Mittwoch, Januar 23, 2013

Ein trauriger Rekord, 160 Leute starben an Überdosis

Dieser Artikel ist eine Übersetzung aus Postimees

In 2001 starben in Estland an Drogenüberdosis 38 Leute. Im selben Jahr wurde eine lange und gründliche "Staatliche Strategie gegen Drogen bis Jahr 2012" vorbereitet. Jetzt ist sie ausgelaufen.

Im letzten Jahr starben in Estland an Überdosis schon 160 Leute. Dies ist ein Rekord, der höchste Stand unserer gesamten Drogengeschichte. Wenn man diese Zahl der Zahl unserer Bevölkerung gegenüberstellt, dann stellt sich heraus, dass wir auf dem ersten Platz in der EU sind. Bei uns sterben im Jahr auf hunderttausend Menschen acht mal mehr Menschen wegen Drogen als im EU-mittel.

Ein Paradoxon der Polizeiarbeit


Dabei ist die Zahl der anderen unnatürlichen Todesfälle in diesem Jahrzehnt gesunken. Zum Beispiel ist die Zahl der Toten bei den Verkehrsunfällen auf die Hälfte gesunken. Es gibt dreimal weniger Morde. Die Zahl der Ertrunkenen ist um fast das dreifache gesunken, ebenso die Zahl der Brandopfer.
"Es gibt keinen Sinn zu versuchen sich herauszuwinden - trotz der ausgezeichneten Drogenstrategie muss man anerkennen, das wir gescheitert sind" - gibt der Polizeimajor der Zentralen Kriminalpolizei Risto Kasemäe zu.

Unter diesem "wir" meint er nicht nur die Polizei, aber die gesamte Antidrogentätigkeit des Staates. Natürlich kann man sagen, dass die Zahl der Drogentoten nicht der einzige Fakt ist. Wenn man was positives sagen möchte, könnte man erwähnen, dass laut den Umfragen, haben in den vergangenen Jahren weniger Jugendliche damit angefangen mit Amphetaminen zu experimentieren, und die Zahl der fixenden Drogenabhängigen hat sich etwas verringert.

Doch die Wahrheit ist, dass insbesondere was die Fixer angeht, bekam man diese Zahlen auf indirektem Wege, genau kann man sie nicht messen und die Abweichung kann recht hoch sein. Die Arbeiter in dieser Szene sprechen über 5000 - 20000 fixende Süchtige. Solch eine grosse Schwankung sagt nur aus, wie ungenau die Information über die Verbreitung der Drogensucht ist. Der Mangel an Information ist schon an sich ein Problem.

Auf diese Weise stellt sich heraus, dass die einzige genau erfasste Zahl ist die Anzahl der Drogentoten, die aus den Untersuchungen des Institutes für Gerichtsmedizin sich ergibt.

"Man muss verstehen, dass falls das Problem der Drogensucht sich in der Gesellschaft verwurzelt hat, dann muss man schon für den Erhalt des Status Quo sichtbare Anstrengungen unternehmen" - meint der Direktor des Instituts für die Gesundheit Maris Jesse.

Der Kampf gegen die Drogen ist voll von Paradoxen, besonders für die Polizei. Im letzten Jahr konfiszierten die Polizisten mehr Fenanyl, die Lieblingsdroge der Fixer, als in den letzten Jahren.

Sie beschlagnahmten 1.5 Mio. von kriminellem Geld, was um die Hälfte höher war, als im Jahr 2011. Wenn im Jahr 2007 330 Drogenverbrecher im Gefängnis landeten, so im Jahr 2011 schon 561.

"Wir messen unsere Arbeit mit allen möglichen Maßen und alle zeigen sie Verbesserung der Lage" - sagen die Polizisten. Doch es gibt mehr und mehr Drogentote.

"Im letzten Monat hat die Põhja-Präfektur eine größere Operation gegen Drogen organisiert. Dabei sind im Dezember nur vier Drogenabhängige wegen Überdosis gestorben - die kleinste Zahl im ganzen Jahr" - bemerkt Risto Kasematte.

"Wenn ich billige Popularität haben möchte, so könnte ich einfach sagen: Da schaut mal, wir haben eine große Operation durchgeführt und es gab weniger Todesfälle. Doch die langjährigen Erfahrung zeigt, dass es keine Verbindung zwischen der Polizeiarbeit und der Anzahl der Todesfälle gibt" - sagt der Polizeimajor.

Geld ist kein Zauberstab

Verständlich, dass in solchen Situation wenn die Daten sich widersprechen und die Leute keine genauen Gründe und Folgen angeben können, ist es schwer zu bewerten, was falsch gemacht wurde.

Vielleicht war die zehnjährige Strategie der Prophylaxe nichtig? Nein, war es nicht, so behaupten zumindest die Experten, die estnischen und die ausländischen, die Strategie war richtig, es wurde die Erfahrung in Estland und in anderen Ländern berücksichtigt.



Vielleicht ist der Grund das Fehlen von Ressourcen, Geld und Leute? Das ist ein einsichtiger Grund. Die Finanzierung des Kampfes gegen die Drogen ist zeitweise wirklich instabil. So wurde das Budget des Instituts für Gesundheit (TAI) im Jahr 2009 um 30% gekürzt, deswegen stoppte für mehrere Jahre die Weiterentwicklung des Kurierens und der Rehabilitierung.

Doch ist auch Geld nicht der einzige Grund. Zum Beispiel nimmt in der Statistik der Drogentoten in Europa den zweiten Platz nach Estland Norwegen ein. Das ist das reichste Land in der Region in dem es kein Geldmangel geben kann.

Als dritten Grund kann man als Besonderheit den Gebrauch der Drogen in Estland nennen. Fentanyl und 3-Methylfentanyl, die man in Westeuropa praktisch nicht kennt, sind in Estland die beliebtesten Drogen der Fixer.

Sie sind 100-1000 mal stärker als Heroin, das bedeutet, dass noch schneller der Rausch eintritt und noch schneller eine ständige Abhängigkeit entsteht, und das Risiko der Überdosis steigt auch. Für die Drogendealer ist es einfacher damit zu handeln und für die Polizei schwieriger danach zu suchen.

Zum Beispiel ist im letzten Jahr fiel in die Hände der Polizei 1.6 Kilo dieser Droge. Sie war in einem kleinen Päckchen, doch diese Menge reicht für 50 000 Dosen. Die Menge an Fentanyl, die in eine Streichholzschachtel passt, gibt dem Drogenhändler denselben Gewinn, wie der Heroin im Umfang eines Ziegelsteins. Welche der Droge kann man leichter verstecken?

Unzweifelhaft sollte man als noch einen Grund kann man mangelhaftes Arbeiten nennen. Ein kurioses Beispiel: Vor 10 Jahren hat die Polizei gewarnt, dass man in die Liste der verbotenen Substanzen γ-Butyrolacton (GBL) aufnehmen sollte, die ein Ausgangsstoff für die Synthese des γ-Hydroxybutansäure (GHB), dass man als "Club-Droge" oder "flüssiges Extasy" bezeichnet.

Jetzt befindet sich der Gesetzesentwurf in Riigikogu, nach der ersten Lesung wurde er wegen Probleme mit der Formulierung abgewiesen. Während der letzten 10 Jahre wurden aus GBL hunderte Liter an GHB gebraut…

Doch zusammen mit diesen vorgestellten Einzelheiten ist der wichtigste Aspekt der Bezug der Gesellschaft zu diesem Thema.

"Solange bis bei den in Delfi publizierten Artikeln über Drogen 90% der Kommentare im Stil "Der beste Fixer ist ein toter Fixer" sind, wird sich nichts zum Besseren wenden" - meint Kasemäe. Er fragt sich, ob die Gesellschaft sich dieses Thema annehmen will und ist die Lösung dieses Problems attraktiv für die Politiker, anders gesagt, gibt sie ihnen Popularität und Wählerstimmen.

Die Erfolge sind unbedeutend

Und noch eine Nuance: wenn vor fünf Jahren der typische Fixer ein junger Mann der russischen Nationalität aus Lasnamäe gewesen war, so hat sich in der jetzigen Zeit das Profil geändert. Fast die Hälfte der Drogenabhängiger sind jetzt Esten, unter denen kann man auch berühmte und erfolgreiche treffen.

Die Polizisten sagen, wenn wegen Drogen ein berühmter Mensch stirbt, dann wird das verschwiegen und man nennt nicht die Dinge bei Namen - starb an Überdosis.

Im Ergebnis fühlen sich die Leute, die gegen die Drogen kämpfen, immer mehr niedergeschlagen. Es gibt viele Anstrengungen, aber keine Ergebnisse. Bis heute ist die Frage ungelöst, wie man letztendlich der Gesellschaft die Schwere des Problems vorführen kann.

Die Leiterin der Abteilung der Prophylaxe der infektiösen Erkrankungen und Drogensucht Alena Kurbatova zieht ein Resümee der letzten zehn Jahre mit einigen Phrasen: Die Tätigkeit war unkoordiniert, ein Misserfolg wäre auch, dass man die Ansichten der Gesellschaft nicht ändern konnte. "Das Problem wurde nicht größer, doch über Erfolge können wir nur auf einigen Gebieten sprechen" - sagt sie.



Doch vielleicht bewegt sich das Eis endlich? Im Frühling letzten Jahres hat der Innenminister Ken-Marti Vaher (IRL) eine Regierungskommission zur Vorbeugung der Drogensucht formiert, in die Vertreter verschiedener Berufe und Organisationen eingetreten sind, von Polizisten und Psychiater bis zu Studentenvertretungen.

