Montag, Mai 05, 2008

Eine Geschichte - viele Interpretationen

Ein grosses Hindernis auf dem Weg des gegenseitigen Verständnisses zwischen Esten und Russen ist das unterschiedliche Geschichtsverständnis. Beide Seiten werfen einander vor die Geschichte nicht zu kennen, und gleichzeitig wird behauptet dass man selbst sich sehr gut in der Geschichte auskennt. Was ist also das Problem, es wird über die gemeinsame Geschichte (die Geschichte der Sowjetunion) gesprochen ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Vielleicht ist die Lösung des Rätsels, dass über zwei komplett verschiedene Perioden der Geschichte der Sowjetunion gesprochen wird und dabei nicht konkretisiert wird welche man gerade meint.

Estnische Sicht auf die Sowjetunion ist hauptsächlich die Sicht von 1939-1953, also die Zeit, als die Rote Armee nach Estland einmarschierte, so dass die unabhängige Republik Estland ihre Unabhängigkeit verlor. Die anschliessenden Deportationen liquidierten die estnische Schicht der Intellektuellen und Regimegegner, die von der deutschen Besatzung Hilfe erwarteten und nicht bekamen. Nach dem Rückzug der Wehrmacht, setzen sich die Deportationen der Regimegegner fort und die Angriffe der Waldbrüder wurden mit Repressionen gegen die Zivilbevölkerung beantwortet. Die Periode der stalinistischen Diktatur hat sich für immer in das estnische Kollektivgedächtnis eingebrannt und definiert heute die Erinnerung an die Sowjetzeit. Der estnische Präsident Ilves geht gar soweit und erklärt die Deportationen zum Genozid an dem estnischen Volk. Zu dieser Zeit wurden auch die Russifizierung Estlands begonnen, als viele benötigte Arbeitskräfte aus den anderen Sowjetrepubliken nach Estland entsandt wurden, um die Kriegsschäden zu reparieren und die Industrie aufzubauen.

Die Sicht der russischen Minderheit auf die Sowjetunion ist etwas andere. Wenn man die Altersstruktur der lautstärksten Vertreter der Minderheit anschaut, sieht man, dass die wenigsten von ihnen die Gräuel der Stalinzeit direkt erlebt haben. Nur die wenigsten von ihnen dürften über diese Zeit in der Schule lernen, die Auseinandersetzung damit, die in den 80-90ern Jahren in Russland stattfand, ging an ihnen auch größtenteils vorbei. Das Kollektivgedächtnis der in Russland gebliebenen Verwandtschaft hat sie nicht erreicht. Welches sowjetische Estland haben sie in Erinnerung? Das war das Estland der späten 60-80er Jahre, Zeit von Breschnjew und Gorbatschow. In dieser Zeit war die Sowjetrepublik Estland immer auf einem der vordersten Plätze unter allen Sowjetrepubliken, was die Lebensqualität, Bildung und Meinungsvielfalt (ich sage nicht Freiheit) anging. Die estnische Sprache und Kultur sind präsent, wenn auch nicht von der hinzugekommen Bevölkerung übernommen, es existiert eine Parallelgesellschaft, die trotz aller Bemühungen seit der Unabhängigkeit kaum aufgelöst wurde. Aus der Sicht des russisch-sprachigen, der in dieser Zeit sozialisiert wurde, gibt es estnische Kindergärten, estnische Schulen, Studiengänge auf Estnisch. Es gibt das Sängerfest, es existiert estnisches Kino, estnische Theater, estnische Literatur, estnische Musik. Von einer Ausrottung der Kultur kann keine Rede sein. Die Vorwürfe, dass es keinen Arzt gab, der estnisch sprach (Behauptung von Ilves), entbehren in dieser Zeit jeglichen Grundlage. Die Investitionen in die estnische Infrastruktur auch im Zusammenhang mit der Olympiade 1980 waren gewaltig. Ausserdem bestand ungefähr 3/4 der Führung der Sowjetrepublik Estlands aus Esten (von denen einige bis heute aktiv in der Politik sind und von denen keiner zur Verantwortung gezogen wurde). Damit kein Eindruck entsteht, dass die Zustände in der Sowjetunion der 70-80 Jahre paradiesisch waren, es war ein totalitäres System mit Zensur, ohne Reise-, Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, mit mächtigem Geheimdienst, mit staatstreuer Erziehung der Jugend, mit einer Staatspartei, die immer Recht hatte, mit Verfolgung Andersdenkender, mit mieser Wirtschaft und noch mieserem Umweltschutz, doch ohne Massenrepressionen, Massenerschiessungen und Massenumsiedlungen wie zur der Stalin-Era. Diese Periode ist aus der historischen Sicht kaum erforscht und kaum erwähnt, vielleicht weil sie sich weit weniger für propagandistische Ziele ausnutzen lässt, oder zu viele Personen aus dieser Zeit noch aktiv sind?

