Sonntag, April 10, 2011

Abschiebehaft in Estand

Drei Männer aus der Abschiebehaft im Ort Harku bei Tallinn haben einen 8-tägigen Hungerstreik durchgeführt, einer hat sogar versucht sich umzubringen. Sie fordern die Abschiebepraxis zu ändern, von der auch Leute betroffen sind, die in Estland geboren wurden und grosse Zeit ihres Lebens dort verbracht haben, das berichtet Portal ERR mit dem Verweis auf Aktuelle Kamera, eine Sendung des Estnischen Rundfunks.

Im Amt für Staatsangehörigkeit- und Migrationsfragen betonte man, dass Geburtsort in dieser Frage nicht bestimmend ist. Die Menschenrechtler behaupten, dass Ausweisung von Leuten, die in Estland seit 20 Jahren leben, den Empfehlungen des Europarates widersprechen.

Die Juristin des Informationszentrums für Menschenrechte Jelena Karzhezkaja beschäftigt sich mit den Problemen solcher Leute seit mehreren Jahren. Um einen Illegalen aus dem Stacheldraht-Gefängnis zu befreien und ihm den Status eines vollwertigen Mitglieds der estnischen Gesellschaft zu geben, vergehen manchmal bis zu 10 Jahre, man muss alle Gerichtsinstanzen durchlaufen. Doch auch das rettet nicht immer, und man muss die Aufmerksamkeit auf sich durch solche radikalen Mittel lenken.

Wie der Portal "Baltija" schon berichtet hat, kam am 18. März 2011 in die Redaktion per Email ein Schreiben von zwei Männern, die sich in der estnischen Abschiebehaft im Ort Harku in der Nähe von Tallinn befinden, an. Dmitrij Samsonnikov (Jahrgang 1978) und Rustam Zejnalov (Jahrgang 1988) berichten, dass die estnischen Behörden absolut gleichgültig zu ihren Schreiben sind, in denen sie auf die rechtlose Lage der in Haft befindenden Personen hinweisen. Sie hoffen, dass eine Veröffentlichung in Massenmedien helfen wird die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die existierende Probleme zu wecken.

Hier ist ihr vollständiger Brief:

An die Redaktion von Samsonnikov Dmitrij geb. 15.11.1978 und Zejnalov Rustam geb. 10.06.1988, die sich in der Abschiebehaft Harku, Aia 5, 76902 Harjumaa Estland sich befinden.

Sehr geehrte Redaktion, wir bitten sie nachdrücklich, uns zu unterstützen und uns zu helfen. Wir möchten an die Presse und die Öffentlichkeit bringen, dass in Estland ein ernsthaftes Problem gibt, das gelöst werden muss. Das Problem besteht darin, dass aus Estland Einwohner abgeschoben werden, die hier schon seit längerer Zeit leben, Familien haben und auch solche, die hier geboren sind und ihr ganzes Leben hier gelebt haben.

Wir haben uns an die estnischen Behörden gewandt, mit der Bitte schnell Massnahmen zu ergreifen und dieses Problem zu lösen, die Rechtsgrundlage zu ändern, aufgrund derer die Abschiebungen geschehen, oder auf eine andere Weise Möglichkeiten zu schaffen, damit man solche Leute nicht aus Estland abschieben darf. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Situation im Land folgende, dass jeder Einwohner, der keine estnische Staatsbürgerschaft hat, in jedem Moment sich dem Risiko aussetzt aus Estland abgeschoben zu werden oder bis zu 1,5 Jahre in Abschiebehaft abzusitzen, weil man ihm die Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängert, obwohl er eine Familie in Estland hat, hier geboren wurde, den größten Teil oder sein ganzes Leben in Estland gelebt hat. Viele solche Leute wurden schon aus Estland abgeschoben. Eine ähnliche Sachlage ist in vielen anderen europäischen Ländern unzulässig.

Mit der Bitte Massnahmen zu ergreifen und dieses Problem zu lösen haben wir uns an den estnischen Präsidenten, an den estnischen Premier-Minister, an den Justizkanzler und den Direktor des Amtes für Staatsangehörigkeit- und Migrationsfragen gewandt. In diesem Schreiben haben wir angekündigt, dass falls dieses Problem nicht gelöst wird, dann werden wir - Samsonnikov Dmitrij und Zejnalov Rustan vom 29.03.2011 als Zeichen des Protestes einen Hungerstreik anfangen. Auch haben die anderen Gefangenen in der Abschiebehaft vor, Hungerstreik als Zeichen der Unterstützung anzufangen. Wir denken, dass wir fairerweise bitten können uns irgendwelche Garantien zu geben, damit man uns nicht im nächsten Moment aus Estland abschieben wird. Samsonnikov Dmitrij ist in Estland geboren, er lebt sein ganzes Leben in Estland, hat hier Familie. Zejnalov Rustam ist in Estland geboren und hat den größten Teil des Lebens hier verbracht auch er hat Familie in Estland. Momentan gibt es einen Beschluss über Abschiebung der beiden aus Estland.