Keine Kommission oder Handlungsprogramm wird das Problem lösen, doch ist vielleicht die Erschaffung der Kommission ein Zeichen? Ein Zeichen dessen, dass zumindest ein Minister etwas erreichen möchte und da an einen Tisch Spezialisten aus so unterschiedlichen Gebieten sich zusammensetzten, vielleicht gelingt dann auch die Zusammenarbeit. Damit es nicht so wird: Die Polizei macht das eine, die Zentren für den Umtausch von Spritzen was anderes, es gibt irgendwelche Freiwillige, doch im ganzen verbessert sich die Lage nicht und es gibt immer mehr Drogentote.

Erklärung der FIR zum 70. Jahrestag des Sieges von Stalingrad

Vergesst niemals die Leistung der Roten Armee und der sowjetischen Menschen bei der Zerschlagung der faschistischen Gefahr

Am 27. Januar wird weltweit der Befreiung des faschistischen Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee 1945 gedacht. In diesem Jahr erinnert die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten an ein weiteres Datum: Am 2. Februar 2013 jährt sich zum 70. Mal der welthistorische Sieg der Roten Armee bei Stalingrad. An diesem Tag kapitulierten die deutsche 6. Armee unter Generalfeldmarschall Paulus und ihre Verbündeten vor den Verbänden der 62. und 64. Roten Armee unter General Schukow. Dieser Sieg war ohne Zweifel die militärische Wende im Zweiten Weltkrieg.

Der vom deutschen Faschismus angezettelte imperialistische Krieg zielte von Anfang an auf Mord, Totschlag, Ausbeutung, Unterdrückung und Vernichtung. Coventry, Rotterdam, Warschau und Belgrad sind die Symbole des Luftterrors, den die Wehrmacht über die Städte Europas trugen. Auschwitz, Buchenwald, Majdanek, Sobibor haben sich in die Erinnerung der Menschheit eingegraben als Orte, an denen die Vernichtungspolitik des deutschen Faschismus stattfand. Babi Jar, Oradour, Lidice sind Stätten des faschistischen Mordens, die keiner Erklärung bedürfen.

Die Schlacht von Stalingrad stellte hingegen den historischen Wendepunkt im Kampf der Anti-Hitler-Koalition mit dem expansionistischen Anspruch des deutschen Faschismus dar. Militärisch wurde hier zum ersten Mal der faschistische Vormarsch gestoppt und der „unbesiegbaren“ Wehrmacht eine vernichtende Niederlage beigebracht. Für die Widerstandsbewegung in allen okkupierten Ländern und in Deutschland symbolisierte die Schlacht von Stalingrad die kommende Niederlage des Faschismus. Die Frauen und Männer im Widerstand zogen daraus Kraft, Motivation und Optimismus für die Fortführung ihres antifaschistischen Kampfes.

Die Schlacht von Stalingrad wurde dank der Standhaftigkeit und des Heldenmuts der sowjetischen Truppen und der Bevölkerung gewonnen. Wir erinnern der Toten und gedenken all derjenigen, die sich mit ihrem Leben und ihrer Gesundheit für die Befreiung ihres Landes von der faschistischen Okkupation und die Zerschlagung der faschistischen Bestie eingesetzt haben. In der Stadt Wolgograd erinnern heute mehr als 200 Orte an diese Geschichte. Die FIR grüßt die Einwohner der Stadt und dankt ihnen für die Bewahrung des Andenkens.

Für alle antifaschistischen Organisationen bleibt der Sieg von Stalingrad ein Gedenktag. Wir verbinden unseren Dank an die Kämpfer mit dem Versprechen, diese Erinnerung an die heutigen Generationen weiterzugeben.

Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten

Sonntag, Januar 13, 2013

E-Stonia: Estland zwischen Hightech und Sowjet-Erbe

Eine Sendung des SWR2. Ich finde es ist gut gelungen.

Diebe bei der Eesti Post

Für diesen Artikel möchte ich mich bei Hiie-Jaanika bedanken, die mir die estnischen Zeitungsartikel rausgesucht und übersetzt hat.

Irgendwann in den 90er Jahren habe ich ein Paket per Post aus Estland bekommen. Nachdem ich mit dem Absender gesprochen habe, hat sich herausgestellt, dass ca. die Hälfte der Gegenstände, die er beigelegt hat, fehlten. Das war meine erste Erfahrung mit der estnischen Post.

Seitdem sind viele Jahre vergangen, bekomme Briefe aus Estland, schicke viele Päckchen und Briefe, sie kamen alle an. Allerdings kann man beobachten, wo gerade das Päckchen hängengeblieben ist. Immer ist es der gleiche Muster, Deutschland hat das Päckchen innerhalb von 3-4 Tagen verlassen und dann dauert es noch 1,5-2 Wochen, bis es in Tallinn zugestellt wird. Warum die estnische Post so lange braucht, um innerhalb von Tallinn ein Päckchen auszuliefern ist mir nicht klar.

Am 10.12.12 schickte ich einige Weihnachtskarten nach Estland. Angekommen ist sie in der ersten Januarwoche, war also drei Wochen unterwegs. Die Weihnachtskarten innerhalb Deutschlands brauchten wenige Tage. Spricht nicht für die Leistungsfähigkeit der Eesti Post. Es gibt allerdings noch einen anderen Verdacht, warum die Weihnachtskarten besonders lange brauchen.

In den estnischen Zeitungen häufen sich Artikel, dass bei der estnischen Post die Briefe systematisch durchleuchtet und aufgemacht werden, um das mitgeschickte Geld zu entwenden. In diesem Artikel in Õhtuleht wird beschrieben, wie eine Geburtstagskarte aus USA mit einem $50 Schein verschickt wurde. Der Umschlag wurde anscheinend durch Erhitzen eröffnet, das Geld wurde rausgenommen, Umschlag wieder verklebt, so dass nur die Karte ankam. Die Eesti Post, ein staatliches Unternehmen, betont, dass das Verschicken von Geld illegal ist und erklärte sich für nicht zuständig, man soll sich an die Polizei wenden. Laut der Eesti Post ist es "durchaus möglich, dass das Geld durch die Schuld der estnischen Angestellten verloren gegangen ist".

In den Kommentaren berichten die Leser über zahlreiche verschwundene Wertgegenstände, wie teuere Ohrringe, die per Einschreiben von Tallinn nach Rakvere geschickt wurden, oder Einschreibebriefe, die aus dem Ausland geschickt wurden und nicht ankamen, obwohl festgestellt werden konnte, dass sie in Estland verschwanden. Auch Bankschecks gingen verloren, oder es wurde vom estnischen Zoll Umsatzsteuer auf den Wert des Schecks verlangt.

Daraufhin haben die Journalisten von Õhtuleht ein Experiment gestartet. Es wurden fünf Briefe mit einer Grußkarte und 5 EUR-Scheinen verschickt, zwei im estnischen Inland, drei aus dem Ausland. Die Empfänger aus dem Ausland wurden gebeten, den Umschlag wieder zurückzuschicken. Die Ergebnisse waren wie folgt: Die Briefe in Estland sind angekommen, die Briefe nach Finnland und London kamen nicht mal beim Empfänger an und das Brief nach Brüssel kam zwar an, aber das zurückgeschickte Brief kam in Estland nicht an. Der Sprecher der Eesti Post Inge Suder kommentierte, dass die Eesti Post nicht sagen kann, wo die Briefe verloren gegangen sind. Dass die zwei estnische Briefe angekommen sind, ist ein sehr gutes Ergebnis, was mit den internationalen Briefen passiert ist, wisse er nicht.

Ein typischer Kommentar zu diesem Artikel von Lea:

Ich muss sagen, dass seit mehreren Jahren bei der Post sehr viel gestohlen wird und oft was verloren geht. Ich habe meine Erfahrungen aus dem Ausland, von wo ich Post schicke. Vor einigen Jahren habe ich einen Führerschein per Einschreiben aus Deutschland nach Estland geschickt. Es ist bisher nicht angekommen (nach fünf Jahren). In Deutschland hat man mir gesagt: „Es ist alles nach Estland geschickt worden.“. In Estland hat man mir gesagt: „Da ist nichts angekommen.“ Über USA. Zum Geburtstag meines Kindes wurden seit mehreren Jahren mit der Geburtstagskarte 5 Dollar geschickt. Sie ist immer angekommen. Plötzlich vor drei Jahren ist kein Geld gekommen. Die Briefumschläge waren an der Ecke geöffnet und das Geld war verloren gegangen. Seit drei Jahren ist das jedes Jahr genauso gewesen. Ich habe die Briefe in der estnischer Post abgegeben und habe gefragt, was los ist. Es wurde geantwortet – bei uns sind alle ehrlich, so was macht man bei uns nicht. Dann wurden Briefe ohne Geld geschickt. Einmal wurde das Brief wiedergeöffnet, aber es war gar kein Geld drin. Ein anderes Mal war nicht geöffnet. Die Umschläge sind genau auf die gleiche Art geöffnet. Wenn auch ein Briefumschlag ohne Geld geöffnet wird, dann waren es andere Leute, als die, die mit Geräten die Briefe kontrollieren. Ich habe mehrere Jahre in Deutschland gelebt. Habe an die Eltern immer Weihnachtspakete nach Estland geschickt. Die Pakete waren immer geöffnet und bessere Sachen waren weg. Also gut, man darf kein Geld schicken, man darf aber auch nicht Briefe öffnen.
Vor ein-paar Wochen (also im Mai 2012) habe ich in Tallinn Kosmetikware (Wimperntusche) bestellt. Dieses kleine Päckchen war in der Mitte geöffnet und mit Klebeband an den Rändern verklebt. Die Firma hat das Paket ohne Klebeband geschickt, so wurde mir gesagt. Was sucht man denn in Päckchen? Es gibt eine einzigartige Diebesspur und sie fängt in Estland an. Es gibt kein Vertrauen mehr.

