Donnerstag, April 27, 2006

Offener Brief an Herrn Dr. Wuermeling

Diesen Brief schrieb ich als Reaktion auf die Rede des Staatssektetärs im Bundesministerium für Wirtschaft und Technik zum Tag des Geistigen Eigentums am 26.04.2005:

Sehr geehrter Herr Dr. Wuermeling,

mit grossem Interesse habe ich Teile Ihrer Rede zum heutigen WIPO-Tag gelesen. Sie sprachen von einer "geistigen Bewegung" der Software-Patent Gegner, die dem "Freak-Bereich" verbunden sei und sich mit dem "Antifaschismus im Internet" vereinigt habe.

Herr Wuermeling, ich als erklärter Gegner der Patentierbarkeit der Software fordere von Ihnen unverzüglich eine Entschuldigung für die obigen Aussagen! Als studierter technischer Informatiker, der im Software-Bereich arbeitet und mit nicht geringen Steuergeldern unter anderem auch Ihr Gehalt finanziert, lasse ich mich von Ihnen nicht verunglimpfen und beleidigen. Die Beleidigung bezieht sich ausschliesslich auf die Bezeichnung "Freak", denn ich bin stolz darauf einer geistigen Bewegung anzugehören (Sie scheinen eher von allen Geistern verlassen worden zu sein) und es ist für mich selbstverständlich mich als Antifaschist zu begreifen (für Sie ist es wohl ein Schimpfwort). Immerhin waren Sie klug genug nicht das Wort Anarchist in den Mund zu nehmen, denn dann hätten Sie den gesamten Bundestag des Anarchismus beschuldigt, denn am 17.02.2005 wurde vom Bundestag ein interfraktioneller Antrag (auch mit den CDU/CSU Stimmen) verabschiedet, die Trivialpatente im Computerbereich (die Mehrheit der Softwarepatenten sind Trivialpatente) zu verhindern.

Nur zu Ihrer Information Herr Wuermeling, Ihr Internetauftritt basiert auf quelloffener Software, gegen die sogenannte Patenttrolle (Firmen deren einziges Geschäftsmodel ist Patente aufzukaufen und andere Firmen auf Lizenszahlungen verklagen) gerade ihre Softwarepatente einzuklagen versuchen. Das Internet in der Form wie es heute besteht waere nicht moeglich gewesen, wenn alle beteiligten Institutionen ihre Entwicklungen patentiert haetten. Ohne die von Ihnen verunglimpften "Freaks" waere die heutige Debatte ueber den Schutz des "geistigen Eigentums" komplett absurd, weil es die technischen Mittel gar nicht gegeben haette, die Patentideen zu implementieren. Die deutsche mittelständische Unternehmen sind übrigens ebenfalls der Meinung, dass die Softwarepatente ihnen eher schaden als nutzen. Lesen Sie doch bitte die Umfrage "Wechselwirkung von Patentschutz, Wettbewerb und Interoperabilität" das von Ihrem Ministerium erstellt wurde. Darin artikulieren 61,2 Prozent der Einsender ausdrücklich Sorgen über Gefährdung ihrer Existenz durch Softwarepatente.

Herr Wuermeling, mit der heutigen Entgleisung haben Sie sich in den Augen der deutschen IT-Industrie, die eine Schlüssselbranche der deutschen Wirtschaft darstellt gründlichst diskreditiert. Es stellt sich die Frage, wie eine derart inkompetente und ignorante Persönlichkeit wie Sie einen Staatssekretärposten im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bekleiden kann. Deswegen fordere ich Sie hiermit auf von diesem Posten zurueckzutreten und es jemandem zu überlassen, der etwas mehr Rückgrad gegenüber der Lobby der Patentprofiteure besitzt.

Mit freundlichen Grüßen

Anton Klotz

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