Diese beide Geschichtsblicke auf Sowjetunion stehen sich diametral gegenüber. Daraus resultiert meiner Meinung nach das gegenseitige Unverständnis. Die Russisch-sprachigen verstehen nicht die Leiden des estnischen Volkes wegen der Deportation, gleichzeitig erlebten sie selbst die Wirklichkeit der 70-80er Jahre und können vielen Behauptungen der Esten aus eigener Erfahrung nicht zustimmen, besonders wenn diese Behauptungen von Personen aufgestellt werden, die diese Zeit nicht in Estland verbracht haben. Für die Esten überwiegt die Erinnerung an den stalinistischen Staatsterror, für diese Zeit wird auch die Entschuldigung von Russland erwartet. Es ist immer wichtig diese Tatsachen im Hinterkopf zu behalten, wenn man mit dem Vertreter einer der Gruppen über die Geschichte diskutiert.

18 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"gemeinsame Geschichte (die Geschichte der Sowjetunion)"
Es ist irreführend zu glaben, das Esten und Russen eine "gemeinsame Geschichte" haben. Zum Beispiel 1918-1940 und 1941-1944 hatten Esten und Russen keine gemeinsame Geschichte. Und auch später war Wahrnehmung der Geschichte ganz verschiedene.

Anonym hat gesagt…

Aus der Sicht des russisch-sprachigen, der in dieser Zeit sozialisiert wurde, gibt es estnische Kindergärten, estnische Schulen, Studiengänge auf Estnisch. Es gibt das Sängerfest, es existiert estnisches Kino, estnische Theater, estnische Literatur, estnische Musik. Von einer Ausrottung der Kultur kann keine Rede sein.

Ist nur für den Schein so gedacht, wenn 2/3 der Bevölkerung Esten sind und das oben genannte für 1/3 reichte, wie heisste es dann?

Die Vorwürfe, dass es keinen Arzt gab, der estnisch sprach (Behauptung von Ilves), entbehren in dieser Zeit jeglichen Grundlage.

Es war 1973, als ich selber z.B. im Krankenhaus war und operiert wurde, kann ich dir sagen, dass da kein Artz gab, der estnisch konnte, da war immer eine Schwester, die alles übersetzte. Süd-Ost Estland wars, obwohl weniger als 10% da Nicht-Esten sind. Hab noch in Erinnerung, als mein erstes Zahn gezogen wurde, war so 6-7 Jahre dann, die Frau verstand nix, was ich da sagte. Sowas bleibt einfach stecken.

kloty hat gesagt…

an Franz: Und auch später war Wahrnehmung der Geschichte ganz verschiedene.

Genau darüber ist dieser Artikel

an view: Sie schreiben, dass die Angebote höchstens für 1/3 der Bevölkerung gereicht haben. Denken Sie, dass das ein Problem mit den Nationalitäten, oder eher ein Problem der Misswirtschaft war? Ich selbst kann mich sehr gut erinnern, dass es keine Plätze in Kindergärten gab unabhängig davon, ob sie jetzt estnisch- oder russisch-sprachig waren. Denken Sie, dass der kulturelle Angebot für russisch-sprachige besser war, als für die Esten? Gab es deswegen Neid?

Anonym hat gesagt…

Ich selbst kann mich sehr gut erinnern, dass es keine Plätze in Kindergärten gab unabhängig davon, ob sie jetzt estnisch- oder russisch-sprachig waren. Denken Sie, dass der kulturelle Angebot für russisch-sprachige besser war, als für die Esten? Gab es deswegen Neid?


Ich musste selber in die 0. Klasse (was in dem KGarten war und nix mit der Schule zutun hatte), da es keine Plätze in der estnischen Schule gab (damals gab es eine estnische Schule und 2 russischen schulen in der Stadt) und ein Jahr warten, viele meine Freunde aus KGarten war ein Jahr vor mir geladet. Und dafür musste meine Familie umziehen in ein anderes Stadtteil, da man nur so in die gewünschte Schule kam, die Schulen waren zwischen den Stadteilen geteilt und du dürftest in die Schule des anderen Stadtteils nicht gehen.