In einem ausführlicheren Artikel über den Ausgang des Experiments nimmt die Eesti Post Stellung zu den Vorwürfen: es ist per Postgesetz verboten, Geld zu schicken. Die Post wird durchleuchtet, um illegale Inhalte wie Drogen zu finden. Die Post ist für das verschickte Geld nicht verantwortlich, folglich können keine Ansprüche von Geschädigten gestellt werden. Zum Transfer von Geld sollte man Unternehmen, wie Western Union beauftragen.

Der billigste Geldtransfer in Estland kostet 1,60 EUR, ins Ausland sind es 3 EUR, das bedeutet, wenn man 5 EUR jemandem schicken möchte, muss man insgesamt 8 EUR investieren. Die Preise von Western Union fangen bei 4,90 an, nach England kostet die Überweisung 15,30 EUR. Also wird versucht das Geld möglichst zu verstecken. Beliebte Variante ist das Einpacken in eine Alufolie, die nicht durchleuchtet werden kann, aber genau das macht ein Brief verdächtig, so dass es eher aussortiert wird. Das Geld wurde schon in Kugelschreibern oder Zahnpastatuben versteckt.

Dieses Jahr fing schon mit einem Skandal an, als Eesti Post ein Sack mit Briefen aus Großbritannien bekam, wo die Briefe geöffnet und durchwühlt wurden, so dass 139 Briefe nicht zugeordnet werden konnten. Wer dafür verantwortlich ist, ob Esten oder Briten lässt sich momentan nicht feststellen.

Auch Leser meines Blogs haben Geld beim Verschicken verloren, alleine in diesem Jahr 50 EUR. Das Geld wurde per Einschreiben verschickt, der Brief kam geöffnet an, aber ohne Geld.

Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass die Eesti Post langsam, unzuverlässig ist und Diebe in ihren Reihen hat. Als staatliches Unternehmen kümmert sie sich nicht, dass die Kunden äußerst unzufrieden sind. Wie schreibt die Mutter des Kindes, der keine Geldgeschenke aus USA mehr bekommt: "Eesti Post sagt, dass die Sicherheit sehr wichtig für sie ist, aber sie können und wollen das Problem nicht lösen. Sie sind nicht interessiert."

P.S. Ein ähnliches Experiment in Deutschland zeigte folgende Ergebnisse: zwei Briefe mit Geld verschickt, am anderen Tag ohne Probleme angekommen.

Mittwoch, Januar 09, 2013

Die unsichtbare Minderheit oder Simulation von Menschenrechten und wie man das bekämpft

Dies ist eine Übersetzung eines Artikels von Andrej Lobov, Mitglied des NGOs "Russische Schule Estlands"

Die offizielle Diskussion über Menschenrechte ist nach aussen gerichtet. So fand im Dezember 2012 in Tallinn eine Konferenz statt, die vom Institut für Menschenrechte organisiert wurde, unter der Schirmherrschaft des estnischen Präsidenten Toomas Henrik Ilves, wo die Menschenrechte in China, Russland und in den Ländern Afrikas besprochen wurden. Denjenigen, die die Aufmerksamkeit auf die Situation in Estland lenken könnten wurden spezielle Aufpasser zur Seite gestellt.

Dabei gibt es einige Bereiche der Menschenrechte, um die es bei uns bisschen besser bestellt ist. zum Beispiel wird ein "Monitoring der Geschlechtergleichstellung" durchgeführt. Es gibt eine ganze Abteilung bei dem Sozialministerium für Geschlechtergleichstellung, die von Liina Kanter geleitet wird. Man kann die erfolgreiche Arbeit der Abteilung hervorheben, vor kurzem ist es gelungen Norwegen zum Kampf gegen die Geschlechterbenachteiligung ins Boot holen. Norwegen stellt 4 Mio. Euro bereit, Estland trägt zusätzlich 15% bei.

Doch auf die Rechte der nationalen Minderheiten wird in unserem Land ein massiver Angriff ausgeführt. Der Direktor des obengenannten Instituts für Menschenrechte Mart Nutt sagte im Frühling letzten Jahres: "Wenn wir die Situation in Estland mit der Lage in anderen Ländern vergleichen, dann sehen wir dass Erscheinungen des Rassismus bei uns äußerst selten sind, wahrscheinlich deswegen, weil wir eine recht kleine sogenannte sichtbare nationale Minderheiten haben. Sichtbare Minderheiten nennt man z.B. Leute mit anderer Hautfarbe, oder die anders gekleidet sind, die man leicht auf der Strasse erkennen kann." Diese Replik Mart Nutts spiegelt ganz gut die offizielle Position Estlands auf dem Gebiet der Menschenrechte wider, eine bestimmte nationale Minderheit in Estland wird nicht bemerkt.

Was sollte man in solchen ungewöhnlichen Umständen tun, mit der unsere Gemeinde es zu tun hat? Kurze Antwort - vergleichen.

Z.B. enthält die Datenbank des Statistischen Amtes der Estnischen Republik Information über die Einkünfte von Männern und Frauen, als auch die Information über die Einkünfte von Esten und Nichtesten. Der Level der Einkünfte ist ein anerkanntes Gradmesser für existierende Ungleichheit. Denn, wenn jemand weniger Gehalt bekommt und zwar unabhängig von der Art der Arbeit, dann findet Ungleichbehandlung statt.

Die Daten über die Einkünfte in der Datenbank sind in fünf Bereiche aufgeteilt. Im ersten Bereich wird der Anteil der Menschen aufgelistet (Männer und Frauen bzw. Esten und Nichtesten) mit den niedrigsten Einkünften, weiter aufsteigend, im fünften Bereich wird die Prozentzahl der Menschen mit den höchsten Einkünften. Heute kann man die Daten vom 2003-2011 anschauen. So, um im niedrigsten Fünftel zu sein, dürfen die Einkünfte 3726 EUR im Jahr nicht übersteigen. Für das oberste Fünftel im Jahr 2011 müssen die Einkünfte mehr als 9915,7 EUR im Jahr sein.

Für das Herausfinden der Dynamik der Änderung der Situation in der bestimmten Zeitperiode auf der Grundlage der Einkünfte, betrachten wir die niedrigsten und die höchsten Einkünfte der Männer und Frauen und die Einkünfte der Esten und Nichtesten.

Das ergibt vier Tabellen:

Tabelle 1: Prozentanteil der Männer und Frauen, die die geringsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Männer 19.3 18.7 17.9 17.3 16.9 17.7 18.5 19.4 18.5
Frauen 20.6 21.1 21.7 22.3 22.6 22 21.3 20.5 21.2

Aus der ersten Tabelle kann man sehen, dass der größte Abstand zwischen Männern und Frauen im Jahr 2007 war und 5.7% betrug. Im Jahr 2011 war der Abstand 2.7%. Im Ganzen kann man sagen, dass Frauen mehr Chancen haben eine geringer bezahlte Arbeit zu haben als die Männer.

Tabelle 2: Prozentanteil der Männer und Frauen, die die höchsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Männer 21.8 21.5 21.9 22.3 22.3 21.3 22 21.1 21.5
Frauen 18.5 18.7 18.4 18 18 18.9 18.3 19 18.7

Die zweite Tabelle zeigt ebenso wie die erste, dass Männer eine größere Chance haben eine besser bezahlte Arbeit zu finden im Vergleich zu den Frauen. Hier der maximal "ungerechte" Jahr war 2007, als der Abstand 4.3% betragen hat.

Als Merkmal der Gleichstellung kann man ähnliche Prozentzahlen für Männer und Frauen sehen, oder einen "unbedeutenden" Unterschied. Das würde bedeuten, dass im Grossen und Ganzen die Männer und die Frauen gleiche Chancen haben Arbeit mit bestimmten Gehaltslevel zu finden. Im konkreten Fall sehen wir, dass Männer mehr Chancen haben eine Beschäftigung auf einer besser bezahlten Arbeit zu finden. Also gibt es in unserem Land Benachteiligung der Geschlechter.

Vergleichen wir jetzt die Situation zwischen den Esten und Nichtesten:

Tabelle 3: Prozentanzahl der Esten / Nichtesten, die die geringsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Esten 19 19.1 19.2 19.1 18.9 18.4 17.8 17.4 17.9
Nichtesten 22.1 22.1 21.7 22 22.5 23.7 25.1 26.1 25

Wie man aus der dritten Tabelle sehen kann, haben die Nichtesten mehr Chancen auf einer schlechtbezahlten Arbeit zu arbeiten. Im Jahr 2011 hat ein Viertel der Nichtesten den geringsten Gehalt bekommen, befanden sich im untersten Fünftel. Der maximale Abstand beim Verdienst war im Jahr 2010 - 8.7%. Hier kann man auch deutlich die Tendenz der Erhöhung der Prozentanzahl der Nichtesten und Verringerung der Prozentanzahl der Esten im unteren Fünftel. Das bedeutet, dass mehr Nichtesten den geringsten Verdienst anfangen zu bekommen, während die Esten Arbeitsplätze zu höherem Gehalt verschieben.

Tabelle 4: Prozentanzahl der Esten / Nichtesten, die die höchsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Esten 22.7 22.5 22.3 23.6 23.1 22.9 23.7 23.6 23.3
Nichtesten 14.2 14.3 14.9 11.9 12.8 13.2 11.4 11.5 12.1

Wie man aus der letzten Tabelle sehen kann, im Fall der höchsten Gehälter gibt es eine umgekehrte Tendenz verglichen mit der Tabelle 3. Die Anzahl der Nichtesten, die in der höchsten Gehaltsstufe waren verringerte sich in den Jahren 2003-2011. Der größte Unterschied war im Jahr 2009 und betrug 12.3%. Die Daten zeigen, dass ungefähr jeder zehnte Nichteste das höchste Gehalt bekommt, bei den Esten ist es jeder fünfte. Wenn man jetzt die Geschlechterbenachteiligung und die ethnische Ungleichberechtigung in unserem Land vergleicht, dann kann man auf der Grundlage dieser Zahlen folgende Schlüsse ziehen:

1. In Estland gibt es Geschlechter und ethnische Ungleichbehandlung
2. Die Geschlechterungleichbehandlung ist "stabil", während die ethnische Ungleichbehandlung mit der Zeit wächst - mehr Nichtesten bekommen kleinere Gehälter und weniger Nichtesten bekommen höchste Gehälter
3. Die ethnische Ungleichheit ist vielfach höher, als die geschlechtliche. Wenn bei den Einkünften von Männern und Frauen im oberen und unteren Fünfteln die Abweichung von 20% recht gering ist und 2-2.5% nicht überschreitet, nähern sich die Abweichungen bei den Einkünften von Esten und Nichtesten 10%.