Nachfolgend wird der Text des Schreibens auf den Namen des estnischen Premier-Ministers Andrus Ansips publiziert

Schreiben

Wir, Samsonnikov Dmitrij und Zejnalov Rustam wenden uns mit der Bitte dringend Massnahmen zu ergreifen und das Problem zu lösen, dass aus Estland Einwohner abgeschoben werden, die hier lange Zeit leben, Familien haben und auch solche, die hier geboren wurden und die längste Zeit ihres Lebens in Estland verbrachten. Wir bitten die Rechtsgrundlage für die Abschiebung zu ändern oder auf eine andere Weise Möglichkeiten zu schaffen, damit man solche Leute nicht aus Estland abschieben darf. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Situation im Land folgende, dass jeder Einwohner, der keine estnische Staatsbürgerschaft hat, in jedem Moment sich dem Risiko aussetzt aus Estland abgeschoben zu werden oder bis zu 1,5 Jahre in Abschiebehaft abzusitzen, weil man ihm die Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängert, oder annulliert, obwohl er eine Familie in Estland hat, hier geboren wurde, den größten Teil oder sein ganzes Leben in Estland gelebt hat. Falls dieses Problem nicht gelöst wird, dann werden wir - Samsonnikov Dmitrij und Zejnalov Rustan vom 29.03.2011 als Zeichen des Protestes einen Hungerstreik anfangen

Ich, Samsonnikov Dmitrij bin in Estland geboten und habe hier mein ganzes Leben, also 32 Jahre rechtlich legal verbracht. Alle meine nahen Verwandten mit denen ich als eine Familie seit meiner Geburt gelebt habe, leben auch in Estland. Das sind mein Vater, Samsonnikov Aleksandr, mein Bruder Samsonnikov Igor, estnischer Staatsbürger, Samsonnikova Ljuba, estnische Staatsbürgerin, in Estland lebt auch meine Frau Wirjasova Ilona, mit der ich seit 01.08.2009 in nichteingetragener Partnerschaft zusammenlebe.

Es hat sich folgende Situation ergeben, dass ich nicht die estnische Staatsbürgerschaft bekommen konnte und habe für den Anfang wie viele Einwohner Estlands einen ausländischen Pass bekommen (wahrscheinlich ist der staatenlosen Ausweis gemeint, Anm. des Übersetzers). Die estnischen Behörden haben mit dem Ziel die Anzahl der Staatenlosen zu verringern, von den Einwohnern ohne Staatsbürgerschaft gefordert, dass man irgendeine Staatsbürgerschaft annehmen soll, falls man die estnische Staatsbürgerschaft nicht bekommen kann und da man es mir nicht erlaubt habt, die estnische Staatsbürgerschaft zu beantragen, habe ich die russische Staatsbürgerschaft angenommen, dabei hat man mir in der Migrationsbehörde erklärt, dass wenn ich die russische Staatsbürgerschaft habe, kann ich weiterhin in Estland leben und mich kann niemand unter keinen Umständen aus Estland verjagen. Danach hat man es in Estland die Forderung fallengelassen irgendeine Staatsbürgerschaft anzunehmen, doch ich hatte schon die russische Staatsbürgerschaft und ich konnte mich nicht mehr von ihr lossagen, falls mir kein anderes Land eine Staatsbürgerschaft garantiert.

Im Jahr 2008 hat die Migrationsbehörde sich geweigert mir die Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern, dabei spielte eine Rolle, dass ich die russische Staatsbürgerschaft habe. Ich bin der Meinung, dass die Migrationsbehörde es nicht darf, mir die Aufenthaltsgenehmigung nicht zu verlängern, und mir das Leben schwerzumachen. Zuvor hat man mir keine reale Möglichkeit gegeben die estnische Staatsbürgerschaft zu bekommen, man gab mir den Staatenlosenausweis, danach verlangte man irgendeine Staatsbürgerschaft anzunehmen, ich habe diese Forderung erfüllt, deswegen kann ich fairerweise um irgendwelche Garantien bitten, dass man mich nicht jeden Moment verhaftet und aus Estland wegschickt, denn Estland ist meine Heimat, wo ich geboren wurde, mein ganzes Leben verbrachte und niemals vorhatte Estland zu verlassen. Hier lebt meine ganze Familie. Momentan, am 31.01.2011 hat man mich in Abschiebehaft genommen um mich nach Russland abzuschieben. Das ist zu grausam und ungerecht. Die Migrationsbehörde sollte mir nicht die Aufenthaltsgenehmigung verweigern, auch weil es zu unverhältnismäßig schweren Folgen für mich und meine Verwandten geführt hat:

