In diesem Blog wurde schon berichtet, dass die estnische Politikerin Yana Toom ein Gerichtsverfahren gegen die KAPO angestrengt hat, weil sie ihren Namen im KAPO-Jahresbericht fand, dort wurde sie beschuldigt russische Gymnasien unter Druck zu setzen, damit sie Anträge bei dem Bildungsministerium stellen, um weiterhin in russischen Sprache unterrichten zu können. Frau Toom wollte sich mit dieser Unterstellung nicht abfinden und verklagte die KAPO auf die Entfernung ihren Namens aus dem Bericht.
Wie die Anhörung der Zeugen der KAPO verlief, kann man im oben verlinkten Bericht nachlesen. Die Zeugen von Yana Toom wurden nicht angehört, weil die Richterin Dagmar Maastik das für unnötig hielt. Letzte Woche wurde dann das Urteil gefällt, das in seiner Begründung an Absurdität kaum zu überbieten ist.
Die KAPO hat recht bekommen, weil in die Kompetenzen dieser Behörde Terrorakten mit explosiven Mitteln eingehen. Im April 2007 wurde während der Unruhen ein Mensch getötet, im August 2011 ist ein Mann mit Hilfe von Feuerwaffen und explosiven Mitteln in das Verteidigungsministerium eingedrungen und nur durch Glück ist kein Mensch durch explosive Pakete umgekommen. Dmitrij Ganin wurde zwar ohne Verwendung von explosiven Mitteln getötet, aber das bedeutet nicht, dass so was nicht nächstes Mal passieren kann.
Was hat das alles mit russischen Gymnasien zu tun? Aus dem Urteil Seite 13: "Bei ihren Auftritten hat die Klägerin tatsächlich die Bevölkerung nicht aufgerufen mit Gewalt gegen den Übergang zur estnischen Sprache zu protestieren, doch das Misstrauen gegen den estnischen Staat und Regierung, das sie verbreitet hat, die Darstellung der russischen Gemeinde als rechtlosen Geiseln, die der estnische Staat folgenlos erniedrigt und beleidigt, der Aufruf für seine Rechte einzustehen und die Forderung die Tätigkeit der russischsprachigen Gymnasien weiterzuführen, können zu Gewaltausbrüchen mit unvorhersagbaren Folgen führen. (…) Nicht weniger gefährlich ist die Durchführung von Parallelen mit dem Bronzenen Soldaten. Und falls in den Köpfen solche Vergleiche in Gewissheit umschlagen, dass sie vergewaltigt (im übertragenen Sinne) werden, die Proteste und Gewalt können eine Gefahr für das Hab und Gut, die Gesundheit und das Leben der Leute werden und im Fall ihrer Eskalation kann die verfassungsrechtliche Ordnung und die territoriale Ganzheit des Staates unter Bedrohung stellen"
Damit ist jeder Protest gegen die Assimilierung (Integration ist es schon lange keine mehr) kriminalisiert. Denn jeder Protest der russisch-sprachigen Bevölkerung kann theoretisch in Gewalt umschlagen bei der explosive Mittel zur Anwendung kommen. Fragt sich nur, ob solche Urteile nicht viel eher zum Gewaltausbruch beitragen. Denn solche Urteile zeigen, dass die Vertikale der Macht inzwischen auch die Justiz integriert hat.
Yana Toom hat angekündigt in Revision zu gehen, wenn nötig, dann bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Gerichtsurteile gegen ihre Kollegen Mihhail Stalnuhhin und Mihhail Kõlvart, die aus gleichen Gründen geklagt haben, werden noch verhandelt.