Doch diese Situation ignorierend, hören wir Diskussionen über "(un)sichtbare Minderheiten". Hier können die Zahlen zu dem Instrument werden, das endlich die bestimmte nationale Minderheit bemerkbar machen würden. Die Zahlen erlauben sich von Emotionen loszulösen und man kann bequem über sie auf verschiedenen Sprachen reden, englisch und estnisch inklusive.

Montag, Januar 07, 2013

Worte der Woche

"Sukles wollte seinen ehmaligen Businesspartner töten. Das Gericht hat auch den Fakt bestätigt, dass das ein anderer Mensch erledigen sollte. Doch weil als Polizeiagent ein Mensch agierte, der bestimmten Anforderungen nicht genügte, konnten alle Beweise, die von diesem Agenten gesammelt wurden, vor dem Gericht nicht verwendet werden, deswegen musste man Sukles freilassen."

Aus der Pressemitteilung des Harju Bezirksgerichts. Dem Beschuldigten Andrus Sukles wurde vorgeworfen, dass er die Ermordung seines Businesspartners Tullio Liblik zu organisieren versuchte. Während der Untersuchung hat sich herausgestellt, dass der Polizeiagent keine estnische Staatsbürgerschaft hatte, deswegen sind die von ihm gesammelte Beweise laut Gesetz ungültig.

Dienstag, Dezember 25, 2012

Weihnachten 2012

das Jahr 2012 geht zu Ende, die Tannenbäume sind geschmückt, die Geschenke sind verteilt, die Weihnachtsgans liegt schwer im Magen. Zeit sich umzudrehen und sich zu erinnern, was dieses Jahr wichtig war.

Wenn ich meine 82 Posts für dieses Jahr durchschaue, dann sind folgendes die Topthemen:

Januar: Das estnische Parlament verabschiedet eine Resolution, in der Dankbarkeit denjenigen ausgesprochen wird, die für die Freiheit Estlands gekämpft haben. Der Text ist sehr allgemeingehalten, aber wenn man den estnischen Hintergrundkontext kennt, dann weiss man ganz genau wer gemeint ist und wer nicht.

Februar: Alljährliche Aufmärsche der Neonazis und Waffen-SS Veteranen in Litauen und Lettland. Dank Internet und elektronischen Petitionen wird es immer einfacher seinen Unmut zu äußern, was zahlreiche Menschen auf der Welt getan haben.

März: Massive Streiks sind ein neues Phänomen in Estland, Ärzte, Lehrer, Mitarbeiter des öffentlichen Verkehrs gehen auf die Strasse. Die Regierung mauert, sagt, dass es kein Geld gibt, doch am Ende gibt es zumindest mit den Ärzten einen Kompromiss

April: Die KAPO veröffentlicht den Jahresbericht. Politiker Kõlvart, Stalnuhhin und Toom werden darin erwähnt, was sie zu Staatsfeinden macht. Alle drei gehen vors Gericht. Yana Tooms Klage wurde mit einer abenteuerlichen Begründung in der ersten Instanz abgewiesen, sie kämpft weiter, die anderen zwei Verfahren laufen noch

Mai: Es werden 30.000 Unterschriften für den Erhalt der russischen Schulen in Estland gesammelt. Weder der Bildungsminister Aaviksoo, noch der Ministerpräsident Ansip, noch der estnische Präsident Ilves empfangen die Vertreter des Vereines der Russischen Schule Estlands, so dass die Unterschriften ihnen nicht persönlich übergeben werden können. Ebenfalls werden die Gesuche der russisch-sprachigen Gymnasien abgelehnt, weiterhin in russischen Sprache unterrichten zu dürfen.

Juni: Der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman erdreist sich in seinem Blog zu behaupten, dass der estnische Wirtschaftsaufschwung durch Sparen gar nicht so toll ist. Der estnische Präsident fühlt sich persönlich beleidigt und antwortet recht grob in Twitter. Es entspannt sich ein Duell, das aufmerksam von Massenmedien verfolgt wird. Eindeutigen Gewinner gibt es nicht, es wird sich wohl erst in den nächsten Jahren herausstellen, wer denn Recht hatte. Was auf jeden Fall klar sein sollte, dass die Erfahrung des kleinen Estlands nicht auf die Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 USA 1:1 übertragen lassen sollte, wie es gewisse konservative Wirschaftswissenschaftler weissmachen wollen.

Juli: Estnische Bevölkerung wird immer weniger. Es sterben mehr Menschen, als geboren werden, auch ist die Auswanderung ein Topthema dieses Jahr. Es ist wie mit dem Wetter, alle reden darüber, aber niemand tut was. Der Euro hat Transparenz in Preise aber auch Löhne gebracht, so dass es klar ist, wieviel man in anderen Ländern verdienen kann. Ein anderer Trend ist die Landflucht. Die traditionellen estnischen Bauernhöfe, ein Teil der estnischen Kultur, geht verloren, man braucht nur wenige grosse Agrarbetriebe, um Estland ernähren zu können. Nur Tallinn und Tartu gewinnen Bevölkerung hinzu, alle anderen Landkreise verlieren, teilweise bis zu 40% in 10 Jahren.

August: Die europäischen Diskussionen um die Euro-Rettungsschirme werden auch in Estland heiss diskutiert. Viele Leute sehen nicht ein, warum Estland Griechenland und Co retten sollen, wo das Lebensstandard in diesen Ländern viel höher ist, als in Estland.

September: Es herrschen raue Sitten im estnischen Parlament. Yana Toom wird mit Erschiessung bedroht, ein anderer Abgeordnete macht sich über sexuelle Minderheiten lustig, alles ohne irgendwelche Konsequenzen. Die Opposition veranstaltet Marathonsitzungen, die bis spät in die Nacht dauern, um die Regierungskoalition zu zermürben und Gesetze durchzubringen, teilweise erfolgreich.

Oktober: Mehrere Korruptionsskandale erschüttern Estland dieses Jahr. In einem ist der Justizminister verwickelt, er soll einen Abgeordneten angewiesen haben, eine größere Summe Geld unbekannter Herkunft unter seinem Namen auf das Konto der Partei einzuzahlen. Die Staatsanwaltschaft hat sämtliche Korruptionsverfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt. Doch jetzt geht die Bevölkerung auf die Strassen, vor dem Sitz der Reformpartei in Tallinn und Tartu wird demonstriert. Schliesslich tritt der Justizminister Michal zurück, wobei die öffentliche Umfragen besagen, dass es viel zu spät war.

November: Die Charta 12 wird veröffentlicht und von über 20.000 Leuten unterschrieben. Bekannte Politiker, Künstler und Aktivisten Estlands verlangen eine andere Politik, Volksbeteiligung und Dialog zwischen den Regierenden und dem Volk. Als Reaktion hat der Präsident mehrere Treffen anberaumt bei denen Diskussionsgrundlagen erarbeitet werden sollen, daraus sollen dann Gesetze entstehen, die ins Parlament eingebracht werden. Unter den Eingeladenen gibt es nicht einen einzigen russisch-sprechenden. Entsprechend reserviert steht die russisch-sprachige Minderheit dem ganzen Vorhaben gegenüber.

Dezember: Alissa Blintsova und Oleg Besedin, beide Aktivisten der Russischen Schule Estlands werden beschuldigt ihre eigene Unterschrift gefälscht zu haben. Die Unterschrift stand unter dem Gesuch der Elternvertretung eines russisch-sprachigen Gymnasiums zur Erhalt der russischen Sprache. Die Staatsanwaltschaft hat noch nicht entschieden, ob ein Verfahren eröffnet wird.

Riskieren wir einen Blick in die Zukunft. Gerade zerschlagen Russland und USA sehr viel politischen Geschirr und das wird nicht ohne Auswirkungen auf EU und Estland im speziellen bleiben. Estland hat Russlands Vorschlag für die Erkundung des Meeresbodens für den zweiten Strang der Gasleitung Nordstream abgelehnt, das wird zu einer Gegenreaktion führen. Russland ist meisterhaft darin doppelte Standards überall zu finden und jede Kritik zum Thema Demokratieprobleme in Russland, wird mit dem Hinweis abgebügelt, dass es in EU der russisch-sprachigen Minderheit gibt, die staatenlos ist. Ob die EU sich diesen Problems endlich ernsthaft annimmt, steht in den Sternen.

Ich gebe der jetzigen Regierung eine 50% Chancen das nächste Jahr ohne die Neuwahlen zu überstehen. Einerseits ist die Regierung verbraucht, mehrere Minister sind in Skandale verwickelt, es fehlt an Strategie und bei der Bevölkerung hat sie keine Unterstützung, andererseits ist es klar, dass bei den Neuwahlen zur Zeit die Opposition klare Mehrheit hat und falls nicht die Zauberwaffe E-Wahlen zum Einsatz kommt (ich traue das den jetzigen Politikern absolut zu), dann wird ein Machtwechsel stattfinden. Nun bedeutet ein Machtwechsel, dass recht viele Leute ihre warmen Posten und Pöstchen räumen müssen, was ihnen überhaupt nicht schmecken wird. Deswegen wird die Koalitionen alles tun, um keine Neuwahlen stattfinden zu lassen. Vielleicht werden wir noch mehrere Ministerrücktritte erleben, vielleicht muss sogar Ansip persönlich zurücktreten, aber die Regierungskoalition wird sich an die Macht krallen.