Über Neid kann ich so nicht sagen, da ich zu jung war und micht nicht erinnere ob es da mit der Kultur was hatte, aber bestimmt bei Wahren (Eis, Fleisch, Käse usw).

Anonym hat gesagt…

"Ausserdem bestand ungefähr 3/4 der Führung der Sowjetrepublik Estlands aus Esten"
"Sowjetrepublik" Estland war aus Moskau regiert. Und die Führung Estlands bestand hauptsächlich aus Russlands-Esten (Johannes Käbin, Artur Vader, Valter Klausson, Leonid Lentsmann, Karl Vaino etc.)

Anonym hat gesagt…

"Zu dieser Zeit wurden auch die Russifizierung Estlands begonnen"
Nämlich Russifizierung machte Sowjetherrschaft für die Esten unannehnbar. Der Anteil der Esten sinkte konsequent: (1959: 74,6 %, 1970: 68,2 %, 1979: 64,7 %, 1989: 61,7 %). Und deshalb fühlte Zukunft sehr düster zu sein.

kloty hat gesagt…

Hallo Franz,

was sind denn die Russland-Esten? Den Ausdruck höre ich zum ersten Mal. Danke.

Anonym hat gesagt…

Russland-Esten (Venemaa eestlane) sind Russen mit estnischen Namen, die meistens nichtmal Estnisch können. Z.B. Karl Vaino , nix mit Estnisch und Estland, lebt heute in Moskau. Damit will ich sagen, "russifizierte Esten". Aber nicht nur, heute kann man schwer sagen, wie "rot" die wirklich waren.

kloty hat gesagt…

an Franz: oh, ja solche kenne ich. Mein Vater hatte einen schönen estnischen Nachnamen Soonpere, hatte aber Russisch als Muttersprache (Estnisch sprach er aber auch perfekt). Und alles nur wegen der Oma aus St.Petersburg, die noch vor der russischen Revolution nach Estland kam und kein Estnisch sprach :-)

sonikrave hat gesagt…

"Sie schreiben, dass die Angebote höchstens für 1/3 der Bevölkerung gereicht haben. Denken Sie, dass das ein Problem mit den Nationalitäten, oder eher ein Problem der Misswirtschaft war?"

Wer soll dass heute noch kanstantieren können (ausser für sich persönlich vielleicht, soweit in der Zeit selbst betroffen)?

In der Sowjetzeit wurde über solche Probleme, wie auch immer elagert, ganz einfach nicht öffentlich diskutiert und allgemeingütlige Statistiken gibt es hierzu ganz sicher auch nicht.

Die Sowjetunion war in dem Sinne auch kein Rechtsstaat, in der irgendjemand häte etwas einfordern können.

Es gab mehr oder weniger priviligierte Menschen.

Die Sowjetunion war für mich ganz einfach ein System, welches sich mit Doktrinen und gezielt strukturierter Manipulation (nicht mit dem Kapitlaismus vergleichbar) weite Bevölkerungsteile ausgenommen hat, und umgesprungen ist, wie es den Räten aus Moskau in den eigenen Kram passte. Da war auch der überwiegende Teil der Bevölkerung in Estland vor allem Opfer, welches grösstenteils die nach Estland zwangsumgesidelten Russischsprachigen mit einschliesst.

Die sowjetische Politik war kennzeichnend für Überwachung, Kontrolle und Repression.

Für den sinkenden estnischen Bevölkerungsanteil durch "Russifizierung" war auch nicht das Hauptproblem der Esten.

Wer ganz einfach schon mal in einen freiheitlichen Staat gelebt hatte, was die Esten mehr oder weniger von 1918-1939 taten, der lehnt ganz einfach (zumindest mit gesundem Menschenverstand und Drang nach persönlicher Frieheit) jedweige Feudalherrschaft ab.

Und ja, fühlten sich (auch) ein Grossteil der Esten in der Sowjetunion nicht wohl, bis auf einige wenige, die vielleicht persönlich profitiert hatten.

Oder glaubt hier irgend jemand, dass ein System, welches Menschen zu Robotern degradiert hat, die Individualität genommen, die eigene Identität gebrochen hat, seines eigenen Hab und Gutes beraubt hat, fremdbestimmt wurde, im eigenem Land de facto nichts zu sagen hatte, - lachend und froh durchs Leben geht???

