Der estnische Justizminister Kristen Michal hat endlich die Konsequenzen aus der Korruptionsaffäre gezogen und ist zurückgetreten. Damit es zu diesem Schritt kam bedurfte es mehrere Demonstrationen vor den Parteisitzen der Reformpartei in Tallinn und in Tartu, dutzende Zeitungsartikel, selbst der Präsident äußerte den Wunsch, dass der Justizminister seinen Posten räumen soll. Ob die Affäre noch weitere Kreise ziehen wird, die Reformisten wieder stark werden und wer der Nachfolger wird, bleibt abzuwarten. Ebenfalls bleibt abzuwarten, ob nicht demnächst weitere Rücktritte fällig werden, zum Beispiel vom Wirtschaftsminister Juhan Parts, der für mehrere falsche Entscheidungen bei der Wirtschaftspolitik Estlands verantwortlich war und deswegen mehrere hundert Millionen Euros verpulverte. Nicht auszuschliessen ist es, dass bei der Vergabe von einem Auftrag zum Bau von Kraftwerken im Wert von 650 Mio. EUR Schmiergelder geflossen sind.
Eine weitere Fehlentscheidung wurde heute gefällt. Estland verweigert dem Nordstream-Konsortium Untersuchungen in seinen Gewässern für den Bau einer zweiten Gaspipeline. Somit wird wohl wieder Finnland zum Zug kommen, was den Bau unnötig erschwert und verteuert, aber nicht verhindert. Die Begründung für die Verweigerung: Während der Untersuchungen könnte man auf Bodenschätze stoßen und man will nicht, dass diese Entdeckung eine fremde Macht für sich in Anspruch nimmt. Offensichtlich hat man immer noch Hoffnungen auf Öl in der Ostsee zu stossen.
Heute morgen hat die lettische Sicherheitspolizei die Wohnungen von Vladimir Linderman, Illarion Girs durchsucht und sämtliche Computer und Datenträger beschlagnahmt. Linderman ist ein bekannter Infant terrible der lettischen Gesellschaft. Er war Mitbegründer der National-Bolschewistischen Partei Lettlands, kämpfte für den Erhalt der russischen Schulen in Lettland, initiierte einen Volksentscheid zur russischen Sprache als zweite offizielle Staatssprache in Lettland. Sein neuester Projekt ist eine Autonomie für Lettgallen zu erreichen. Lettgallen liegt im Osten von Lettland und hat bei dem Volksentscheid die höchsten Werte für die russische Sprache eingefahren. Deswegen ist der Autonomiegedanke nach dem Vorbild Spaniens evtl. mehrheitsfähig. Jetzt wirft man Linderman und Girs vor, dass sie den Artikel 83 des Strafgesetzbuches "Aufruf zur Zerstörung der territorialen Einheit" verletzen würden. Die Sicherheitspolizei ist für Linderman nichts neues, seine einzige Sorge war, dass man ihm kein Sprengstoff während der Durchsuchung unterschiebt, wie er schon einmal vor dem Gericht bewiesen hat. Das Ziel der Durchsuchung war wohl die Durchführung einer Konferenz am 8. Dezember in Daugavpils zu verhindern. Ob dieses Ziel erreicht wurde, wird man sehr bald sehen. Interview mit Linderman und Girs kann man hier nachlesen.
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