Einen Namen, den man sich merken sollte, ist Kaja Kallas, die Tochter des Eurokommissars Siim Kallas, eine gelernte Juristin, die gerade von den Massenmedien in Stellung gebracht wird. Wahrscheinlich ist sie für wichtige Positionen vorgesehen, sie ist unverbraucht, in kein Skandal verwickelt und wird nach dem Motto eingesetzt: Wenn nichts mehr hilft, nehmen wir eine Frau.

Für den Kampf um die russisch-sprachigen Schulen sehe ich schwarz. Nur bei einem baldigen Regierungswechsel hat die Reform eine Chance zurückgenommen zu werden, ansonsten wird das Bildungsministerium alles tun, damit alle Schulen früher oder später auf Estnisch als Unterrichtssprache umgestellt werden. Der juristische Kampf ist schön und gut, aber selbst wenn das Europäische Gericht für Menschenrechte sich der Klage annimmt, dauert es mehrere Jahre und dann ist die Macht des Faktischen da, es werden keine Lehrer, keine Lehrbücher und keine russischen Unterrichtspläne mehr geben.

Aber das ist ja das Spannende an der Zukunft, dass es ganz anders kommen kann, deswegen lassen wir uns überraschen.

Ich möchte mich bedanken und wünsche meinen Lesern, Kommentatoren, Verlinkern, Unterstützern Frohe Weihnachten und ein schönes, glückliches neues Jahr 2013.

Euer kloty

Donnerstag, Dezember 13, 2012

Es wird wieder Zeit Gutes zu tun

Das Jahr 2012 ist bald vorbei, noch sind viele im Stress, den Jahresabschluss zu machen, die Geschenke zu kaufen, die Weihnachtsfeiern heil zu überstehen. Aber wir dürfen auch nicht diejenigen vergessen, die nicht so viel Glück haben, die in Kinderheimen leben und demnächst ins Erwachsenenleben schreiten werden.

Letztes Jahr habe ich aufgerufen für die Aktion "Ready For Life?" zu spenden. Es geht darum, die Jugendliche zu unterstützen, die demnächst das Kinderheim verlassen werden, ihnen beizubringen unabhängig zu sein und das Leben zu meistern (Zeit-, Geld, und Arbeitsmanagement).

Dieses Jahr möchte ich die Aktion gerne wiederholen. Diejenigen, die kein estnisches Konto haben und denen die Überweisung nach Estland zu viel kostet, kann ich anbieten, dass sie das Geld auf mein deutsches Konto überweisen und ich die entsprechende Summe von meinem estnischen Konto für das Kinderheim überweisen werde, selbstverständlich mit Beleg. Bitte schreibt mir an kloty@me.com.

Für diejenigen, die direkt das Geld überweisen möchten, hier sind die Kontaktdaten:

Kontonummer  10220066777011
Referenznummer 5247050050050229
Zweck: TUGIISIKU PROJEKT (bitte den Zweck angeben, damit der Betrag für das richtige Projekt ausgegeben wird)

Mehr Information über das Projekt kann man bei Ingrid Tiido (email: ingrid.tiido@tallinnalastekodu.ee) bekommen.

Die Spende ist nicht von der deutschen Steuer absetzbar, es wird keine Spendenquittung geben.

Hier ist meine Überweisung, ich hoffe es werden noch mehr Leute mir folgen.

Ich wünsche meinen Lesern schon jetzt Frohe Weihnachten und Häid jõule!

Vier Fragen an den Präsidenten

Toomas H. Ilves
President of the Republic of Estonia

Mart Nutt
Member of Advisory Board of Estonian Institute of Human Rights

Dear Mr. President,

Dear Mr. Member of the Board of Estonian Institute of Human Rights,

Thank you for the invitation to take part in the conference "New Challenges for Human Rights", which was held in Tallinn on December 10, 2012, the International Human Rights Day, and was organized by the Estonian Institute of Human Rights.

Despite the fact that I, as well as three other members of our organization who have received an invitation from you, were notified on behalf of the Institute on the eve of the event that our names were missing from the list of invitees, I was still allowed to participate in the meeting.

I am grateful for that to the executive director of the Institute, Ms. Aet Kukk, who not only allowed me to attend, despite the absence of my name on the guest list, but who also appointed a sort of "assistant", who, in every sense of the word, did not leave me for a moment and preferred to stand next to me even when I was giving an interview to the media or talking with other participants.

The conference theme is very important in today's changing world. Unfortunately, none of the speakers had said anything about human rights challenges in Estonia itself. They talked about the problems in the Arab world, Africa, China, India, Russia and other countries. Such problems are definitely there, and it was right to talk about it, but to not say a word about the situation in the host country is nonsense and impossible situation for any human rights conference, especially the one devoted to such an important topic!

Moreover, my attempts to ask the speakers about what they think of the situation with human rights in Estonia were thwarted by the moderator of the last session of the conference, Mr. Hannes Hanso. The format of the conference did not provide for any other possibilities to speak up.

Thus, the participants got the impression that everything is perfect with the human rights situation in Estonia, and this is a free country that is at the peak of the struggle for human rights around the world.

Because I believe that there still are problems with human rights in Estonia, and because I was not given the opportunity to get more information directly from the speakers, not to mention the opportunity to be a speaker, I address my questions to you and hope that you, despite your busy schedule, will provide the answers:

1. Is it true that the Estonian legislation regards as minorities only citizens of the Estonian Republic and does not include in this category non-citizens that permanently reside in Estonia (a unique category of permanent residents, available only in Estonia and Latvia) and citizens of other countries? Meanwhile, your country has more than 200,000 residents - members of national minorities who are not citizens of Estonia and de jure are withdrawn from the application of the Estonian legislation that guarantees the rights of national minorities. Furthermore, they are not covered under the recommendations of international organizations, such as The Framework Convention for the Protection of National Minorities, the European Convention against Racism and Intolerance, etc. In my opinion this "trick" allows to not apply the rules of law and the recommendations of the Council of Europe in areas with large numbers of minority residents. For example, in Narva, where de facto minorities represent more than 80% of the population, de jure there are less than 50% of representatives of the non-titular nations. As a consequence, the provisions of the law on the rights of minorities are not met in Narva, while, on paper, everything is legitimate.

2. How do you explain the active reluctance on part of the government to let Russian language schools teach in Russian, if the boards of trustees of such schools and the municipality have expressed a desire to do so? Does this mean discrimination of Russian-speaking people in the country? Why some initiators of the campaign for the Russian language in those schools (Alice Blintsova, Oleg Besedin) have criminal cases opened against them, although the charges do not hold water? Why do many of the activists in defense of Russian language schools have suffered from discrimination in the workplace, in particular, Alice Blintsova, who fights for the right for her child to learn in school in the native language, was fired from her doctorate job? Why the Security Police of Estonia (Security Police) intervenes in this case and puts blatant pressure on school principals?

3. How do you feel about the campaign to glorify Nazism in Estonia? I am talking about the annual meetings of SS veterans and people sharing the Nazi views from all over the world. These meetings have the status of public events and are widely used for glorification of the members of military units of Wehrmacht and SS, and to incite hatred against the Russian-speaking population.

4. What is your opinion about the annual publications by the Security Police of the List of people are dangerous to the constitutional order of Estonia? Do not you think that an element of pressure on the community from the side of intelligence of your country? Do you agree with the fact that in reality the publication of a list of so-called "enemies of Estonia" in the yearbook Capo is an attempt to discredit the opposition by the secret services and the signal for the start of the public campaign against them. So, at different times in the lists were the leaders of the opposition MPs Yana Toom and Michael Stalnuhin, Deputy Mayor of Tallinn Michael Kylvart who experienced problems after that in his political and social activities.

I am confident that you, gentlemen, are aware of these facts and will be able to give quite competent answers to these questions.

With kind regards and best wishes,

Valery Engel, Ph.D.
First Vice-President
of the IHRM "World without Nazism"

December 13, 2012.

Mittwoch, Dezember 12, 2012

Menschenrechte und Menschenrechte

Am Montag fand in Tallinn eine schon traditionelle Konferenz des Estnischen Instituts für Menschenrechte (keinesfalls zu verwechseln mit Informationszentrum für Menschenrechte von Aleksej Semjonov) statt. Normalerweise findet diese Konferenz ausschliesslich von Esten für die Esten statt, gelegentlich kommt der US-Botschafter vorbei, um über die Menschenrechtslage in Libyen und Afghanistan zu referieren. Die Schirmherrschaft übernimmt der estnische Präsident persönlich.

Doch dieses Jahr wunderten sich solche Leute, wie Josef Koren vom Lettischen Antifaschistischen Komitee, Johan Bäckman von Finnischen Antifaschistischen Komitee und Valerij Engel von Welt ohne Nazismus aus Russland, als sie eine Einladung zur Konferenz bekommen haben, die vom estnischen Präsidenten höchstpersönlich unterschrieben war. Ganz besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass man Koren und Bäckman früher schon die Einreise nach Estland verweigert hat, da sie zu Feinden des estnischen Staates zählen. Kurz vor der Konferenz kam noch einе E-Mail von einer Assistentin des Instituts für Menschenrechte, dass Engel nicht auf der Gästeliste steht, daraufhin schickte er die Einladung und dachte, dass es einfach ein Missverständnis gewesen ist.