Den Esten wurde durch ddie Sowjetunion nicht nur die eigene Identität genommen, nicht nur die individuellen Zukunftprognosen versaut, sondern auch einen erheblich psyvhologischen Schaden in der Bevölkerung auch nach der Sowjetzeit hinterlassen.

Oder meint einer, der hohe Alkoholkonsum und die junge Sterberate von Männern z.B. bis weit in die Neunziger herein, kommt von ganz ungefähr?

Die Sowjetunion mitihrer miserablen Misswirtschaft und behlenden, sowie herabschauenden Politik hat viele Menschen an den Rand des Ruins gebracht, viel mehr vor allem psychisch kaputt gemacht, auch die Russischsprachigen und zudem 1991 ein volkswirtschaftliches Scherbenhaufen weit hinter dem Niveau des Estlands der 30iger Jahre hinterlassen.

Und dafür soll irgend jemand dankbar sein? Oder von der alten Sowjetzeit schwärmen?

Das wird wohl niemand von mir erwarten dürfen.

Ich gebe es auch ganz offen zu: Ich habe mich in der Sowjetunion einfach schlecht gefühlt, auch wenn ich es mir damals so nicht bewusst war, weil mir der Blick auf Alternativen verwehrt wurde.

Ich dachte ganz einfach, dass Leben ist eben schlecht und ich können vom Leben nicht mehr erwarten.

Und deswegen finde ich es auch nicht lustig, wenn heute bestimmte linksextreme Gruppen lachend und stammtisch artig den Kommunismus als den Fortschritt der Evolution feiern.

Der Kommunismus ist ein Rückschritt in einen Bauernstaat, der für einen schaltet und waltet und meine persönlichen Belange nicht berücksichtigt, vielmehr ich mich einem Kollektiv unterzuordnen hätte.

Deswegen bin ich auch happy heute in einem freihetlichem Staat leben zu können, auch wenn es hier Probleme unter anderem durch kapitilistische Leitkultur gibt.

Es gibt was ganz entscheidendes, was ich heute kann, und in der Sowjetunion nur von träumen konnte, ich kann heute in Freiheit leben. Ich muss keine mir vorgefertigten Rollen einnehmen. Ich kann und muss nicht wählen gehen. Ich kann reisen, wohin ich will. Ich kann kaufen was ich will ohne irgendwelchen Sowjeteliten den Arsch küssen zu müssen, nicht was mir vorprudziert wurde, falls überhaupt vorhanden und nicht falsch geplant wurde. Ich kann sagen, was ich will, sogar in der Öffentlichkeit - ohne für meine freie Äusserung bestraft zu werden.

Wenn natürlich jemand meint, für ihn sei die Sowjetunion toll gewesen, thats great for you, aber das was ich schreibe ist eben die Sicht der Dinge, wie ich sie sehe und für mich die Sowjetunion ein schelchter B-Movie war. Das ist meine Definition der Sowjetunion, die ich heute frei äussern darf, und nicht bloss in geschlossener Gesellschaft.

Warum sollte ich auch mit meiner Meinung unehrlich sein? Warum sollte ich verwschweigen, was die Sowjetunion der Bevölkerung genommen hat und diese psychisch vergewaltigt hat, und dann aus heutiger Sicht diese mit alten sowjetvererrlichenden Gescchichten glücklich machen? Da ist nichts zum lachen. Die Sowjetunion war für die Mehrheit der Bevölkerung bitterer Ernst, nicht nur die Armut, die gibts heute auch noch, aber vor allem was dass Ausleben der persönlichen Frieheiten betrifft, das Ausleben der eigenen Identität, die beschränkt war.

In der Sowjetunion gab es ein tolles Gesundheitsprogramm, egal ob diese nun Estnisch konnten, oder nicht? Are you f*** kidding me? War niemand mal beim Zahnarzt zur Sowjetzeit oder nicht mehr danach, so dass keine Vergleiche harngezogen werden können?

Ich meine, dass ist einfach verrückt. Was auch immer, you know.

Also, ich habe zumindest wenigstens den Luxus in der Sowjetunion aufgewachsen zu sein, danach in Deutschland und im heutigem Estland zu leben und sehr genau die Unterschiede der Systeme beobachtet haben zu können.

Offensichtlich ist dies einigen anderen entgangen. Oder sie leben in Russland, was aer nicht dafür sprechen würde, dass sich dort viel geändert hat.