1). Vom 10.07.2009 - 31.01.2011 lebte ich in Estland, ohne die Möglichkeit zu arbeiten oder irgendwelche finanzielle Unterstützung für meinen Lebensunterhalt zu bekommen. Mich hat man beim Arbeitsamt und Sozialamt nicht registriert, da ich keine Aufenthaltsgenehmigung habe und weil meine Daten vom Einwohnermeldeamt entfernt wurden. Ich lebte all diese Zeit ohne die Möglichkeit irgendwelche Mittel zu meiner Existenzsicherung zu bekommen, was eine grausame Behandlung ist. Ich habe mich bei dem Sozialministerium, beim Justizkanzler und in der Stadtverwaltung beschwert, doch das hat die Situation nicht geändert.

2). Ich habe keine Möglichkeit Wirjasova Ilona gesetzlich zu ehelichen, mit der in nichteingetragener Partnerschaft lebe.

3). Falls man mich nach Russland ausweist, kann ich nicht nach Hause zurückkehren, die Familie wird geteilt. Zusammen mit dem Schreiben über die Ausweisung wurde über mich ein Verbot verhängt, nach Estland für drei Jahre zurückzukehren.

4). Ich wurde in Abschiebehaft verlegt und meine Freiheit ist eingeengt, das lässt mich und meine Verwandten leiden. Mein Vater und meine Lebensbegleiterin können nicht mal sprechen ohne Tränen in den Augen zu haben, wenn wir telefonieren oder uns sehen, vor Leid und Trauer.

Bei der Weigerung mir die Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern, hat man nicht berücksichtigt, dass ich ein schwerkranker Mensch bin, der ununterbrochene Behandlung bis zum Ende seines Lebens braucht, ich lebte noch nie in Russland, ich habe dort keine Wohnung und keine Verwandte oder Freunde.

Das alles wäre nicht passiert, wenn man mir die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung nicht verweigern würde. Gesetz über Ausländer erlaubt eine Aufenthaltsgenehmigung auch denjenigen zu geben, die aufgrund irgendwelcher Parameter nicht in die Kategorie der Leute passen, denen man normalerweise die Aufenthaltsgenehmigung für das Leben in Estland gibt. Man sollte nicht vergessen, dass ich nicht ein illegaler Emigrant oder ein Tourist, deren Visa abgelaufen ist, bin, sondern Estland ist meine Heimat, ich bin hier geboren und ich lebe hier mein ganzes Leben und hier lebt meine Familie.

Die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung habe ich bis zum Tartuer Staatsgericht angefochten, doch konnte ich keine Annullierung des Beschlusses erreichen.

Zejnalov Rustam geb. 10.06.1988 ist in Estland geboren und lebte dort bis 10 Jahren. Im Alter von 10 Jahren hat sein Vater ihn ohne die Erlaubnis der Mutter Veilberg Stella geb. 20.09.1968 nach Azerbadzhan mitgenommen. Seine Mutter hat in ihren erfolglosen Bemühungen den Sohn zu finden, sich sogar an die Fernsehsendung "Finde mich" gewandt. Mit 18 Jahren, als Rustam volljährig wurde, kehrte er in seine Heimat Estland zu seiner Mutter und seiner Schwester Diane Veilberg geb. 02.04.2002 zurück. Rustam hat keine azejbadzhanische Staatsbürgerschaft und solange er in Azerbadzhan war, verlängerte ihm die Mutter die Aufenthaltsgenehmigung in Estland 1995-2000 und 2000-2005, damit wenn Rustam nach Hause kommt, er legal in Estland leben kann. Nachdem er nach Hause kam, kam Rustam nach zwei Monaten ins Gefängnis. Im Gefängnis verlängerte er die Aufenthaltsgenehmigung 2009-1014. Vor dem Ablauf der Gefangenschaft 2010 hat die Migrationsbehörde seine Aufenthaltsgenehmigung annulliert und bevor er aus der Gefangenschaft freikam, wurde er in die Abschiebehaft in Harku überführt.

In der Abschiebehaft befindet sich Rustam schon mehr als 10 Monate, seine Identität ist festgestellt, die Migrationsbehörde hat sich schon zwei mal an die azerbadzhanische Behörden gewandt, mit der Bitte Rustam ein Reisedokument zu geben, um ihn nach Azerbadzhan abschieben zu können. Die azerbadzhanische Behörden antworteten schon zwei Mal, dass Zejnalov Rustam kein Staatsbürger von Azerbadzhan sei, doch führt man fort ihn in Abschiebehaft zu halten. Die Migrationsbehörde kann ihn dort bis zu 1.5 Jahre festhalten.