Doch es scheint kein einfaches Missverständnis gewesen zu sein. Koren und Bekman konnten aus privaten Gründen nicht anreisen, doch als Engel die Konferenz besuchen wollte, wurde ihm der Eintritt verweigert. Erst nach längeren Diskussionen und Medienpräsenz konnte Engel den Konferenzsaal betreten, ihm wurde ein Aufpasser zur Seite gestellt und keine Kopfhörer mit der englischen Übersetzung, was auf einer estnischen Konferenz für einen Ausländer fatal ist. Engel hat eine längere Präsentation über die Verletzungen der Menschenrechte in Estland vorbereitet, das einzige was man ihm gestattet hat, war eine Frage an Präsident Ilves, als der sagte, dass man für Worte nicht hinter Gitter kommen darf, selbst wenn es sich um Hetze handelt (sehr amerikanische Sichtweise). Die Frage handelte von dem Prozess über dem linken litauischen Politiker Paleckis, der wegen eines Satzes vor Gericht gestellt wurde. Erwartungsgemäß gab es keine Antwort.

Selbstverständlich wurden keine russischen Menschenrechtsschützer aus Estland zu der Konferenz eingeladen. Die Einladung an sich, erklärt Engel, dass wahrscheinlich die OSZE einen gewissen Druck auf die Veranstalter ausgeübt hat, auch Leute mit anderen Sichtweisen auf die Menschenrechtssituation in Estland einzuladen. Doch nachdem diese Leute sich tatsächlich registriert haben, wurden sie von den Gästelisten gestrichen.

Fazit Engel: Estland ist ein demokratisches Land, nur will es nicht das Thema der Menschenrechte in Estland diskutieren.

Donnerstag, Dezember 06, 2012

Die neuesten Nachrichten aus dem Baltikum

Der estnische Justizminister Kristen Michal hat endlich die Konsequenzen aus der Korruptionsaffäre gezogen und ist zurückgetreten. Damit es zu diesem Schritt kam bedurfte es mehrere Demonstrationen vor den Parteisitzen der Reformpartei in Tallinn und in Tartu, dutzende Zeitungsartikel, selbst der Präsident äußerte den Wunsch, dass der Justizminister seinen Posten räumen soll. Ob die Affäre noch weitere Kreise ziehen wird, die Reformisten wieder stark werden und wer der Nachfolger wird, bleibt abzuwarten. Ebenfalls bleibt abzuwarten, ob nicht demnächst weitere Rücktritte fällig werden, zum Beispiel vom Wirtschaftsminister Juhan Parts, der für mehrere falsche Entscheidungen bei der Wirtschaftspolitik Estlands verantwortlich war und deswegen mehrere hundert Millionen Euros verpulverte. Nicht auszuschliessen ist es, dass bei der Vergabe von einem Auftrag zum Bau von Kraftwerken im Wert von 650 Mio. EUR Schmiergelder geflossen sind.

Eine weitere Fehlentscheidung wurde heute gefällt. Estland verweigert dem Nordstream-Konsortium Untersuchungen in seinen Gewässern für den Bau einer zweiten Gaspipeline. Somit wird wohl wieder Finnland zum Zug kommen, was den Bau unnötig erschwert und verteuert, aber nicht verhindert. Die Begründung für die Verweigerung: Während der Untersuchungen könnte man auf Bodenschätze stoßen und man will nicht, dass diese Entdeckung eine fremde Macht für sich in Anspruch nimmt. Offensichtlich hat man immer noch Hoffnungen auf Öl in der Ostsee zu stossen.

Heute morgen hat die lettische Sicherheitspolizei die Wohnungen von Vladimir Linderman, Illarion Girs durchsucht und sämtliche Computer und Datenträger beschlagnahmt. Linderman ist ein bekannter Infant terrible der lettischen Gesellschaft. Er war Mitbegründer der National-Bolschewistischen Partei Lettlands, kämpfte für den Erhalt der russischen Schulen in Lettland, initiierte einen Volksentscheid zur russischen Sprache als zweite offizielle Staatssprache in Lettland. Sein neuester Projekt ist eine Autonomie für Lettgallen zu erreichen. Lettgallen liegt im Osten von Lettland und hat bei dem Volksentscheid die höchsten Werte für die russische Sprache eingefahren. Deswegen ist der Autonomiegedanke nach dem Vorbild Spaniens evtl. mehrheitsfähig. Jetzt wirft man Linderman und Girs vor, dass sie den Artikel 83 des Strafgesetzbuches "Aufruf zur Zerstörung der territorialen Einheit" verletzen würden. Die Sicherheitspolizei ist für Linderman nichts neues, seine einzige Sorge war, dass man ihm kein Sprengstoff während der Durchsuchung unterschiebt, wie er schon einmal vor dem Gericht bewiesen hat. Das Ziel der Durchsuchung war wohl die Durchführung einer Konferenz am 8. Dezember in Daugavpils zu verhindern. Ob dieses Ziel erreicht wurde, wird man sehr bald sehen. Interview mit Linderman und Girs kann man hier nachlesen.

Mittwoch, November 28, 2012

Absurdes Gerichtsurteil

In diesem Blog wurde schon berichtet, dass die estnische Politikerin Yana Toom ein Gerichtsverfahren gegen die KAPO angestrengt hat, weil sie ihren Namen im KAPO-Jahresbericht fand, dort wurde sie beschuldigt russische Gymnasien unter Druck zu setzen, damit sie Anträge bei dem Bildungsministerium stellen, um weiterhin in russischen Sprache unterrichten zu können. Frau Toom wollte sich mit dieser Unterstellung nicht abfinden und verklagte die KAPO auf die Entfernung ihren Namens aus dem Bericht.

Wie die Anhörung der Zeugen der KAPO verlief, kann man im oben verlinkten Bericht nachlesen. Die Zeugen von Yana Toom wurden nicht angehört, weil die Richterin Dagmar Maastik das für unnötig hielt. Letzte Woche wurde dann das Urteil gefällt, das in seiner Begründung an Absurdität kaum zu überbieten ist.

Die KAPO hat recht bekommen, weil in die Kompetenzen dieser Behörde Terrorakten mit explosiven Mitteln eingehen. Im April 2007 wurde während der Unruhen ein Mensch getötet, im August 2011 ist ein Mann mit Hilfe von Feuerwaffen und explosiven Mitteln in das Verteidigungsministerium eingedrungen und nur durch Glück ist kein Mensch durch explosive Pakete umgekommen. Dmitrij Ganin wurde zwar ohne Verwendung von explosiven Mitteln getötet, aber das bedeutet nicht, dass so was nicht nächstes Mal passieren kann.

Was hat das alles mit russischen Gymnasien zu tun? Aus dem Urteil Seite 13: "Bei ihren Auftritten hat die Klägerin tatsächlich die Bevölkerung nicht aufgerufen mit Gewalt gegen den Übergang zur estnischen Sprache zu protestieren, doch das Misstrauen gegen den estnischen Staat und Regierung, das sie verbreitet hat, die Darstellung der russischen Gemeinde als rechtlosen Geiseln, die der estnische Staat folgenlos erniedrigt und beleidigt, der Aufruf für seine Rechte einzustehen und die Forderung die Tätigkeit der russischsprachigen Gymnasien weiterzuführen, können zu Gewaltausbrüchen mit unvorhersagbaren Folgen führen. (…) Nicht weniger gefährlich ist die Durchführung von Parallelen mit dem Bronzenen Soldaten. Und falls in den Köpfen solche Vergleiche in Gewissheit umschlagen, dass sie vergewaltigt (im übertragenen Sinne) werden, die Proteste und Gewalt können eine Gefahr für das Hab und Gut, die Gesundheit und das Leben der Leute werden und im Fall ihrer Eskalation kann die verfassungsrechtliche Ordnung und die territoriale Ganzheit des Staates unter Bedrohung stellen"

Damit ist jeder Protest gegen die Assimilierung (Integration ist es schon lange keine mehr) kriminalisiert. Denn jeder Protest der russisch-sprachigen Bevölkerung kann theoretisch in Gewalt umschlagen bei der explosive Mittel zur Anwendung kommen. Fragt sich nur, ob solche Urteile nicht viel eher zum Gewaltausbruch beitragen. Denn solche Urteile zeigen, dass die Vertikale der Macht inzwischen auch die Justiz integriert hat.

Yana Toom hat angekündigt in Revision zu gehen, wenn nötig, dann bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Gerichtsurteile gegen ihre Kollegen Mihhail Stalnuhhin und Mihhail Kõlvart, die aus gleichen Gründen geklagt haben, werden noch verhandelt.

Dienstag, November 20, 2012

Noch ist nicht Weihnachten

allerdings wer jetzt schon eine gute Tat machen möchte, dann kann er/sie für den Rechtsbeistand von Alissa Blintsova und Oleg Besedin spenden, sie werden es auf jeden Fall brauchen.

Zur Erinnerung, beiden Aktivisten der Organisation Russischen Schule Estlands wird vorgeworfen, dass sie den Antrag zur Beibehaltung der russischen Sprache an dem Tallinner Kesklinna Gymnasium gefälscht haben sollen. Angeblich hat Oleg Besedin das Dokument nicht selbst unterschreiben können, da er zum fraglichen Zeitpunkt sich im Ausland befand. Laut dem Vizebürgermeister von Tallinn Michail Kõlvart ist das ein klares Zeichen, dass Oleg von der estnischen Geheimpolizei KAPO beobachtet wird, die die Daten an das Bildungsministerium weitergibt, das den Strafantrag stellte. Momentan ist die Staatsanwaltschaft damit beschäftigt zu klären, ob die Sache nichts vors Gericht kommt.

Alissa Blintsova arbeitet als Estnisch-Lehrerin im Tallinner Gefängnis. Vor einer Woche wurde sie nicht ins Gefängnis gelassen, bei anschliessendem Gespräch mit dem Arbeitgeber wurde ihr "freiwillige" Kündigung nahegelegt.