Dann tut es mir für diese sehr Leid, dass diese nicht die verschiedenen Systeme kennengelenrt haben, und auch nicht zwischen den politischen Systemen abwägen können und die Perspektiven erkennen, was Schade ist.

kloty hat gesagt…

Hallo Sonikrave,

was Du schreibst ist absolut richtig und ich bin mit Dir komplett einer Meinung. Ich lese gerade über die sowjetischen Dissidenten und sie vertraten sehr ähnliche Meinung wie Du jetzt. Wie Du weisst, gibt es recht viele Sowjetnostalgiker in der ehmaligen DDR, in Russland und auch in Estland. Genau das habe ich in meinem Artikel geschrieben, anstatt den Schwerpunkt auf die Repressionen der 40-50 Jahre zu legen, sollte man die "goldenen" 60-80 Jahre entzaubern und zeigen wie die Sowjetunion zu der Zeit war. Dies ist noch nicht passiert und ich vermute deswegen, weil viele noch aktive Politiker auch in die Geschehnisse in dieser Zeit verwickelt sind.

sonikrave hat gesagt…

"Wie Du weisst, gibt es recht viele Sowjetnostalgiker in der ehmaligen DDR, in Russland und auch in Estland"

Darauf hingehend hoffe hoffe ich auch, vielmehr wünsche ich es der LINKE in Deutschland, dass diese es schafft, sich von diesen Nostalgikern zu lösen und den Weg für eine echte Sozialpolitik schafft, die mit den Grundrechten und Menschenrechten vereinbar ist.

Das wäre ein ersnt zu nehmender Gegenpol gegenüber den sogenannten neoliberalen Parteien.

Aber wie du weisst, ist die LINKE in Moment ein bunter Haufen, in der auch eben dese Nostalgiker in meinen Augen dieser Partei schaden anrichten.

Wer würde denn in den heutigen EU-Staaten der ehemaligen Sowjetunion so einer Partei nicht mit Antipathie begegnen?

Antipathie, nicht weil russenfeindlich, sondern weil diese ganz einfach das Sojetsystem als ablehnend und verzichtbar betrachten und es für mich zumindest eine persönliche Bedrohung meiner freien Etnwicklung bedeutet.

Das ist auch bei den Nostalgikern von rechten Parteien nicht viel anders. Wer würde denn heute noch meinen, das die Vaterlandsunion in Estland noch eine absolute Mehreit erlangen können (die mangels Wählerschafft sich nur noch mit der Fusion mit res publica über Wasser hält, de facto vielmehr aufgelöst wurde)?

Warum ist die katholische Kirche in Estland so verpöhnt, und die Mitgliedzahlen niedrig und stagnierend? Weil sie ein Sammelbecken für Patriarchen und Nationalisten ist, die frauenfeindlich, gayfeindlich und die traditionellen Werte vertritt, von denen sich gerade die jungen in Estland lebenden Menschen erst gelöst haben und hinter sich haben.

Das braucht doch heute niemand als Wiederholung von rechtsextrem her, anstatt von linksextrem.

Was soll eigentlich fortschrittlich daran sein, sich an einem veralteten politischen System sich zu bedienen?

sonikrave hat gesagt…

"(...) anstatt den Schwerpunkt auf die Repressionen der 40-50 Jahre zu legen, sollte man die "goldenen" 60-80 Jahre entzaubern und zeigen wie die Sowjetunion zu der Zeit war (...)"

Ich denke, eine sachliche Entzauberung lässt sich am Schulsystem und staatlichen Erziehungsmaßnahmen bestens ausmachen.

Was wurde gelehrt?

Wie wurde gelehrt?

Was wurde verschwiegen? Wie hatten sich die Schüler zu verhalten?

Was durfte nicht artikuliert werden?

Wurden die Schüler über ihre Familienverhältnisse und politische familiäre Gedanken ausgefragt?

Wurden "Dissidenten" strukturiert benachteiligt in Bezug auf berufliche und wirtschaftliche Entwicklung hin?

Wurden Personen mit abweichender Meinung politisch verfolgt?

Was fand in den Ferienlagern der Pioniere statt?

Gab es in der Sowjetunion Umerziehungslager (Zuchthäuser)?


etc.

Und wie sieht es heute in Estland aus?

kloty hat gesagt…

Hallo Sonikrave,

was die LINKE und die DDR-Nostalgiker anbetrifft, stimme ich Dir vollkommen zu.

