern der Dokumentarfilm „Ostland“ über die Verbrechen der Nazisten auf dem Gebiet des heutigen Lettlands gezeigt. Nach der Präsentation wurde der Film besprochen, dabei trat Solodkina auf und erzählte über ihre Erfahrungen wie man antifaschistische Aktivitäten organisiert, ausserdem kam von ihr die emotional vorgetragene Idee, dass falls der lettische Staat sich als ein Staat positioniert, der gegen die Kräfte der Antihitlerkoalition gekämpft hat, dann muss man gegen ihn auf dem jüristischen Weg kämpfen, also Wiedergutmachungsansprüche im Namen der Opfer stellen. Dabei sollte man diese Ansprüche in amerikanischen, israelischen und europäischen Gerichten stellen, die diese Frage aus der Sicht der Gerechtigkeit lösen werden und nicht wegen der ethnischen Angehörigkeit der Verbrecher.

Als Beispiel wurde von ihr das recht frische Urteil des amerikanischen Gerichtes angeführt, dass die Schweiz, die eine lange Zeit das Vermögen der Nazismusopfer versteckte, dafür riesige Kompensationen zahlen musste.

Am nächsten Tag nahm Solodkina mit den anderen Teilnehmern der Diskussionsveranstalung an der Kranzniederlegung für die Opfer des Nazismus an das Denkmal der Freiheit teil. Dann konnte sie beobachten, wie die junge lokale Nazisten diese Kränze geschändet haben, sie rissen die Trauerbänder ab und versteckten sie unter anderen Blumen. Die Polizei mischte sich nicht ein. Bald kam die Kolonne der Veteranen der Waffen-SS und ihrer Verehrer mit den lettischen, litauischen und estnischen Fahnen an. Laut der Polizei nahmen ca. 1500 Leute an dem Marsch teil, während nochmal ca. 1500 Leute den Marsch beobachteten. Es wurden auch Abgeordnete des lettischen Parlaments Janis Dombrava, Raivis Dzintars, Imants Paradnieks und Janis Iesalnieks von der Partei „Visu Latvijai! “, die ein Teil der Regierungskoalition ist, unter ihnen bemerkt. Sie wurden mit dem Lied Buchenwald-Nabat und Bildern der Verbrechen der Nazisten, Opfern der KZs, exekutierten Personen aus der Zivilbevölkerung empfangen. Es kam zu einem Vorfall, als die Neonazisten versucht haben die Polizeibarrieren zu stürmen und die Bilder zu beschädigen.

Die Angreifer wurden von der Polizei festgenommen, allerdings kann die Polizei nicht sagen welche Vergehen ihnen vorgeworfen werden.

Marina Solodkina ging in ihr Hotelzimmer und kam nicht wieder runter. Nachdem ihre Abwesenheit bemerkt wurde, brach man die Hoteltür auf. Dort fand man ihren toten Körper. Als wahrscheinliche Todesursache wird ein Schlaganfall vermutet, die Aufgrund der emotionalen Spannung durch das Erlebte eingetreten ist. Die Leiche von Marina Solodkina wird nach Israel überführt.


Das letzte Photo von Solodkina bei dem Marsch in Riga

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