Eins ist klar, Oleg und Alissa brauchen Rechtsbeistand und ein guter Anwalt ist teuer. Deswegen wurde ein Spendenkonto eingerichtet, es sind schon über 1300 EUR zusammengekommen, aber das wird mit Sicherheit nicht reichen. Deswegen die Bitte an alle, denen der Fortbestand der russische Schule in Estland nicht gleichgültig ist und die gegen das Unrecht, das Alissa und Oleg angetan wird kämpfen möchten, etwas Geld auf dieses Konto zu überweisen:

für innerestnische Überweisung
Empfänger: MTÜ Vene Kool Eestis

Kontonummer: 221056297714

Erklärung: «Blintsova Besedin oiguskaitseks» (für den Rechtsbeistand)

Für die Überweisung aus dem Ausland:
Empfänger: Vene Kool Eestis

Kontonummer: EE472200221056297714

S.W.I.F.T.: HABAEE2X

Vielen Dank

Sonntag, November 18, 2012

Presentation of russian candidate for Miss Earth competition

Von hier genommen: Miss Earth

What makes you proud of your country and what can you promote about it?

I have always been proud of the country in which I live. I can't imagine myself without it. My country – that's all I have, all people that I love, are all that is dear to me. My Russia – it is bright, warm, patched, but it is so pleasant to slumber under it in a winter evening when the storm rages outside. My Russia – it is a beautiful stately girl, full-blooded, rosy, in embroidered Sarafan, with long and thick plait, in which multicolored fillets are twisted, a beautiful fairytale girl. My Russia – it is a kind cow with very big eyes, funny horns and always chewing its mouth oh, what sweet milk she gives! Oh, how it smells – meadow herbs and the sun. But my Russia – it is also my poor long, suffering country, mercilessly torn to pieces by greedy, dishonest, unbelieving people. My Russia – it is a great artery, from which the "chosen" few people draining away its wealth. My Russia is a beggar. My Russia cannot help her elderly and orphans. From it, bleeding, like from sinking ship, engineers, doctors, teachers are fleeing, because they have nothing to live on. My Russia – it is an endless caucasian war. These are the embittered brother nations who formerly spoke in the same language, and who now prohibit teaching of it in their schools. My Russia – it is a winner which has overthrown fascism but bought the victory at the expense of lives of millions of people. How, tell me, how and why does the nationalism prosper in this country? My dear, poor Russia. And you still live, breathe, and you gave to the world your beautiful and talented children Esenin, Pusbkin, Plisetskaya. The list could be continued on several pages, and each is gold, a gift, a miracle. I am happy to be your citizen. Russia! In spite of all tears, sorrows, wars, invasions, no matter who rules Russia, I am still proud to be born in this great and beautiful country that has given so much to the world over the years of its existence. I am proud of my motherland for mercy, for heroism, for courage, for diligence, for heritage that she leaves to the world, for people who can live for others. I believe that each person living in Russia should identify himself with it. Feel the participation and take a proactive stance whatever it concerns. There are moments to which we close eyes and reject as spoiling a look. Everyday we meet the facts that are unpleasant to us, that are unworthy of our homeland. Only we can improve the situation. We must learn to express ourselves and to show our best quality traits. We should try not to live only as consumers, but to develop ourselves, read books, listen to interesting music, and be interested in scientific achievements. Politics, to communicate with good people, develop creativity, bringing into this world something new. We should bring up our children and talk to them on spiritual topics, disclose their talents and only then we reject everything unnecessary, affected and pretentious. When we seriously begin to take care of our country, it will blossom and shine brightly.

Natalia Pereverzeva

Samstag, November 17, 2012

Erklärung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern des 12. Petersburger Dialogs

Keine gesetzlichen Einschränkungen der internationalen zivilgesellschaftlichen Kooperation mit Russland – für die Rücknahme der russischen Gesetze, die die Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen beeinträchtigen

Die europäische Zivilgesellschaft beruht auf dem Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger, sie trägt zur Entwicklung und Gewährleistung von Gewaltenteilung, Rechtstaatlichkeit und der Transparenz staatlichen Handelns bei. Sie fördert die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung unseres Kontinents, stärkt Vielfalt und Innovation und kann zur Sicherung von Frieden und Wohlstand in Europa beitragen. Ein modernes, demokratisch verfasstes und bürgerschaftlich aktives Russland ist für die Entwicklung einer europäischen Zivilgesellschaft von maßgeblicher Bedeutung.

Mit großer Besorgnis stellen wir als Teilnehmer des Petersburger Dialogs fest, dass die russische Regierung dem in den letzten Monaten verstärkten Engagement der russischen Zivilgesellschaft für freie und faire Wahlen, gegen Korruption und für die Erhaltung der Natur mit einer ganzen Reihe von restriktiven Gesetzen begegnet. Engagement für gesellschaftliche Kontrolle staatlichen Handelns und die Zusammenarbeit russischer NGOs mit internationalen Partnern wird dadurch in Misskredit gebracht und kriminalisiert. Die Entwicklung nicht nur der russischen, sondern auch einer gemeinsamen europäischen Zivilgesellschaft wird damit in Frage gestellt.

Die Verabschiedung des Gesetzes über die Registrierung von NGO als „ausländische Agenten“ (Juli 2012), die Ausweitung des Straftatbestands des Hochverrats (November 2012) und die Verschärfung des Demonstrationsrechts (Juni 2012) widersprechen der Idee einer europäischen Zivilgesellschaft und eines offenen Austauschs über Grenzen weg. NGOs dürfen nicht als „ausländische Agenten“ diffamiert werden. Internationaler zivilgesellschaftlicher Informationsaustausch darf nicht dem Risiko unterliegen, als landesverräterische Tätigkeit verfolgt zu werden. Diese Gesetze gefährden die Chance auf eine gesellschaftliche Modernisierung Russlands. Sie diskreditieren die Arbeit von Menschen und Organisationen, die für eine demokratische Entwicklung und eine europäische Integration Russlands Verantwortung übernehmen.

Die zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern findet in aller Öffentlichkeit statt. Wir arbeiten transparent zusammen. Deshalb wenden wir uns an die russische Staatsführung mit der Empfehlung, das NGO Gesetz („über ausländische Agenten“) abzuschaffen, die letzten Änderungen im Strafgesetzbuch über Hochverrat aufzuheben und die Demonstrationsfreiheit zu garantieren.

Donnerstag, November 15, 2012

Charta 12

Die estnische Demokratie zerfällt vor unseren Augen. Aus gegebenen Umständen stirbt die demokratische Legitimation – die tagtägliche Verbindung zwischen der Regierung und dem Volk, die der Regierung zu verstehen gibt, dass sie rechtmäßig das Volk vertritt, und der Gesellschaft die Sicherheit gibt, dass an der Macht ihre Vertreter sind. Die sich an der Macht befindende Regierung sieht keine Notwendigkeit, dass die Gesellschaft beachtet wird. Es herrscht die Meinung, dass der Zweck die Mittel heiligt. Die Machthabende kehren die demokratische Spielregeln in die Lächerlichkeit um. Die Macht verkauft sich. Es wird gelogen, um an die Macht zu kommen.

  Der Still des Dialogs der Regierung mit der Gesellschaft verwandelte sich in Monolog: „Wir haben ein Mandat“. „Wir haben keine Alternative“. Das ist nicht die Sprache der Demokratie. Wenn die einzige Möglichkeit des Bürgers auf die Politik einzuwirken Wahlen sind, die einmal in vier Jahren stattfinden, dann ist von der Demokratie nur eine leere Schale übriggeblieben.

  Das ist nicht die Krise einer Partei. Die Parteien wurden zum Gegenteil der Gesellschaft. Der Verlust des Vertrauens zu den Parteien gefährdet das gesamte politische System Estlands. Solche für eine offene Gesellschaft selbstverständliche Merkmale wie Selbstkritik, die Pflicht Antworten zu geben und der Wunsch Verantwortung zu übernehmen sind in der heutigen politischen Kultur Estlands zur Seltenheit geworden.

  Macht und Verantwortung gehen Hand in Hand. Die Machthabende müssen für ihr Tun verantwortlich sein. Die Gesellschaft muss von ihnen Verantwortung fordern. Verantwortung fordern die demokratischen Normen und Rechtsstaat.

  Immer mehr Leute in Estland erkennen in der Regierung weder politischen Willen, noch ethischen Antlitz. Unsere politische Kultur ist geduldig, doch diese Eigenschaft kann man leicht missbrauchen. Hier gibt es Gefahr von zwei Seiten: auf diese Weise werden Lügen, Betrug und Mimikry zur Norm nicht nur für die Machthabende, aber auch für die Gesellschaft. Die jetzige Krise der Macht, der Führung und der politischen Kultur kann Wurzeln schlagen.

  Man braucht einen neuen Gesellschaftsvertrag. Weder der Präsident der Republik, noch der Riigikogu, noch die Regierung haben den Wunsch geäußert die Situation zu ändern. Falls das System nicht wünscht, sich zu reformieren, dann muss die Zivilgesellschaft für die Erfüllung ihrer Wünsche und für die Ausübung des Drucks eine alternative Institution erschaffen in der die Vertreter  der Zivilgesellschaft zu gleichen Maßen vertreten sind.