Deine Idee die Idiologien darauf überprüfen, wie sie zur jungen Generation sich verhalten, finde ich sehr interessant und richtig. Ich würde vorschlagen beide Systeme die sowjetische und die heutige estnische mit den PISA-Weltmeistern Finnland zu vergleichen, liegt ja quasi um die Ecke. Es ist klar, dass das sowjetische System schlecht abschneidet, was Propaganda angeht, ich erinnere mich noch wie wir im Biologieunterricht gelernt haben, das ein Weg Infektionen zu übertragen, die gemeinsame Benutzung von Taufbecken in der Kirchen war. Im Pionierlager hatte ich mal eine Urkunde bekommen, weil ich der Schnellste beim An- und Ausziehen von ABC-Schutzmaske war. Aus der heutigen Sicht komplett unvorstellbar. Allerdings wenn man das heutige estnische System kritisch betrachtet, stellt man vielleicht fest, dass die Geschichtsbücher nach Mart Laar etwas einseitig sind und das estnische Volk generell als Opfer und das russische und das deutsche generell als Täter dargestellt werden, so dass die russischen Kinder lernen müssen, dass sie Okkupanten sind und nicht willkommen in dem Land in dem sie geboren wurden und leben. Gut finde ich das auch nicht.

sonikrave hat gesagt…

"Allerdings wenn man das heutige estnische System kritisch betrachtet, stellt man vielleicht fest, dass die Geschichtsbücher nach Mart Laar etwas einseitig sind (...)"

Mart Laar gehört(e) ja auch der Vaterlandsunion an. Glaub nicht, dass Mart Laar unkritisch in Estland gesehen wird. Dass betrifft auch das Okkupationsmuseum, wo diese Leute mit drin sind.

Einseitig sind übrigens auch die Lehrbücher in Deutschland bezüglich des zweiten Weltkrieges, welches an Deutschen Schulen (zumindest an der ich zeitweise war) sehr ausführlich und permanent zum Lehrstoff gehört und andere wichtige historische Entwicklung komplett ausser Acht gelassen werden (zum Beispiel worauf die Judenverfolgung seit rund 2000 Jahren aufbaut, dass die katholische Kirche ihre Finger ganz tief mit im Spiel hat und die Judenverfolgung im dritten Reich zur Zuspitzung dieses Konfliktes geführt hatte, woran sich die Nazis ganz einfach bedient hatten, was alles in den deutschen Schulgeschichtsbüchern nicht mal ansatzweise erwähnt wird, noch die strukturierten Vergewaltigungen von der Roten Armee zu Kriegsende bis kurz nach Kriegszeit).

sonikrave hat gesagt…

Von 1967 bis 1987 nahm die sowjetisches Regierung durch die Geheimpolizei mehr als 2 Millionen Menschen fest, die aus politischen Gründen durch psychiatrische Gutachten als mental krank "diagnostiziert" wurden.

Imn Folge dessen wurden diese Personen ferner in psychiatrische Bahandlungen gezwungen.

Vielleicht wollen wir uns darüber mal unterhalten Kloty, und wie diese Behandlungen aussahen und was für "Medikamente" verabreicht wurden, um diese Personen psychisch, als auch physisch zu zerstören?

Was wurde also den so vom Sowjetregime gebrandmarkten "Dissidenten" und "Feinden" angetan?

kloty hat gesagt…

Sonikrave: Ich bezweifle ja nicht, dass in Jahren 1967-1987 viele Menschenrechtsverbrechen in Sowjetunion begangen wurden, wenn Du meinen Artikel genau durchliest, habe ich mich recht deutlich ausgedrückt. Was ich meine, ist, dass man diese Periode, die sogar schon in mancher deutscher Zeitung als die "goldene" Zeit der Sowjetunion benannt wird, viel mehr in den Mittelpunkt der Aufklärung um die Verbrechen in der Sowjetunion rücken sollte. Nur wie gesagt, ist dabei die Gefahr gross, dass auch mancher bis heute aktiver Politiker in Fadenkreuz der öffentlichen Meinung rückt und zur Verantwortung gezogen werden kann, wie Arnold Meri für seine Taten in den 50er Jahren.

sonikrave hat gesagt…

Hallo Kloty, nun ja Menschenrechtsverletzungen sind in der Regel mit schweren Straftaten verbunden, die nicht immer mit der Zeit verwirken, vielleicht auch nicht verwirken sollten.

Damit sowas auch nicht wieder vorkommt, sollte auch klar gemacht werden, dass jede einzelne Person, die sich an Verbrechen beteiligt, vor allem für sich selbst verantwortlich ist und haftbar gemacht werden kann, um sich nicht hinter einem radikalen System zu geschützt zu fühlen.