Zejnalov Rustan, seine Mutter Veilberg Stella und seine Schwester Veilberg Diana wollen alle zusammen in Estland als eine Familie leben und denken, dass es ungerecht ist, dass man Rustam aus Estland rausschicken möchte, wo er geboren wurde und sein größten Teil seines Lebens verbrachte. Falls man Rustam aus Estland abschiebt, passiert wieder Familienteilung. Auch sind Zejnalov Rustam und seine Mutter äußerst unzufrieden, weil man Rustam schon länger als 10 Monate in Abschiebehaft festhält, obwohl die azerbadzhanische Behörden schon zwei Mal geantwortet haben, dass Zejnalov Rustam nicht azerbadzhanischer Staatsbürger ist.

In der Zeit in der Rustam Zejnalov in der Abschiebehaft war, hat er schon einen Menschen gesehen, über dem eine gezwungene Abschiebung aus Estland nach Russland verhängt wurde, der eine Familie in Estland hatte, Kinder, Frau und Eltern, von seiner Kindheit lebte er an die größte Zeit seines Lebens in Estland. Die Russische Föderation hat den Mann nicht angenommen, doch die Mitarbeiter der Migrationsbehörde hielten ihn in der Abschiebehaft fest, damit er aufgibt und freiwillig aus Estland wegfährt, doch er starb in der Abschiebehaft, nachdem er dort ein Jahr abgesessen ist. Der Mann hiess Raschid Lagunov, die Russische Föderation hat ihn nicht angenommen, weil er nicht unter die Kategorie von illegalen Immigranten fiel und bis er selbst nicht den Wunsch äussert Estland zu verlassen, nahm man ihn nicht an. Auf diese Weise, die Abschiebehaft als Druckmittel nutzend, hat die Migrationsbehörde mehr als einen Menschen aus Estland weggeschickt, in der Zeit in der Rustam Zejnalov sich in der Abschiebehaft befindet.

Aleksandr Ljapin, geb. 29.07.52 in Estland in der Stadt Kohtla-Järve. War nicht vorbestraft. 1997 ist er freiwillig nach Russland ausgereist. Er war dort einige Tage und kehrte zurück nach Estland. Am 18.02.1998 hat die Migrationsbehörde Aleksandr Ljapin als illegalen Einwanderer, der sich in Estland befindet, registriert, als er selbst dorthin kam und sagte, dass er keine Dokumenten hat. Am 07.03.2011 hat die Behörde für Staatsangehörigkeit- und Migrationsfragen eine Aufforderung zur Abschiebung ausgestellt und brachte ihn in Abschiebehaft, um ihn auszuweisen. Am selben Tag erklärte Aleksandr Ljapin den Mitarbeitern der Behörde, dass er 1997 nicht nach Russland hat ausreisen wollen, doch geriet er in Fänge von Betrügern, die ihn ausgenutzt hätten und es kam dabei raus, dass er freiwillig einen Einreiseantrag für Russland beantragt hat, um ein Auto für diese Leute aus Estland nach Russland überzuführen, für die Leute, die nach Russland ausreisten, gab es bestimmte Zugeständnisse für die Überführung vom Auto.

Aleksandr Ljapin war in Russland einige Tage und kehrte zurück nach Estland. Er erklärte, dass er nicht nach Russland gehen möchte, trotz der russischen Staatsbürgerschaft lebte er niemals in Russland, er hat dort keine Wohnung, keine Verwandte oder Bekannte, er will in Estland bleiben, weil er hier geboren ist und 58 Jahre hier lebt, hier sind sein Bruder und seine Eltern begraben. All dies nicht in Rücksicht nehmend, gab es einen Beschluss Aleksandr Ljapin in Abschiebehaft zu nehmen und in nach Russland auszuweisen. Man gab ihm 10 Tage, um den Beschluss über seine Unterbringung in der Abschiebehaft und die Abschiebung selbst anzufechten, doch bis heute hat man ihm keinen Rechtsanwalt zur Verfügung gestellt und haben auch nicht erklärt, wie er das machen soll, und die Frist geht zu Ende.

14.03.2011 Samsonnikov Dmitrij (Unterschrift )
14.03.2011 Ljapin Aleksandr (Unterschrift)
14.03.2011 Zejnalov Rustam  ( Unterschrift)


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Selber diesen Weg gewäht, da kann man nur staunen.

Anonym hat gesagt…

Die sind wohl in Estland vorbestraft?