  In erster Reihe wollen wir, dass in dem politischen System Estlands folgende Prinzipien Anklang finden würden, die wichtigsten dabei wären die Öffnung des Parteisystems und die Übergabe an die Zivilgesellschaft einer reellen Möglichkeit auf die Politik einzuwirken:

  - Die Öffentlichkeit muss eine klare Übersicht über die Quellen der Finanzierung der politischen Vereinigungen haben – die Verwendung der öffentlichen Gelder und die Herkunft von anderen Mitteln
- Die Erschaffung, die Finanzierung und die Arbeit der Parteien muss transparent sein, die Parteien müssen gesellschaftliche Interessen vertreten und nicht die Interessen einer bestimmen Gruppe
- Das Wahlsystem muss klar den Willen des Wählers reflektieren, der Volkserwählte sollte fortwährend über seine Tätigkeiten vor den Wählers seines Wahlkreises Rede und Antwort stehen
- Die parlamentarischen Parteien sollten den Weg zur Macht nicht monopolisieren, die Schaffung neuer Parteien und der Weg der ausserparteilichen Kräfte in Riigikogu muss vereinfacht werden
- Bürger sollten breitere Möglichkeiten haben, ihren politischen Willen auszudrücken, als die nächsten Wahlen, man muß das Instrument der Volksinitiative schaffen

  Diese Prinzipien wurden in den letzten Monaten von vielen Leuten mit sehr verschiedenen politischen Einstellungen verteidigt. Doch das ist nicht genug, deswegen denken wir, dass für die Gesundung der Demokratie in Estland muss man sich gemeinsam anstrengen. Wir rufen alle Einwohner Estlands auf, die mit unseren Vorstellungen einverstanden sind, sich dieser Charta anzuschliessen.

  Jede/r, der/die eine Unterschrift unter die Charta machen möchte, kann es auf der Seite www.harta12.ee tun.

  Ignar Fjuk

Tarmo Jüristo

Juhan Kivirähk

Marju Lauristin

Ahto Lobjakas

Silver Meikar

Evgenij Osinovskij

Rein Raud

Marek Tamm

Indrek Tarand

Siim Tuisk

Daniel Vaarik

David Vsevilov

Dienstag, November 13, 2012

Worte der Woche

Ich verstehe die Einzigartigkeit der Geschichte Estlands. Gleichzeitig bin ich sehr besorgt, dass man sie missbraucht, um kurzfristige politische Vorteile zu bekommen…. Die Kräfte, die ständig versuchen einen künstlichen Gegensatz zwischen zwei Gruppen mit verschiedenen Muttersprachen zu erzeugen, sind populistisch, verantwortungslos und handeln aus der eigenen kurzfristigen politischen Gier heraus. Versuche Angst zu sähen sind kurzsichtig und undemokratisch, sie stossen die Mitglieder der estnischen Gesellschaft ab. Es ist wichtig, dass die Leute unabhängig von ihrer Muttersprache an Politik mitbeteiligt werden. Leute Estlands, unabhängig von ihrer Nationalität und Muttersprache sind gleich wichtig aus der Sicht des künftigen Staates. Die Sozial-Demokraten verstehen das, sie müssen ihre Arbeit mit der lokalen Bevölkerung fortsetzen.

Klare Worte von Hannes Svoboda, dem Vorsitzenden der sozial-demokratischen Fraktion im Europäischen Parlament auf der Versammlung der Tallinner Sozial-Demokratischen Partei

Dienstag, November 06, 2012

Repressionen gegen die Mitglieder der Russischen Schule Estlands

Am 5. November hat Alisa Blintsova, die ein Mitglied der Organisation Russische Schule Estlands ist, einen "Vorschlag" seitens ihres Arbeitgebers bekommen, ihren Arbeitsvertrag im "gegenseitigen Einvernehmen" aufzulösen. Das ist die Reaktion auf die Vorwürfe seitens des Bildungsministeriums über angeblich gefälschten Gesuch, den Alisa zusammen mit Oleg Besedin und anderen Mitgliedern des Elternrates des Kesklinna Gymnasiums an das Ministerium geschickt haben, in dem um die Erlaubnis gebeten wird, weiterhin auf Russisch unterrichten zu dürfen.

Alisa Blintsova arbeitet als Pädagogin und unterrichtet die estnische Sprache in Gefängnissen. Heute hat man ihr den Zugang ins Gefängnis nicht gewährt. Laut Statistik ist die Mehrheit der Gefängnisinsassen in Estland russisch-sprachig, was schon einiges über die Diskriminierungspolitik in diesem Land aussagt. Alisa unterrichtete im Gefängnis die estnische Sprache, half also die Diskriminierung wegen der fehlenden Kenntnisse der Staatssprache zu überwinden. Anstatt der Unterstützung und Dankbarkeit seitens des Staates, wird jetzt der Versuch unternommen, sie von der Arbeit fernzuhalten.

Die Vereinigung "Russische Schule Estlands" hält dieses Ereignis für unverdecktes Beispiel für Verfolgung und Diskriminierung von Alisa Blintsova für ihre Überzeugungen, was eine grobe Verletzung des Artikels 12 der Verfassung der Estnischen Republik darstellt, nämlich:

"Vor dem Gesetz sind alle gleich. Niemand darf wegen seiner Nationalität, Rassenzugehörigkeit, Hautfarbe, Geschlechtes, Muttersprache, Herkunft, Glaubensrichtung, politischen und anderen Überzeugungen, als auch wegen des sozialen Statuses diskriminiert werden."

Freitag, November 02, 2012

Aktivisten der Russischen Schule Estlands der Dokumentenfälschung beschuldigt

Wie der russisch-sprachige Nachrichtensendung "Aktualnaja Kamera" des estnischen Fernsehsenders ERR 2 meldet hat die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung wegen Dokumentenfälschung gegen den Vorsitzenden des Elternrates des Kesklinna-Gymnasiums Oleg Besedin und die Protokollführerin Alisa Blintsova angefangen. Sie werden verdächtigt den Beschluss des Elternrates wegen dem Erhalt der russischen Sprache auf dem Gymnasium gefälscht zu haben. Die Anzeige hat angeblich der estnische Bildungsminister Jaak Aaviksoo persönlich erstattet. Die Staatsanwaltschaft überprüft, ob ein Strafverfahren eröffnet und an das Gericht übergeben wird.

Oleg Besedin und Alisa Blintsova sind Aktivisten für den Erhalt der russischen Sprache an den russischen Gymnasien in Estland. Kesklinna-Gymnasium ist eins der vier Gymnasien in Tallinn, die zum zweiten Mal ein Gesuch an das Bildungsministerium geschickt haben, um die Erlaubnis zu bekommen auf russisch zu unterrichten. Die Gesuche sind momentan in Bearbeitung. Mitte September erklärte der Rektor der Schule Sergej Teplov, dass die estnische Geheimpolizei KAPO bei ihm auftauchte und ihn unter Druck setzte.

Im Interview erklärte Oleg Besedin, dass die Vorwürfe absurd sind. Angeblich ist seine Unterschrift gefälscht worden, da er sich im Ausland befand, als die Elternratversammlung stattgefunden hat. Blintsova sagte dazu, dass Oleg sich per Videokonferenz dazugeschalten hat, im Land, das von sich behauptet Skype erfunden zu haben, soll es so was ja vorkommen.

Der Vorsitzende des Vereins Russische Schule Estlands Andrej Lobov wandte sich an den Hohen Kommissar für nationale Minderheiten Knut Vollebæck und an den Kommissar für Menschenrechtsfragen des Europarates Nils Muižnieks und informierte sie, dass die Beschützer der russischen Sprache in Estland von staatlicher Seite unter Druck gesetzt werden. Über eine Reaktion ist noch nichts bekannt.

Donnerstag, November 01, 2012

Why Finns earn four times more an hour than Estonians?

Ein interessanter Artikel von bbn.ee

Estonian economist Andres Arrak writes in an opinion article in Delfi that Estonians like to compare themselves with other European nations and to measure their economic success or failure.

For instance, a comparison of GDP per capita shows that Europe’s richest country in 2011 was Luxembourg with USD 81,100, while Finland’s figure was USD 36,700 and Estonia’s was USD 20,600 per person. Estonians are finding only a small consolation in the fact that Lithuania’s figure was USD 19,100 and Latvia’s one was even smaller, at USD 15,900.

Does it mean that the living standard of Estonians is four times lower than that in Luxembourg and twice lower than in Finland?
Of course not - anyone who travels knows that living standards in Baltic states, Finland and Luxembourg are not so vastly different.

But why people north and west of Estonia earn several times more for same type of work? Why so-called economic refugees keep leaving Baltic states to become nurses, doctors, bus drivers or construction workers in the West? One thing that has always struck me is that for some reason Estonians still look down to Russians who live in Tallinn’s Lasnamäe and in 1970s or 1980s moved to Estonia from the rest of the Soviet Union for exactly the same reason.

Why is the resident of Lasnamäe who has no roots in Estonia and speaks no language so different from a health care worker who has emigrated abroad from Estonia? Teachers, rescue workers and medical nurses who work and live in Estonia don’t understand why they receive several times less than their counterparts just 100 km north. So it’s not surprising that they criticise the government that refuses to increase public sector wages and start to strike, as recently in the health care sector.

The fact is that most of the added value for the society is generated not by teachers or nurses, but by manufacturing industry whose taxes pay for the public servants. The difference is that while a tree is cut down in Norway, it undergoes a long added-value chain and finally becomes highly valuable plywood that is used to produce expensive furniture. When a tree is felled in Estonia, it is often exported as roundwood, without adding any value to it and, therefore, at a very cheap price. It’s all about the productivity of a workhour. When a Norwegian works one hour, he or she creates EUR 68.7 worth of value. The figure is EUR 48.5 in Denmark, EUR 44.4 in Sweden and EUR 40 in Finland.
On the other hand, it is EUR 10.8 in Estonia, 9.2 in Lithuania and 7.8 in Latvia.
And this is the answer. One workhour in Estonia is six times cheaper than in Norway and four times cheaper than elsewhere in Scandinavia.

And this allows these countries to pay their teachers or medical workers several times higher wages. Wages of non-productive sectors including civil servants can be increased only when the productivity of the manufacturing sector increases and not by increasing taxes because it would deteriorate Estonia’s business climate.